1C_37/2025 17.04.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_37/2025
Urteil vom 17. April 2025
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Haag, Präsident,
Bundesrichter Kneubühler,
nebenamtliche Bundesrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiberin Hänni.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Tanja Knodel,
gegen
B.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. George Poulikakos,
Bedrohungsmanagement der Stadtpolizei Zürich, Fachstelle Häusliche Gewalt, Förrlibuckstrasse 120, 8005 Zürich.
Gegenstand
Massnahmen nach Gewaltschutzgesetz,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, vom 23. Dezember 2024 (VB.2024.00713).
Sachverhalt:
A.
Die Stadtpolizei Zürich verfügte am 23. Oktober 2024 gestützt auf das Gewaltschutzgesetzes des Kantons Zürich vom 19. Juni 2006 (GSG/ZH; LS 351) zulasten von A.________ für die Dauer von 14 Tagen ein Kontaktverbot gegenüber B.________; zudem erliess sie Rayonverbote betreffend deren Wohn- und Arbeitsort. A.________ wurde sog. "Trennungsstalking" vorgeworfen. Auf Ersuchen von B.________ verlängerte das Zwangsmassnahmengericht am Bezirksgericht Zürich (ZMG) diese Massnahmen zunächst bis zum 6. Februar 2025. Auf Einsprache von A.________ und nach Anhörung der Parteien wies das ZMG das Verlängerungsgesuch mit Entscheid vom 19. November 2024 schliesslich ab.
Am 23. Dezember 2024 hat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eine von B.________ erhobene Beschwerde gutgeheissen, den Entscheid des ZMG aufgehoben und die am 23. Oktober 2024 angeordneten Massnahmen wiederhergestellt.
B.
Mit Eingabe vom 22. Januar 2025 führt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, die Gewaltschutzmassnahmen nicht zu verlängern; eventuell sei festzustellen, diese seien widerrechtlich gewesen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Jedenfalls seien die vorinstanzlichen Kosten und Entschädigungen neu zu verlegen; eventuell sei die Angelegenheit zu diesem Zweck an die Vorinstanz zurückzuweisen.
B.________ stellt den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Stadtpolizei hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid gestützt auf das Zürcher GSG, mithin in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG; BGE 134 I 140 E. 2). Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG zur Verfügung.
1.2. Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde legitimiert, wer u.a. ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Dieses muss nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Urteilszeitpunkt aktuell und praktisch sein. Fällt es im Laufe des Verfahrens dahin, wird die Sache gegenstandslos. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 150 II 409 E. 2.2.1; 142 I 135 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).
1.3. Das von der Vorinstanz gegenüber dem Beschwerdeführer wiederhergestellte Kontakt- und Rayonverbot war bis zum 6. Februar 2025 gültig. Es ist nach dem Einreichen des Rechtsmittels, das vom 22. Januar 2025 datiert, weggefallen. Der Beschwerdeführer verfügt insofern über kein aktuelles Interesse an der Beurteilung der Zwangsmassnahmen mehr, weshalb das bundesgerichtliche Verfahren an sich gegenstandslos geworden ist. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, es lägen die Voraussetzungen vor, unter denen das Bundesgericht ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen Interesses verzichtet. Diese sind in der Tat vorliegend nicht gegeben; insbesondere ist nicht zu erkennen, inwiefern die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegen sollten.
1.4. Der Beschwerdeführer bringt allerdings vor, Gewaltschutzmassnahmen würden polizeilich erfasst und seien für die Migrationsbehörden einsehbar, was im Falle einer "potenziellen Einbürgerung" relevant sein könnte. Ausserdem könne ein nachteiliger Eintrag sein wirtschaftliches und persönliches Fortkommen behindern, weshalb er weiterhin ein aktuelles Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit der betreffenden Massnahmen habe.
1.5. Diese Vorbringen sind sehr allgemein gehalten. Der Beschwerdeführer macht lediglich geltend, er lebe seit geraumer Zeit in der Schweiz und ziehe ein Einbürgerungsverfahren in Betracht. Er legt aber nicht dar, konkrete Pläne für den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts zu hegen oder auch nur die diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Noch vager sind seine Befürchtungen betreffend sein wirtschaftliches und persönliches Fortkommen. Er konkretisiert diese in keiner Weise und sie liegen auch nicht auf der Hand. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich ein aktuelles Rechtsschutzinteresse nicht bejahen.
1.6. Anders verhält es sich hinsichtlich der Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Leistung einer Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin und zur Kostenübernahme. Rechtsprechungsgemäss bleibt die Legitimation diesbezüglich erhalten, auch wenn das aktuelle Interesse an der Anfechtung des Entscheids in der Hauptsache entfällt. Die Überprüfung des Kostenentscheids kann aber nicht dazu führen, dass indirekt auch der Entscheid in der Hauptsache überprüft wird. In diesem Rahmen kann daher nur geltend gemacht werden, die Kostenverlegung sei aus einem anderen Grund als dem blossen Unterliegen in der Hauptsache bundesrechtswidrig (BGE 129 II 297 E. 2.2; Urteile 1C_515/2021 vom 30. August 2022 E. 1.3; 4A_93/2015 vom 22. September 2015 E. 1.3.2.4, nicht publ. in: BGE 141 III 426 je mit Hinweisen; spezifisch für das Verfahren nach dem Zürcher Gewaltschutzgesetz: Urteil 1C_313/2023 vom 21. November 2023 E. 1.2).
1.7. Solche Rügen erhebt der Beschwerdeführer nicht: Er wirft der Vorinstanz vor, einseitig die Argumente der Beschwerdegegnerin berücksichtigt und die Erkenntnisse des ZMG ignoriert zu haben. Sodann vertritt er die Auffassung, die Vorinstanz habe das kantonale Recht willkürlich angewandt und dadurch Art. 9 BV verletzt. Seine Anträge zur Anpassung des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Kosten- und Entschädigungspunkt (Gerichtskosten zulasten der Beschwerdegegnerin, keine Parteientschädigung für die beiden kantonalen Verfahren zugunsten der Beschwerdegegnerin, Parteientschädigung zu seinen Gunsten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) begründet er einzig mit der beantragten Gutheissung seiner Beschwerde in der Sache. Er macht nicht geltend, die Kostenverlegung sei aus einem anderen Grund als dem blossen Unterliegen in der Hauptsache bundesrechtswidrig. Dazu ist er, wie in der obenstehenden E. 1.4 ausgeführt, nicht befugt. Somit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
2. Bei diesem Prozessausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die anwaltlich vertretene Beschwerdegegnerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bedrohungsmanagement der Stadtpolizei Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. April 2025
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Haag
Die Gerichtsschreiberin: Hänni