8C_428/2016 04.08.2016
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
Urteil vom 4. August 2016
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Benedikt Schneider,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle Luzern,
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern
vom 11. Mai 2016.
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1962, bezog seit 1. März 2002 eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Bei einem neu auf 21 % ermittelten Invaliditätsgrad hob die IV-Stelle Luzern diese Rente revisionsweise per Ende November 2005 auf. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (heute: Kantonsgericht Luzern; im Folgenden: Kantonsgericht oder Vorinstanz) schützte diese Rentenaufhebung mit verfahrensabschliessendem Entscheid vom 23. März 2007.
Das am 23. Mai 2007 eingeleitete Wiederanmeldungsverfahren blieb schliesslich nach zweifachem Rechtsgang erfolglos (unangefochten in Rechtskraft erwachsener Entscheid des Kantonsgerichts vom 16. Mai 2011; vgl. auch Urteil 8C_540/2015 vom 10. November 2015 Sachverhalt lit. A).
Im März 2012 liess sich der Versicherte durch seinen Rechtsvertreter abermals bei der IV-Stelle zum Leistungsbezug anmelden. Nach Einholung des Gutachtens vom 28. Mai 2015 der Swiss Medical Assessment- and Business-Center AG in St. Gallen (nachfolgend: SMAB-Gutachten) sprach die IV-Stelle dem Versicherten ab 1. September 2012 eine ganze und ab 1. August 2015 eine halbe Invalidenrente zu (Verfügung vom 8. Oktober 2015). Das Verfahren betreffend die vom Versicherten auch hiegegen erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist - soweit ersichtlich - noch nicht abgeschlossen.
B.
Mit Gesuch vom 15. Juli 2015 liess der Versicherte beim Kantonsgericht um Revision der Gerichtsentscheide vom 23. März 2007 und 16. Mai 2011 ersuchen. Basierend auf den mit SMAB-Gutachten festgestellten Gesundheitsschäden seien ihm rückwirkend ab 1. Dezember 2005 die versicherten Leistungen zu erbringen. Ab 6. August 2010, eventualiter nach entsprechender Wartezeit, sei ihm eine Rente von 100 % zuzusprechen. Weiter ersuchte der Versicherte unter anderem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Der Präsident der 3. Abteilung des Kantonsgerichts Luzern verfügte am 28. Juli 2015 die Abweisung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung infolge Aussichtslosigkeit. Die hiegegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wies das Bundesgericht ab (Urteil 8C_540/2015 vom 10. November 2015). Mit Entscheid vom 11. Mai 2016 trat das Kantonsgericht auf das Revisionsgesuch vom 15. Juli 2015 nicht ein.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ unter anderem nebst materiellen Rechtsbegehren, welche auf Gutheissung des Revisionsgesuchs vom 15. Juli 2015 lauten, auch die Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheides und die Rückweisung zwecks materieller Entscheidung über das Revisionsgesuch beantragen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen:
1.
1.1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).
1.2. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) gilt der in Art. 106 Abs. 1 BGG verankerte Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht. Insofern besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Die Beschwerde führende Person muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen Entscheid verletzt worden sind. Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 445; je mit Hinweisen).
2.
Streitgegenstand bildet im Verfahren vor Bundesgericht die Frage, ob die Vorinstanz auf das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers hätte eintreten müssen (vgl. Urteil 8C_683/2015 vom 29. Oktober 2015 E. 1).
3.
3.1. In Bezug auf die revisionsrechtlich massgebenden Gesetzesbestimmungen und Grundsätze wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid und im Urteil 8C_540/2015 vom 10. November 2015 E. 5.1 verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
3.2. Wie das Bundesgericht bereits im Beschwerdeverfahren betreffend Anfechtung des kantonalen Gerichtsentscheids in Sachen unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gemäss Revisionsgesuch vom 15. Juli 2015 festgestellt hat, beruft sich der Beschwerdeführer auf den Revisionsgrund einer neuen erheblichen Tatsache (Urteil 8C_540/2015 vom 10. November 2015 E. 5.2; vgl. dazu auch SVR 2016 IV Nr. 7 S. 21, 8F_15/2015 E. 1.3 mit Hinweisen). Aufgrund der neu erkannten Diagnose einer Pseudarthrose L4/5 mit operativer Behandlungsbedürftigkeit am 6. August 2010 bestehe seit dem 1. Dezember 2005 nachweislich eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50 % in angepasster Tätigkeit bis zum Operationstermin im August 2010. Der entsprechende Bericht des behandelnden Wirbelsäulenchirurgen Dr. med. B.________ datiert vom 14. Mai 2010. Der seit 25. Februar 2010 identische Rechtsvertreter des Versicherten bestreitet nicht, dass er laut vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung über diese Tatsache vom kantonalen Gericht bereits am 24. Juni 2010 ins Bild gesetzt wurde. Gemäss angefochtenem Entscheid hatte der Rechtsvertreter zudem spätestens mit Einsichtnahme in die vollständigen IV-Akten ab 7. März 2013 unbestritten Kenntnis von dieser neuen Tatsache. Trotzdem berief sich der Beschwerdeführer in seiner gestützt auf diese Akteneinsichtnahme verfassten Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 18. März 2013 mit keinem Wort auf diese angeblich revisionsrechtlich erhebliche neue Diagnose.
3.3. Das Bundesgericht hat bereits dargelegt, dass die Begründungsversäumnisse mit Blick auf das Revisionsgesuch vom 15. Juli 2015 nicht im Rahmen des anschliessenden Beschwerdeverfahrens nachzuholen sind (Urteil 8C_540/2015 vom 10. November 2015 E. 5.2). Dies gilt gleichermassen für die Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den angefochtenen Nichteintretensentscheid. Der Versicherte hat es unterlassen, im Revisionsgesuch darzulegen, weshalb er die ihm spätestens seit März 2013 bekannt gewesene Tatsache der Diagnose einer Pseudarthrose L4/5 erst im Anschluss an die Kenntnisnahme vom SMAB-Gutachten revisionsweise geltend machte. Allein schon deshalb ist die Vorinstanz zu Recht auf das Revisionsgesuch nicht eingetreten.
3.4. Auch was der Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Feststellung der Versäumnis der 90-tägigen Revisionsfrist vorbringt, ist offensichtlich unbegründet. Zum einen bestand gerade mit Blick auf den nicht nur im Verwaltungsverfahren (Art. 43 Abs. 1 ATSG), sondern auch im Verfahren vor kantonalem Versicherungsgericht geltenden Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 137 V 314 E. 3.2.2 S. 319 mit Hinweisen) Veranlassung, die neu entdeckte Tatsache der erstmals gestellten Diagnose einer Pseudarthrose L4/5 mit operativer Behandlungsbedürftigkeit bereits im August 2010 bei erster Gelegenheit in das erst mit Entscheid vom 16. Mai 2011 abgeschlossene kantonale Beschwerdeverfahren einzubringen. Zum anderen argumentiert der Versicherte widersprüchlich. Angeblich war es für ihn weder 2010 noch 2013 erkennbar, dass gewichtige Indizien vorlagen, welche ein Revisionsgesuch hätten erfolgreich erscheinen lassen. Gleichzeitig lag aber nach seiner eigenen Überzeugung doch bereits spätestens 2013 "ein wahrscheinliches Indiz einer neuen Tatsache vor". Fest steht, dass der Beschwerdeführer - entgegen seiner Darstellung - die neue Tatsache weder im Sommer 2010 noch im März 2013 nur im Wege eines Revisionsgesuches hätte ins Verfahren einbringen können. Vielmehr bestand in beiden Zeitpunkten nicht nur nach Massgabe der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht (Art. 43 Abs. 3 ATSG), sondern auch im Rahmen der anwaltlichen Sorgfaltspflicht (Art. 12 lit. a BGFA) Veranlassung, die neue Tatsache als unechtes Novum raschmöglichst in einem der jeweils laufenden kantonalen Beschwerdeverfahren geltend zu machen und diesbezüglich gegebenenfalls weitere Abklärungen zu beantragen.
3.5. Schliesslich legt der Versicherte mit Blick auf die von ihm gerügten Verfassungsverletzungen nicht im Einzelnen substanziiert dar, inwiefern das kantonale Gericht die entsprechenden Grundsätze verletzt habe. Jedenfalls genügen seine Ausführungen der qualifizierten Rügepflicht (E. 1.2 hievor) nicht, weshalb der angefochtene Nichteintretensentscheid nicht zu beanstanden ist.
4.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels mit summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.
5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 4. August 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Der Gerichtsschreiber: Hochuli