1C_137/2024 11.02.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_137/2024
Urteil vom 11. Februar 2025
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Bisaz.
Verfahrensbeteiligte
Nicolas Rasper,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Artur Terekhov,
gegen
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, 8001 Zürich,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Rüssli.
Gegenstand
Finanzreferendum; Beschwerde in Stimmrechtssachen,
Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 24. Januar 2024 (betreffend die Änderung der kantonalen Verordnung über Massnahmen zur Unterstützung der Sicherheit von Minderheiten).
Sachverhalt:
A.
Mit Beschluss vom 24. Januar 2024 änderte der Regierungsrat des Kantons Zürich § 4 Abs. 3 der Kantonalen Verordnung vom 22. Juni 2022 über Massnahmen zur Unterstützung der Sicherheit von Minderheiten mit besonderen Schutzbedürfnissen (KVSMS/ZH; LS 551.2). Der geänderte Abs. 3 von § 4 mit der Marginalie "Finanzielle Unterstützung. b. Umfang" lautet neu wie folgt: "Die Beiträge des Kantons betragen insgesamt höchstens 2 Mio. Franken jährlich." Davor betrugen sie maximal 1 Mio. Franken jährlich.
B.
Dagegen erhebt Nicolas Rasper mit Eingabe vom 4. März 2024 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt, vorfrageweise festzustellen, die Änderung von § 4 Abs. 3 KVSMS/ZH bewirke eine neue, wiederkehrende Ausgabe von mehr als CHF 400'000 jährlich; der Regierungsrat sei verbindlich anzuweisen, den angefochtenen Beschluss vom 24. Januar 2024 dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
Der Regierungsrat beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten bzw. sie allenfalls abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Nicolas Rasper hält an seinen Anträgen fest.
C.
Mit Präsidialverfügung vom 28. März 2024 hat das Bundesgericht das Gesuch des Beschwerdeführers abgewiesen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und frei (BGE 149 II 66 E. 1.3).
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Regierungsrats betreffend die Änderung der KVSMS/ZH. Dieser Beschluss wurde weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum unterstellt. Gegen Ausgabenbeschlüsse, die nach kantonalem Recht referendumspflichtig sein können, steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in der Form der Beschwerde in Stimmrechtssachen ans Bundesgericht offen, soweit der Beschwerdeführer wie vorliegend rügt, der Beschluss sei zu Unrecht nicht dem Volksreferendum unterstellt worden (vgl. Art. 82 lit. c BGG). Fraglich ist jedoch, ob es sich vorliegend um einen solchen Ausgabenbeschluss handelt.
1.2. Nach Ansicht des Beschwerdeführers kann der angefochtene Beschluss des Regierungsrats mit Beschwerde in Stimmrechtssachen beim Bundesgericht angefochten werden, da dieser nur vorderhand eine Verordnungsänderung zu sein vorgebe, im Ergebnis aber eine neue wiederkehrende Ausgabe von über Fr. 400'000.-- jährlich zur Folge habe. Solche Ausgaben müssten im Kanton Zürich nach Art. 33 Abs. 1 lit. d Ziff. 2 der Verfassung vom 27. Februar 2005 des Kantons Zürich (KV/ZH; SR 131.211) vom Kantonsrat beschlossen werden und würden dem fakultativen Finanzreferendum unterliegen. Dem kann nicht gefolgt werden.
1.3. Die Beschwerde in Stimmrechtssachen setzt voraus, dass das Beschwerdeobjekt zum Sachbereich der politischen Rechte gehört (Art. 82 lit. c BGG; GEROLD STEINMANN/ADRIAN MATTLE, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 78 zu Art. 82). Damit auf die Beschwerde in Stimmrechtssachen eingetreten werden kann, muss diese Voraussetzung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfüllt sein. An dieser Voraussetzung fehlt es vorliegend.
1.4. Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht darin, den Stimmberechtigten bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die sie als Steuerpflichtige mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern. Gegenstand des Finanzreferendums sind daher Aufwendungen, die geeignet sind, die steuerliche Belastung zu beeinflussen (BGE 123 I 78 E. 2b). Gegenstand sind somit Ausgaben und nicht Rechtsänderungen, die Ausgaben zur Folge haben. Das Finanzreferendum ist allerdings ein Institut des kantonalen Verfassungsrechts. Es bestehen für die Kantone keine verbindlichen bundesrechtlichen Begriffe der gebundenen und neuen Ausgaben. Es darf daher von der bundesgerichtlichen Umschreibung abgewichen werden, wo sich nach der Auslegung des kantonalen Rechts oder aufgrund einer feststehenden und unangefochtenen Rechtsauffassung und Praxis der zuständigen kantonalen Organe eine andere Betrachtungsweise aufdrängt (BGE 141 I 130 E. 4.3; 125 I 87 E. 3b mit Hinweisen).
1.5. Gemäss § 34 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 9. Januar 2006 über Controlling und Rechnungslegung (CRG/ZH; LS 611) gilt als Ausgabe die Verwendung von Finanzvermögen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Als Ausgaben in diesem Sinn gelten nach § 29 Abs. 1 der Finanzcontrollingverordnung des Kantons Zürich vom 5. März 2008 (FCV/ZH; LS 611.2) insbesondere Umwandlungen von Finanz- in Verwaltungsvermögen (lit. a), Staatsbeiträge (lit. b), Darlehen (lit. c), Bürgschaften und Garantieverpflichtungen (lit. d) sowie Einnahmenverzichte (lit. e). Jede Ausgabe setzt eine Rechtsgrundlage, einen Budgetkredit und eine Ausgabenbewilligung voraus (§ 35 Abs. 1 CRG/ZH). Die Ausgabenbewilligung erfolgt gemäss § 36 CRG/ZH bei neuen einmaligen Ausgaben für einen bestimmten Zweck über 4 Millionen Franken und für neue wiederkehrende Ausgaben über 400'000 Franken durch Verpflichtungskredit des Kantonsrates (lit. a), in den übrigen Bereichen durch Beschluss des Regierungsrates (lit. b; vgl. zum Ganzen Urteil 1C_17/2017 vom 23. August 2017 E. 4.3.1, in: ZBl 119/2018 S. 26).
1.6. Die generell-abstrakte Heraufsetzung eines Höchstbetrags möglicher Ausgaben zu einem bestimmten Zweck - ohne dass darauf gestützt ein Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung bestehen würde - ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine Ausgabe bzw. Aufwendung im Sinn des wiedergegebenen kantonalen Rechts (vorne E. 1.5), sondern bildet - ähnlich wie ein Budgetposten - bloss eine zusätzliche Voraussetzung für allfällige spätere Ausgaben (vgl. für Budgets und ähnliche Beschlüsse HANGARTNER UND ANDERE, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl. 2023, Rz. 1779). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Heraufsetzung des Höchstbetrags (nicht: Mindestbetrags) auch nicht mit einem konkreten Sicherungsgeschäft oder der Bildung zweckgebundener Reserven und Rückstellungen vergleichbar (vgl. hierzu CHRISTIAN SCHUHMACHER, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, 2007, Fn. 36 zu Art. 33). Ohnehin ist vorliegend unklar, worauf der Beschwerdeführer seine Erwartung stützt, dass die künftig noch zu sprechenden finanziellen Unterstützungen zwingend wiederkehrende Ausgaben von jährlich mindestens Fr. 400'000.-- bedeuten sollen und inwiefern dies durch die Heraufsetzung des Höchstbetrags in § 4 Abs. 3 KVSMS/ZH bedingt sein soll.
1.7. Kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer nicht beantragt, dass der für den angeblichen Ausgabenbeschluss mutmasslich zuständige Kantonsrat einen entsprechenden Ausgabenbeschluss fassen soll, sondern, dass der Beschluss über die Änderung der KVSMS/ZH dem Referendum zu unterstellen sei. Da das kantonale Recht keine Referendumspflicht für Verordnungen kennt (Art. 33 Abs. 1 KV/ZH e contrario; Urteil 1C_219/2020 vom 8. Oktober 2020 E. 3.3 und 3.4), könnte dem Antrag daher ohnehin nicht entsprochen werden.
1.8. Damit untersteht der angefochtene Beschluss von vornherein nicht dem fakultativen Referendum nach Art. 33 Abs. 1 lit. d KV/ZH. Entsprechend kann gegen den Beschluss des Regierungsrats auch keine Beschwerde in Stimmrechtssachen gestützt auf Art. 82 lit. c BGG beim Bundesgericht erhoben werden.
1.9. Der Beschwerdeführer bringt zudem ausdrücklich nicht vor, zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gestützt auf Art. 82 lit. b in Verbindung mit Art. 89 Abs. 1 BGG befugt zu sein.
2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Februar 2025
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Müller
Der Gerichtsschreiber: Bisaz