2C_557/2024 15.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_557/2024
Urteil vom 15. November 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, Spiegelgasse 12, 4051 Basel,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt,
Spiegelgasse 6, 4001 Basel.
Gegenstand
Ausreisefristverlängerungsgesuch,
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, vom 4. Oktober 2024 (VD.2024.136).
Erwägungen:
1.
1.1. Mit Verfügung vom 17. Januar 2020 widerrief das Migrationsamt des Bereichs Bevölkerungsdienste und Migration (nachfolgend: Migrationsamt) die Niederlassungsbewilligung des deutschen Staatsangehörigen A.________ (geb. 1960) und wies ihn aus der Schweiz weg. Mit Urteil des Bundesgerichts 2C_389/2022 vom 23. September 2022 wurden der Widerruf der Niederlassungsbewilligung und die Wegweisung letztinstanzlich bestätigt. Die A.________ angesetzte viermonatige Ausreisefrist (bis 9. März 2024) erachtete das Bundesgericht mit Urteil 2C_169/2024 vom 4. Juni 2024 als nicht offensichtlich unverhältnismässig und unhaltbar. Es wies die von A.________ in diesem Zusammenhang erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
1.2. Mit Schreiben vom 9. August 2024 gelangte A.________ mit einem Gesuch um Ausreisefristverlängerung erneut an das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt. Dieses bestätigte mit Schreiben vom 15. August 2024 die Aufforderung, er habe die Schweiz zu verlassen.
Gegen dieses Schreiben erhob A.________ mit Eingaben vom 18. und 21. August 2024 Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt. Der Regierungspräsident überwies diesen mit Schreiben vom 26. August 2024 dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt zum Entscheid.
1.3. Im Rahmen des Rekursverfahrens erliess der Präsident des Appellationsgerichts am 27. August 2024 eine Zwischenverfügung, mit welcher er die Anträge von A.________, es sei ihm vorsorglich der Aufenthalt in der Schweiz bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rekursverfahrens zu gestatten und es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, abwies. Ausserdem wurde A.________ - unter Androhung des Nichteintretens - eine am 16. September 2024 ablaufende, einmal kurz erstreckbare Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt. Auf zwei Gesuche von A.________ um Wiedererwägung der Verfügung vom 27. August 2024 (betreffend den Kostenvorschuss) trat der Präsident des Appellationsgerichts mit Verfügungen vom 30. August 2024 und 6. September 2024 nicht ein.
Am 10. September 2024 erhob A.________ in einer einzigen Eingabe Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventualiter subisidäre Verfassungsbeschwerden an das Bundesgericht gegen die Präsidialverfügungen des Appellationsgerichts vom 27. August 2024 (Verfahren 2C_430/2024), vom 30. August 2024 (Verfahren 2C_432/2024) und vom 6. September 2024 (Verfahren 2C_433/2024). Mit Verfügung vom 17. September 2024 vereinigte die Präsidentin der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts die drei Verfahren (Dispositiv-Ziff. 1).
Mit Verfügung vom 19. September 2024 trat der Präsident des Appellationsgerichts auf ein weiteres Gesuch von A.________ um Wiedererwägung der Verfügung vom 27. August 2024 nicht ein. Gleichzeitig erklärte er, auf die Erhebung des Kostenvorschusses zu verzichten. Auch gegen diese Verfügung erhob A.________ mit Eingabe vom 24. September 2024 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht (Verfahren 2C_471/2024).
1.4. Mit Urteil vom 4. Oktober 2024 wies das Appellationsgericht als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, den Rekurs vom 18. bzw. 21. August 2024 ab.
1.5. Mit Schreiben vom 7. November 2024 (Postaufgabe) teilte die Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements - unter Beilage einer E-Mail des Migrationsamts Basel-Stadt vom 4. November 2024 - dem Bundesgericht mit, dass die Wegweisung von A.________ am 4. November 2024 vollzogen und er am selben Tag der Deutschen Bundespolizei überstellt worden sei. Zudem sei ihm ein zweijähriges Einreiseverbot für die Schweiz eröffnet worden.
1.6. Mit Eingabe vom 10. November 2024 (Postaufgabe) erhebt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde, gegen das Urteil des Appellationsgerichts vom 4. Oktober 2024. Er beantragt im Wesentlichen, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und es sei ihm die Ausreisefrist zu verlängern, unter anderem bis zum Abschluss des laufenden Einbürgerungsverfahrens bzw. eines von ihm eingeleiteten Verfahrens um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, bis zur Beendigung "des gegen die Ukraine laufenden russischen Angriffskriegs", wegen Krankheit und namentlich bis zum Ende der bei ihm am 22. September 2024 eingetretenen ganzen Arbeitsunfähigkeit sowie wegen jahrelanger Duldung von abgewiesenen Asylsuchenden und von EU-Bürgern, denen noch nie eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei. Zudem ersucht er um aufschiebende Wirkung bzw. stellt verschiedene Verfahrensanträge, die darauf abzielen, dass ihm der prozessuale Aufenthalt in der Schweiz während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens gestattet wird bzw. von allfälligen Vollstreckungs- und Vollziehungsmassnahmen abgesehen wird. Schliesslich ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
1.7. Mit Verfügung der Instruktionsrichterin vom 12. November 2024 vereinigte das Bundesgericht die (bereits vereinigten) Verfahren 2C_430/2024, 2C_432/2024 und 2C_433/2024 mit dem Verfahren 2C_471/2024 (Dispositiv-Ziff. 1) und schrieb diese als gegenstandslos ab (Dispositiv-Ziff. 2).
2.
2.1. Verfahrensgegenstand bildet die Verlängerung der Ausreisefrist des Beschwerdeführers. Bei der Ausreisefrist handelt es sich um eine Modalität der Wegweisung (Art. 64d Abs. 1 AIG [SR 142.20]). Gegen Entscheide über die Wegweisung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG), womit sich diese vorliegend als unzulässig erweist. Darauf ist deshalb nicht einzutreten. Hingegen steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) grundsätzlich offen (Urteil 2C_169/2024 vom 4. Juni 2024 E. 1.1 mit Hinweisen).
2.2. Die Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und praktisches Interesse an der Behandlung der gestellten Rechtsbegehren voraus (Art. 115 lit. b BGG; vgl. u.a. Urteile 1C_277/2023 vom 12. März 2024 E. 2.1; 8C_252/2018 vom 29. Januar 2019 E. 7.2). Dieses muss nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch sein. Fällt das aktuelle Interesse im Verlaufe des Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 139 I 206 E. 1.1; Urteil 1C_4/2021 vom 27. April 2021 E. 1.2).
Vorliegend ergibt sich aus dem Schreiben der Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt an das Bundesgericht vom 7. November 2024, dass die Wegweisung des Beschwerdeführers am 4. November 2024 vollzogen und er am selben Tag der Deutschen Bundespolizei überstellt wurde. Folglich hatte der Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt der Einreichung der vorliegenden Beschwerde, am 10. November 2024, kein aktuelles und praktisches Interesse mehr an der Beurteilung der Frage, ob die Ausreisefrist zu verlängern sei. Umstände, die es rechtfertigen würden, ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen (vgl. BGE 149 V 49 E. 5.1; 147 I 478 E. 2.2; 146 II 335 E. 1.3), sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten, soweit sie sich gegen die Nichtverlängerung der Ausreisefrist richtet.
3.
Die Beschwerde richtet sich - soweit ersichtlich - auch gegen die Abweisung des Gesuchs des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und die Kostenauflage im vorinstanzlichen Verfahren. An der Prüfung dieser Frage hat der Beschwerdeführer grundsätzlich ein rechtlich geschütztes Interesse (Art. 115 lit. b BGG).
3.1. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren mit Verfügung des Präsidenten des Appellationsgerichts vom 27. August 2024 abgewiesen wurde. Dieser kam aufgrund einer summarischen Beurteilung der Erfolgschancen der Beschwerde zum Schluss, dass das Rechtsmittel aussichtslos sei. Gegen diese Verfügung sowie gegen drei weitere Verfügungen, mit welchen der Präsident des Appellationsgerichts auf die Gesuche des Beschwerdeführers um Wiedererwägung dieser Verfügung nicht eingetreten war, hatte der Beschwerdeführer am 10. September 2024 bzw. am 19. September 2024 Beschwerden an das Bundesgericht erhoben (Verfahren 2C_430/2024, 2C_432/2024, 2C_433/2024 und 2C_471/2024). Diese Verfahren wurden mit Verfügung der Instruktionsrichterin vom 12. November 2024 als gegenstandslos abgeschrieben, nachdem in der Sache das (vorliegend angefochtene) Urteil des Appellationsgerichts vom 4. Oktober 2024 ergangen war (vgl. E. 1.3 und 1.7 hiervor).
Der Beschwerdeführer hat aber grundsätzlich die Möglichkeit, die Zwischenverfügung betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege zusammen mit dem Endentscheid anzufechten (Art. 93 Abs. 3 i.V.m. Art. 117 BGG).
3.2. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden (Art. 116 BGG). Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheides klar und einlässlich darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt sein sollen (BGE 149 I 248 E. 3.1; 149 I 105 E. 2.1).
3.3. Vorliegend erwähnt der Beschwerdeführer zwar verschiedene verfassungsmässige Rechte, die durch die Abweisung seines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege verletzt worden sein sollen (u.a. Art. 29 Abs. 1, 2 und 3 und Art. 29a BV). Allerdings lässt sich seinen weitschweifigen, nur schwer nachvollziehbaren Ausführungen, nicht klar entnehmen, inwiefern er das angefochtene Urteil bzw. die Präsidialverfügung vom 27. August 2024 konkret kritisiert. Unklar bleibt namentlich, ob sich seine Ausführungen auf die Abweisung seines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege durch die Vorinstanz beziehen oder als Begründung seines Gesuchs im bundesgerichtlichen Verfahren zu verstehen seien. Jedenfalls genügen die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht, um in einer den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen genügenden Weise darzutun (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG), dass und inwiefern die vorinstanzliche Prüfung der Erfolgsaussichten seiner Beschwerde Art. 29 Abs. 3 BV oder andere verfassungsmässige Rechte verletze. Blosse, wiederholte Behauptungen, wonach sein Rechtsmittel seiner Auffassung nach nicht aussichtslos (gewesen) sei, reichen dazu nicht aus. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als offensichtlich unbegründet (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG).
4.
4.1. Im Ergebnis ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde mangels aktuellen und praktischen Interesses bzw. aufgrund offensichtlicher Unbegründetheit mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten. Damit werden die verschiedenen Anträge des Beschwerdeführers, namentlich auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung und auf Erlass vorsorglicher Massnahmen, gegenstandslos.
4.2. Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Damit wird auch das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren, welches lediglich auf die Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten abzielt, gegenstandslos. Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 15. November 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov