2C_394/2024 27.02.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_394/2024
Urteil vom 27. Februar 2025
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichterin Hänni,
Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiber Kaufmann.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch BUCOFRAS, Juristische Beratung für Ausländer,
Beschwerdeführer,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn, Migrationsamt,
Ambassadorenhof, Riedholzplatz 3, 4509 Solothurn.
Gegenstand
Familiennachzug,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. Juni 2024 (VWBES.2023.170).
Sachverhalt:
A.
A.________, Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo (Kongo-Kinshasa), ersuchte das Departement des Innern des Kantons Solothurn, Migrationsamt, mit Schreiben vom 24. Januar 2023 um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des umgekehrten Familiennachzugs zwecks Verbleibs bei seiner in der Schweiz niederlassungsberechtigten Tochter B.________.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2023 stellte A.________ beim Staatssekretariat für Migration (SEM) ein Gesuch um Wiederaufnahme seines Asylverfahrens. Mit Schreiben vom 16. März 2023 bestätigte das SEM, dass das Asylverfahren für A.________ wiederaufgenommen worden sei.
B.
Mit Verfügung vom 5. Mai 2023 sistierte das Migrationsamt das Bewilligungsverfahren bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Asylentscheids des SEM. Eine gegen die Sistierungsverfügung erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 27. Juni 2024 ab.
C.
A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt im Hauptpunkt, auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sei einzutreten, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 27. Juni 2024 sei aufzuheben und das Verwaltungsgericht sei anzuweisen, die Verfügung des Migrationsamts aufzuheben und dieses seinerseits anzuweisen, das Nachzugsgesuch vom 24. Januar 2023 zu behandeln. Eventualiter sei die Sache an das Migrationsamt zurückzuweisen. Subsidiär beantragt A.________, auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sei einzutreten, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV) festzustellen. In prozessualer Hinsicht beantragt der Beschwerdeführer, auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten.
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde ebenso verzichtet wie auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit (Art. 29 Abs. 1 BGG) und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 150 II 346 E. 1.1; 149 II 66 E. 1.3).
1.2. Das bundesgerichtliche Verfahren betrifft ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn, mit welchem dieses eine gegen einen Sistierungsentscheid des kantonalen Migrationsamts gerichtete Beschwerde abwies. Fraglich ist, ob es sich bei diesem Urteil um ein zulässiges Anfechtungsobjekt (vgl. Art. 90-93 BGG) handelt.
1.2.1. Entscheide betreffend die Sistierung, d.h. die vorübergehende Unterbrechung, eines Verfahrens stellen praxisgemäss Zwischenentscheide im Sinn von Art. 93 BGG dar (Urteile 7B_457/2024, 7B_725/2024 vom 4. Oktober 2024 E. 2.1; 2C_612/2023 vom 24. Juli 2024 E. 1.4 mit Hinweisen). Ein Rechtsmittelentscheid, mit dem ein Zwischenentscheid bestätigt wird, ist ebenfalls ein Zwischenentscheid (vgl. BGE 139 V 339 E. 3.2).
1.2.2. Vorliegend ging die Vorinstanz davon aus, dass das Migrationsamt das ausländerrechtliche Bewilligungs- bzw. das Familiennachzugsverfahren aufgrund des beim SEM hängigen Asylverfahrens hätte abschreiben müssen, anstatt es zu sistieren. Dies mit der Begründung, dass der Ausgang des Nachzugsverfahrens nicht von jenem des Asylverfahrens abhänge. Da die angefochtene Sistierungsverfügung indessen nicht zu Ungunsten des Beschwerdeführers abgeändert werden dürfe, müsse es mit der Abweisung der Beschwerde sein Bewenden haben (vgl. E. 4.4 des angefochtenen Urteils).
Diese Ausführungen in der Begründung des vorinstanzlichen Entscheids vermögen nichts daran zu ändern, dass das Anfechtungsobjekt vor dem kantonalen Gericht ein Sistierungsentscheid war. Dadurch wurde der Streitgegenstand im kantonalen Verfahren festgelegt. Das kantonale Gericht dehnte diesen Streitgegenstand auch nicht aus (vgl. zur Zulässigkeit einer Ausdehnung allgemein BGE 130 V 138 E. 2.1; 122 V 34 E. 2a; Urteil 8C_744/2013 vom 10. Januar 2014 E. 2), sondern wies das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ab. Damit bleibt es trotz der Ausführungen in der E. 4.4 des kantonalen Urteils dabei, dass vor Bundesgericht kein Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG, sondern ein Zwischenentscheid über die Sistierung angefochten ist.
1.2.3. Selbständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, sind nach Art. 93 Abs. 1 BGG nur dann beim Bundesgericht anfechtbar, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Diese Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 BGG nicht selbstständig anfechten, können sie ihn doch gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG zusammen mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (vgl. BGE 150 II 346 E. 1.3.3 mit Hinweisen). Dabei obliegt es der beschwerdeführenden Partei, darzutun, dass die Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Anfechtbarkeit erfüllt sind, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu ins Auge (BGE 142 V 26 E. 1.2 mit Hinweisen; Urteil 2C_57/2023, 2C_60/2023 vom 6. September 2024 E. 2.1; vgl. auch BGE 150 II 346 E. 1.3.3; 147 III 159 E. 4.1).
1.2.4. Das Bundesgericht könnte durch Gutheissung der vorliegenden Beschwerde keinen Endentscheid im ausländerrechtlichen Bewilligungsverfahren herbeiführen. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist folglich von vornherein nicht anwendbar.
1.2.5. Ein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtlicher Natur sein, was voraussetzt, dass er durch einen späteren günstigen Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 150 III 248 E. 1.2; 149 II 476 E. 1.2.1; 148 IV 155 E. 1.1). Rein tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens reichen grundsätzlich nicht aus (BGE 150 III 248 E. 1.2; 149 II 170 E. 1.3 mit Hinweisen; vgl. dazu FELIX UHLMANN, in: Basler Kommentar, 3. Aufl. 2018, N. 6 zu Art. 93 BGG). Der Beschwerdeführer geht ohne Begründung davon aus, beim angefochtenen Urteil handle es sich um einen Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG. Dass ihm durch den angefochtenen Entscheid ein nicht wiedergutzumachender Nachteil drohe, macht der Beschwerdeführer dementsprechend gar nicht erst geltend. Inwiefern dies der Fall sein könnte, ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, geschweige denn offenkundig. Die Eintretensvoraussetzung nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist mithin ebenfalls nicht erfüllt.
1.2.6. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach dem Gesagten mangels Vorliegens eines zulässigen Anfechtungsobjekts nicht einzutreten. Da Art. 93 BGG im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde ebenfalls gilt (vgl. Art. 117 BGG), kann auch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden (vgl. Urteil 2C_380/2023 vom 24. August 2023 E. 2).
2.
Aus den dargelegten Gründen ist weder auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten noch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde einzutreten. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten.
2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 27. Februar 2025
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: M. Kaufmann