5A_443/2024 26.03.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
5A_443/2024
Urteil vom 26. März 2025
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Bovey, Präsident,
Bundesrichter Hartmann, Bundesrichterin De Rossa,
Gerichtsschreiber Buss.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokatin Sandra Schultz,
Beschwerdeführer,
gegen
1. B.________,
2. C.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Pius Koller,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Nachbarrecht,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 3. Juni 2024 (ZVE.2023.7).
Sachverhalt:
A.
A.________ ist Eigentümer eines Grundstücks in U.________ (AG). B.________ und C.________ sind Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in derselben Gemeinde.
B.
Mit Klage vom 14. November 2018 beantragten B.________ und C.________ beim Bezirksgericht Rheinfelden, Präsidium des Zivilgerichts, A.________ sei zu verpflichten, die zu nahe an der Grenze ihres Grundstücks gepflanzte Schwarzföhre zu entfernen. Zudem beantragten sie den Rückschnitt von bestimmten weiteren Bäumen und Sträuchern entlang der Grundstücksgrenze sowie die Anordnung von Vollstreckungsmassnahmen. Mit Urteil vom 18. Februar 2022 verpflichtete der Präsident des Bezirksgerichts A.________, die Schwarzföhre auf seinem Grundstück 45 Tage nach Rechtskraft des Urteils zu fällen, drohte ihm für den Fall der Nichterfüllung eine Ordnungsbusse an und berechtigte B.________ und C.________ für diesen Fall zur Ersatzvornahme. Im Übrigen wurde das Verfahren durch Teilvergleich abgeschrieben. Die dagegen erhobene Berufung von A.________ hiess das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 3. Juni 2024 (eröffnet am 5. Juni 2024) bezüglich einer Modalität der Ersatzvornahme gut und wies sie im Übrigen ab.
C.
A.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) wendet sich am 2. Juli 2024 mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben, die Klage vom 14. November 2018 abzuweisen und sämtliche Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens, einschliesslich der Kosten des Schlichtungsverfahrens, den Beschwerdegegnern aufzuerlegen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, entsprach der damalige Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 2. August 2024. Im Übrigen hat sich das Bundesgericht die kantonalen Akten überweisen lassen, in der Sache jedoch keinen Schriftenwechsel angeordnet.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 89 E. 1).
1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft die Beseitigung eines Baums, der kantonale Abstandsvorschriften (Art. 688 ZGB) nicht einhält, und damit eine Zivilsache vermögensrechtlicher Natur (Art. 72 Abs. 1 BGG; vgl. Urteil 5A_85/2016 vom 23. August 2016 E. 1.1 mit Hinweisen). Dagegen steht die Beschwerde in Zivilsachen offen, wenn die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG) erreicht wird oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 Bst. a BGG).
1.1.1. Die Vorinstanz bezifferte den Streitwert auf Fr. 15'000.--. Der Beschwerdeführer bringt vor, das Bundesgericht sei nicht an die Schätzung des Obergerichts gebunden. Der Streitwert bemesse sich nach dem Wert, um den das von Immissionen betroffene Grundstück zunehme oder um den das Immissionen verursachende Grundstück abnehme, wenn die Pflanze beseitigt werde. Massgebend sei dabei der höhere Betrag. Der genaue Marktwert der Liegenschaft sei ihm, dem Beschwerdeführer, aus offensichtlichen Gründen nicht bekannt. Einer Online-Schätzung auf Comparis sei zu entnehmen, dass die Liegenschaft der Beschwerdegegner einen Wert von ungefähr Fr. 1'276'200.-- habe. Bei einem derart hohen Wert der Liegenschaft mit einer ungefähren Fläche von 574 m2, die durch die Schwarzföhre tangiert werde, sei von einer Wertverminderung durch den Baum von mindestens Fr. 30'000.-- auszugehen.
Lautet - wie vorliegend - ein Begehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG). Wie der Beschwerdeführer zutreffend vorträgt, ist für die Berechnung des Streitwerts nicht auf die Beseitigungskosten abzustellen. Zu schätzen ist der Wert, um den das von den Immissionen betroffene Grundstück zunimmt oder um den das die Immissionen verursachende Grundstück abnimmt, wenn die Pflanze beseitigt wird, wobei der höhere Betrag streitwertbestimmend ist (Urteile 5A_85/2016 vom 23. August 2016 E. 1.2.4; 5A_749/2007 vom 2. Juni 2008 E. 1.2; 5C.200/2005 vom 21. Oktober 2005 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 132 III 6). Allerdings ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, eigene Abklärungen anzustellen, wenn der Streitwert nicht ohne Weiteres aus den Feststellungen im angefochtenen Entscheid oder aus den Verfahrensakten hervorgeht. Der Beschwerdeführer hat nähere Angaben zu machen, die den Streitwert einfach zu schätzen gestatten. Das Bundesgericht ist dabei weder an die Schätzung des Beschwerdeführers noch an übereinstimmende Angaben der Parteien noch an eine offensichtlich unrichtige Schätzung des Obergerichts gebunden (BGE 140 III 571 E. 1.2; 136 III 60 E. 1.1.1).
Der Beschwerdeführer beschränkt sich auf Vorbringen zum Wert der Liegenschaft der Beschwerdegegner und zur vom Baum "tangierten" Fläche. Diese Angaben gestatten es nicht, den Streitwert einfach zu schätzen. Inwieweit der Wert des Grundstücks der Beschwerdegegner bei einer Beseitigung des Baums zunimmt, hängt insbesondere auch davon ab, wie sich der Baum auf das Grundstück auswirkt. Hierzu macht der Beschwerdeführer keine Angaben. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil keine Feststellungen zu diesen Auswirkungen getroffen. In der Berufung hatte der Beschwerdeführer ausgeführt, der Nadelfall und der Harzfluss seiner Schwarzföhre seien nicht als übermässige Immissionen zu qualifizieren. Beim betroffenen Wohnquartier handle es sich um ein Gartenquartier mit alten Baumbeständen, in dem es üblich sei, dass Sträucher und Bäume im Unterabstand und in Überhöhe wüchsen sowie Nadelfall und Harzfluss erwartbar, üblich und entsprechend hinzunehmen seien. Damit fehlen Hinweise darauf, dass der Streitwert tatsächlich die gesetzliche Grenze von Fr. 30'000.-- erreicht.
1.1.2. Als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung betrachtet der Beschwerdeführer die Frage, ob das öffentliche Interesse am Erhalt des Baums (Klimaschutz, Naturschutz) die Interessen der Beschwerdegegner überwiegt. Der Beschwerdeführer begründet jedoch nicht hinreichend (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG), warum sich die Frage nach der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und den Interessen der Beschwerdegegner im vorliegenden Fall überhaupt stellen soll. Abgesehen davon, vermöchte er kein allgemeines Interesse daran zu belegen, dass eine umstrittene Frage höchstgerichtlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit Rechtssicherheit herzustellen. Bei der Frage, deren Beurteilung er verlangt, geht es lediglich um Rechtsanwendung bezogen und beschränkt auf seinen konkreten Fall, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angenommen werden darf (vgl. zum Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung: BGE 140 III 501 E. 1.3; 135 III 1 E. 1.3). Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich damit als unzulässig.
1.2. Grundsätzlich offen steht dagegen die subsidiäre Verfassungsbeschwerde: Angefochten ist der Endentscheid (Art. 117 i.V.m. Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz, die auf Rechtsmittel hin (Art. 114 i.V.m. Art. 75 BGG) entschieden hat. Der zur Verfassungsbeschwerde berechtigte (Art. 115 BGG) Beschwerdeführer hat die Beschwerde innert Frist (Art. 117 i.V.m. Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereicht.
2.
2.1. Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, wozu auch kantonale verfassungsmässige Rechte (vgl. Art. 95 Bst. c BGG) gehören (BGE 136 I 241 E. 2.2), gerügt werden (Art. 116 BGG). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip).
2.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Rechtsmissbrauchsverbots gemäss Art. 5 Abs. 3 BV sowie eine Verletzung der Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 BV und § 21 der Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980 (SR 131.227).
2.3. Das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) abgeleitete Rechtsmissbrauchsverbot stellt kein verfassungsmässiges Recht dar; vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz (Urteile 5A_125/2011 vom 13. April 2011 E. 3.1; 5P.353/2005 vom 13. März 2006 E. 2.4). Die Rüge des Rechtsmissbrauchs kann daher im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht selbständig geltend gemacht werden. Die Eigentumsgarantie, die der Beschwerdeführer ebenfalls verletzt sieht, kann in zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen Privaten nicht direkt angerufen werden (BGE 143 I 217 E. 5.2; Urteil 5A_362/2016 vom 20. Februar 2017 E. 6.3). Der Beschwerdeführer trägt demnach keine hinreichenden Verfassungsrügen vor.
3.
Damit kann weder auf die Beschwerde in Zivilsachen noch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnern, die sich lediglich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu vernehmen hatten, mit ihren dort gestellten Anträgen aber unterlagen, ist keine Entschädigung geschuldet.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.
2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, mitgeteilt.
Lausanne, 26. März 2025
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Bovey
Der Gerichtsschreiber: Buss