4D_62/2025 28.03.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4D_62/2025
Urteil vom 28. März 2025
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied,
Gerichtsschreiber Widmer.
Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Therese Hintermann,
Beschwerdegegnerin,
Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 4. Kammer,
Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.
Gegenstand
Mieterausweisung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer,
vom 19. Februar 2025 (ZSU.2024.295).
Erwägungen:
1.
1.1. Die Parteien schlossen am 2. September 2022 einen Mietvertrag über das Mietobjekt 5.5-Zimmerwohnung inkl. Kellerabteil an der U.________strasse in V.________. Die Beschwerdegegnerin sprach gegenüber den Beschwerdeführern jeweils am 3. Juni 2024 unter Verwendung des amtlichen Formulars per 30. September 2024 die Kündigung des Mietverhältnisses aus.
Nachdem die Beschwerdeführer die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht des Bezirks Lenzburg (nachfolgend: Schlichtungsbehörde) angefochten hatten, unterbreitete diese den Parteien am 27. August 2024 einen Urteilsvorschlag, wonach das Rechtsbegehren der Beschwerdeführer abgewiesen werde. Das am 3. Juni 2024 gekündigte Mietverhältnis sei per 30. September 2024 beendet und werde nicht erstreckt. Die Beschwerdeführer hätten das Mietobjekt - vorbehältlich einer davon abweichenden schriftlichen Vereinbarung der Parteien - am 30. September 2024 zu verlassen resp. an die Beschwerdegegnerin zurückzugeben. Der Urteilsvorschlag wurde von den Parteien innert Frist nicht abgelehnt und erwuchs am 26. September 2024 in Rechtskraft. In der Zwischenzeit verhandelten sie über eine allfällige Erstreckung des Mietverhältnisses.
1.2. Nachdem die Beschwerdeführer die Wohnung nicht geräumt hatten, stellte die Beschwerdegegnerin am 30. Oktober 2024 bei der Präsidentin des Bezirksgerichts Lenzburg ein Ausweisungsbegehren. Diese verpflichtete die Beschwerdeführer mit Entscheid vom 5. Dezember 2024 unter Androhung der polizeilichen Vollstreckung im Widerhandlungsfall, das Mietobjekt sofort nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entscheids, d.h. ohne anderslautende Anordnung der Rechtsmittelinstanz, nach unbenutztem Ablauf der Berufungsfrist, vollständig zu räumen und zu verlassen. Überdies verpflichtete sie die Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin den Kostenvorschuss für die Entscheidgebühr von Fr. 1'000.-- zu ersetzen und ihr eine Parteientschädigung von Fr. 704.55 zu leisten.
Mit Entscheid vom 19. Februar 2025 wies das Obergericht des Kantons Aargau von den Beschwerdeführern je separat dagegen erhobene Berufungen ab.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Entscheid mit Eingabe vom 21. März 2025 beim Bundesgericht Beschwerde. Gleichzeitig ersuchten sie darum, es sei ihnen für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.
2.
Vorliegend ist keiner der Ausnahmefälle nach Art. 74 Abs. 2 lit. b-e BGG für eine streitwertunabhängige Zulassung der Beschwerde in Zivilsachen gegeben. Die Höhe des Streitwerts beläuft sich nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz im vorliegenden Fall auf Fr. 13'200.--. Die Beschwerde in Zivilsachen nach Art. 72 ff. BGG ist angesichts dieser Höhe des Streitwerts unzulässig (Art. 74 Abs. 1 lit. a und Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Die Beschwerdeführer machen sodann nicht geltend, dass die Beschwerde dennoch zulässig sei, weil sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG stellen würde (Art. 42 Abs. 2 BGG).
Die Eingabe der Beschwerdeführer ist unter diesen Umständen als subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne der Art. 113 ff. BGG zu behandeln.
3.
3.1. In einer Verfassungsbeschwerde muss dargelegt werden, welche verfassungsmässigen Rechte durch das kantonale Gericht verletzt worden sind, und solche Rügen sind unter Bezugnahme auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids detailliert und klar zu begründen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 BGG).
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Entscheid den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie auf einer Verfassungsverletzung im Sinne von Art. 116 BGG beruht, beispielsweise weil sie willkürlich ist, was der Beschwerdeführer mit einer den genannten Anforderungen genügenden Begründung geltend zu machen hat (sog. Sachverhaltsrüge; Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 332 E. 2.2; 133 III 439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).
4.
Die Beschwerdeführerin 2 rügte vor der Vorinstanz, die Erstinstanz habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem diese zunächst auf den Anspruch auf einen Dolmetscher hingewiesen, dann aber nicht auf ihr Gesuch vom 14. November 2024 um Bestellung eines Dolmetschers reagiert und ihr damit verunmöglicht habe, zum Ausweisungsgesuch der Beschwerdegegnerin Stellung zu nehmen. Sie habe die Vorinstanz darum ersucht, ihr für eine allfällige Gerichtsverhandlung einen kompetenten Dolmetscher zu gewährleisten und ihr eine Erstreckung der 10-Tage-Frist (für eine Stellungnahme zum Ausweisungsgesuch) zu gewähren, damit sie eine Rechtsvertretung finden könne. Ohne einen Rechtsvertreter sei die Waffengleichheit im Verfahren nicht gewährleistet.
4.1. Die Vorinstanz verneinte im Zusammenhang mit der Nichtbestellung eines Dolmetschers eine Gehörsverletzung. Sie stellte dazu in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen fest, die Erstinstanz habe im Dokument "Bestätigung des Klageeingangs und Informationen zum Verfahren" u.a. darauf hingewiesen, dass zu einer allfälligen Verhandlung auf Antrag ein Dolmetscher beigezogen werde. Die Beschwerdeführerin 2 habe einzig darum ersucht, dass bei einer Gerichtsverhandlung ein Dolmetscher aufgeboten werde. Eine solche habe indessen nicht stattgefunden, weshalb das Aufgebot nicht notwendig gewesen sei.
Die Beschwerdeführer gehen nicht hinreichend auf diese Erwägungen ein und legen nicht rechtsgenügend dar, inwiefern die Vorinstanz insoweit eine Gehörsverletzung zu Unrecht verneint haben soll, indem sie bloss in unzulässiger Ergänzung des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts (Erwägung 3.2 vorne) behaupten, die Erstinstanz habe eine Verhandlung in Aussicht gestellt, und beanstanden, weder die Erstinstanz noch die Vorinstanz habe erklären können, warum diese Verhandlung nicht mehr habe stattfinden können. Darauf und auf ihre in diesem Zuammenhang erhobene Rüge, wonach ein Entscheid, ohne dass die Beschwerdeführerin 2 ihren Standpunkt habe vortragen können, eine krasse Gehörsverletzung darstelle, kann nicht eingetreten werden.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im summarischen Verfahren, in dem das Ausweisungsbegehren der Beschwerdegegnerin zu behandeln war (Art. 248 lit. a und Art. 257 ZPO), grundsätzlich nur ein einfacher Schriftenwechsel stattfindet und sich keine der Parteien darauf verlassen darf, dass das Gericht nach einmaliger Anhörung (zu der die Beschwerdeführerin 2 nach den Feststellungen der Vorinstanz Gelegenheit hatte) einen zweiten Schriftenwechsel oder eine mündliche Verhandlung anordnet (BGE 146 III 237 E. 3.1 S. 241).
4.2. Die Vorinstanz verneinte sodann auch eine Verletzung des Prinzips der Waffengleichheit im erstinstanzlichen Verfahren. Sie hielt dazu fest, dass ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtsvertretung insbesondere bestehe, wenn die Gegenpartei anwaltlich vertreten sei. Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege sei insofern als Ausfluss des Prinzips der Waffengleichheit zu verstehen. Die Beschwerdeführerin 2 habe nie beantragt, dass die Vorinstanz ihr einen Rechtsvertreter zwecks Verfassung einer Stellungnahme stelle, sondern um Fristerstreckung, zwecks eigener Mandatierung eines Rechtsanwalts, ersucht. Dieses Gesuch sei bei der Erstinstanz am 18. November 2024 eingegangen. Diese habe den Entscheid erst am 5. Dezember 2024 gefällt. Demnach habe die Beschwerdeführerin 2 ausreichend Zeit für die Mandatierung gehabt. Ohnehin bestehe auch in einem Fall, in welchem die Gegenpartei anwaltlich vertreten sei, kein Automatismus der Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung, sondern die übrigen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege müssten erfüllt sein.
Auch mit diesen Erwägungen setzen sich die Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinander, indem sie bloss geltend machen, die Beschwerdeführerin 2 habe um Fristerstreckung gebeten, damit sie eine Rechtsvertretung beiziehen könne, und es sei unfair, dass die Erstinstanz ohne ihr Fristerstreckungsgesuch gutzuheissen oder abzuweisen und ohne eine Rechtsbeistandschaft für die Beschwerdeführerin 2 einen Entscheid zu ihrem Nachteil gefällt habe. Auch auf ihre sinngemässe Rüge, die Vorinstanz habe die Verletzung des Prinzips der Waffengleichheit durch die Erstinstanz zu Unrecht verneint, kann deshalb mangels rechtsgenügender Begründung nicht eingetreten werden.
4.3. Soweit sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf den Gehörsanspruch berufen, ist zu beachten, dass die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kein Selbstzweck ist. Der Beschwerdeführer muss daher darlegen, inwiefern das Verfahren anders ausgegangen wäre, wenn die Gehörsverletzung ausgeblieben wäre; ansonsten besteht kein Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 150 III 238 E. 4.5; 147 III 586 E. 5.2.1, je mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführer unterlassen es, darzulegen, welche entscheiderheblichen Gesichtspunkte, die zu einem anderen Verfahrensausgang geführt hätten, sie nicht hätten ins erstinstanzliche Verfahren einbringen können, weil die Erstinstanz einen Entscheid fällte, ohne eine mündliche Verhandlung mit Dolmetscher durchzuführen bzw. bevor die Beschwerdeführerin 2 zur Ergänzung ihrer Stellungnahme einen Rechtsvertreter beigezogen hatte. Auch aus diesem Grund sind die vorstehend erwähnten Rügen der Beschwerdeführer offensichtlich nicht rechtsgenügend begründet.
5.
Betreffend den Beschwerdeführer 1 erheben die Beschwerdeführer sodann keine, jedenfalls keine hinreichend begründeten Verfassungsrügen. Auf die übrigen, ihn betreffenden Rügen kann im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden.
6.
Die Beschwerdeführer rügen es schliesslich als eine "eindeutige Rechtsverweigerung", dass die Erstinstanz trotz eingereichten Beweismitteln nicht zu ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege Stellung genommen habe. Der Entscheid der Erstinstanz und der Vorinstanz sei in dieser Hinsicht zu berichtigen.
Den Feststellungen der Vorinstanz ist nicht zu entnehmen und die Beschwerdeführer machen nicht mit einer hinreichend substanziierten Sachverhaltsrüge im vorstehend umschriebenen Sinn (E. 3.2 vorne) geltend, dass sie in den Berufungen an die Vorinstanz eine entsprechende Rüge erhoben hätten. Die Rügen, die dem Bundesgericht unterbreitet werden, müssen indessen, soweit möglich, schon vor der Vorinstanz vorgebracht worden sein. Die Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs ist unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht (Art. 75 BGG; BGE 143 III 290 E. 1.1 mit Hinweisen). Auf die erhobene Rüge der Rechtsverweigerung kann mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht eingetreten werden.
7.
Zusammenfassend kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, da es teils an der Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges fehlt und das Rechtsmittel im Übrigen offensichtlich nicht hinreichend begründet ist (Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG).
Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG). Das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das vorliegende Verfahren wird damit gegenstandslos.
Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt der Präsident:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. März 2025
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied:: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Widmer