1B_243/2017 28.11.2017
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
Urteil vom 28. November 2017
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Misic.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt B.________,
gegen
Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus, Postgasse 29, 8750 Glarus.
Gegenstand
Wechsel der amtlichen Verteidigung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Glarus vom 16. Juni 2017 (OG.2017.00036).
Sachverhalt:
A.
Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf Geldfälschung sowie Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz in einem schweren Fall. Er wurde am 21. April 2017 wegen Kollusionsgefahr in Untersuchungshaft versetzt. Rechtsanwalt B.________ wurde zu seinem amtlichen Verteidiger bestellt.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2017 setzte die Staatsanwaltschaft den amtlichen Vertreter ab. Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kanton Glarus mit Entscheid vom 16. Juni 2017 ab. Am 19. Juni 2017 wurde Rechtsanwalt C.________ als neuer amtliche Verteidiger von A.________ eingesetzt. Dieser wurde am 29. Juni 2017 aus der Untersuchungshaft entlassen.
B.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen und begehrt, der Entscheid des Obergerichts und die Verfügung der Staatsanwaltschaft seien aufzuheben.
Das Obergericht hat eine Stellungnahme eingereicht und verweist im Übrigen auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Die Staatsanwaltschaft schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Beschwerdeführer hat sich geäussert und hält vollumfänglich an seinem Begehren fest.
Erwägungen:
1.
1.1. Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Zwischenentscheid in Strafsachen (Art. 78, 80 und 93 BGG). Dieser schliesst das Strafverfahren nicht ab.
1.2. Als oberste rechtsprechende Behörde des Bundes soll sich das Bundesgericht in der Regel nur einmal mit der gleichen Streitsache befassen müssen (BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263). Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid nur ausnahmsweise zulässig, wenn dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann, d.h., wenn dieser auch nachträglich durch einen für die rechtsuchende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263 mit Hinweisen). Im Verfahren der Beschwerde in Strafsachen muss der nicht wieder gutzumachende Nachteil nicht bloss tatsächlicher, sondern rechtlicher Natur sein (BGE 136 IV 92 E. 4 S. 95; 133 IV 139 E. 4 S. 141).
1.3.
1.3.1. Nach der Rechtsprechung kann die Weigerung, einem Beschuldigten einen amtlichen Verteidiger zu bestellen, zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil führen (BGE 133 IV 335 E. 4 S. 338). Diese Konstellation liegt hier nicht vor. Dem Beschwerdeführer wurde die amtliche Vertretung nicht vorenthalten. Nach Anordnung des Wechsels der amtlichen Verteidigung hat die Staatsanwaltschaft sofort einen anderen Anwalt bestimmt. Zu prüfen ist somit, ob dem Beschwerdeführer überhaupt ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstanden ist. Nach Massgabe der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind dabei verschiedene Fallkategorien zu berücksichtigen, die daran anknüpfen, ob der Wechsel der amtlichen Verteidigung ersucht oder angeordnet wurde, und wer sich dagegen zur Wehr setzt.
1.3.2. Bei der Ablehnung des Gesuchs der beschuldigten Person um Auswechslung ihres amtlichen Verteidigers behält diese auf jeden Fall ihren Anwalt. Der amtliche Verteidiger bleibt verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Mandanten oder in dessen mutmasslichem Interesse eine geeignete Verteidigungsstrategie festzulegen und diese im Verfahren zu vertreten. Die Ablehnung des Gesuchs begründet daher grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263; 133 IV 335 E. 4 S. 339; 126 I 207 E. 2b S. 211). Besondere Umstände bleiben vorbehalten (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1B_80/2008 vom 27. Juni 2008 E. 1.4 und 1B_259/2016 vom 11. Januar 2017 E. 2.5). Diese müssen, sofern nicht offensichtlich, grundsätzlich vom Beschwerdeführer dargelegt werden; dabei hat er die Tatsachen anzuführen, aus denen sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47; zum Ganzen: BGE 141 IV 284 E. 2.3 S. 287; 289 E. 1.3 S. 292; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 1B_275/2017 vom 2. Oktober 2017 E. 1.1). Andernfalls wird auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht eingetreten.
1.3.3. Nach der Rechtsprechung liegt ein nicht wieder gutzumachender Nachteil vor, ohne dass dieser in der Beschwerdeschrift noch ausdrücklich dargelegt werden muss, wenn der private Wahlverteidiger des Beschuldigten wegen Interessenkollisionen nicht zugelassen wurde, da dies unter Umständen im Widerspruch zum Anspruch des Angeklagten auf erbetene (privat finanzierte) Verteidigung durch den Anwalt seiner Wahl stehen könnte (Art. 6 Ziff. 3 Bst. c EMRK, Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BV sowie Art. 14 Abs. 3 Bst. d UNO-Pakt II; BGE 135 I 261 E. 1.1-1.4 S. 263 f.; Urteile des Bundesgerichts 1B_226/2015 vom 15. September 2016 E. 1; 1B_358/2014 und 1B_360/2014 vom 12. Dezember 2014 E. 2; 1B_611/2012 vom 29. Januar 2013 E. 1). Dieser Fall liegt hier ebenfalls nicht vor.
1.3.4. Wird der Wechsel der amtlichen Verteidigung durch die Strafjustizbehörden angeordnet, liegt grundsätzlich kein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil vor. Denn die wirksame Verteidigung der beschuldigten Person bleibt weiterhin gewährleistet, wenn die Behörde wie hier sofort einen anderen Verteidiger ernennt. Deshalb muss die beschuldigte Person, die sich gegen den Wechsel zur Wehr setzen möchte, in der Beschwerdebegründung den nicht wieder gutzumachenden Nachteil darlegen, soweit dies nicht offensichtlich ist. Darauf kann nach der Rechtsprechung jedoch ausnahmsweise verzichtet werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen den Willen des Beschuldigten und seines amtlichen Vertreters dessen Abberufung anordnet und wenn diese Entscheidung in der Folge einer Handlung der Gegenpartei im Verfahren ergeht (BGE 133 IV 335 E. 4 S. 339 im Nachgang zu einem Strafantrag wegen Ehrverletzung gegen den Betroffenen und dessen amtlichen Vertreter, der einen Interessenskonflikt zur Folge hatte). In einer derartigen Konstellation muss eine sofortige Überprüfung sichergestellt werden, um zu verhindern, dass Manöver einer Partei begünstigt würden, welche die Voraussetzungen für einen Interessenkonflikt zu schaffen versucht, um damit eine wirksame Vertretung der Gegenpartei zu vereiteln (BGE 133 IV 335 E. 4 S. 339). Sodann hat der amtliche Verteidiger selber offensichtlich ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des Entscheids, der seinen Auftrag beendet, da er sein Mandat nicht weiter ausüben kann (Endentscheid i.S.v. Art. 90 BGG). Deshalb kann in der zuletzt genannten Konstellation vom Erfordernis, den nicht wieder gutzumachenden Nachteil darzulegen, abgesehen werden (BGE 133 IV 335 E. 5 S. 339 f.; Urteil des Bundesgerichts 1B_187/2013 vom 4. Juli 2013 E. 1.1).
1.3.5. In Bezug auf die Begründungspflicht kann auch nichts anderes aus BGE 141 IV 178 abgeleitet werden, wo das Bundesgericht ohne Prüfung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils auf die Beschwerde eingetreten ist. Streitgegenstand bildete dort indessen nicht die Frage der Zulässigkeit des Widerrufs der amtlichen Verteidigung (diese Frage hatte die kantonale Vorinstanz bereits verneint), sondern die Befangenheit zweier Staatsanwälte.
1.4. Nach dem Ausgeführten hätte der ehemalige amtliche Verteidiger den durch die Staatsanwaltschaft angeordneten Wechsel der amtlichen Verteidigung ohne Weiteres anfechten können. Rechtsprechungsgemäss hätte er ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des Entscheids gehabt. Insoweit hätte er in seiner Beschwerdebegründung keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darlegen müssen. Der ehemalige amtliche Verteidiger hat indessen darauf verzichtet, Beschwerde in Strafsachen zu führen. Im Gegensatz dazu kann der Beschuldigte, der einen neuen Verteidiger hat und alleine Beschwerde in Strafsachen führt, nicht davon dispensiert werden, in der Beschwerdeschrift darzulegen, welcher nicht wieder gutzumachende Nachteil ihm durch den Wechsel der amtlichen Verteidigung von Amtes wegen im Sinne von Art. 134 Abs. 2 StPO drohen könnte. Er nimmt in seiner Eingabe zum nicht wieder gutzumachenden Nachteil überhaupt keine Stellung. Auf diesen Umstand hat die Vorinstanz ausdrücklich hingewiesen (vgl. Stellungnahme vom 14. Juli 2017). Der Beschwerdeführer hat sich dazu nicht geäussert, obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte (vgl. Mitteilung des Bundesgerichts vom 23. August 2017). Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil ist auch nicht ersichtlich. Dass der Beschwerdeführer von seinem neuen Verteidiger nicht effektiv verteidigt werde oder zu diesem kein Vertrauensverhältnis aufbauen könne, wird nicht vorgebracht. Ob der ehemalige amtliche Verteidiger Berufsregeln im Sinne von Art. 12 Bst. a BGFA verletzt hat, ist Gegenstand eines separaten, vor der Anwaltskommission des Kanton Glarus hängigen Verfahrens.
2.
Damit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dem offensichtlich unbegründeten Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist nicht zu entsprechen (Art. 64 BGG). Auf eine Kostenauflage kann indessen verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus und dem Obergericht des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. November 2017
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Merkli
Der Gerichtsschreiber: Misic