6B_707/2024 19.03.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_707/2024
Urteil vom 19. März 2025
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichter Muschietti,
Gerichtsschreiber Gross.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Schmid,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich,
2. B.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dimitri Santoro,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 10. Juni 2024 (SB240019-O/U).
Sachverhalt:
A.
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A.________ am 10. Juni 2024 wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten nach Art. 141bis StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten.
B.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei teilweise aufzuheben. Er sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen freizusprechen.
Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wurde am 25. Oktober 2024 abgewiesen und dasjenige um aufschiebende Wirkung am 28. Oktober 2024.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde ist zu begründen, wobei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür in der Sachverhaltsfeststellung bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG).
1.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1). Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid geradezu unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Erforderlich ist, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1). Für die Willkürrüge gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es genügt nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3; 137 II 353 E. 5.1 mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1).
2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten nach Art. 141bis StGB.
2.1. Wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten im Sinne von Art. 141bis StGB macht sich auf Antrag strafbar, wer Vermögenswerte, die ihm ohne seinen Willen zugekommen sind, unrechtmässig in seinem oder eines andern Nutzen verwendet. Nach der Rechtsprechung sind dem Täter die Vermögenswerte nicht "ohne seinen Willen" zugekommen, wenn er die irrtümliche Gutschrift durch Täuschung selber veranlasst oder zu ihr beigetragen hat. Die Anwendung von Art. 141bis StGB setzt voraus, dass der Täter von der irrtümlichen Gutschrift überrascht wurde, sie ohne sein Zutun erfolgte und er darauf keinen Rechtsanspruch hat (BGE 131 IV 11 E. 3.1.2 mit Hinweisen). Erst wenn der Täter den Willen bekundet, die Rückforderungsansprüche völlig zu vereiteln, kann von einer unrechtmässigen Verwendung gesprochen werden. Wer sich ohne weitere Obstruktions- oder Verheimlichungshandlungen weigert, eine irrtümlich bezahlte Geldsumme zurückzuerstatten, erfüllt den Tatbestand nicht (BGE 141 IV 71 E. 8). In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der Täter in der Absicht gehandelt hat, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern (BGE 126 IV 209 E. 2d).
2.2. Es ist unbestritten, dass im Juni 2019 bei der Bank C.________ ein SEPA-Überweisungsformular einging, das auf den 13. Juni 2019 datiert war. Demnach sollten EUR 85'743.20 vom Konto der Beschwerdegegnerin 2 an die D.________ AG überwiesen werden. Der Beschwerdeführer fungierte als Mitinhaber, Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der D.________ AG. Gemäss Anklage war die Unterschrift des Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin 2, E.________, gefälscht und die "Rechnungsnummer 2027323764" fiktiv. In der irrigen Annahme, es handle sich um ein echtes SEPA-Überweisungsformular mit echter Unterschrift des berechtigten Kontoinhabers, löste die Bank C.________ die Zahlung aus. Am 20. Juni 2019 um 07:43:09 Uhr wurden dem Konto der D.________ AG bei der Bank F.________ in Zürich EUR 85'743.20 gutgeschrieben. Unmittelbar danach habe der Beschwerdeführer über dieses Geld verfügt, indem er diverse Überweisungen getätigt habe. Innert weniger Tage sei das meiste Geld verbraucht gewesen. Der Beschwerdeführer habe gewusst oder zumindest in Kauf genommen, dass die Überweisung von EUR 85'743.20 auf keinem gültigen Rechtsgrund beruht habe, weshalb er zur Rückzahlung verpflichtet gewesen wäre. Trotzdem habe er in seinem eigenen und im Nutzen der D.________ AG darüber verfügt, statt das Geld auf dem Konto zu belassen und für eine Rückerstattung zur Verfügung zu halten. Die D.________ AG sei finanziell sehr schlecht dagestanden und habe über keine Mittel zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten mehr verfügt, was schliesslich am 19. Mai 2020 zum Konkurs geführt habe.
2.3. Die Vorinstanz verurteilte den Beschwerdeführer wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten nach Art. 141bis StGB.
2.3.1. Der Beschwerdeführer machte schon im kantonalen Verfahren geltend, die Zahlung von EUR 85'743.20 sei im Rahmen eines Immobiliengeschäfts erfolgt, das ein gewisser G.________ gemeinsam mit H.________ eingefädelt habe. Dies qualifiziert die Vorinstanz überzeugend als unglaubhafte Schutzbehauptung. Sie legt ausführlich dar, weshalb die Darstellung des Beschwerdeführers lebensfremd und konstruiert sei. So gebe es etwa keine Hinweise, dass G.________ überhaupt existiere.
2.3.2. Den von der Bank F.________ edierten Unterlagen der D.________ AG entnimmt die Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer einen Grossteil der EUR 85'743.20 innert kürzester Zeit nach der Überweisung ausgab.
2.3.3. Sodann berücksichtigt die Vorinstanz die Zeugenaussagen des Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin 2. Dieser habe an der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme im Beisein des Beschwerdeführers erklärt, es habe nie eine Geschäftsbeziehung zur D.________ AG bestanden. Von einem G.________ habe er noch nie gehört.
2.3.4. Die Vorinstanz gelangt mit der Erstinstanz zum Schluss, dass das SEPA-Überweisungsformular gefälscht gewesen sei und der Beschwerdeführer sowie H.________ die einzigen Profiteure der Zahlung von EUR 85'743.20 gewesen seien. Im Gegensatz zur Erstinstanz verneint die Vorinstanz aber zugunsten des Beschwerdeführers dessen Beteiligung an der Fälschung des SEPA-Überweisungsformulars.
2.3.5. Die Vorinstanz hält fest, es liege ein gültiger Strafantrag vor. Sodann erwägt sie, der Beschwerdeführer habe nach dem Eingang der EUR 85'743.20 praktisch über den ganzen Betrag verfügt. Des Weiteren habe er eine fiktive Rechnung erstellt, um einen Rechtsgrund für die Zahlung vorzutäuschen. Mit diesem Verhalten habe er den Willen bekundet, die Rückforderungsansprüche der Beschwerdegegnerin 2 zu vereiteln. Er habe nicht nur passiv die Rückerstattung verweigert, sondern praktisch den gesamten Betrag in seinem und im Nutzen der D.________ AG verwendet und durch aktive Verschleierungshandlungen versucht, den Rückforderungsanspruch der Beschwerdegegnerin 2 zu vereiteln. Wegen der schlechten finanziellen Lage der D.________ AG habe das Geld nicht zurückerstattet werden können. Dies decke sich ebenfalls mit den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers, wonach die Geschäftstätigkeit im Tatzeitraum erfolglos gewesen sei und man von der finanziellen Unterstützung von Freunden gelebt habe. Entgegen der Ansicht der Verteidigung sei ein nachträglicher Ersatzwille des Beschwerdeführers nicht relevant, nachdem das Delikt mit der vorsätzlich begangenen Tathandlung und dem Eintritt des Vermögensschadens bei der Beschwerdegegnerin 2 bereits vollendet gewesen sei. Schliesslich habe er das Geld unbestrittenermassen im eigenen oder im Nutzen der D.________ AG verwendet, weshalb ohne Weiteres von einer Bereicherungsabsicht auszugehen sei.
2.4. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, dringt nicht durch.
2.4.1. Er behauptet, die EUR 85'743.20 seien mit seinem Willen an die D.________ AG überwiesen worden, womit eine Verurteilung wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten nach Art. 141bis StGB ausscheide. Die Vorinstanz habe richtigerweise zu seinen Gunsten festgestellt, dass er erst nach der Fälschung des SEPA-Überweisungsformulars über den anstehenden Zahlungseingang informiert worden sei. Allerdings habe die D.________ AG über den Vermittler G.________ mit der Beschwerdegegnerin 2 in Kontakt gestanden. Folglich "wollte die D.________ AG mit dem Beschwerdeführer, dass das Geld auf das Konto der D.________ AG in Zürich überwiesen wird". Dass der Beschwerdeführer bei der Fälschung des SEPA-Überweisungsformulars nicht mitgewirkt habe, bedeute nicht, dass er die Überweisung nicht gewollt habe. Zwar könne ihm nicht nachgewiesen werden, dass er an der Fälschung beteiligt gewesen sei, doch sei klar, dass er von G.________ und H.________ über das anstehende Geschäft informiert gewesen sei und auch gewollt habe, dass eine Zahlung der Beschwerdegegnerin 2 eingehe. Weiter behauptet der Beschwerdeführer, er habe stets Hand geboten zur Rückzahlung der EUR 85'743.20. Er habe nie den Willen bekundet, den Rückforderungsanspruch zu vereiteln. Er habe nur eine Doppelzahlung verhindern wollen. Zudem sei er im ganzen Strafverfahren nicht gefragt worden, ob er die EUR 85'743.20 zurückzahlen könne.
Mit solchen und ähnlichen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Willkür in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung auf. Dass nicht auszuschliessen ist, dass der Beschwerdeführer über die Überweisung der EUR 85'743.20 (für ihn überraschend) informiert wurde, schliesst die Anwendung von Art. 141bis StGB nicht aus, solange die Überweisung davon unabhängig ohne sein Zutun erfolgt ist. Der Beschwerdeführer behauptet vor Bundesgericht selbst nicht, dass er zur Gutschrift des Betrages von EUR 85'743.20 auf dem Konto der D.________ AG beigetragen hat. Zudem begründet die Vorinstanz entgegen der Verteidigung schlüssig, weshalb eine Konfrontation mit H.________ habe unterbleiben können. Sie hält fest, dessen Aussagen würden nicht zu Lasten des Beschwerdeführers berücksichtigt. Die Vorinstanz verweist auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, welche die Verteidigung in das Verfahren eingebracht habe. Daraus ergäben sich der Anklagevorwurf, die wesentlichen Beweismittel und insbesondere die Aussagen von H.________. Dieser sei nicht geständig und behaupte ebenfalls, er habe angenommen, dass die EUR 85'743.20 im Rahmen eines Immobiliengeschäfts bezahlt worden seien.
2.4.2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf STRATENWERTH/BOMMER, wonach die blosse Verweigerung oder Verzögerung der Rückleistung zur Erfüllung des Straftatbestands nicht genügen könne. Gleiches gelte für die Überweisung des Betrages auf ein anderes Konto oder die Umwandlung der Gutschrift in Schecks, solange dies die Fähigkeit des Empfängers zur Erfüllung der Forderung, mit welchen Mitteln auch immer, nicht aufhebt. Auch blosses Schweigen erfülle den Tatbestand nicht (STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht - Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 8. Auflage 2022, § 14 Rz. 16).
Damit begründet der Beschwerdeführer keine Bundesrechtsverletzung. Denn an der zitierten Literaturstelle wird auch ausgeführt, dass der Straftatbestand greift, wenn der Täter über den Vermögenswert in einer Weise verfügt, die ihn entweder zur Rückerstattung ausserstande setzt oder die doch darauf abzielt, die Durchsetzung des Rückerstattungsanspruchs auf andere Weise zu vereiteln, wie etwa durch Verheimlichung des Zugangs. Dass dies vorliegend der Fall war, legt die Vorinstanz schlüssig dar. Sie hält fest, dass der Beschwerdeführer unmittelbar nach dem Eingang der EUR 85'743.20 fast vollständig über den Betrag verfügte und eine fiktive Rechnung erstellte, um einen Rechtsgrund für die Zahlung vorzutäuschen. Die D.________ AG ging kurz darauf in Konkurs. Vor diesem Hintergrund ging die Vorinstanz zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer den Straftatbestand von Art. 141bis StGB erfüllte. Ein allfälliger nachträglicher Rückzahlungswille hätte daran nichts mehr ändern können. Nicht näher einzugehen ist auf das offensichtlich haltlose Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er "um das Recht auf einen Zivilprozess" gebracht worden sei. Indem er die EUR 85'743.20 unmittelbar nach deren Gutschrift ausgab, verwendete er sie unrechtmässig im Sinne von Art. 141bis StGB.
2.5. Nach dem Gesagten ist der Schuldspruch wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten nach Art. 141bis StGB rechtens. Die Strafzumessung beanstandet der Beschwerdeführer zu Recht nicht. Damit hat es sein Bewenden.
3.
Schliesslich bemängelt der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz die erstinstanzliche Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin 2 bestätigte. Er habe im Berufungsverfahren deren Aufhebung beantragt. Die Beschwerdegegnerin 2 habe sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt und entsprechend keine Stellung dazu genommen.
Die Rüge ist unbegründet. Die Vorinstanz bestätigte die erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung zu Recht. Denn der Beschwerdeführer drang im Berufungsverfahren mit seinem Antrag auf Freispruch nicht durch. Er erwirkte nur eine geringfügige Verbesserung, indem die Vorinstanz einen Schuldspruch wegen unrechtmässiger Verwendung von Vermögenswerten statt Betrugs und Urkundenfälschung ausfällte und die Strafe von 10 Monaten auf 8 Monate reduzierte. Dass die Beschwerdegegnerin 2 sich nicht am Berufungsverfahren beteiligte, ändert daran nichts.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. März 2025
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Der Gerichtsschreiber: Gross