7B_1453/2024 04.02.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_1453/2024
Urteil vom 4. Februar 2025
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin van de Graaf, als Einzelrichterin,
Gerichtsschreiber Eschle.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Wagner,
Beschwerdeführer,
gegen
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Amt für Justizvollzug, Bahnhofplatz 3c, 5001 Aarau 1 Fächer,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Vollzug einer stationären, therapeutischen Massnahme; Haftentlassung; Rechtsverzögerung; Nichteintreten,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 23. Dezember 2024 (WBE.2024.443 / lc / jb).
Erwägungen:
1.
Das Bezirksgericht Aarau sprach A.________ am 4. April 2024 der einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand, der mehrfachen, teilweise versuchten Nötigung sowie der mehrfachen Drohung schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten (abzüglich 111 Tage Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie 203 Tage vorzeitiger Massnahmenvollzug) und ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme an (Art. 59 StGB).
2.
Mit Verfügung vom 11. Dezember 2024 wies das Amt für Justizvollzug die Anträge von A.________ auf Entlassung aus dem Vollzug der stationären therapeutischen Massnahme bzw. um Einweisung in eine geeignete Einrichtung ab.
Auf die von A.________ am 18. Dezember 2024 gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 23. Dezember 2024 nicht ein, soweit A.________ die Feststellung einer Rechtsverzögerung durch das Amt für Justizvollzug und die Versetzung in eine geeignete Einrichtung beantragte. Es überwies die Sache diesbezüglich zuständigkeitshalber an das Departement Volkswirtschaft und Inneres. Im Übrigen sistierte es das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren bis zum Entscheid des Departements und verfügte, über die Anträge auf Haftentlassung, Ausrichtung einer Haftentschädigung und gegebenenfalls Durchführung einer öffentlichen Verhandlung sei im Endentscheid zu befinden.
Mit Eingabe vom 30. Dezember 2024 erhebt A.________ Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass vonseiten der Vorinstanzen bezüglich seines Gesuchs vom 29. April 2024 um umgehende Einweisung in das B.________ Zentrum in V.________ eine ungebührliche Rechtsverzögerung vorliege. Er ersucht um umgehende Einweisung in eine geeignete Einrichtung, eventualiter um "Haftentlassung", wobei er "im Sinne einer vorsorglichen Massnahme" um sofortige Entscheidung ersucht. A.________ beantragt ausserdem eine öffentliche Verhandlung sowie seine persönliche Befragung und stellt für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
3.
Die Beschwerde in Strafsachen setzt ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids voraus (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Dieses muss aktuell, also nicht nur im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung bestehen (BGE 137 I 296 E. 4.2). Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass das Gericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet (BGE 140 IV 74 E. 1.3.1).
Mit Verfügung vom 10. Januar 2025 orientierte die Vorinstanz das Bundesgericht darüber, dass das Amt für Justizvollzug die stationäre Massnahme gegen den Beschwerdeführer per 9. Januar 2025 aufgehoben hat. Mit Schreiben vom 13. Januar 2025 reichte der Beschwerdeführer dem Bundesgericht die entsprechende Verfügung des Amts für Justizvollzug vom 8. Januar 2025 ein.
Der Beschwerdeführer ersucht vor Bundesgericht unter anderem um die Einweisung in eine geeignete Einrichtung zum Vollzug der stationären therapeutischen Massnahme, eventuell um Entlassung aus dem Vollzug der Massnahme, sowie um eine öffentliche Verhandlung und seine persönliche Befragung. Da das Amt für Justizvollzug die stationäre therapeutische Massnahme gestützt auf Art. 62c Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 59 StGB per 9. Januar 2025 aufgehoben hat und sich der Beschwerdeführer wieder auf freiem Fuss befindet, hat er kein aktuelles Interesse mehr an der Behandlung dieser Begehren. Da das rechtlich geschützte Interesse im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung vorlag und erst nachträglich wegfiel, ist die Beschwerde in dieser Hinsicht als gegenstandslos abzuschreiben (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 136 III 497 E. 2; 118 Ia 488 E. 1a).
4.
Der Beschwerdeführer beantragt ferner die Feststellung, dass vonseiten "der Vorinstanzen" bezüglich seines Gesuchs vom 29. April 2024 um umgehende Einweisung in das B.________ Zentrum in V.________ eine ungebührliche Rechtsverzögerung vorliege.
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Bei Verfassungsrügen (wie der hier geltend gemachten Rechtsverzögerung) gelten qualifizierte Anforderungen an die Begründung. Solche Rügen prüft das Bundesgericht nur, wenn sie in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 150 IV 360 E. 3.2.1; 149 I 248 E. 3.1).
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das Amt für Justizvollzug habe ungebührlich lange gebraucht, um über sein Gesuch zu entscheiden, verkennt er den Gegenstand des vorinstanzlichen Entscheids und des bundesgerichtlichen Verfahrens. Die Vorinstanz ist auf seinen entsprechenden Feststellungsantrag nicht eingetreten und hat diesen gestützt auf das kantonale Recht zur Einhaltung des verwaltungsinternen Instanzenzugs an das Departement des Innern überwiesen. Ob es sich dabei um einen Zwischen- oder einen Endentscheid handelt, muss hier nicht entschieden werden (vgl. Urteil 9C_822/2019 vom 25. März 2020 mit Hinweisen). In jedem Fall kann Gegenstand einer Beschwerde an das Bundesgericht einzig die Frage sein, ob diese Überweisung rechtmässig war. Das stellt der Beschwerdeführer aber nicht infrage. Auch begründet er nicht, weshalb die Vorinstanz, die den angefochtenen Entscheid innert Wochenfrist erliess, ihrerseits eine Rechtsverzögerung begangen haben soll. Da die Beschwerde in dieser Hinsicht den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) offensichtlich nicht genügt, ist darauf im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG nicht einzutreten.
5.
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um "vorsorgliche Massnahmen" gegenstandslos.
6.
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG nicht einzutreten, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist. Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde bezüglich der angeblichen Rechtsverzögerung von vornherein aussichtslos war, ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den angespannten finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (vgl. Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt die Einzelrichterin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Februar 2025
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Einzelrichterin:
Der Gerichtsschreiber: