8C_306/2024 09.04.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_306/2024
Urteil vom 9. April 2025
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Heine, Scherrer Reber,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Neuanmeldung; Invalidenrente),
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 16. April 2024 (IV.2022.00525).
Sachverhalt:
A.
A.a. Der 1961 geborene A.________ zog sich am 1. August 2010 bei einem Arbeitsunfall als Lagerist im Verteilzentrum B.________ eine distale Unterschenkeltrümmerfraktur mit Beteiligung des oberen Sprunggelenks zu. Der zuständige Unfallversicherer (C.________) sprach ihm mit Wirkung ab 1. April 2013 eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 21 % sowie eine Entschädigung auf der Basis einer Integritätseinbusse von 20 % zu (Verfügung vom 30. Januar 2014, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2015). Am 11. März 2011 hatte sich A.________ ausserdem bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Nach Einholung einer interdisziplinären Expertise bei der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Bern vom 8. November 2013 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Rentenanspruch (Verfügung vom 11. April 2014, bestätigt mit Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2015).
A.b. Auf die Neuanmeldung vom 6. Juni 2014 trat die IV-Stelle mit Verfügung vom 26. Mai 2016 nicht ein. Am 22. März 2018 erteilte sie nach entsprechendem Gesuch Kostengutsprache für orthopädische Serienschuhe.
A.c. Das Schreiben vom 7. Februar 2019, mit welchem A.________ einen Bericht der Klinik D.________ vom 6. Juli 2018 eingereicht hatte, nahm die IV-Stelle als Neuanmeldung entgegen. Sie holte in der Folge unter anderem das interdisziplinäre Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Bern vom 20. August 2021 ein. Im Rahmen des Vorbescheidverfahrens gab A.________ die von der Gemeinde U.________ veranlasste psychiatrische Expertise des pract. med. E.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 22. März 2022 zu den Akten. Mit Verfügung vom 22. August 2022 lehnte die IV-Stelle einen Rentenanspruch ab.
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Urteil vom 16. April 2024).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Urteils sei ihm eine Rente "auf der Basis von 100 %" zu gewähren, die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien auf die Gerichtskasse zu nehmen und das kantonale Gericht sei anzuweisen, ihm eine Parteientschädigung auszubezahlen; eventualiter sei die Angelegenheit "zur Neuabklärung zurückzuweisen". Zudem wird um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 22. August 2022 verfügte Ablehnung eines Rentenanspruchs bestätigte. Unbestritten ist, dass die Beschwerdegegnerin zu Recht auf die Neuanmeldung zum Leistungsbezug eingetreten ist.
3.
3.1. Im angefochtenen Urteil werden die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgebenden Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
3.2. Hervorzuheben ist, dass bei einer Neuanmeldung zum Leistungsbezug die Grundsätze zur Rentenrevision (vgl. Art. 17 Abs. 1 ATSG) analog Anwendung finden (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV; BGE 130 V 71 E. 3.2.3). Daher ist zunächst eine anspruchsrelevante Veränderung des Sachverhalts erforderlich; erst in einem zweiten Schritt ist der (Renten-) Anspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (BGE 141 V 9; Urteil 9C_587/2023 vom 8. April 2024 E. 2.3.1).
Zeitliche Vergleichsbasis für die Prüfung einer anspruchserheblichen Änderung (vgl. BGE 133 V 108 E. 5.4; 130 V 71 E. 3) bilden hier unstreitig die Verfügungen vom 11. April 2014 und 22. August 2022.
4.
Das kantonale Gericht stellte nach umfassender Würdigung der medizinischen Unterlagen fest, dass das MEDAS-Gutachten vom 20. August 2021 den Anforderungen der Rechtsprechung an beweiskräftige Expertisen genüge. Dieses attestiere dem Beschwerdeführer seit 2013 einen unveränderten Gesundheitszustand bei gleich gebliebener uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit in angepassten Tätigkeiten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers biete die nicht im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholte Expertise des pract. med. E.________ vom 22. März 2022 keinen Anlass, darauf zurückzukommen. Darauf könne unter anderem deshalb nicht abgestellt werden, weil darin das übersteigerte Schmerzgebaren mitberücksichtigt worden sei. Im Übrigen seien daraus keine neuen Aspekte zu ersehen, die bei der MEDAS-Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben wären. Weil im vorliegenden Neuanmeldungsverfahren ein Revisionsgrund nicht ausgewiesen sei, habe die IV-Stelle einen Rentenanspruch zu Recht verneint.
5.
5.1. Unter Verweis auf die Expertise des pract. med. E.________ vom 22. März 2022 macht der Beschwerdeführer letztinstanzlich geltend, dass er seit 2012 namentlich unter einer Depression leide, nirgends eine Remission dokumentiert sei und pract. med. E.________ ihm - im Gegensatz zu den MEDAS-Gutachtern - eine lediglich 50%ige Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit attestiert habe. Die Vorinstanz habe sich mit dem Inhalt der Expertise, die sie fälschlicherweise als Privatgutachten qualifiziert habe, nicht weiter befassen wollen. Damit sei die Untersuchungsmaxime, der Anspruch auf Beweis, Beweiswürdigung, Waffengleichheit und letztlich auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 6 EMRK, Art. 29 BV und Art. 42 ATSG verletzt worden.
5.2.
5.2.1. Entgegen der Rüge des Beschwerdeführers hat sich das kantonale Gericht mit der Expertise des pract. med. E.________ auseinandergesetzt. Dabei merkte es an, dass der Experte seit spätestens 2013 von einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen sei, und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine im Vergleich zu früheren Einschätzungen lediglich unterschiedliche Beurteilung keinen Revisionstatbestand begründen könne. Damit nahm es Bezug auf die neuanmeldungsrechtlich geforderte anspruchserhebliche Veränderung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG (vgl. E. 3.2 hiervor). Für die Annahme einer solchen genügt unter medizinischen Aspekten für sich allein weder eine im Vergleich zu früheren ärztlichen Einschätzungen ungleich attestierte Arbeitsunfähigkeit noch eine unterschiedliche diagnostische Einordnung des geltend gemachten Leidens; massgeblich ist vielmehr eine (erheblich) veränderte Befundlage (BGE 141 V 9 E. 2.3; Urteil 9C_587/2023 vom 8. April 2024 E. 2.3.2). Es ist unbestritten, dass hier seit dem Vergleichszeitpunkt der Verfügung vom 11. April 2014 weder aus den Gutachten der MEDAS und des pract. med. E.________ noch aus den übrigen medizinischen Berichten eine erheblich veränderte Befundlage hervorgeht. Bereits deshalb lässt sich die vorinstanzliche Bestätigung der rentenablehnenden Verfügung nicht beanstanden.
5.2.2. Der Einwand der Gehörsverletzung vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt nicht, dass das Gericht zu allen Parteistandpunkten ausführlich Stellung beziehen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (vgl. BGE 149 V 156 E. 6.1; 148 III 30 E. 3.1; 145 III 324 E. 6.1). Da im vorliegenden Fall eine massgebliche Veränderung des Gesundheitszustandes nicht eingetreten war, musste sich die Vorinstanz nicht im Einzelnen mit den unterschiedlichen Diagnosen und divergierenden Arbeitsunfähigkeitsattesten der Gutachter auseinandersetzen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt hier also offensichtlich nicht vor.
5.2.3. Bei gegebener Ausgangslage erübrigen sich Weiterungen in Bezug auf die in Frage gestellte vorinstanzliche Qualifizierung der von der Gemeinde U.________ eingeholten psychiatrischen Expertise vom 22. März 2022 als Privatgutachten. In antizipierender Beweiswürdigung (BGE 144 V 361 E. 6.5) konnte und kann willkürfrei auf zusätzliche Abklärungen verzichtet werden. Weder ist darin eine Bundesrechtswidrigkeit in Gestalt einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder der Beweiswürdigungsregeln noch eine in medizinischer Hinsicht offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung zu erblicken.
6.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine Verletzung von Bundes- oder Staatsvertragsrecht aufzuzeigen vermag. Ob die Rügen bezüglich Verletzung von Grundrechten den qualifizierten Anforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG genügen (BGE 142 I 135 E. 1.5 am Ende), kann hier dahingestellt bleiben. Es hat mithin beim angefochtenen Urteil sein Bewenden. Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.
7.
Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (Urteil 8C_451/2022 vom 1. Dezember 2022 E. 6 mit Hinweis; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 22 zu Art. 64 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist daher abzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 9. April 2025
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Viscione
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz