6B_1169/2023 07.05.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_1169/2023
Urteil vom 7. Mai 2025
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichter von Felten,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Rechsteiner,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen,
2. B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Dähler,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Fahrlässige schwere Körperverletzung, fahrlässige einfache Körperverletzung; Anspruch auf rechtliches Gehör, Anklagegrundsatz,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 30. Mai 2023 (ST.2020.136-SK3).
Sachverhalt:
A.
Am 17. Dezember 2014 gegen 17.00 Uhr überquerten B.________ und C.________ die U.________strasse in V.________ am Ende des Bahnhofgeländes. Sie wurden von A.________ angefahren, die mit einem Personenwagen auf der U.________strasse in Richtung W.________ fuhr. B.________ wurde frontal erfasst. Sie erlitt verschiedene schwere Körperverletzungen, die zu einer vollen IV-Rente führten. C.________ wurde vom Seitenspiegel erfasst und zog sich weniger gravierende Verletzungen zu, die folgenlos ausheilten.
B.
Das Kreisgericht Toggenburg verurteilte A.________ am 22. März 2018 wegen fahrlässiger einfacher und fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 60.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren.
Das Kantonsgericht St. Gallen sprach A.________ in Gutheissung ihrer Berufung am 2. Dezember 2019 vom Vorwurf der fahrlässigen einfachen und fahrlässigen schweren Körperverletzung frei.
Dagegen führten B.________ und die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen Beschwerde in Strafsachen. Während das Bundesgericht auf die Beschwerde von B.________ mangels Legitimation nicht eintrat, hiess es die Beschwerde der Staatsanwaltschaft infolge offensichtlich unrichtiger Sachverhaltsfeststellung gut, hob den kantonsgerichtlichen Entscheid auf und wies die Sache zur neuen Entscheidung an das Kantonsgericht zurück (Urteil 6B_305/2020, 6B_321/2020 vom 1. Oktober 2020).
C.
Das Kantonsgericht holte ein neues verkehrstechnisches Gutachten ein und führte eine mündliche Verhandlung durch. Es sprach A.________ am 30. Mai 2023 der fahrlässigen einfachen und fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig und bestrafte sie mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.--.
D.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das kantonsgerichtliche Urteil sei aufzuheben und sie sei von sämtlichen Vorwürfen freizusprechen. Die Kosten der Berufungsverfahren und des erstinstanzlichen Verfahrens seien ausgangsgemäss neu zu verlegen. Eventualiter sei das kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
E.
Während das Kantonsgericht unter Verweis auf seinen Entscheid auf eine Stellungnahme verzichtet, lassen sich die Staatsanwaltschaft und B.________ vernehmen und beantragen, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, eventualiter sei die Sache an das Kantonsgericht zur Neubeurteilung zurückzuweisen. A.________ hält in ihrer Replik an den gestellten Anträgen fest.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung. Sie rügt einerseits, die Vorinstanz verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, indem sie (die Vorinstanz) sich nicht mit ihren (der Beschwerdeführerin) Einwänden auseinandersetze. Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, sie habe im zweiten Berufungsverfahren ausführlich zum neuen verkehrstechnischen Gutachten Stellung genommen und aufgezeigt, dass dieses im Ergebnis nicht als rechtsgenügender Beweis für ein (kausales) Fehlverhalten ihrerseits dem Urteil zugrunde gelegt werden könne. Die Vorinstanz gehe in ihrem Entscheid mit keinem Wort auf diese umfassenden Einwände ein, widerlege diese nicht ansatzweise und halte nicht einmal fest, die Einwände seien unbegründet. Sie führe lediglich aus, es bestünde keine Veranlassung an den Berechnungen des neuen Gutachtens zu zweifeln; diese seien schlüssig und nachvollziehbar, zumal auch Werte aus der Literatur zur Erkennbarkeit von Fussgängern bei Dunkelheit berücksichtigt würden. Ihr (der Beschwerdeführerin) sei es damit verwehrt, sich mit etwaigen Überlegungen der Vorinstanz bezüglich Nachvollziehbarkeit sowie Plausibilität und damit letztlich dem Beweiswert des Gutachtens auseinanderzusetzen. Es verbleibe ihr einzig die Möglichkeit, auf ihre vorinstanzlichen Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Feststellungen zu verweisen und an diesen weiterhin festzuhalten. Auf das neue Gutachten könne nicht abgestellt werden. Dieses vermöge weder für sich alleine noch in der Gesamtschau mit den vorhandenen Beweismitteln die dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tatsachen (Geschwindigkeit Fahrzeug 40 km/h, Geschwindigkeit Fussgänger, Erkennbarkeitsdistanz, räumliche/zeitliche Vermeidbarkeit, hypothetische Verletzungsfolgen) zu beweisen. Damit bleibe der vorgeworfene Sachverhalt gemäss Anklage letztlich unbewiesen bzw. nicht rechtsgenügend beweisbar, weshalb sie von den angeklagten Vorwürfen freizusprechen sei. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz andererseits vor, dass sie die Beweise willkürlich und in Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" würdige.
1.2. Die Beschwerdegegnerin 2 stellt sich in ihrer Vernehmlassung auf den Standpunkt, die Vorinstanz hätte kein neues Gutachten einholen und nicht vom ersten Gutachten abweichen dürfen. Zur Begründung führt sie unter anderem aus, das Bundesgericht habe im Rückweisungsverfahren vorgegeben, dass nicht vom ersten Gutachten abzuweichen sei, da dieses weder im ersten Berufungsurteil selbst noch vom Bundesgericht als nicht schlüssig befunden worden sei. Ferner macht die Beschwerdegegnerin 2 geltend, es liege keine Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör vor, und legt dar, weshalb auch die Willkürrüge ihres Erachtens unbegründet sei.
1.3. Die Vorinstanz führt im zweiten Berufungsurteil aus, das Bundesgericht beanstande im Rückweisungsurteil, dass sie im ersten Berufungsurteil nicht dargelegt habe, weshalb das erste verkehrstechnische Gutachten nicht schlüssig sei, was sie nun nachhole. Sie erwägt, im ersten verkehrstechnischen Gutachten werde nicht ausdrücklich auf die schlechten Sichtverhältnisse am Ort der Kollision zum Tatzeitpunkt eingegangen, sondern von einer rein geometrischen Sichtbarkeit ausgegangen. Erst im Ergänzungsgutachten habe der Gutachter die tatsächlichen Gegebenheiten teilweise in seine Beurteilung miteinbezogen. Entscheidend sei aber letztlich nur, was die Beschwerdeführerin unter den damaligen Umständen tatsächlich habe sehen bzw. wahrnehmen können, und nicht, was rein geometrisch sichtbar gewesen sei. Das Erstgutachten gebe selbst nach erfolgter Ergänzung diesbezüglich nur ungenügend Aufschluss, weshalb dieses als nicht schlüssig bzw. unvollständig im Sinne von Art. 189 lit. a StPO erscheine. Nachdem der Erstgutachter die Frage der tatsächlichen Sichtbarkeit erst auf konkrete Nachfrage und nur rudimentär beantwortet habe, erscheine eine erneute Ergänzung bzw. Verbesserung durch den gleichen Sachverständigen nicht angezeigt. Die Einholung eines neuen Gutachtens, das die tatsächlichen Gegebenheiten in ausreichender Weise miteinbeziehe, sei für die Vorinstanz unumgänglich (Entscheid S. 7 ff.).
Mit dieser Begründung setzt sich die Beschwerdegegnerin 2 in ihrer Vernehmlassung nicht auseinander, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist. Soweit sich die Beschwerdegegnerin 2 auf den Standpunkt stellt, die Vorinstanz hätte angesichts der Erwägungen im bundesgerichtlichen Rückweisungsurteil gar kein neues Gutachten einholen dürfen, trifft dies nicht zu. Das Bundesgericht hat sich entgegen der Einschätzung der Beschwerdegegnerin 2 nicht zur Schlüssigkeit des ersten Gutachtens geäussert, sondern festgestellt, dass die Vorinstanz im ersten Berufungsurteil vom Gutachten abwich und dessen Schlüssigkeit in wesentlichen Punkten in Frage stellte, ohne darzulegen bzw. festzustellen, dass und inwiefern das erste Gutachten nicht schlüssig bzw. nicht überzeugend sein sollte. Das Bundesgericht hat sodann noch ausdrücklich festgehalten, dass die Vorinstanz ergänzende Beweise zur Klärung ihrer Zweifel hätte erheben müssen, und abschliessend erwogen, die Vorinstanz werde die Beweiswürdigung neu vornehmen müssen (Urteil 6B_305/2020, 6B_321/2020 vom 1. Oktober 2020 E. 3.5). Es stand der Vorinstanz damit frei, ein neues Gutachten einzuholen.
1.4.
1.4.1. Zum Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 107 StPO, Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK) gehört, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen (Art. 81 Abs. 3 StPO). Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 148 III 30 E. 3.1; 143 III 65 E. 5.2; je mit Hinweisen). Nicht erforderlich ist, dass sich die Behörde mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (BGE 147 IV 409 E. 5.3.4; 146 II 335 E. 5.1; je mit Hinweisen).
1.4.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (vgl. BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 145 IV 154 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).
1.4.3. Zieht das Gericht mangels eigener Fachkenntnis eine sachverständige Person bei, ist es bei der Würdigung des Gutachtens grundsätzlich frei. Ob das Gericht die in einem Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend hält oder nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen der Experten folgen will, ist mithin eine Frage der Beweiswürdigung. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen sind Aufgabe des Gerichts. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entscheiden die Organe der Strafrechtspflege frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Ansicht aufgrund gewissenhafter Prüfung darüber, ob sie eine Tatsache für erwiesen halten (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO). Das Gericht ist somit nicht an den Befund oder die Stellungnahme des Sachverständigen gebunden. Es hat vielmehr zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Auch wenn das gerichtlich eingeholte Gutachten grundsätzlich der freien Beweiswürdigung unterliegt, darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von ihm abrücken und muss Abweichungen begründen. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot der willkürlichen Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 150 IV 1 E. 2.3.3; 142 IV 49 E. 2.1.3; 141 IV 369 E. 6.1; 136 II 539 E. 3.2; Urteile 6B_388/2023 vom 4. Dezember 2023 E. 1.5.1; 6B_1087/2021 vom 22. Mai 2023 E. 3.3.2; je mit Hinweisen).
1.5.
1.5.1. Die Beschwerdeführerin hat im zweiten Berufungsverfahren mit Schreiben vom 22. September 2021 zum neuen verkehrstechnischen Gutachten vom 26. August 2021 Stellung genommen und ausführlich dargelegt, weshalb dieses ihres Erachtens nicht den Beweis für ein (kausales) Fehlverhalten ihrerseits zu erbringen vermag (Akten Vorinstanz, act. RW/39). Im Plädoyer anlässlich der zweiten Berufungsverhandlung hat ihr Verteidiger ausdrücklich auf die Stellungnahme verwiesen, daran festgehalten und die entscheidenden Kritikpunkte zusammenfassend wiedergegeben (kantonale Akten, act. RW/71). Die Vorinstanz erwähnt die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 22. September 2021 zwar in ihren Erwägungen zum Prozesssachverhalt (Entscheid S. 4), geht jedoch im Folgenden inhaltlich nicht auf die darin erhobene Kritik ein. Ebenso wenig äussert sie sich zu den diesbezüglichen an der Berufungsverhandlung vorgebrachten Einwänden. Sie beschränkt sich darauf, die Ausführungen des neuen Gutachtens zusammengefasst wiederzugeben, festzustellen, dass keine Veranlassung besteht, an dessen Berechnungen zu zweifeln, da diese schlüssig und nachvollziehbar seien, und stellt in der Folge inhaltlich auf das Gutachten ab, wobei sie gestützt auf die darin umschriebene "Minimalvariante" als erstellt erachtet, dass die Geschädigten bei gebotener Aufmerksamkeit für die Beschwerdeführerin erkennbar und die Kollision vorhersehbar sowie vermeidbar gewesen wären (Entscheid S. 15 ff.). Die Vorinstanz ergänzt, die Annahme der "Maximalvariante" würde die Beschwerdeführerin strafrechtlich nicht entlasten, da eine Geschwindigkeit von 50 km/h mit Blick auf die am Unfallabend herrschenden Sichtverhältnisse nicht angemessen gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin hätte in diesem Fall mit einer zu hohen Geschwindigkeit die Ursache dafür gesetzt, dass ihr letztlich zu wenig Zeit bzw. Strecke zur Verfügung gestanden wäre, um die Kollision mit den Fussgängern zu vermeiden (Entscheid S. 20). Damit basieren sowohl die vorinstanzliche Hauptbegründung als auch ihre Alternativbegründung auf den Ergebnissen des zweiten Gutachtens.
1.5.2. Wie bereits im Rückweisungsverfahren ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Fahrzeug die beiden Fussgänger auf ihrer Fahrbahn in Richtung W.________ erfasste. Das Fahrzeug der Beschwerdeführerin kollidierte frontal mit der rechten Körperseite der Beschwerdegegnerin 2. Diese schlug auf der Motorhaube und der Frontscheibe auf und wurde weggeschleudert. C.________ wurde von der rechten Fahrzeugfront und vom Seitenspiegel erfasst. Die Vorinstanz holte im zweiten Berufungsverfahren ein neues Gutachten ein, das sich - wie bereits das erste Gutachten - zu den Fragen äussert, mit welcher Geschwindigkeit die Beschwerdeführerin ihr Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision mit den Fussgänger lenkte, zu welchem Zeitpunkt bzw. in welcher Distanz die Fussgänger erkennbar waren und ob der Unfall räumlich und zeitlich vermeidbar war. Für den Fall, dass der Unfall weder räumlich noch zeitlich vermeidbar gewesen wäre, sollte das Gutachten ferner ausführen, wie hoch die Kollisionsgeschwindigkeit gewesen wäre, wenn die Beschwerdeführerin im Erkennungszeitpunkt mit der üblichen Reaktionszeit gebremst hätte, und welche Verletzungsfolgen bei dieser Kollisionsgeschwindigkeit zu erwarten gewesen wären.
Das Gutachten der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik (AGU) Zürich vom 26. August 2021 macht unter anderem Ausführungen zu der Endlage des Fahrzeugs, der Rekonstruktion der Spurenlage, insbesondere der Endlage der Fussgänger, den Beschädigungen des Fahrzeugs, der Kollisionskonstellation und dem Kollisionsbereich. Zu Letzterem hält das Gutachten fest, da dieser nicht anhand von objektiven Spuren, sondern auf der Grundlage von realistischen Annahmen ermittelt worden sei, sei dessen Position in Bezug auf die Fahrbahnlängsachse mit entsprechenden Toleranzen behaftet. Da keine weiteren Anknüpfungspunkte zur Verfügung stünden, basierten die nachfolgenden Untersuchungen auf dem ermittelten Kollisionsbereich. In der Folge wird aus dem ermittelten Kollisionsbereich und der Endlage des Fahrzeugs, aus der Abwicklungslänge und aus der Längswurfweite der Fussgängerin die Kollisionsgeschwindigkeit des Fahrzeugs auf mindestens etwa 40 km/h bis maximal etwa 50 km/h eingeschränkt. Ferner ermittelt das Gutachten die Wegstrecke und die Geschwindigkeit der Fussgänger und geht von einer mittleren Geschwindigkeit von 1 bis 2 m/s (3,6 bis 7,2 km/h) aus. Schliesslich widmet sich das Gutachten der Frage der Erkennbarkeit der Fussgänger. Dabei weist es einleitend darauf hin, dass im Rahmen des Aktengutachtens nicht mit genügender Sicherheit beurteilt werden könne, in welcher Position bzw. in welcher Entfernung die Beschwerdeführerin die beiden dunkel bekleideten Fussgänger bei den vorliegenden Witterungsbedingungen (Starkregen, Nacht) hätte erkennen können. Das Gutachten hält weiter fest, auf den Polizeifotos sei zu erkennen, dass die Lichtreflexion der beiden Verkehrszeichen (Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h) nach der Kollisionsstelle eine störende Lichtquelle darstellten. Der grosse Helligkeitsunterschied (Kontrast) zwischen den stark reflektierenden Verkehrszeichen und der Umgebung könne unter Umständen die Erkennbarkeit der beiden Fussgänger, insbesondere bei nasser Fahrbahn, erschwert haben. In welchem Mass die vorhandenen Lichtreflexionen das Unfallereignis beeinflusst habe, könne allerdings nicht genau beurteilt werden. In der Folge stellt das Gutachten auf ein Diagramm aus der einschlägigen Fachliteratur ab, bei dem für einen hell oder dunkel gekleideten Fussgänger in Abhängigkeit von seinem Abstand in Querrichtung zur Fahrzeugfront die Erkennbarkeitsentfernung bei eingeschaltetem Abblendlicht ermittelt wurde. Es führt aus, gemäss Hinweis des Autors seien die aufgeführten Erkennbarkeitsentfernungen eines Fussgängers auf einer unbeleuchteten Landstrasse ohne jegliche Störquellen ermittelt worden. Vorliegend dürfe jedoch der negative Einfluss der regennassen Fahrbahn und der Störquellen nicht ausser Acht gelassen werden. Obschon der Unfallort mit einer künstlichen Beleuchtung punktuell beleuchtet gewesen sei, könne die Erkennbarkeitsentfernung der beiden Fussgänger im konkreten Fall unter Umständen kleiner gewesen sein als die im Diagramm aufgeführten Richtwerte. Eine eindeutige Aussage zur Erkennbarkeitsdistanz der Fussgänger könne aber trotzdem nicht getroffen werden. Daher würden in den nachfolgenden Weg-Zeit-Betrachtungen verschiedene Varianten dargestellt. Das Gutachten gelangt zum Schluss, dass bei der Minimalvariante die Beschwerdeführerin die Kollision mit den Fussgängern aus einer Geschwindigkeit von 40 km/h hätte vermeiden können, wenn sie die Fussgänger spätestens 23 m vor der Kollision erkannt und daraufhin sofort eine Vollbremsung eingeleitet hätte. Zu diesem Zeitpunkt seien die Fussgänger ca. 0,5 bis 1 m von der Strassenmitte entfernt und in dieser Position gemäss Diagramm wahrscheinlich erkennbar gewesen. Bei der Maximalvariante hätte die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt als sie die Fussgänger erkennen konnte die Kollision mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h räumlich und zeitlich nicht vermeiden können. Allerdings hätte die Beschwerdeführerin ihre Geschwindigkeit zum Kollisionszeitpunkt auf unter 20 km/h reduzieren können. Das Gutachten ergänzt, da ohne aufwändige Messversuche nicht eindeutig beurteilt werden könne, in welcher Entfernung die Beschwerdeführerin die beiden Fussgänger hätte erkennen können, seien diese Angaben mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Schliesslich äussert sich das Gutachten noch zu den zu erwartenden Verletzungsfolgen bei einer Kollisionsgeschwindigkeit von 20 km/h (kantonale Akten, act. RW/29).
1.5.3. Die Beschwerdeführerin legt auch vor Bundesgericht zusammengefasst dar, auf welche Einwände die Vorinstanz nicht eingegangen ist. So habe sie im vorinstanzlichen Verfahren ausgeführt, dass die Gutachter wiederholt Annahmen zu einzelnen Berechnungsparametern hätten treffen müssen, weil keine belastbaren Tatsachenbeweise vorhanden gewesen seien. Weiter habe sie dargelegt, dass die von den Gutachtern basierend auf der Abwicklungslänge und der Wurfweite errechnete Kollisionsgeschwindigkeit nicht haltbar sei. Dies insbesondere deshalb, weil sich die Gutachter auf statistische Werte beriefen, die auf Versuchen mit einem Fussgängermodell beruhten, welches weder in der Grösse noch im Gewicht mit der vorliegend Geschädigten übereinstimme. Die auf dieser unzulässigen Ableitung bzw. Statistik begründete Kollisionsgeschwindigkeit von "wahrscheinlich 40-50 km/h" könne einem Schuldspruch nicht als erwiesene Tatsache zugrunde gelegt werden. Weiter habe sie aufgezeigt, dass entgegen den Gutachtern zusätzliche Hinweise auf die Fortbewegungsgeschwindigkeit der Fussgänger vorhanden gewesen seien, die jedoch von den Gutachtern unberücksichtigt geblieben seien. Entsprechend basiere das Gutachten auch auf einer unvollständigen Faktengrundlage. Kern der Kritik am Gutachten habe schliesslich der Umstand gebildet, dass die Gutachter der Beurteilung der Erkennbarkeit statistische Werte zugrunde gelegt hätten, die auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sein könnten. Sie habe dargelegt, dass die Erkennbarkeitswerte gemäss Diagramm für einen Fussgänger auf unbeleuchteter Landstrasse ohne Störquellen gälten. Die Gutachter hätten sodann im Gutachten festgehalten, dass es im vorliegenden Fall Störquellen gegeben habe (reflektierende Verkehrstafel, nasse Fahrbahn). Dabei sei der vorherrschende Starkregen sowie das beleuchtete Postauto noch nicht einmal erwähnt worden bzw. seien unberücksichtigt geblieben. Zwar hätten die Gutachter festgehalten, dass diese Faktoren bzw. Störquellen mit Blick auf die Erkennbarkeit der Fussgänger "nicht ausser Acht gelassen" werden dürften und "einen nicht zu unterschätzenden Negativeffekt auf die Erkennbarkeit von dunklen Objekten" bewirkten. Dennoch hätten die Gutachter ungeachtet dieser eigenen Vorbehalte bei der anschliessenden Beurteilung der Erkennbarkeit ohne Einschränkung auf das (nicht einschlägige) Erkennbarkeitsdiagramm abgestellt, was nicht angehe (Beschwerde S. 11 f.).
1.5.4. Aus dem Ausgeführten ergibt sich, dass sich die im zweiten Berufungsverfahren vorgebrachte Kritik der Beschwerdeführerin am zweiten verkehrstechnischen Gutachten auf Punkte bezog, die für die vorinstanzliche Beurteilung des Anklagevorwurfs massgebend sind. Indem die Vorinstanz festhält, es bestehe keine Veranlassung an den Berechnungen des Zweitgutachters zu zweifeln, und diese als schlüssig sowie nachvollziehbar bezeichnet, ohne auf die Rügen der Beschwerdeführerin einzugehen, geschweige denn diese zu erwähnen, bringt sie zwar implizit zum Ausdruck, dass sie die Kritik für unbegründet erachtet, bleibt jedoch eine Begründung für diese Einschätzung schuldig. Bei dieser Ausgangslage war es der Beschwerdeführerin nicht möglich, den Entscheid in voller Kenntnis der Sache an das Bundesgericht weiterzuziehen und darzulegen, dass bzw. inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfällt oder Bundesrecht verletzt. Wie sie zutreffend ausführt, blieb ihr letztlich einzig die Möglichkeit, auf ihre vorinstanzlichen Einwände zu verweisen und daran festzuhalten. Ebenso wenig ist es dem Bundesgericht möglich, den vorinstanzlichen Entscheid auf dessen Rechtmässigkeit zu überprüfen. Auch ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die Einwände der Beschwerdeführerin an Stelle der Vorinstanz zu prüfen (vgl. BGE 141 IV 244 E. 1.2.1; Urteil 6B_926/2023 vom 13. Januar 2025 E. 5.4.7). Indem sich die Vorinstanz nicht mit der Kritik der Beschwerdeführerin am Gutachten auseinandersetzt und begründet, weshalb sie das Gutachten als schlüssig erachtet und darauf abstellt, verletzt sie ihre Begründungspflicht und den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör.
1.5.5. Damit ist der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird sich mit den Einwänden der Beschwerdeführerin auseinandersetzen und die Beweise neu würdigen müssen. Damit erübrigt es sich, auf die (weitere) Kritik der Beschwerdeführerin an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung sowie auf die dagegen in den Vernehmlassungen vorgebrachten Argumente einzugehen. Aus prozessökonomischen Gründen ist nachfolgend jedoch die gerügte Verletzung des Anklagegrundsatzes zu prüfen.
2.
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt, sowohl mit der Haupt- als auch mit der Alternativbegründung gehe die Vorinstanz über den angeklagten Sachverhalt hinaus und verletze den Anklagegrundsatz. In der Hauptbegründung gehe die Vorinstanz von einer Geschwindigkeit des Unfallfahrzeugs von maximal 40 km/h aus; demgegenüber werde ihr (der Beschwerdeführerin) in der Anklageschrift vorgeworfen, mit einer Geschwindigkeit von 41 bis 49 km/h gefahren zu sein. Mit Blick auf die Alternativbegründung sei festzuhalten, dass ihr in der Anklageschrift mit keinem Wort vorgeworfen werde, sie sei zum Tatzeitpunkt mit einer überhöhten bzw. einer nicht den Verhältnissen angepassten Geschwindigkeit gefahren. Vielmehr werde ihr mehrfach und einzig vorgeworfen, sie sei ungenügend aufmerksam gewesen und habe deshalb nicht oder zu spät gebremst. Insbesondere sei eine Verletzung von Art. 32 SVG nicht erwähnt worden.
2.2. Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und 32 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten Anklagegrundsatz (Art. 9 und 325 StPO) bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat darin die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung möglichst kurz, aber genau zu bezeichnen (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO). Sodann hat die Anklage gemäss Art. 325 Abs. 1 lit. g StPO die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllten Straftatbestände unter Angabe der anwendbaren Gesetzesbestimmungen anzugeben. Die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte sind somit in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind (vgl. BGE 149 IV 128 E. 1.2; 147 IV 439 E. 7.2). Bei Fahrlässigkeitsdelikten sind sämtliche tatsächlichen Umstände anzuführen, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens sowie die Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des eingetretenen Erfolges ergeben sollen. Es ist insbesondere möglichst genau darzulegen, inwiefern die beschuldigte Person die gebotene Sorgfalt oder Vorsicht nicht beachtet hat (BGE 120 IV 348 E. 3c; 116 Ia 455 E. 3cc; Urteil 6B_171/2022 vom 29. November 2022 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 149 IV 42; je mit Hinweis). Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion). Unter diesem Gesichtspunkt muss die beschuldigte Person aus der Anklage ersehen können, wessen sie angeklagt ist. Dies bedingt eine zureichende Umschreibung der Tat. Entscheidend ist, dass die betroffene Person genau weiss, welcher konkreter Handlungen sie beschuldigt wird und welchen Straftatbestand sie durch ihr Verhalten erfüllt haben soll, damit sie sich in ihrer Verteidigung richtig vorbereiten kann (BGE 143 IV 63 E. 2.2; 141 IV 132 E. 3.4.1; 133 IV 235 E. 6.2 f.; Urteil 6B_1346/2023 vom 28. Oktober 2024 E. 2.3.1; je mit Hinweisen). Allgemein gilt, je gravierender die Vorwürfe, desto höhere Anforderungen sind an den Anklagegrundsatz zu stellen (Urteile 6B_1346/2023 vom 28. Oktober 2024 E. 2.3.1; 6B_151/2021 vom 15. Mai 2023 E. 4.2; 6B_549/2021 vom 18. Mai 2022 E. 2.4.2; je mit Hinweisen).
Solange klar ist, welcher Sachverhalt der beschuldigten Person vorgeworfen wird, kann auch eine fehlerhafte und unpräzise Anklage nicht dazu führen, dass es zu keinem Schuldspruch kommen darf (BGE 149 IV 128 E. 1.2; 145 IV 407 E. 3.3.2). Die nähere Begründung der Anklage erfolgt an Schranken; es ist Aufgabe des Gerichts, den Sachverhalt verbindlich festzustellen und darüber zu befinden, ob der angeklagte Sachverhalt erstellt ist oder nicht (vgl. BGE 149 IV 128 E. 1.2; 145 IV 407 E. 3.3.2; Urteile 6B_1346/2023 vom 28. Oktober 2024 E. 2.3.1; 6B_140/2021 vom 24. Februar 2022 E. 1.4; je mit Hinweisen). Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden (Immutabilitätsprinzip), nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (Art. 350 Abs. 1 StPO). Das Anklageprinzip ist verletzt, wenn die angeklagte Person für Taten verurteilt wird, bezüglich welcher die Anklageschrift den inhaltlichen Anforderungen nicht genügt, oder wenn das Gericht mit seinem Schuldspruch über den angeklagten Sachverhalt hinausgeht (Urteile 6B_1239/2021 vom 5. Juni 2023 E. 1.2; 6B_239/2022 vom 22. März 2023 E. 4.2; 6B_171/2022 vom 29. November 2022 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 149 IV 42; je mit Hinweisen). Ergibt das gerichtliche Beweisverfahren, dass sich das Tatgeschehen in einzelnen Punkten anders abgespielt hat als im Anklagesachverhalt dargestellt, so hindert der Anklagegrundsatz das Gericht nicht, die beschuldigte Person aufgrund des abgeänderten Sachverhalts zu verurteilen, sofern die Änderungen für die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts nicht ausschlaggebende Punkte betreffen und die beschuldigte Person Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen (Urteile 6B_1239/2021 vom 5. Juni 2023 E. 1.2; 6B_611/2022 vom 23. Oktober 2023 E. 1.2; 6B_1424/2021 vom 5. Oktober 2023 E. 3.3.1; je mit Hinweisen).
2.3. Im zur Anklage gewordenen Strafbefehl vom 20. Juni 2017 (Akten erste Instanz, act. 2) wirft die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin folgenden Sachverhalt vor:
"Am 17. Dezember 2014 um 16.55 Uhr lenkte die Beschuldigte A.________ den Personenwagen xxx, auf der U.________strasse in V.________ in Richtung W.________. Auf Höhe des Bahnhofs V.________ fuhr die Beschuldigte mit einer Geschwindigkeit von 41 bis 49 km/h.
Mangels genügender Aufmerksamkeit, die gegenüber Kindern und in der Nähe von Haltestellen des öffentlichen Verkehrs in besonderem Mass geschuldet ist, bemerkte sie nicht, dass Fussgänger am Ende des Bahnhofgeländes sich anschickten bzw. bereits im Begriff waren, die U.________strasse zu überqueren. Daher bremste sie nicht bzw. zu spät.
Als die Fussgänger B.________ und C.________, damals 14-jährig, von der Bahnhofseite her und hinter einem Postauto hervorkommend die Strasse überquerten, fuhr die Beschuldigte auf ihrer Fahrbahn in die beiden Fussgänger hinein. B.________ wurde frontal erfasst, schlug auf der Motorhaube und der Frontscheibe auf und wurde weggeschleudert. Sie erlitt durch den Aufprall einen Schädelbruch, einen beidseitigen Unterkieferbruch, diverse Hirnschädigungen sowie eine Hirnblutung und als Folge davon einen epileptischen Anfall und einen Hydrozephalus (Wasserkopf). Weiter trug sie einen Bruch des Brustbeins, eine Prellung der Lungenoberlappen und der Nieren sowie einen Milzriss davon. Sie befindet sich seither in Rehabilitation. Ihr wurde am 20. März 2017 eine volle IV-Rente zugesprochen.
Das Fahrzeug der Beschuldigten erfasste C.________ mit der rechten Fahrzeugfront und traf ihn sodann mit dem Seitenspiegel. C.________ trug von diesem Aufprall eine Hirnerschütterung, diverse Prellungen und Schürfungen sowie eine Rissquetschwunde über dem rechten Auge zu.
Es war vorhersehbar, dass eine derartige Unaufmerksamkeit im Strassenverkehr Körperverletzungen zur Folge haben kann. Denn in der Nähe der Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist stets mit Personen zu rechnen, die sich in Eile befinden, es an der nötigen Aufmerksamkeit mangeln lassen und sich daher unrichtig verhalten. In derartigen Situationen erfolgt nach der Lebenserfahrung das Hinaustreten auf die Fahrbahn oft nicht mit der gebotenen Vorsicht, daher muss der Fahrzeugführer, der an einem in der Gegenrichtung haltenden Bus vorbeifährt, sich darauf einstellen und gegebenenfalls seine Geschwindigkeit herabsetzen (BGE 4A_479/2009 E. 5.2).
In Bahnhofsnähe musste die Beschuldigte also mit Passanten rechnen und zwar auch mit solchen, welche die Strasse überqueren. Dies, weil es beim Bahnhof V.________ keinen Fussgängerstreifen und keine Unterführung hat, was die Beschuldigte auch wusste. Bei pflichtgemässer Vorsicht wären der Unfall und damit auch die Verletzungsfolgen der Fussgänger nicht eingetreten. Selbst wenn der Unfall nicht gänzlich vermeidbar gewesen wäre, wären die Verletzungsfolgen weniger gravierend ausgefallen, wenn die Beschuldigte früher bzw. überhaupt gebremst hätte."
2.4. Was die Hauptbegründung anbelangt, wird die Vorinstanz im neuen Verfahren die Gelegenheit haben, sich mit dem Einwand der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob die Annahme einer Geschwindigkeit von 40 km/h mit dem Anklagegrundsatz vereinbar ist.
2.5. Hinsichtlich der Eventualbegründung führt die Vorinstanz aus, es treffe nicht zu, dass eine nicht angepasste Geschwindigkeit nicht Gegenstand der Anklage sei. Im Strafbefehl vom 20. Juni 2017 seien die besonderen Vorsichtspflichten bei Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, wo mit Personen gerechnet werden muss, die sich in Eile befinden und es an der nötigen Aufmerksamkeit mangeln lassen, thematisiert worden. Der Beschwerdeführerin sei dabei unter anderem vorgehalten worden, dass ein "Fahrzeugführer, der an einem in der Gegenrichtung haltenden Bus vorbeifährt, sich darauf einstellen und gegebenenfalls seine Geschwindigkeit herabsetzen" müsse. Dementsprechend habe das Bundesgericht in seinem Urteil festgehalten, dass sie (die Vorinstanz) im Rückweisungsverfahren gestützt auf die ermittelten Werte nicht nur die räumliche Vermeidbarkeit der Kollision zu untersuchen habe. Der Anklagevorwurf gehe "ausdrücklich darüber hinaus" (Entscheid S. 20).
Der Beschwerdeführerin wird in der Anklageschrift vorgeworfen, sie habe mangels genügender Aufmerksamkeit die Fussgänger nicht bemerkt und daher nicht bzw. zu spät gebremst. Im Rahmen der Ausführungen zur Vorhersehbarkeit wird ferner festgehalten, dass der Fahrzeugführer, der an einem in der Gegenrichtung haltenden Bus vorbeifährt, sich darauf einstellen und gegebenenfalls seine Geschwindigkeit herabsetzen muss. Damit beinhaltet der angeklagte Sachverhalt zumindest implizit auch den Vorwurf der nicht an die konkreten Umstände (Nähe der Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, Kinder) angepassten Geschwindigkeit. Demgegenüber wird der Beschwerdeführerin in der Anklageschrift nicht vorgeworfen, eine Geschwindigkeit von 50 km/h sei mit Blick auf die am Unfallabend herrschenden Sichtverhältnisse nicht angemessen gewesen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die konkreten Sicht- und Witterungsverhältnisse in der Anklageschrift nicht erwähnt werden. Die gegenteilige Behauptung der Beschwerdegegnerin 2 in ihrer Vernehmlassung trifft nicht zu, zumal sie sich unter anderem auf Ausführungen bezieht, die nicht den angeklagten Sachverhalt, sondern die daran anschliessende Ablehnung der Beweisanträge betrifft (Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin 2 S. 11; vgl. auch Akten erste Instanz, act. 2, Strafbefehl vom 20. Juni 2017 S. 2). Auch deutet der Umstand, dass - wie die Beschwerdeführerin zutreffend vorbringt - Art. 32 Abs. 1 SVG im zur Anklage gewordenen Strafbefehl vom 20. Juni 2017 bei den anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht erwähnt wird, darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin nicht vorwarf, sie habe die Geschwindigkeit nicht den Sichtverhältnissen angepasst. Letztlich kann die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Erwähnung von Art. 32 Abs. 1 SVG im Strafbefehl für die Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung infolge einer den Sichtverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit notwendig gewesen wäre (Beschwerde S. 24; Vernehmlassung Beschwerdegegnerin 2 S. 10 ff.; Replik S. 4), offengelassen werden, da vorliegend massgebend ist, ob ein entsprechender Vorwurf im angeklagten Sachverhalt überhaupt umschrieben ist. Damit braucht auch nicht auf das Argument der Beschwerdegegnerin 2 eingegangen zu werden, wonach sich der Vorwurf der Vorinstanz betreffend die Geschwindigkeit nicht nur auf Art. 32 SVG, sondern insbesondere auch auf Art. 33 Abs. 2 SVG stütze (Vernehmlassung Beschwerdegegnerin 2 S. 12).
Indem die Vorinstanz der Beschwerdeführerin in der Alternativbegründung vorwirft, sie habe mit einer den am Unfallabend herrschenden Sichtverhältnissen nicht angemessenen, zu hohen Geschwindigkeit die Ursache dafür gesetzt, dass ihr letztlich zu wenig Zeit bzw. Strecke zur Verfügung gestanden habe, um die Kollision mit den Fussgängern zu vermeiden, geht sie über den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt hinaus und verletzt den Anklagegrundsatz sowie Art. 350 Abs. 1 StPO. Daran ändert die von der Vorinstanz genannte Erwägung des Bundesgerichts im Rückweisungsentscheid nichts, da damit - worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist - einzig aufgezeigt wurde, dass die (vorinstanzliche) Feststellung in ihrem ersten Entscheid, die Kollision sei räumlich nicht vermeidbar gewesen, für sich allein noch nicht zwingend einen Freispruch zur Folge haben müsse, da der Anklagevorwurf ausdrücklich darüber hinaus geht (vgl. Urteil 6B_305/2020, 6B_321/2020 vom 1. Oktober 2020 E. 3.7). Auch die Berücksichtigung der Argumente der Beschwerdegegnerin 1 in ihrer verspäteten Stellungnahme führen zu keiner anderen Beurteilung (Stellungnahme der Beschwerdegegnerin 1 S. 2).
3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der vorinstanzliche Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Parteien werden im Umfang ihres Unterliegens kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Verfahrenskosten tragen die Beschwerdegegnerinnen grundsätzlich je zur Hälfte, wobei dem Kanton St. Gallen keine Verfahrenskosten aufzuerlegen sind (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Der Kanton St. Gallen und die Beschwerdegegnerin 2 haben als unterliegende Partei der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von je der Hälfte der auf Fr. 3'000.-- bestimmten Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 30. Mai 2023 wird aufgehoben und die Sache an das Kantonsgericht zur neuen Beurteilung zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten werden im Umfang von Fr. 1'500.-- der Beschwerdegegnerin 2 auferlegt.
3.
Der Kanton St. Gallen und die Beschwerdegegnerin 2 haben der Beschwerdeführerin eine Entschädigung von je Fr. 1'500.-- auszurichten.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Mai 2025
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Andres