5A_845/2024 27.02.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_845/2024
Urteil vom 27. Februar 2025
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Bovey, Präsident,
Bundesrichter Hartmann, Josi,
Gerichtsschreiberin Lang.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
C.________ AG,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Sistierung (erbrechtliches Auskunftsbegehren),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, vom 13. November 2024 (ZK 24 351).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ reichte im Zusammenhang mit einer Erbstreitigkeit beim Regionalgericht Berner Jura-Seeland mehrere gleichgelagerte "zivilrechtliche Auskunfts- und Informationsklagen" gegen jeweils verschiedene Finanzinstitute ein.
A.b. Das Verfahren betreffend die C.________ AG (CIV 20 5743) wurde mit Verfügung vom 27. September 2021 bis auf Weiteres sistiert.
A.c. In einem anderen Verfahren betreffend ein weiteres Finanzinstitut (CIV 19 4651) trat das Regionalgericht mit Entscheid vom 1. Dezember 2022 auf die Klage nicht ein. Das Obergericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Berufung am 21. November 2023 ab. Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid (Urteil 5A_969/2023 vom 5. Juni 2024).
A.d. Mit Verfügung vom 16. August 2024 nahm das Regionalgericht das Verfahren CIV 20 5743 wieder auf, zog die Akten des Verfahrens CIV 19 4651 bei und setzte der C.________ AG Frist bis zum 5. September 2024 zur Einreichung der Kostennote an.
A.e. Bereits zuvor hatte A.________ ein Staatshaftungsverfahren anhängig gemacht. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Staatshaftungsklage mit Entscheid vom 16. Oktober 2024 ab, wogegen A.________ mit Beschwerde an das Bundesgericht gelangt ist. Das Verfahren 2C_551/2024 ist am Bundesgericht hängig.
B.
Gegen die Verfügung vom 16. August 2024 gelangte A.________ mit Beschwerde an das Obergericht. Vor Obergericht verlangte A.________ im Wesentlichen, das Verfahren bis 20 Tage nach Erlass des verwaltungsgerichtlichen Entscheids im Staatshaftungsverfahren zu sistieren. Ausserdem verlangte sie den Ausstand des erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten. Später ersuchte sie das Obergericht, mit der Bearbeitung der Beschwerde zuzuwarten, bis das Bundesgericht im Staatshaftungsverfahren betreffend die aufschiebende Wirkung der dortigen Beschwerde entschieden habe. Das Obergericht trat mit Entscheid vom 13. November 2024 auf die Beschwerde nicht ein.
C.
Gegen den Entscheid vom 13. November 2024 wendet sich A.________ (Beschwerdeführerin) mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. Dezember 2024 an das Bundesgericht. Diesem beantragt sie, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und ihre Beschwerde gutzuheissen, indem es dem Obergericht befehle, das Regionalgericht anzuweisen, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beurteilung im Verfahren 2C_551/2024 zu sistieren. Eventualiter sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache unter Vorgabe bindender bundesgerichtlicher Erwägungen zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei Rückweisung sei der angefochtene Entscheid insofern aufzuheben und neu zu fassen, als auf die Beschwerde eingetreten und das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gutgeheissen werde, wobei das Obergericht anzuweisen sei, vorab über das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung zu befinden.[ sic!] Subeventualiter seien die kantonalen Entscheide für nichtig zu erklären und das Obergericht sei anzuweisen, dem Regionalgericht aufzutragen, das Sistierungsgesuch nach Massgabe der bundesgerichtlichen Erwägungen erneut zu prüfen und diesbezüglich einen neuen Entscheid zu erlassen, der keine schwerwiegenden Rechtsfehler enthalte. Bei Rückweisung sei das Obergericht sodann zu verpflichten, die Gerichtskosten der Staatskasse aufzuerlegen. Ausserdem solle das Bundesgericht den erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten für befangen erklären oder das Obergericht anweisen, dem Regionalgericht die Durchführung eines Befangenheitsverfahrens anzuordnen [sic!]. Das Bundesgericht habe die kantonalen Akten einzuholen.
Die von der Beschwerdeführerin in prozessualer Hinsicht gestellten Gesuche um "vorsorglichen Rechtsschutz" sowie um Verzicht auf Erhebung eines Kostenvorschusses wies der Präsident der urteilenden Abteilung mit Verfügung vom 11. Dezember 2024 ab. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht am 14. Dezember 2024 eine "Beschwerdeergänzung" ein, in der sie die beiden Anträge wiederholte. Den ihr auferlegten Kostenvorschuss leistete die Beschwerdeführerin in der Folge jedoch innert Frist.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerdeführerin wehrt sich gegen den Entscheid, mit dem die Vorinstanz als oberes Gericht und letzte kantonale Instanz (Art. 75 BGG) auf ihre Beschwerde gegen eine Wiederaufnahmeverfügung nicht eintritt. Die Beschwerde sowie die Beschwerdeergänzung sind innert Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) beim Bundesgericht eingegangen und die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde kann jedoch aus anderen Gründen nicht eingetreten werden:
1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft zur Hauptsache verschiedene prozessuale Anordnungen (Wiederaufnahme des Verfahrens, Beizug von Akten, Einholen einer Kostennote, dazu sogleich E. 1.2). Darüber hinaus trat die Vorinstanz auf das bei ihr gestellte Ausstandsgesuch betreffend den erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten nicht ein (Art. 92 BGG, dazu E. 1.4).
1.2.
1.2.1. Was die prozessualen Anordnungen anbelangt, beschlägt der angefochtene Entscheid eine prozessleitende Verfügung gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO (BGE 137 III 380 E. 1.1 mit Hinweisen). In der Begrifflichkeit des Bundesgerichtsgesetzes ist die angefochtene Verfügung jedoch ein Vor- oder Zwischenentscheid gemäss Art. 93 BGG (Urteil 5A_454/2021 vom 26. Juli 2021 E. 2). Die Beschwerde ist daher gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG nur zulässig, wenn der Zwischenentscheid entweder einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Letzteres fällt - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - vorliegend nicht in Betracht, denn der Entscheid des Bundesgerichts über die Sistierung des Verfahrens könnte nie zu einem Endentscheid in der Sache führen (BGE 133 III 629 E. 2.4.1; zit. Urteil 5A_454/2021 E. 3.3).
1.2.2. Die Beschwerde wäre also nur zulässig, wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss ein Nachteil rechtlicher Natur sein, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann (BGE 144 III 475 E. 1.2; 143 III 416 E. 1.3; 141 III 80 E. 1.2; je mit Hinweisen). Rein tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens reichen nicht aus (BGE 147 III 159 E. 4.1; 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; je mit Hinweisen). Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2). Die Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2; 138 III 94 E. 2.2). Es obliegt der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 147 III 159 E. 4.1; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1).
1.2.3. Die Beschwerdeführerin macht zwar verschiedentlich Ausführungen zu Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bzw. behauptet, der Zwischenentscheid könne einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken. Ihre Ausführungen verknüpft sie mit dem Verweis auf zahlreiche Bestimmungen der EMRK, die von verschiedenen Instanzen bzw. insbesondere dem erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten verletzt worden seien, weshalb sie als "Opfer" im Sinn von Art. 34 Abs. 1 EMRK gelte. Es gehe darum, eine bevorstehende, irreparable Konventionsverletzung zu verhindern. Worin der - rechtliche - nicht wieder gutzumachende Nachteil besteht, der der Beschwerdeführerin durch den Zwischenentscheid konkret drohen sollte, vermag sie jedoch nicht mit der notwendigen Klarheit darzulegen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere sind die (sinngemässen) Ausführungen, wonach der Ausgang des Staatshaftungsverfahrens den Ausgang des Zivilverfahrens beeinflusse, weil bei Gutheissung der Staatshaftungsklage ein anderer erstinstanzlicher Richter die Klage beurteilen müsse, was zu einer Gutheissung der Klage führen würde, bzw. dass sie je nach Ausgang des Staatshaftungsverfahrens eine Klageänderung vornehmen könnte, nicht geeignet, einen drohenden Nachteil rechtlicher Natur zu begründen. Insgesamt erschliesst sich aus den teilweise nur schwer verständlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer über 50 Seiten langen Beschwerde nicht, was der Ausgang des Staatshaftungsverfahrens konkret mit dem Ausgang des vorliegenden zivilrechtlichen Verfahrens zu tun haben und inwiefern diesbezüglich ein rechtlicher Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG gegeben sein sollte.
1.2.4. Soweit der angefochtene Entscheid bzw. die dagegen erhobene Beschwerde die prozessualen Anordnungen betrifft, ist auf sie demnach nicht einzutreten.
1.3. Zu demselben Schluss führt Art. 99 Abs. 2 BGG, demgemäss neue Begehren vor Bundesgericht unzulässig sind:
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht in der Hauptsache, das Verfahren sei bis zum Entscheid des Bundesgerichts im Verfahren 2C_551/2024 zu sistieren. Vor Vorinstanz hatte sie jedoch lediglich verlangt, das Verfahren bis zum Erlass des verwaltungsgerichtlichen Entscheids betreffend ihre Staatshaftungsklage zu sistieren bzw. mit der Bearbeitung der Beschwerde zuzuwarten, bis das Bundesgericht im Staatshaftungsverfahren betreffend die aufschiebende Wirkung entschieden habe. Das Begehren der Beschwerdeführerin um Sistierung bis zum Entscheid des Bundesgerichts im Verfahren 2C_551/2024 erweist sich daher als neu und somit unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Damit ist auch den Eventualbegehren die Grundlage entzogen.
1.4. Was das vor Vorinstanz gestellte Ausstandsgesuch gegen den erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten anbelangt, ist Folgendes auszuführen: Die Vorinstanz ist auf das Gesuch nicht eingetreten, da sie sich als funktionell nicht zuständig erachtete. Sie erwog, sie habe der Beschwerdeführerin bereits mehrfach zur Kenntnis gebracht, dass ein Ablehnungsgesuch beim erstinstanzlichen Gericht einzureichen sei. In ihrer Beschwerde an das Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin zwar Ausführungen, die mindestens sinngemäss dahingehend zu verstehen sind, dass sie auf ein Ausstandsgesuch vor erster Instanz habe verzichten dürfen, da sich ein solches nicht als wirksamer Rechtsbehelf entpuppt hätte. Sie macht auch in diesem Zusammenhang eine Verletzung zahlreicher Bestimmungen der EMRK geltend, wobei ihre Ausführungen teilweise nur schwer verständlich sind. Inwiefern die Vorinstanz mit dem Nichteintreten auf das Ausstandsgesuch eine Rechtsverletzung begangen haben soll, ergibt sich aus der Beschwerde jedoch nicht. Dies gilt auch für die unterbliebene Anweisung der Vorinstanz an die Erstinstanz, ein Ausstandsverfahren durchzuführen. Die Beschwerdeführerin erfüllt damit die sie diesbezüglich treffende und in Bezug auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte erhöhte Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht. Auf die Beschwerde ist daher auch diesbezüglich nicht einzutreten.
2.
Nach dem Gesamten erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb auf sie nicht einzutreten ist. Daran ändert es auch nichts, dass die Beschwerdeführerin die Nichtigkeit der kantonalen Entscheide geltend macht. Ausserhalb einer hängigen und zulässigen Beschwerde kann die Nichtigkeit nicht geltend gemacht werden, da dem Bundesgericht keine Oberaufsichtsfunktion über die kantonale Zivilgerichtsbarkeit zukommt (vgl. BGE 147 III 226 E. 4.4.2; zit. Urteil 5A_454/2021 E. 3.4). Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerdeergänzung ihre prozessualen Anträge erneuert hat, werden diese mit dem Entscheid in der Sache gegenstandslos. Für das Ersuchen um Erlass eines Kostenvorschusses gilt dies bereits deshalb, weil die Beschwerdeführerin den Kostenvorschuss innert Frist geleistet hat.
3.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- (Art. 66 Abs. 1 BGG), nicht aber entschädigungspflichtig, zumal der Beschwerdegegnerin kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, mitgeteilt.
Lausanne, 27. Februar 2025
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Bovey
Die Gerichtsschreiberin: Lang