8C_246/2024 08.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_246/2024
Urteil vom 8. November 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Métral,
Gerichtsschreiber Walther.
Verfahrensbeteiligte
A.________ GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,
Beschwerdeführerin,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. Februar 2024 (UV.2022.00200).
Sachverhalt:
A.
Die A.________ GmbH ist im Maurergewerbe tätig und beschäftigt Personal, welches seit dem 1. Juni 2016 gesamthaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) unfallversichert ist. Im Rahmen einer Betriebsrevision für die Jahre 2016-2020 stellte die Suva fest, dass die A.________ GmbH hohe Barzahlungen an sechs konkursite Subunternehmen (B.________ GmbH in Liquidation, C.________ AG, D.________ GmbH, E.________ GmbH, F.________ GmbH, G.________ GmbH) ausgerichtet hatte (Revisionsbericht vom 21. Juli 2021). Mit Verfügung vom 4. August 2021 teilte sie der A.________ GmbH mit, sie gehe davon aus, dass diese Vorgehensweise unter anderem zum Zweck der Umgehung von Sozialversicherungsprämien gewählt worden sei. Ausgehend von einer prämienpflichtigen Lohnsumme von Fr. 636'828.80 stellte sie eine Prämiennachzahlung von insgesamt Fr. 41'134.- in Rechnung. Daran hielt sie auf Einsprache der A.________ GmbH hin fest (Einspracheentscheid vom 23. September 2022).
B.
Die dagegen von der A.________ GmbH erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 19. Februar 2024 ab.
C.
Die A.________ GmbH führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des kantonalen Urteils sei "von einer Nachforderung von UVG- und nbuv-Prämien auf dem Bareinnahmenanteil von Fr. 325'572.90 plus aufgelaufener Verzugszins abzusehen".
Die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung. Die Suva beantragt die Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 26. Juni 2024 hält die A.________ GmbH an ihrem Standpunkt fest.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. BGE 145 V 304 E. 1.1).
1.2. Richtet sich die Beschwerde - wie hier - nicht gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, kommen die Ausnahmebestimmungen von Art. 97 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 3 BGG nicht zur Anwendung (vgl. Urteil 8C_317/2023 vom 5. Oktober 2023 E. 1.1). Das Bundesgericht kann somit die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG überprüfen und legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 148 IV 356 E. 2.1, zum Willkürbegriff vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen). Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 V 366 E. 3.3).
2.
Die Beschwerdeführerin wendet sich vor Bundesgericht nur noch gegen die Prämiennachforderungen für die Barzahlungen an die D.________ GmbH, die F.________ GmbH und die G.________ GmbH (im Folgenden zusammen: die Gesellschaften). Strittig und zu prüfen ist somit, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie den Einspracheentscheid der Suva in diesem Punkt bestätigt hat.
3.
Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen und die diesbezügliche Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.
4.1. Die Suva war im Einspracheentscheid aufgrund der vorhandenen Unterlagen zum Schluss gekommen, dass es sich bei den von den Gesellschaften ausgeführten Tätigkeiten um unselbstständige Akkordarbeiten gehandelt habe. Sodann stellte sie unter anderem gestützt auf die Auskünfte des jeweiligen Geschäftsführers an Betreibungsämter insbesondere fest, dass die Gesellschaften in den Zeiträumen der je erfolgten Barzahlungen durch die Beschwerdeführerin keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt, über keine Werkzeuge, Maschinen, Materialien und Guthaben verfügt, keine Prämien an die Suva entrichtet und insgesamt keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt hätten. Mangels einer eigentlichen unternehmerischen Tätigkeit könnten die Gesellschaften nicht als eigenständige, aktive Unternehmen und der Beschwerdeführerin gleichgeordnete Geschäftspartner eingestuft werden. Vielmehr greife die in der Rechtsprechung verankerte Vermutung der unselbstständigen Akkordarbeit, womit die Barzahlungen an unselbstständig Erwerbende erfolgt und somit als Lohnsummen der Beschwerdeführerin als Akkordgeberin zuzurechnen seien. Die Umstände liessen darauf schliessen, dass die Rechtsform der GmbH nur dem versicherungsrechtlichen Motiv der Beitragsersparnis gedient habe.
4.2. Das kantonale Gericht erwog, formell habe es sich bei den Gesellschaften, an welche die Beschwerdeführerin Schalungs- und Maurerarbeiten in Regie auf Baustellen vergeben habe, um juristische Personen gehandelt. Die an sie entrichteten Entschädigungen könnten daher grundsätzlich kein beitragspflichtiges Einkommen darstellen. Aus den Akten ergebe sich jedoch, dass die Gesellschaften im Zeitpunkt des Empfangs der strittigen Barzahlungen inaktiv gewesen seien und kurz vor der Konkurseröffnung gestanden hätten, wobei der Konkurs jeweils wenige Monate nach Erhalt der Barzahlungen eröffnet worden sei. Im Zeitpunkt des Empfangs der Barzahlungen hätten die Gesellschaften mit Ausnahme des im Handelsregister eingetragenen Gesellschafters und Geschäftsführers keine Mitarbeiter (mehr) beschäftigt, keine Lohnsummen deklariert, über keine Geschäftsräumlichkeiten mehr verfügt und auch kein eigenes Bauequipment besessen. Die Gesellschaften könnten daher nicht als Subunternehmer betrachtet werden, weshalb die Beschwerdeführerin mit den Barzahlungen über Fr. 636'828.80 (sozialversicherungsrechtlich) keine Entschädigungen an juristische Personen geleistet, sondern einen oder mehrere Arbeiter auf Baustellen bezahlt habe. Ob der Beschwerdeführerin selbst oder den Empfängern der Barzahlungen ein missbräuchliches oder gar strafrechtlich relevantes Verhalten vorzuwerfen sei, brauche vorliegend nicht geprüft zu werden. Auch aus dem Umstand, dass die Suva nicht alle Zahlungen der Beschwerdeführerin an Drittunternehmer in den Jahren von 2016 bis 2020 als Lohn aufgerechnet habe, könne die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Zusammenfassend habe die Suva die Barzahlungen der Beschwerdeführerin an die Gesellschaften zu Recht als Lohnzahlungen an die Bauarbeiter qualifiziert und darauf Prämien erhoben.
5.
Was die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht dagegen einwendet, ist, soweit darauf einzugehen ist (vgl. vorne E. 1.2), nicht stichhaltig. Angesichts der willkürfrei festgestellten - und auch von der Beschwerdeführerin nicht (substanziiert) bestrittenen - Umstände (vgl. vorne E. 4.1 und 4.2) durfte das kantonale Gericht ebenso willkürfrei davon ausgehen, dass die Gesellschaften im Verhältnis zur Beschwerdeführerin nicht als gleichberechtigte Geschäftspartner mit eigenem unternehmerischen Risiko auftraten oder tätig waren. Dementsprechend ist es in bundesrechtskonformer Weise zum Schluss gelangt, dass hier vom Regelfall auszugehen ist, wonach Akkordanten eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausüben (vgl. BGE 101 V 87 E. 2). Dass es sich bei den Gesellschaften um juristische Personen handelte, ändert daran ebenso wenig wie das von der Beschwerdeführerin behauptete Vorliegen von "faktischen" (Werk-) Verträgen. Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Verhältnisse (Urteil 8C_218/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.2 mit Hinweisen). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sind die Feststellungen der Vorinstanz, wonach die Gesellschaften weder Lohnsummen abgerechnet noch Büroräumlichkeiten oder Bauequipment besessen haben, in diesem Zusammenhang keineswegs "irrelevant". Ob das von der Beschwerdeführerin als Novum vorgebrachte Argument, das Baumaterial sei vom Generalunternehmer zur Verfügung gestellt worden, überhaupt zulässig ist (Art. 99 Abs. 1 BGG), kann dahingestellt bleiben, da es ohnehin nicht für, sondern gegen ihren Standpunkt betreffend (Un-) Selbstständigkeit spricht. Worin die "willkürliche Ausserachtlassung" durch die Vorinstanz bestehen soll, wenn diese offen lässt, ob der Beschwerdeführerin oder den Empfängern der Barzahlungen ein missbräuchliches oder strafrechtlich relevantes Verhalten vorzuwerfen ist, wird in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargelegt und ist auch nicht erkennbar. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich geltend macht, es habe nicht in ihrer Verantwortung gelegen, ob die von ihr beigezogenen Subunternehmer die sozialversicherungsrechtlichen Abgaben entrichtet hätten, und sie habe aufgrund der Handelsregisterauszüge der Gesellschaften ohne weitere Nachforschungen von aktiven Unternehmen ausgehen dürfen, vermag auch dies nicht zu verfangen. Inwiefern diese Einwände angesichts der von der Vorinstanz aufgrund der Akten festgestellten Verhältnisse den Schluss zulassen sollen, dass die Gesellschaften im Verhältnis zur Beschwerdeführerin sozialversicherungsrechtlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne der bereits dargelegten Grundsätze ausübten, ist nicht ersichtlich.
6.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. Die Gerichtskosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 8. November 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Der Gerichtsschreiber: Walther