2C_139/2024 20.05.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_139/2024
Urteil vom 20. Mai 2025
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Donzallaz, Kradolfer,
Gerichtsschreiber Müller.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Ebnöther,
gegen
1. Migrationsamt des Kantons Thurgau, Multiplex 1, Langfeldstrasse 53a, 8510 Frauenfeld,
2. Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Generalsekretariat, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 6. Dezember 2023 (VG.2023.50/E).
Sachverhalt:
A.
A.________ (geb. 1972) reiste am 9. Juli 1999 aus ihrem Heimatland Türkei in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Am 6. März 2002 gebar sie eine Tochter. Am 10. Juni 2002 wies das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (heute: Staatssekretariat für Migration, SEM) die Asylgesuche für sie und ihre Tochter ab, wobei es die Wegweisung zugunsten einer vorläufigen Aufnahme aufschob. Am 4. September 2002 erhielt A.________ einen Ausweis F, der jeweils verlängert wurde.
Am 26. September 2003 heiratete A.________ den aus Portugal stammenden Vater der gemeinsamen Tochter. Am 30. Januar 2006 teilte ihr das damalige Ausländeramt (heute: Migrationsamt) des Kantons Thurgau mit, es könne das Familiennachzugsgesuch für sie und ihre Tochter aufgrund hängiger Strafverfahren betreffend ihren Ehemann zurzeit nicht bearbeiten. Am 1. Oktober 2009 wurde ihre Ehe geschieden.
Am 23. Januar 2014 sah das damalige Bundesamt für Migration (heute: SEM) von der Aufhebung der vorläufigen Aufnahme von A.________ und ihrer Tochter ab. Am 17. Februar 2014 sprach die lV-Stelle des Kantons Thurgau A.________ rückwirkend ab dem 1. August 2011 eine ganze lnvalidenrente zu. Zudem bezieht A.________ Ergänzungsleistungen. Sie hat Schulden (Verlustscheine im Gesamtbetrag von Fr. 27'190.40) und wurde zwischen 2003 und 2020 mehrmals straffällig. Am 2. Juni 2021 verstarb ihre Tochter.
B.
Am 15. Juli 2022 ersuchte A.________ erneut um eine Aufenthaltsbewilligung, nachdem zuvor mehrere gleichartige Gesuche abgewiesen worden waren. Das Migrationsamt wies das Gesuch am 25. Oktober 2022 ab. Den dagegen erhobenen Rekurs wies das Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 13. April 2023 ab. Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 6. Dezember 2023 unter Verweigerung der unentgeltlichen Prozessführung ab. Begründet wurde die Abweisung hauptsächlich mit der unzureichenden Integration von A.________.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. März 2024 beantragt A.________ dem Bundesgericht, unter Kosten- und Entschädigungsfolge das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2023 aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, ihr die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege inklusive Verbeiständung.
Das Verwaltungsgericht, das Departement und das Migrationsamt beantragen je die Abweisung der Beschwerde und verweisen zur Begründung im Wesentlichen auf das angefochtene Urteil und die Akten. Die Beschwerdeführerin reichte eine Replik ein.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoruassetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 150 I 174 E. 1).
1.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde gegen Entscheide betreffend Bewilligungen nur zulässig, wenn das Bundesrecht oder das Völkerrecht auf die betreffende Bewilligung einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten, wenn die betroffene Person in vertretbarer Weise dartut, dass ein Anspruch auf die beantragte Bewilligung potenziell besteht (BGE 147 I 89 E. 1.1.1; 139 I 330 E. 1.1).
1.2. Auf die Umwandlung des Status der vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung - wegen eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalls - besteht grundsätzlich kein Anspruch (Art. 30 Abs. 1 lit. b und Art. 84 Abs. 5 des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 2005 [AIG; SR 142.20]; Urteil 2C_157/2023 vom 23. Juli 2024 E. 1.3 und 5.7, zur Publikation vorgesehen). Die Beschwerdeführerin beruft sich jedoch auf das Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK) und die dazu ergangene Rechtsprechung und leitet daraus einen Anspruch auf Regularisierung ihrer langjährigen Anwesenheit in der Schweiz ab. Es ist zudem unbestrittenermassen nicht zu erwarten, dass ihre Wegweisung in absehbarer Zeit vollzogen wird. Damit macht die Beschwerdeführerin in vertretbarer Weise einen potenziellen Bewilligungsanspruch geltend (vgl. BGE 147 I 268 E. 1.2.6 f.; Urteil 2C_157/2023 vom 23. Juli 2024 E. 1.2, zur Publikation vorgesehen). Die Beschwerde ist somit zulässig.
1.3. Da auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten (Art. 42 Abs. 1, Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG).
2.
2.1. Mit der Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Die Beschwerde hat eine Begründung zu enthalten, mit der in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten prüft es aber nur, wenn eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und klar und detailliert begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 149 I 105 E. 2.1; 142 I 99 E. 1.7.2).
2.2. Seiner rechtlichen Beurteilung legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (BGE 147 I 73 E. 2.2) - ist oder auf einer Rechtsverletzung i.S.v. Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine solche Rüge ist qualifiziert zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2).
2.3. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) rügt, enthält die Beschwerde keine Begründung. Darauf ist nicht einzugehen.
3.
Im Zusammenhang mit der Feststellung des Sachverhalts reicht die Beschwerdeführerin neue Unterlagen ein und fordert eine Ergänzung des Sachverhalts gestützt auf Art. 99 Abs. 1 BGG.
3.1. Nach Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 148 V 174 E. 2.2; 143 V 19 E. 1.2). Dies gilt jedoch nur für unechte Noven, d.h. Tatsachen und Beweismittel, die bereits vor dem angefochtenen Entscheid eingetreten bzw. entstanden sind. Nach dem angefochtenen Entscheid entstandene (echte) Noven sind vor Bundesgericht generell unbeachtlich (BGE 149 III 465 E. 5.5.1; 148 IV 362 E. 1.8.2).
3.2. Die mit der Beschwerde und der Replik eingereichten Beilagen, nämlich die Ernennungsurkunde der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Münchwilen vom 18. Dezember 2023, der Kurzbericht von Dr. med. B.________ vom 11. Januar 2024 und das Schreiben der Regionalen Berufsbeistandschaft Bezirk Münchwilen vom 28. Februar 2024, sind als echte Noven für das Bundesgericht unbeachtlich. Ebenso unbeachtlich ist das vom Migrationsamt eingereichte Strafurteil des Bezirksgerichts Münchwilen vom 13. März 2025.
Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus ergänzende Tatsachen in Bezug auf ihre sozialen Kontakte als unechte Noven vorbringt, legt sie nicht dar, inwiefern erst das Urteil der Vorinstanz dazu Anlass gab. Der Hinweis, sie sei im vorinstanzlichen Verfahren nicht rechtlich vertreten gewesen, genügt jedenfalls nicht. Ebenso wenig hilft ihr der nicht weiter substanziierte Einwand, sie sei für gerichtliche Verfahren offensichtlich hilfsbedürftig, zumal sie selbst angibt, seit März 2021 eine Beiständin für administrative Angelegenheiten zu haben. Auch diese Tatsachenergänzungen sind somit unbeachtlich.
3.3. Soweit die Beschwerdeführerin zudem eine Verletzung von Art. 97 Abs. 1 BGG rügt, genügt sie den Begründungsanforderungen (E. 2.2 hiervor) nicht, wenn sie lediglich äussert, der rechtserhebliche Sachverhalt sei nicht genügend festgestellt worden, und eigene Ausführungen zum Sachverhalt ergänzt. Sie zeigt nicht auf, inwiefern die vorinstanzlichen Feststellungen offensichtlich unrichtig bzw. unvollständig sein sollen (zum Begriff der Willkür in der Sachverhaltsfeststellung BGE 148 I 127 E. 4.3; 142 II 433 E. 4.4). Der rechtlichen Beurteilung ist somit der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen (E. 2.2 hiervor).
4.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung verletze ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV.
4.1. Die EMRK verschafft grundsätzlich kein Recht auf Einreise und Aufenthalt oder auf einen bestimmten Aufenthaltstitel in einem Konventionsstaat (BGE 149 I 72 E. 2.1.1; 147 I 268 E. 4.1; Urteil 2C_157/2023 vom 23. Juli 2024 E. 5.5, zur Publikation vorgesehen). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verleiht Art. 8 Ziff. 1 EMRK jedoch ein Recht auf Regularisierung einer prekären, aber geduldeten langjährigen Anwesenheit, wenn diese mit rechtlichen oder faktischen Nachteilen verbunden ist, die eine Beeinträchtigung des Privatlebens darstellen (BGE 147 I 268 E. 1.2.5 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR). Das Bundesgericht bejaht im Anschluss an die Praxis des EGMR die Möglichkeit einer Regularisierung der vorläufigen Aufnahme. Die mit diesem Status verbundenen Nachteile beziehen sich im Wesentlichen auf die internationale Mobilität, weshalb jeweils zu fragen ist, ob sich daraus rechtliche oder faktische Nachteile ergeben, die zu einem Regularisierungsanspruch führen könnten (BGE 147 I 268 E. 4.2.3; Urteil 2C_157/2023 vom 23. Juli 2024 E. 5.6, zur Publikation vorgesehen). Das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK deckt sich mit jenem nach Art. 13 Abs. 1 BV (BGE 150 I 93 E. 6.1; 146 I 20 E. 5.1).
4.2. Das Recht auf Achtung des Privatlebens ist nach Massgabe von Art. 8 Ziff. 2 EMRK bzw. Art. 96 AIG einschränkbar. Einschränkungen müssen demnach auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (BGE 147 I 268 E. 5.1). Öffentliche Interessen an einer Einschränkung sind namentlich die Steuerung und Kontrolle der Zuwanderung bzw. die Erhaltung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung und die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Eingliederung der Ausländer (BGE 144 I 266 E. 3.7; 137 I 284 E. 2.1; Urteil 2C_505/2023 vom 18. Juni 2024 E. 7.1). Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, in welchem Alter die ausländische Person eingereist ist, wie lange sie in der Schweiz gelebt hat und welche sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen sie unterhält. Bei Letzterem spielen auch die persönliche Situation (z.B. Alter, Gesundheit oder Herkunft) sowie die familiären Verhältnisse eine Rolle. Der aus diesen Faktoren resultierende Grad der Integration ist bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit von besonderer Relevanz (BGE 147 I 268 E. 5.2; 144 I 266 E. 3.7; je mit Hinweisen).
Die Relevanz der Integration kommt auch in Art. 84 Abs. 5 AIG zum Ausdruck, wonach Gesuche um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländern, die sich seit mehr als fünf Jahren in der Schweiz aufhalten, unter Berücksichtigung der Integration, der familiären Verhältnisse und der Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat vertieft zu prüfen sind (vgl. BGE 147 I 268 E. 5.2.1). Die Umwandlung der vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung setzt eine gewisse Integrationsleistung voraus, wobei massgebend ist, ob die ersuchende Person mangels entsprechender Bemühungen in vorwerfbarer Weise nicht integriert ist (BGE 147 I 268 E. 5.2.2 und 5.3). Steht fest, dass eine Person unzureichend in der Schweiz integriert ist, kann die Frage offenbleiben, ob der Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK im konkreten Fall berührt ist. Die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung lässt sich diesfalls jedenfalls nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK rechtfertigen (BGE 147 I 268 E. 4.4; Urteil 2C_157/2023 vom 23. Juli 2024 E. 6.2, zur Publikation vorgesehen).
4.3. Da das Gesetz auf die beantragte Bewilligung keinen Anspruch gewährt (E. 1.2 hiervor), beruht die ermessensweise Nichtbewilligung auf einer gesetzlichen Grundlage, was die Beschwerdeführerin nicht bestreitet. Das öffentliche Interesse bestreitet die Beschwerdeführerin mit dem Argument, sie würde infolge ihrer Invalidität mit einer Aufenthaltsbewilligung die gleichen Unterstützungsleistungen erhalten wie mit dem Status der vorläufigen Aufnahme und somit keine höheren Kosten verursachen. Dieses Argument vermag nichts daran zu ändern, dass die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung wegen ungenügender Integration im öffentlichen Interesse liegt. Die Integration ist ein Grundanliegen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (vgl. Art. 1, Art. 4 und Art. 53 AIG; Art. 121a Abs. 3 BV) und bei der Prüfung der Umwandlung einer vorläufigen Aufnahme in eine Aufenthaltsbewilligung explizit zu berücksichtigen (Art. 84 Abs. 5 AIG).
4.4. Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung erwog die Vorinstanz zur Integration der Beschwerdeführerin, diese sei 1999 im Alter von 26 Jahren in die Schweiz eingereist und halte sich seither hier auf. Zwischen 2003 und 2020 sei sie mehrfach straffällig geworden, u.a. wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Tätlichkeit, Beschimpfung, Gewalt und Drohung gegen Behörden sowie Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung. In Bezug auf einen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2002 habe sie zudem ihr Einkommen dem Sozialamt nicht gemeldet und zusätzlich Sozialhilfe bezogen. Sodann habe die Beschwerdeführerin trotz Ergänzungsleistungen nicht getilgte Verlustscheine im Gesamtbetrag von Fr. 27'190.40. Gefestigte soziale Kontakte oder Freundschaften zur einheimischen Bevölkerung habe sie trotz ihres langen Aufenthalts nicht. Ihr soziales Umfeld habe sich auf ihre 2021 verstorbene Tochter und einen 2015 verstorbenen Nachbarn beschränkt. Ihre asozialen Verhaltensmuster und diverse Anzeigeerstattungen würden auf häufigen Streit mit Behörden und Nachbarn hinweisen. Die psychische Erkrankung der Beschwerdeführerin (u.a. schizoaffektive Störung, paranoide und impulsive Persönlichkeitsstörung, rezidivierende schwere depressive Störung mit psychotischen Symptomen) vermöge zwar in gewisser Weise ihr despektierliches Verhalten gegenüber Mitmenschen zu erklären, nicht jedoch die verübten Diebstähle und die unzureichende soziale Integration über die gesamte Dauer ihres Aufenthalts. Schuldunfähig i.S.v. Art. 19 Abs. 1 StGB sei sie nie gewesen. Insgesamt sei die Integrationsleistung ungenügend.
4.5. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu führen. Die von ihr in einem Zeitraum von 17 Jahren begangenen Straftaten lassen sich in ihrer Gesamtheit weder als geringfügig qualifizieren noch liegen sie so weit zurück, dass von einer nachhaltigen Verhaltensänderung gesprochen werden könnte. Die Vorinstanz hat diesbezüglich zu Recht erkannt, dass die Beschwerdeführerin das Integrationskriterium der Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht erfüllt (Art. 58a Abs. 1 lit. a AIG; Art. 77a der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]). Sodann ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz angesichts der nicht oder kaum vorhandenen gefestigten Sozialkontakte eine gelungene gesellschaftliche Integration der Beschwerdeführerin verneint hat (vgl. BGE 147 I 268 E. 5.3.3). Auch die Verlustscheinsforderungen gegen die Beschwerdeführerin von insgesamt Fr. 27'190.40, die erst nach Zusprache der Invalidenrente (17. Februar 2014) im Betreibungsregister verzeichnet wurden, hat die Vorinstanz in Bezug auf die wirtschaftliche Integration zu Recht negativ berücksichtigt (vgl. Urteile 2C_125/2021 vom 17. August 2021 E. 4.3.3; 2C_725/2014 vom 23. Januar 2015 E. 5.5). Was die krankheitsbedingt erschwerenden Umstände betrifft, auf die sich die Beschwerdeführerin beruft, so hat die Vorinstanz diese bei der Beurteilung der gesamten Integrationsleistung angemessen berücksichtigt (Art. 58a Abs. 2 AIG; Art. 77f VZAE). Dass die Beschwerdeführerin das Sprachniveau B1 erreicht hat, stellt angesichts ihres langen Aufenthalts schliesslich keine besondere Integrationsleistung dar. Insgesamt hat die Vorinstanz eine genügende Integration zu Recht verneint. Sofern die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung überhaupt in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eingreift, ist sie jedenfalls nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK bzw. Art. 96 AIG gerechtfertigt (vgl. E. 4.2 hiervor).
5.
Demnach ist die Beschwerde unbegründet und abzuweisen. Die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist einer prozessarmen Partei nur zu gewähren, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 64Abs. 1 und Abs. 2 BGG; zum Begriff der Aussichtslosigkeit BGE 140 V 521 E. 9.1). Da bereits die Vorinstanz eine sorgfältige Interessenabwägung vornahm und sich dabei umfassend auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung stützte und die Beschwerdeführerin im Wesentlichen nur eine andere Gewichtung der Faktoren bei der Interessenabwägung forderte, ist ihre Beschwerde als aussichtslos zu beurteilen (vgl. Urteile 2C_281/2018 vom 4. Juni 2018 E. 4; 2C_519/2014 vom 15. Januar 2015 E. 4). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege inklusive Verbeiständung ist deshalb abzuweisen. Damit hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen, wobei in der Bemessung auf ihre finanziellen Verhältnisse Rücksicht genommen wird (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 20. Mai 2025
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: M. Müller