4A_600/2024 07.01.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_600/2024
Urteil vom 7. Januar 2025
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Hurni, Präsident,
Bundesrichter Denys, Rüedi,
Gerichtsschreiber Gross.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Cornelio Zgraggen und Rechtsanwältin Céline Bussmann,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Lütolf,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Beweisverfügung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 9. Oktober 2024 (1C 24 7).
Sachverhalt:
A.
A.a. Zwischen A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin) und der B.________ AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ist vor dem Bezirksgericht Hochdorf ein Forderungsprozess hängig. Die Klägerin verlangt im Zusammenhang mit der Sanierung von drei Nasszellen in ihrer Wohnung von der Beklagten Fr. 226'309.25 nebst Zins zu 5 % seit 1. Oktober 2018. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Die Klägerin brachte vor, es sei Wasser aus dem Duschbereich ausgetreten und unzureichend abgelaufen. Auch sei das Wasser in der Rinne entlang der Kittfuge zwischen dem Trennwandglas und der Edelstahlschiene aus der Dusche gelaufen und nach dem Gebrauch der Dusche stehengeblieben.
A.b. Nach Abschluss des doppelten Schriftenwechsels erliess die Instruktionsrichterin am 10. März 2023 eine Beweisverfügung. Darin ordnete sie an, zu diesem Beweisthema würden zwei von der Klägerin angerufene Zeugen einvernommen. Nach deren Einvernahme werde entschieden, ob weitere Einvernahmen zu diesem Beweisthema und allfälligen Mangelfolgeschäden (nachfolgend Beweisthema 1) abzunehmen seien (Ziffer 8.2). Über die von der Klägerin behaupteten Mängel betreffend die Sanitärinstallationen (Beweisthema 2) werde kein Beweis abgenommen (Ziffer 8.3).
A.c. Dagegen erhob die Klägerin Beschwerde beim Kantonsgericht Luzern mit den Anträgen, es seien in Abänderung von Ziffer 8.2 der Beweisverfügung vom 10. März 2023 weitere Zeugen zum Beweisthema 1 anzuhören. Ziffer 8.3 sei dahingehend abzuändern, dass drei von ihr angerufene Zeugen zu den behaupteten Mängeln an den Sanitärinstallationen befragt werden.
A.d. Das Kantonsgericht trat mit Entscheid vom 30. Mai 2023 auf die Beschwerde nicht ein, da der Klägerin durch die Beweisverfügung vom 10. März 2023 kein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO drohe.
A.e. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde in Zivilsachen trat das Bundesgericht nicht ein, weil kein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG drohe (Urteil 4A_366/2023 vom 1. September 2023).
B.
B.a. Am 27. Oktober 2023 fand vor dem Bezirksgericht eine Instruktionsverhandlung statt. Der Zeuge C.________ wurde aus gesundheitlichen Gründen von der Erscheinungspflicht befreit. Die andere Zeugeneinvernahme wurde durchgeführt. Mit einer zweiten Beweisverfügung vom 13. März 2024 schloss die Instruktionsrichterin das Beweisverfahren.
B.b. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin trat das Kantonsgericht am 9. Oktober 2024 nicht ein.
C.
Die Klägerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, der kantonsgerichtliche Entscheid sei aufzuheben. Das Bezirksgericht sei anzuweisen, C.________ entsprechend der Beweisverfügung vom 10. März 2023 als Zeuge zu befragen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
1.1. Bei Beschwerden gegen Zwischenentscheide bestimmt sich der Streitwert nach den Begehren, die vor der Instanz streitig sind, wo die Hauptsache hängig ist (Art. 51 Abs. 1 lit. c BGG). Der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Insofern steht die Beschwerde in Zivilsachen offen.
1.2. Auch die zweite Beweisverfügung vom 13. März 2024 schliesst den erstinstanzlichen Forderungsprozess nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Sie stellt eine prozessleitende Verfügung im Sinne von Art. 319 lit. b ZPO dar. Der dazu ergangene und vorliegend angefochtene Entscheid der Vorinstanz vom 9. Oktober 2024 ist seinerseits ein Zwischenentscheid nach Art. 93 Abs. 1 BGG (vgl. das diese Sache betreffende Urteil 4A_366/2023 vom 1. September 2023 E. 2 mit Hinweisen).
1.3. Gegen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
1.4. Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 III 475 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1). Diese Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 144 III 475 E. 1.2; 138 III 94 E. 2.2; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1; 133 IV 288 E. 3.2). Dementsprechend obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2).
1.5. Das Bundesgericht könnte bei einer Gutheissung der vorliegenden Beschwerde keinen Endentscheid im Forderungsprozess fällen, weshalb die Zulässigkeit der Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG von vornherein ausser Betracht fällt.
2.
2.1. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtlicher Natur sein, was voraussetzt, dass er durch einen späteren günstigen Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 III 475 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2; 136 IV 92 E. 4; 134 III 188 E. 2.1; 133 III 629 E. 2.3.1, je mit Hinweisen).
2.2. Nach der bundesgerichtlichen Praxis bewirken Anordnungen betreffend die Beweisführung in aller Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da es normalerweise möglich ist, mit einer Anfechtung des Endentscheids eine zu Unrecht verweigerte Beweiserhebung zu erreichen (BGE 141 III 80 E. 1.2; Urteile 5A_315/2012 vom 28. August 2012 E. 1.2.1; 4A_269/2011 vom 10. November 2011 E. 1.3; 4A_195/2010 vom 8. Juni 2010 E. 1.1.1). Ausnahmen können bestehen, zum Beispiel wenn die Abnahme eines Beweismittels, dessen Existenz gefährdet ist, verweigert wird, oder wenn bei Abnahme eines Beweismittels Geheimhaltungsinteressen auf dem Spiel stehen (Urteile 4A_366/2023 vom 1. September 2023 E. 2.3.1; 4A_416/2017 vom 6. Oktober 2017 E. 4.1; 5A_745/2014 vom 16. März 2015 E. 1.2.2; 4A_425/2014 vom 11. September 2014 E. 1.3.2; 5A_435/2010 vom 28. Juli 2010 E. 1.1.1; 4A_195/2010 vom 8. Juni 2010 E. 1.1.1).
3.
3.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Ausgangslage habe sich verändert. Wegen des Gesundheitszustands des Zeugen C.________ drohe ein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Die Erstinstanz habe in der Beweisverfügung vom 10. März 2023 beabsichtigt, C.________ als Zeugen zu befragen. Am 19. September 2023 sei er zur Verhandlung vom 27. Oktober 2023 vorgeladen worden. Am 20. Oktober 2023 habe er sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigt. In der Folge habe die Erstinstanz ihn bis auf weiteres dispensiert. Gemäss Notiz über das Telefongespräch der erstinstanzlichen Instruktionsrichterin mit C.________ vom 20. Oktober 2023 sei dessen Gesundheitszustand bereits damals sehr schlecht gewesen. Auf Nachfrage, ob die gesundheitliche Beeinträchtigung nur vorübergehend sei, habe er geantwortet, er könne es nicht sagen.
3.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf das mehrfach bestätigte Urteil 4A_307/2017 vom 20. Juli 2017, wonach bei Beweismassnahmen grundsätzlich kein rechtlicher Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vorliegen könne, es sei denn, die beantragten Beweise könnten in einem späteren Zeitpunkt, namentlich im Anschluss an ein Rechtsmittel gegen den Endentscheid, nicht mehr erhoben werden (vgl. dort E. 2.3 mit Hinweisen). Um einen entsprechenden Nachteil darzutun, muss substanziiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher Zeugen aufgrund welcher besonderen Umstände zu befürchten ist, dass sie sich nicht mehr oder nicht mehr hinreichend an zu beweisende erhebliche Tatsachen erinnern könnten, beispielsweise weil sie hochbetagt wären oder an einer Krankheit litten, die sich negativ auf ihr Erinnerungsvermögen auswirkt. Darauf wurde die Beschwerdeführerin im Urteil 4A_366/2023 vom 1. September 2023 E. 2.3.3 bereits hingewiesen.
3.3. Bereits die Vorinstanz hielt fest, aus den Unterlagen lasse sich nicht ableiten, dass C.________ schwerkrank wäre oder eine Zeugeneinvernahme zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich sei. Auch wenn eine bleibende gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegen sollte, schliesse dies eine spätere Zeugeneinvernahme nicht per se aus. C.________ habe seinen gesundheitlichen Zustand als schwankend und nicht dauerhaft schlecht beschrieben. Dass sich sein Zustand verschlimmern werde, wie die Beschwerdeführerin vorbringe, sei rein spekulativ und durch nichts belegt.
3.4. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, ihr drohe der Verlust eines Beweismittels oder zumindest dessen Wirksamkeit, wenn C.________ nicht unverzüglich einvernommen werde. Die Beschwerdeführerin weist selbst darauf hin, dass aus dem aktenkundigen Arztzeugnis nicht hervorgeht, woran C.________ leidet. Ebenso hält sie fest, die zuständige Instruktionsrichterin habe dies telefonisch in Erfahrung bringen wollen. Aktenkundig ist jedenfalls, dass C.________ am Telefon nicht sagen konnte, ob die gesundheitliche Beeinträchtigung nur vorübergehend sei. Daraus leitet die Beschwerdeführerin ab, er könne vielleicht nie mehr als Zeuge aussagen. Diese Mutmassung unterlegt sie mit dem Hinweis, dass er für mehrere Monate krankgeschrieben worden sei und bald 70 Jahre alt werde. Damit legt sie nicht substanziiert dar, inwiefern ihr wirklich ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Gestützt auf ihre Darlegungen kann keine Ausnahme von der strikt anzuwendenden Regel gemacht werden, wonach Beweisverfügungen nicht sofort anfechtbar sind. Die Beschwerdeführerin wurde bereits im Urteil 4A_366/2023 vom 1. September 2023 E. 2.3.3 darauf hingewiesen, dass diese Regel der beförderlichen Führung von Prozessen dient und nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf. Ohnehin weist die Beschwerdeführerin sogar selbst darauf hin, dass die erstinstanzliche Instruktionsrichterin C.________ nur deshalb nicht als Zeuge befragte, weil er dazu vorläufig nicht in der Lage gewesen sei. Gleichzeitig beantragt sie, die Erstinstanz sei anzuweisen, C.________ als Zeugen zu befragen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob überhaupt ein aktuelles Rechtsschutzinteresse besteht, was aber nicht vertieft zu werden braucht.
3.5. Nach dem Gesagten ist zu verneinen, dass der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Entscheid ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht.
4.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihr im Zusammenhang mit dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Januar 2025
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Hurni
Der Gerichtsschreiber: Gross