8C_19/2025 02.06.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_19/2025
Urteil vom 2. Juni 2025
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Scherrer Reber,
Gerichtsschreiber Walther.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Ebneter,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle Luzern,
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 18. November 2024 (5V 24 45).
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1969, meldete sich nach zwei erfolglosen Gesuchen um Leistungen der Invalidenversicherung in den Jahren 2007 und 2014 am 6. März 2020 erneut zum Leistungsbezug an. Sie machte gesundheitliche Verschlechterungen geltend, insbesondere im Zusammenhang mit einer Sehbehinderung (Amblyopie), Rücken- und beidseitigen Knieschmerzen, Depressionen, einer traumatischen Neurose sowie einer ängstlichen, unsicheren und vermeidenden Persönlichkeitsstörung. Gestützt auf ein psychiatrisches Gutachten verneinte die IV-Stelle Luzern mit Verfügung vom 9. April 2021 einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Mit Urteil vom 30. August 2022 hob das Kantonsgericht Luzern diese Verfügung auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung, namentlich der geltend gemachten Sehbeeinträchtigung an die IV-Stelle zurück. Nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens der ABI Aerztliches Begutachtungsinstitut GmbH (fortan: ABI), Basel, vom 4. September 2023 verneinte die IV-Stelle den Rentenanspruch erneut (Verfügung vom 10. Januar 2024).
B.
Mit Urteil vom 18. November 2024 wies das Kantonsgericht Luzern die dagegen erhobene Beschwerde ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des kantonalen Urteils sei die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung und Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde enthält lediglich ein - wegen der reformatorischen Natur des Rechtsmittels (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG) grundsätzlich nicht ausreichendes - kassatorisches Begehren. Aus der Begründung, die zur Auslegung der Rechtsbegehren herangezogen werden kann, ergibt sich jedoch hinreichend, dass die Beschwerdeführerin einen Rentenanspruch geltend macht. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten (vgl. BGE 136 V 131 E. 1.2).
2.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Seinem Urteil legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt oder vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" ist mit "willkürlich" gleichzusetzen (BGE 147 I 73 E. 2.2). Tatfrage ist auch die Beweiswürdigung (BGE 150 V 249 E. 5.1.1 am Ende). Willkürlich ist diese, wenn sie schlechterdings unhaltbar ist, wenn die Behörde mithin in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 148 IV 356 E. 2.1). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2). Die Rechtsanwendung erfolgt von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) überprüft das Bundesgericht das angefochtene Urteil jedoch grundsätzlich nur anhand der erhobenen Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 148 V 366 E. 3.1 mit Hinweisen).
3.
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die rentenablehnende Verfügung der IV-Stelle schützte. Im Zentrum steht die Frage, ob sie insbesondere im Hinblick auf die geltend gemachte Sehbeeinträchtigung und deren Auswirkungen im Haushalt zu Recht auf das Gutachten der ABI abstellte.
4.
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgebenden Grundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
5.
5.1. Mit einer überzeugenden Begründung, auf die grundsätzlich ebenfalls verwiesen werden kann, erwog die Vorinstanz, dass aufgrund der Ende 2019 hinzugekommenen rheumatologischen Einschränkungen ein Revisionsgrund vorliege und der Rentenanspruch umfassend neu zu prüfen sei. Zur Statusfrage hielt sie fest, dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall im Haushalt tätig wäre. Massgeblich sei daher die Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Aufgabenbereich. Dem polydisziplinären Gutachten der ABI, das als arbeitsfähigkeitsrelevant eine Amblyopie, eine Pangonarthrose, ein chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom, Mittelfussbeschwerden rechts sowie Adipositas diagnostizierte, sprach die Vorinstanz im Rahmen einer umfassenden Auseinandersetzung mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin vollen Beweiswert zu. Gemäss Gutachten sei die die Arbeitsfähigkeit im Haushalt aus internistischer und kardiologischer Sicht aufgrund der Adipositas um 10 % eingeschränkt; klinisch-rheumatologisch sei eine Leistungsminderung von 30 % anzunehmen, aus neurologischer Sicht bestehe in körperlich leichten Arbeiten eine Einschränkung von 20 %. Aufgrund der ophthalmologischen Beeinträchtigungen bestehe in der früheren kurzen Tätigkeit in einer Keksfabrik eine 30 %ige Arbeitsfähigkeit, in Tätigkeiten mit nur geringen Anforderungen an die Sehfähigkeit sei die Arbeits- und Leistungsfähigkeit hingegen uneingeschränkt. Interdisziplinär ergebe sich eine Arbeitsfähigkeit von 30 % in der Keksfabrik sowie von 70 % in einer leidensangepassten Tätigkeit und im Haushalt. Zusammenfassend kam die Vorinstanz zum Schluss, es sei nicht erstellt, dass im Aufgabenbereich während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von mindestens 40 % bestanden habe. Von weiteren Beweismassnahmen, insbesondere einer Haushaltsabklärung, sei in antizipierter Beweiswürdigung abzusehen, da hiervon keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu erwarten seien. Ein Rentenanspruch bestehe nicht.
5.2. Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe sich zu Unrecht allein auf das Gutachten der ABI gestützt. Ihre Einwände vermögen jedoch nicht zu überzeugen, soweit soweit überhaupt darauf einzugehen ist.
5.2.1. Das kantonale Gericht legte sorgfältig dar, weshalb es dem Gutachten volle Beweiskraft beimass und weshalb weitere Abklärungen nicht erforderlich waren. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) bzw. der daraus abgeleiteten Begründungspflicht liegt damit nicht vor (vgl. BGE 150 III 1 E. 4.5).
5.2.2. Auch in der Sache erweist sich das angefochtene Urteil als bundesrechtskonform. Die Vorinstanz erkannte zu Recht, dass der Verzicht auf die Erhebung visuell evozierter Potentiale (VEP) im neurologischen Gutachten nicht zu beanstanden ist. Der Gutachter hatte diese Untersuchung überhaupt erst erwogen, weil das aggravierende Verhalten der Beschwerdeführerin die Beurteilung der Sehkraft erschwerte. Letztlich hielt er das Verfahren jedoch nicht für erforderlich. Dass sich die Vorinstanz dieser fachärztlichen Einschätzung anschloss, ist nicht willkürlich. Vielmehr trug sie damit dem weiten Ermessensspielraum der Gutachter bei der Wahl der Untersuchungsmethoden Rechnung (vgl. Urteil 8C_613/2022 vom 6. Oktober 2023 E. 4.2 mit Hinweisen).
Soweit die Beschwerdeführerin eine Haushaltsabklärung verlangt, wies das kantonale Gericht zutreffend darauf hin, dass es der Verwaltung obliegt, das Vorgehen bei der Sachverhaltsabklärung zu bestimmen. Eine Abklärung an Ort und Stelle ist - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. den Wortlaut von Art. 69 Abs. 2 IVV). Angesichts des von der Vorinstanz willkürfrei als schlüssig und umfassend gewürdigten Gutachtens, welches die Arbeitsfähigkeit im Aufgabenbereich Haushalt interdisziplinär auf 70 % bezifferte, durfte die IV-Stelle auf eine zusätzliche Abklärung verzichten. Daran ändert auch der erneute Einwand der Beschwerdeführerin nichts, wonach typische Haushaltstätigkeiten wie Putzen, Entfernen von Flecken, Flicken und Stopfen von Kleidungsstücken oder das Hantieren mit Messern bei der Lebensmittelzubereitung "hohe Anforderungen" an die Sehleistung stellten. Ob diese Tätigkeiten tatsächlich erhöhte Anforderungen an das Sehvermögen stellen oder ob insbesondere das Flicken und Stopfen von Kleidungsstücken überhaupt einen relevanten Teil der alltäglichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Haushalt ausmacht, kann dahingestellt bleiben. Wie die Vorinstanz festhielt, ist davon auszugehen, dass den medizinischen Sachverständigen die typischen Anforderungen der Haushaltstätigkeit bekannt waren. Auch die Feststellung der Vorinstanz, angesichts der als zumutbar erachteten ausserhäuslichen (leidensangepassten) Erwerbstätigkeit in einem Pensum von 70 % sei nicht ersichtlich, weshalb im Haushalt eine höhere Einschränkung bestehen sollte, erscheint nicht als willkürlich. Im Übrigen wies sie zutreffend darauf hin, dass auch die Familienangehörigen zur Mitwirkung im Haushalt verpflichtet sind (dazu Urteil 9C_525/2023 vom 26. Oktober 2023 E. 4.2 mit Hinweisen).
5.3. Nach dem Gesagten gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, aufzuzeigen, inwiefern das kantonale Gericht bei der Beweiswürdigung in Willkür verfallen wäre oder in anderer Weise Bundesrecht verletzt hätte, indem es sich auf das Gutachten der ABI abstützte. Vor diesem Hintergrund durfte es in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung von weiteren Abklärungen absehen (vgl. BGE 144 II 427 E. 3.1.3).
6.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 2. Juni 2025
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Viscione
Der Gerichtsschreiber: Walther