7B_219/2024 13.09.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_219/2024
Urteil vom 13. September 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Koch, als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Hurni, Hofmann,
Gerichtsschreiberin Lustenberger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Laura Moretti,
Beschwerdeführerin,
gegen
Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg AG.
Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege,
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 22. Januar 2024 (SST.2023.309).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Urteil des Bezirksgerichts Brugg vom 22. August 2023 wurde B.________ der mehrfachen Vergewaltigung, der mehrfachen Freiheitsberaubung, der mehrfachen Drohung, der mehrfachen, teilweise versuchten einfachen Körperverletzung und der mehrfachen Beschimpfung zum Nachteil seiner Ehefrau A.________ und ferner des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung schuldig erklärt. A.________ hatte sich im Verfahren als Privatklägerin konstituiert.
A.b. Gegen das erstinstanzliche Urteil erhob B.________ Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau. A.________ ersuchte für das Berufungsverfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Mit Verfügung vom 22. Januar 2024 gewährte ihr die Verfahrensleitung insoweit die unentgeltliche Rechtspflege, als sie von den Verfahrenskosten befreit wurde. Die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin wurde ihr dagegen verweigert.
B.
A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, die angefochtene Verfügung sei, soweit sie die Einsetzung der unterzeichnenden Rechtsanwältin als unentgeltliche Vertreterin abweise, aufzuheben und die Rechtsanwältin sei für das Berufungsverfahren als unentgeltliche Vertreterin einzusetzen. Zudem ersucht sie auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Während die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde verlangt, liess sich die Staatsanwaltschaft innert Frist nicht vernehmen.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend die Gewährung respektive Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 1 und Art. 80 BGG). Es handelt sich um einen das Strafverfahren nicht abschliessenden Zwischenentscheid, der nach der Rechtsprechung geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu bewirken (vgl. BGE 140 IV 202 E. 2.2 mit Hinweis). Die Beschwerdeführerin ist ungeachtet der Legitimationsvoraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde berechtigt, da sie mit ihrer Kritik eine Verletzung von Verfahrensrechten geltend macht, die einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt (Urteil 7B_196/2022 vom 25. August 2023 E. 1 mit Hinweis auf BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
2.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Berufungsverfahren zusteht.
2.1. Die Vorinstanz erwägt, vorinstanzlich sei die Genugtuungsforderung der Beschwerdeführerin von Fr. 35'000.-- im Umfang von Fr. 20'000.-- gutgeheissen worden. Mit Berufung des Beschuldigten werde die Genugtuung soweit ersichtlich nur als Folge des beantragten Freispruchs in Frage gestellt. Ohnehin könne sich die Privatklägerin auf die Abweisung der Berufung des Beschuldigten in diesem Punkt beschränken. Sie müsse dazu nicht einmal eigene Anträge stellen. Hinsichtlich des angefochtenen Schuldspruchs - als Grundlage für die Zusprechung einer Genugtuung - würden die Interessen der Beschwerdeführerin umfassend von der Staatsanwaltschaft wahrgenommen. Es stellten sich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sodann keine komplexen Fragen. Was die Würdigung des Sachverhalts betreffe, sei für die Einvernahme der Beschwerdeführerin vor Obergericht keine Vertretung erforderlich, da es auf ihre persönlichen Aussagen und den von ihr gewonnenen Eindruck ankomme. Dem Umstand, dass sie der deutschen Sprache nicht genügend mächtig sei, sei durch einen Dolmetscher Rechnung zu tragen. Insgesamt erweise sich die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin im Berufungsverfahren zur Wahrung der Rechte der Beschwerdeführerin nicht als notwendig. Für die psychische Unterstützung könne sie sich von einer Vertrauensperson begleiten lassen.
2.2.
2.2.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Die Verfassungsnorm bezweckt, allen betroffenen Personen ohne Rücksicht auf ihre finanzielle Situation tatsächlichen Zugang zum Gerichtsverfahren zu vermitteln und die effektive Wahrung ihrer Rechte zu ermöglichen (BGE 141 I 70 E. 6.5; Urteil 7B_196/2022 vom 25. August 2023 E. 3.1, je mit Hinweisen).
2.2.2. Art. 136 StPO konkretisiert die Voraussetzungen, unter denen der Privatklägerschaft unentgeltliche Rechtspflege im Strafprozess gewährt wird. Nach Art. 136 Abs. 1 lit. a StPO gewährt die Verfahrensleitung der Privatklägerschaft für die Durchsetzung ihrer Zivilansprüche die unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Zivilklage nicht aussichtslos erscheint. Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst die Bestellung eines Rechtsbeistands, wenn dies zur Wahrung der Rechte der Privatklägerschaft oder des Opfers notwendig ist (Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO). Im Rechtsmittelverfahren ist die unentgeltliche Rechtspflege neu zu beantragen (Art. 136 Abs. 3 StPO).
2.2.3. Eine unentgeltliche Rechtsbeiständin ist im Sinne von Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO notwendig, sofern die Betroffene ihre Sache, auf sich allein gestellt, nicht sachgerecht und hinreichend wirksam vertreten kann, sodass ihr nicht zuzumuten ist, das Verfahren selbstständig zu führen (Urteil 1B_355/2012 vom 12. Oktober 2012 E. 5.5). Eine Strafuntersuchung stellt in der Regel eher bescheidene juristische Anforderungen an die Wahrung der Mitwirkungsrechte geschädigter Personen. Eine durchschnittliche Person sollte daher in der Lage sein, ihre Interessen als Geschädigte in einem Strafverfahren selbst wahrzunehmen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verbeiständung dennoch notwendig ist, berücksichtigt das Bundesgericht neben dem Alter, der sozialen Lage, den Sprachkenntnissen sowie der psychischen und physischen Verfassung der geschädigten Person insbesondere auch die Schwere und die Komplexität des Falles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (BGE 123 I 145 E. 2b/bb und 3b; Urteile 1B_523/2022 vom 29. Juni 2023 E. 3.1; 1B_638/2021 vom 10. März 2022 E. 3.2; je mit Hinweisen).
2.2.4. Im Rahmen der am 1. Januar 2024 in Kraft getretenen Revision der Strafprozessordnung wurde Art. 136 Abs. 1 StPO mit lit. b ergänzt. Demnach gewährt die Verfahrensleitung die unentgeltliche Rechtspflege auch dem Opfer für die Durchsetzung seiner Strafklage, wenn es nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Strafklage nicht aussichtslos erscheint. In der Botschaft vom 28. August 2019 zur Änderung der Strafprozessordnung wird dazu ausgeführt, an die Notwendigkeit im Sinne von Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO sollten mit Blick auf den wirksamen Opferschutz nicht allzu strenge Anforderungen gestellt werden. Opfer seien oftmals verängstigt und eingeschüchtert, wenn sie amtlich verteidigten Beschuldigten ohne anwaltliche Unterstützung gegenübertreten müssten. Dies könne eine sekundäre Viktimisierung zur Folge haben und dazu führen, dass Opfer Aussagen nicht oder nur abschwächend machen würden, was auch der materiellen Wahrheitsfindung abträglich sei. Wenn der beschuldigten Person in den Fällen, in denen die Privatklägerschaft anwaltlich vertreten sei, eine amtliche Verteidigung beigeordnet werden sollte, so müsse dies im Gegenzug auch für die Privatklägerschaft, die Opfer ist, gelten. Eine Ablehnung des Gesuchs mit der Begründung, dass die Rechte des Opfers bereits durch die Staatsanwaltschaft wahrgenommen würden, weil ihr die Durchsetzung des Strafanspruchs obliege und deshalb die Bestellung eines Rechtsbeistandes nicht notwendig sei, dürfte ebenfalls nicht sachgerecht sein. Denn dies hätte zur Folge, dass die Bestimmung von Art. 136 Abs. 1 lit. b StPO ins Leere laufen würde (BBl 2019 6735).
2.3. Von einem rechtlich komplexen Fall ist nach der Rechtsprechung namentlich dann auszugehen, wenn er heikle Rechtsfragen wie die Definition der Tatbestandsmerkmale einer Vergewaltigung aufwirft (Urteil 1B_638/2021 vom 10. März 2022 E. 3.3.2 mit Hinweis). Der vorinstanzlichen Auffassung, wonach sich vorliegend keine komplexen Fragen stellen würden, kann daher bereits vom Grundsatz her, aber auch mit Blick auf den konkreten Sachverhalt, nicht gefolgt werden. Dem Beschuldigten wird unter anderem vorgeworfen, die Beschwerdeführerin über einen Zeitraum von rund sechs Monaten fünf bis sechs Mal gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben, wobei er sie festgehalten, geschlagen und bedroht haben soll. Als Entscheidgrundlagen stehen grösstenteils nur die Aussagen der Direktbeteiligten zur Verfügung, womit der Aussagewürdigung in tatsächlicher Hinsicht entscheidendes Gewicht zukommt. Nebst dem gilt es auf rechtlicher Ebene insbesondere die Frage nach der Abwehr der Beschwerdeführerin und entsprechend der Tatbestandsmässigkeit des Handelns des Beschuldigten zu diskutieren (vgl. erstinstanzliches Urteil, Beschwerdebeilage 5, S. 20 ff.). Allein die Vergewaltigungsvorwürfe bringen somit nicht zu unterschätzende rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten mit sich (wobei eine Reihe weiterer Tatvorwürfe, die sich unter dem Stichwort "häusliche Gewalt" zusammenfassen lassen, dazukommen). Nachdem an die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung laut dem Willen des Gesetzgebers bei Opfern keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen (E. 2.2.4 oben), drängt sich die Bestellung einer solchen vorliegend somit bereits aufgrund der Komplexität des Falls auf.
2.4. Hinzu kommen die persönliche Umstände der Beschwerdeführerin.
2.4.1. Sie bringt vor, durch die Taten des Beschuldigten und das Strafverfahren emotional stak belastet zu sein und sich seit Jahren in psychologischer Behandlung zu befinden. Sie leide an einer komplexen emotionalen Belastungsstörung, welche sich in massiv aufdrängenden Erinnerung an das Erlebte zeige. Jede Erinnerung an das Vorgefallene, das heisst auch jeder weitere Verfahrensschritt, stelle eine massive psychische Belastung dar. Nebst dem leide sie an chronischen physischen gesundheitlichen Einschränkungen. Aufgrund der dargestellten Beschwerden sei sie bis heute im Alltag stark eingeschränkt. Es liege eine besonders schwere Betroffenheit durch die Straftaten vor.
Diese Darstellung wird durch die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts (Beschwerdebeilage 5, S. 16 und 21) sowie durch den Kurzbericht der behandelnden Psychologin vom 15. Januar 2024 (Beschwerdebeilage 6) bestätigt. Dass die Beschwerdeführerin sich unter diesen Umständen nicht imstande fühlt, in einem Gerichtsverfahren dem anwaltlich vertretenen Beschuldigten gegenüberzutreten, scheint verständlich. Weiter ist auf die publizierte bundesgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung bestehen kann, wenn die Geschädigte - wie die Beschwerdeführerin (E. 2.4.2 unten) - nur über geringe Kenntnisse der Verfahrenssprache verfügt und sich in einer schwierigen psychischen Situation befindet, was insbesondere bei schweren Beziehungsdelikten der Fall sein kann (BGE 123 I 145 E. 3b mit Hinweis). Der gesundheitliche und insbesondere der psychische Zustand der Beschwerdeführerin legt demnach eine anwaltliche Vertretung nahe, zumal es eine Sekundärviktimisierung im Strafverfahren möglichst zu verhindern gilt. Auch dass die Beschwerdeführerin für ihre Einvernahmen im Berufungsverfahren keine Vertretung braucht, trifft entgegen der Ansicht der Vorinstanz deshalb nicht zu. Die anwaltliche Vertretung kann laut Botschaft massgeblich dazu beitragen, dass ein Opfer trotz der psychischen Belastung einlässliche bzw. sachdienliche Aussagen zur Sache macht (BBl 2019 6735). Sie ist somit auch bei der Wahrheitsfindung ein nicht zu vernachlässigendes Element.
2.4.2. Ergänzend macht die Beschwerdeführerin geltend, wegen fehlenden Deutschkenntnissen nicht in der Lage zu sein, Gerichtskorrespondenz zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Auch aufgrund kultureller Barrieren habe sie nach wie vor ein sehr eingeschränktes Verständnis des schweizerischen Strafverfolgungs- und Gerichtssystems.
Die Vorinstanz anerkennt die sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten der aus Äthiopien stammenden Beschwerdeführerin. Ihre Einschätzung, wonach diesen mittels Beizug einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers begegnet werden könne, greift jedoch - so der zutreffende Einwand der Beschwerdeführerin - zu kurz: Die Beschwerdeführerin beteiligt sich nicht nur punktuell wie etwa eine Zeugin bei einer Einvernahme am Verfahren, sondern umfassend und aktiv als Partei. Das Berufungsverfahren umfasst nicht nur die Berufungsverhandlung, sondern auch Korrespondenz zwischen dem Gericht und den Parteien, bisweilen verbunden mit Formen und Fristen, die es zu wahren gilt. Für solche ausserhalb einer Verhandlung liegenden Verfahrensschritte dürfte in der Regel kaum eine Übersetzerin bestellt werden. Abgesehen davon ist eine rein sprachliche Übersetzung im Falle der psychisch beeinträchtigten Beschwerdeführerin, welche mit dem hiesigen Rechtssystem nicht vertraut ist, für die effektive Wahrnehmung ihrer Parteirechte nicht ausreichend. Wie sie nachvollziehbar dartut, ist sie vielmehr auch auf inhaltliche Erläuterungen zum Verfahrensgang angewiesen. Solche könnte sie im Übrigen weder von der Staatsanwaltschaft, der im Berufungsverfahren einzig die Rolle der Anklägerin zukommt, noch von einer Vertrauensperson erhältlich machen. Auch dieser Hinweis der Vorinstanz geht somit fehl und widerspricht sie, was die Staatsanwaltschaft angeht, im Übrigen auch den Ausführungen in der Botschaft. Es ergibt sich somit, dass der Beschwerdeführerin auch aus sprachlichen und kulturellen Gründen nicht zuzumuten ist, ohne rechtliche Verbeiständung das Berufungsverfahren zu bestreiten. Dass es für sie dabei letztlich "nur" um die Genugtuungsforderung geht, vermag daran mit Blick auf das Gesagte nichts zu ändern.
2.5. Insgesamt verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, indem sie den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine unentgeltliche Rechtsbeiständin im Berufungsverfahren verneint. Nachdem insbesondere die Berufungsverhandlung am 11. September 2024 stattfand - wovon das Bundesgericht erst mit Stellungnahme der Vorinstanz Kenntnis erlangte - wird die Vorinstanz über die nötigen Schritte zur nachträglichen Wahrung dieses Anspruchs zu befinden haben.
3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut, hat es nach Art. 107 Abs. 2 BGG die Möglichkeit, in der Sache selbst zu entscheiden. Der Beschwerdeführerin ist für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren, dies unter Einsetzung von Rechtsanwältin Moretti als unentgeltliche Rechtsbeiständin.
Indem die Beschwerdeführerin im bundesgerichtlichen Verfahren obsiegt, wird ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau wird verpflichtet, die Beschwerdeführerin nach Art. 68 Abs. 2 BGG angemessen zu entschädigen, wobei die Entschädigung aufgrund der unentgeltlichen Rechtspflege praxisgemäss an ihre Rechtsanwältin auszurichten ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung des Obergerichts des Kantons Aargau vom 22. Januar 2024 wird aufgehoben. Der Beschwerdeführerin wird für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt und Rechtsanwältin Laura Moretti wird als amtliche Rechtsvertreterin eingesetzt.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Aargau hat der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen.
4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos.
5.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, und B.________ schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. September 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Koch
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger