1B_232/2022 17.05.2023
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1B_232/2022
Urteil vom 17. Mai 2023
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Haag, Kölz,
Gerichtsschreiber Forster.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Kim Mauerhofer,
gegen
Staatsanwaltschaft Nidwalden,
Abteilung I, Allgemeine Delikte,
Kreuzstrasse 2, Postfach 1242, 6371 Stans.
Gegenstand
Strafverfahren; Nichtzulassung als Verteidigung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, vom 10. März 2022 (BAS 21 14).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Nidwalden führt eine Strafuntersuchung (STA-Nr. A1 20 3744) gegen A.________ (nachfolgend: Beschuldigter) wegen versuchter Nötigung und versuchter Begünstigung. Ein separates Strafverfahren (STA-Nr. A1 20 781) führt die Staatsanwaltschaft gegen den Sohn des Beschuldigten. Dem Sohn wird im betreffenden Verfahren versuchte Erpressung und Anstaltentreffen zum Handel mit Betäubungsmitteln vorgeworfen.
B.
Rechtsanwältin Kim Mauerhofer wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 5. August 2021 als amtliche Verteidigerin des Sohnes des Beschuldigten (im Verfahren STA-Nr. A1 20 781) eingesetzt. Dieselbe Anwältin zeigte der Staatsanwaltschaft, zunächst telefonisch und anschliessend mit Schreiben vom 26. April 2021 (unter Beilage einer entsprechenden Vollmacht vom 17. März 2021), an, dass sie auch vom Beschuldigten für das gegen ihn geführte Strafverfahren (STA-Nr. A1 20 3744) als Wahlverteidigerin privat mandatiert worden sei. Gleichzeitig nahm sie zur Frage einer möglichen Interessenkollision durch diese Doppelvertretung Stellung.
C.
Am 9. September 2021 verfügte die Staatsanwaltschaft die Nichtzulassung der Rechtsanwältin als Wahlverteidigerin im Strafverfahren gegen den Beschuldigten. Eine von diesem am 20. September 2021 dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, mit Urteil vom 10. März 2022 ab.
D.
Gegen den Entscheid des Obergerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 9. Mai 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Zulassung seiner Wahlverteidigerin im Verfahren STA-Nr. A1 20 3744.
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft haben am 19. bzw. 20. Mai 2022 auf Vernehmlassungen je ausdrücklich verzichtet. Mit Verfügung vom 7. Juni 2022 bewilligte das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht ab. Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist dessen Beschwerde nur zulässig, wenn ihm ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Bei Auswechslungen von amtlichen Verteidigern und Verteidigerinnen entgegen dem Willen der beschuldigten Person oder bei der Nichtzulassung von Wahlverteidigungen droht der beschuldigten Person grundsätzlich ein solcher Rechtsnachteil (BGE 135 I 261 E. 1; 133 IV 335 E. 5; Urteile 1B_528/2021 vom 21. Dezember 2021 E. 1.1; 1B_457/2021 vom 28. Oktober 2021 E. 1.1; 1B_602/2019 vom 5. Februar 2020 E. 1; 1B_120/2018 vom 29. Mai 2018 E. 1.2).
Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind erfüllt.
2.
Die Vorinstanz erwägt Folgendes:
2.1. Gemäss der erstinstanzlichen Verfügung der Staatsanwaltschaft werde dem Sohn des Beschwerdeführers (im gegen den Sohn geführten Strafverfahren) vorgeworfen, den mutmasslich Geschädigten am 12. März 2020 über sein Mobiltelefon angerufen und von ihm verlangt zu haben, ihm (dem Sohn des Beschwerdeführers) am nächsten Tag Geld zu bringen, ansonsten dem Geschädigten erhebliche Nachteile drohen würden. Ebenso werde dem Sohn des Beschwerdeführers vorgeworfen, im Sommer 2019 versucht zu haben, denselben Geschädigten als sogenannten "Läufer" bzw. Verkäufer für Marihuana anzuwerben.
Im Verfahren gegen den Beschwerdeführer werde diesem Folgendes zur Last gelegt: Am 8. Oktober 2020, dem Tag vor einer terminierten Konfrontationseinvernahme zwischen seinem Sohn und dem Geschädigten, habe der Beschwerdeführer eine WhatsApp-Sprachnachricht an die Mutter des Geschädigten gesendet und versucht, auf diese Weise auf das Aussageverhalten des Geschädigten Einfluss zu nehmen. In der Sprachnachricht habe der Beschwerdeführer der Mutter des Geschädigten in Aussicht gestellt, er werde Beweismaterial, das ihren Sohn belaste und welches er privat gesammelt habe, der Staatsanwaltschaft offenlegen, falls der Geschädigte am nächsten Tag gegen den Sohn des Beschwerdeführers aussage. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers begründe nach Ansicht der Staatsanwaltschaft den Verdacht der versuchten Nötigung (zulasten der betroffenen Mutter und mittelbar zulasten ihres Sohnes) sowie der versuchten Begünstigung (seines Sohnes).
Die amtliche Verteidigerin des Sohnes des Beschwerdeführers beabsichtige, auch die Interessen des Beschwerdeführers als privat mandatierte Wahlverteidigerin im Strafverfahren gegen ihn zu vertreten. Die beiden separaten Strafverfahren wiesen einen "Sachzusammenhang" auf, indem der Beschwerdeführer verdächtigt werde, auf das Aussageverhalten des Geschädigten eingewirkt und so auf den Ausgang des Strafverfahrens gegen seinen Sohn Einfluss genommen zu haben. Zudem seien "die Interessen beider Beschuldigter diametral ausgerichtet". Anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 9. Oktober 2020 habe der Sohn des Beschwerdeführers als Beschuldigter ausgesagt, dass er von der Sprachnachricht des Beschwerdeführers an die Mutter des Geschädigten nichts gewusst habe. Auch die Anwältin des Sohnes habe in einem Schreiben vom 26. April 2021 (als dessen amtliche Verteidigerin) ausgeführt, ihr Mandant habe von der fraglichen Sprachnachricht erst anlässlich der Konfrontationseinvernahme Kenntnis erhalten. Und schliesslich sei der Sprachnachricht des Beschwerdeführers zu entnehmen, dass sein Sohn ihn (angeblich) gebeten habe, "diesen Schritt nicht zu gehen", weil der Sohn "die Sache" mit dem Geschädigten selber "vor Gericht klären" wolle.
Vor diesem Hintergrund könne - nach Ansicht der Staatsanwaltschaft - nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer "im Interesse" seines Sohnes gehandelt habe. Damit liege "nicht bloss die abstrakte Möglichkeit eines Interessenkonflikts" zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn vor; vielmehr erscheine der Interessenkonflikt "geradezu eklatant".
Replizierend habe die Staatsanwaltschaft im vorinstanzlichen Verfahren noch vorgebracht, dass "offensichtlich ein Sachzusammenhang" zwischen den beiden Strafverfahren bestehe. Dem Beschwerdeführer werde vorgeworfen, mittels der Sprachnachricht an die Mutter des Geschädigten versucht zu haben, dessen Aussageverhalten im Strafverfahren gegen den Sohn des Beschwerdeführers zu beeinflussen. Für das Verbot der Doppelvertretung seien gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung "nicht bloss (straf-) prozessuale, sondern Interessen jedweder Form" relevant. Indem der Beschwerdeführer sich "dem Wunsch seines Sohnes widersetzt und durch ein unlauteres kollusives Verhalten versucht habe, auf die Beweiswürdigung in dessen Strafverfahren einzuwirken", habe er "eindeutig nicht in dessen Interesse gehandelt". Die Behauptung des Beschwerdeführers, er und sein Sohn hätten gleichgerichtete Prozessinteressen, sei unzutreffend. Vielmehr hätten "beide in erster Linie ein (voneinander unabhängiges) Eigeninteresse am Ausgang des sie jeweils betreffenden Verfahrens". Nach der gegenwärtigen Aktenlage im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer müsse "davon ausgegangen werden, dass sein Sohn zwar nichts von der schlussendlich tatsächlich aufgenommenen und versandten Sprachnachricht des Beschwerdeführers gewusst", dieser aber seinen Sohn vorgängig von seinem Vorhaben unterrichtet habe. Vor diesem Hintergrund könne auch "bis dato eine Einvernahme" des Sohnes "im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer offensichtlich nicht ausgeschlossen" werden. Anlässlich einer solchen allfälligen Einvernahme bestünde aber die erhebliche Gefahr eines Interessenkonflikts. Laut Staatsanwaltschaft müsse der Sohn sogar "zwingend zum Vorwurf gegen den Beschwerdeführer befragt werden", da sich "diverse Fragen" aufdrängten. Es sei offenkundig, dass die betroffene Rechtsanwältin bei einer Befragung des Sohnes "als Auskunftsperson nicht die Interessen der beschuldigten Person und diejenigen der Auskunftsperson wahren" könne.
2.2. Ergänzend erwägt die Vorinstanz noch Folgendes:
Zu prüfen sei, ob die Interessen des Beschwerdeführers und seines Sohnes gleichgerichtet seien und jegliche Interessenkollision aufgrund der Doppelvertretung ausgeschlossen werden könne. Unerheblich sei dabei das Vorbringen des Beschwerdeführers, er und sein Sohn strebten in den sie betreffenden Verfahren je einen Freispruch an und wünschten auch einen Freispruch des anderen in dessen Verfahren. Zwar möge es zutreffen, dass sich die Verteidigerin "schlussendlich an den Instruktionen ihrer beiden Klienten (und damit derer persönlichen, übereinstimmenden Wünschen) zu orientieren" habe "und diese sich dabei auch für ein - für sie selbst - allenfalls nicht optimales Vorgehen entscheiden" dürften. Diese "subjektive Komponente" finde (jedoch) "ihren Ausgleich darin, dass eine gehörige Verteidigung Aufklärungspflichten" umfasse, welche die Verteidigerin verpflichteten, sowohl den Beschwerdeführer als auch dessen Sohn "möglichst objektiv über ihre prozessualen Handlungsmöglichkeiten aufzuklären, d.h. die einzelnen Varianten und deren jeweilige Chancen und Risiken aufzuzeigen". Diese Varianten- und Risikobeurteilung habe dabei "für jedes Verfahren einzeln, in gesonderter Weise zu erfolgen, wobei einzig die Interessen des jeweils beschuldigten Klienten, nicht aber die Interessen des jeweils anderen massgebend" seien.
Die "durch das Auftragsverhältnis entsprechend bedingte objektive, unbeeinflusste Aufklärung und Beratung des Beschwerdeführers" durch seine Wahlverteidigerin sei hier "aber kaum möglich". Aufgrund ihrer Stellung als amtliche Verteidigerin seines Sohnes in dessen Strafverfahren befinde sie sich in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu diesem. Namentlich werde sie den Sohn bei der Wahl seiner Prozessstrategie zu beraten und aufzuklären haben. Zu berücksichtigen sei sodann, dass sie "aufgrund dieser Stellung über allenfalls nicht im Prozess befindliche Sachverhaltsinformationen" verfüge. Für das Strafverfahren gegen den Sohn von erheblicher Bedeutung sei "die vorläufige Einschätzung respektive Würdigung" der Aussagen des Geschädigten als Belastungszeuge. Auf diese Aussagen habe der Beschwerdeführer mutmasslich Einfluss zu nehmen versucht. Inwieweit die betreffende Kontaktaufnahme strafrechtlich relevant erscheine, sei im Strafverfahren gegen ihn zu klären. Seine allfällige Strafbarkeit hänge massgeblich von seinen damaligen Beweggründen ab. Dies sei bei seiner Verteidigungsstrategie zu berücksichtigen. In seiner schriftlichen Erklärung vom 22. Oktober 2021 habe der Sohn des Beschwerdeführers zwar geäussert, er habe ausdrücklich keine Kontaktaufnahme seines Vaters mit dem Geschädigten gewünscht. Diese Frage sei jedoch unbestrittenermassen ein Thema zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn gewesen. Dieser komme im Verfahren gegen den Beschwerdeführer "als einzuvernehmender Zeuge" oder als Aus-kunftsperson in Frage. Die Wahlverteidigerin des Beschwerdeführers dürfte eine mögliche Gewährsperson "nur unter sehr restriktiven Bedingungen" kontaktieren. Dass sich der Beschwerdeführer und sein Sohn möglicherweise gegenseitig belasten könnten, stelle "ein valables prozesstaktisches Vorgehen" dar. Unter diesen Umständen sei aber eine unbeeinflusste Verteidigungsstrategie und Beratung des Beschwerdeführers "nur schwer vorstellbar".
3.
Der Beschwerdeführer rügt insbesondere die Verletzung seines Grundrechts auf eine Verteidigung seiner Wahl (Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK, Art. 32 Abs. 2 BV, Art. 129 Abs. 1 StPO). Er macht unter anderem geltend, er und sein Sohn seien keine Mitbeschuldigten in Bezug auf denselben Sachverhalt und Strafvorwurf. Es gehe hier um komplett verschiedene und zeitlich weit auseinander liegende Sachverhalte und Vorwürfe. Beide Beschuldigten hätten, je in ihren Verfahren, keinerlei Interesse an einer Verurteilung oder Belastung des anderen. Ebenso wenig hänge die Beurteilung der Strafbarkeit des einen von der Frage einer Strafbarkeit des anderen ab. Die Staatsanwaltschaft habe ausdrücklich eingeräumt, dass sie nicht "von einer irgendwie gearteten Beteiligung beider Beschuldigten an der mutmasslichen Straftat und am Strafverfahren des jeweilig anderen" ausgehe. Es liege hier keine unzulässige Doppelvertretung und keine Interessenkollision seiner Wahlverteidigerin vor. Sein Sohn werde sich im Verfahren gegen ihn (den Beschwerdeführer) gar nicht äussern können, selbst wenn er dort "nach Jahren" noch zu einer Befragung vorgeladen würde. Die Erwägung der Vorinstanz, eine mögliche gegenseitige Belastung stelle ein valables prozesstaktisches Vorgehen dar, sei rein theoretischer Natur. Es fehle dafür an konkreten Anhaltspunkten. Hingegen spreche alles für gleichgerichtete strafprozessuale Interessen der beiden Beschuldigten. Eine bloss abstrakte Möglichkeit einer Interessenkollision genüge nicht für den Ausschluss seiner Wahlverteidigerin.
4.
Die beschuldigte Person hat das Recht, sich durch eine Verteidigung ihrer Wahl verteidigen zu lassen (Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK; vgl. auch Art. 14 Abs. 3 UNO-Pakt II und Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BV). Dieses Grundrecht wird in der Gesetzgebung näher konkretisiert. Gemäss Art. 129 Abs. 1 StPO ist die beschuldigte Person berechtigt, in jedem Strafverfahren und auf jeder Verfahrensstufe einen Rechtsbeistand (im Sinne von Art. 127 Abs. 5 StPO) mit ihrer Verteidigung zu betrauen (Wahlverteidigung; s.a. Art. 127 Abs. 1 StPO). Die Verteidigung der beschuldigten Person ist Anwältinnen und Anwälten vorbehalten, die nach dem des Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA; SR 935.61) berechtigt sind, Parteien vor Gerichtsbehörden zu vertreten (Art. 127 Abs. 5 StPO). Die Ausübung der Wahlverteidigung setzt eine schriftliche Vollmacht oder eine protokollierte Erklärung der beschuldigten Person voraus (Art. 129 Abs. 2 StPO). Vorbehalten bleiben die strafprozessualen und berufsrechtlichen Vorschriften und Zulassungsvoraussetzungen (Urteile 1B_528/2021 vom 21. Dezember 2021 E. 2.2; 6B_195/2020 vom 23. Juni 2021 E. 1.2.1; 1B_59/2018 vom 31. Mai 2018 E. 2.4).
Nach Art. 128 StPO ist die Verteidigung in den Schranken von Gesetz und Standesregeln allein den Interessen der beschuldigten Person verpflichtet. Diese Pflicht wird unter anderem in Art. 12 lit. c BGFA konkretisiert. Danach haben Anwältinnen und Anwälte jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen, zu meiden. Daraus ergibt sich insbesondere ein Verbot der interessenkollidierenden Doppelvertretung: Anwältinnen und Anwälte dürfen nicht in ein und derselben Streitsache Parteien, namentlich Mitbeschuldigte, mit gegenläufigen Interessen vertreten, weil sie sich diesfalls für keine der vertretenen Parteien voll einsetzen könnten (BGE 145 IV 218 E. 2.1; 135 II 145 E. 9.1). Eine unzulässige Doppelvertretung muss nicht zwingend das gleiche Verfahren oder allfällige mit diesem direkt zusammenhängende Nebenverfahren betreffen: Besteht zwischen zwei Verfahren ein Sachzusammenhang, verstossen Rechtsanwältinnen und - anwälte dann gegen Art. 12 lit. c BGFA, wenn sie in diesen Parteien vertreten, deren Interessen nicht gleichgerichtet sind bzw. sich widersprechen (BGE 134 II 108 E. 3; zit. Urteil 1B_528/2021 E. 2.2; Urteil 1B_120/2018 vom 29. Mai 2018 E. 5.3).
Eine bloss theoretische oder abstrakte Möglichkeit des Auftretens gegensätzlicher Interessenlagen reicht indessen nicht aus, um auf eine unzulässige Doppelvertretung zu schliessen. Verlangt wird vielmehr ein sich aus den gesamten Umständen ergebendes konkretes Risiko eines Interessenkonflikts. Umgekehrt ist aber auch nicht erforderlich, dass sich dieser bereits realisiert hat und die Rechtsvertretung ihr Mandat schlecht oder zum Nachteil der Klientschaft ausgeführt hat (BGE 145 IV 218 E. 2.1; zit. Urteil 1B_528/2021 E. 2.2; Urteil 1B_457/2021 vom 28. Oktober 2021 E. 2.1). Bei ihrem Entscheid über die Nichtzulassung bzw. Abberufung von Anwältinnen und Anwälten hat die Verfahrensleitung entsprechenden Interessenkonflikten in jedem Verfahrensstadium vorausschauend Rechnung zu tragen (zit. Urteile 1B_528/2021 E. 2.2 und 1B_457/2021 E. 2.1).
5.
Zu prüfen ist, ob die kantonalen Instanzen ausreichend konkrete Anhaltspunkte für eine unzulässige Interessenkollision der Wahlverteidigerin des Beschwerdeführers vorlegen, welche deren Ausschluss aus dem Strafverfahren STA-Nr. A1 20 3744 rechtfertigen.
Die Staatsanwaltschaft vertritt die Ansicht, die Interessen der beiden separat Beschuldigten in den Verfahren STA-Nr. A1 20 781 und STA-Nr. A1 20 3744 seien "diametral" gegensätzlich. Anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 9. Oktober 2020 habe der Sohn des Beschwerdeführers als Beschuldigter nämlich ausgesagt, dass er von der Sprachnachricht des Beschwerdeführers an die Mutter des Geschädigten zuvor nichts gewusst habe. Auch die Anwältin des Sohnes habe in einem Schreiben vom 26. April 2021 (als dessen amtliche Verteidigerin) ausgeführt, ihr Mandant habe von der fraglichen Sprachnachricht erst anlässlich der Konfrontationseinvernahme Kenntnis erhalten. Wieso dieser Standpunkt den Interessen des Beschwerdeführers in dessen Strafverfahren diametral entgegenlaufen sollte, ist nicht ersichtlich. Dass der Sohn des Beschwerdeführers von dessen erfolgter Einflussnahme bis zur Konfrontationseinvernahme angeblich und unbestrittenermassen nichts gewusst habe, belastet weder den Beschwerdeführer noch seinen Sohn erkennbar.
Nicht gefolgt werden kann auch dem Argument der Staatsanwaltschaft, ein Interessenkonflikt ergebe sich aus der fraglichen Sprachnachricht des Beschwerdeführers, mit der er erklärt habe, sein Sohn habe ihn gebeten, "diesen Schritt nicht zu gehen", da er (der Sohn) "die Sache" mit dem Geschädigten selber vor Gericht habe klären wollen. Die Behauptung des Beschwerdeführers in der Sprachnachricht, sein Sohn habe die Angelegenheit selber klären wollen und keine Einflussnahme des Vaters gewünscht, belastet weder den Beschwerdeführer noch seinen Sohn. Ebenso wenig erscheint damit die Aussage des Sohnes unplausibel, er habe bis zur Konfrontationseinvernahme nicht gewusst, dass sein Vater dennoch (entgegen dem Wunsch des Sohnes) Einfluss genommen habe, nämlich über eine Sprachnachricht an die Mutter des Geschädigten.
Zwar kann der Ansicht der Staatsanwaltschaft zugestimmt werden, dass der Beschwerdeführer mit seiner kolludierenden Einflussnahme nicht im wohlverstandenen Interesse seines Sohnes gehandelt hätte, diese Ansicht begründet aber keine Interessenkollision und keinen gesetzeswidrigen Zielkonflikt bei der Wahlverteidigerin. Diese kann den Beschwerdeführer gegen den Vorwurf des Nötigungs- und Begünstigungsversuches (Sprachnachricht des Beschwerdeführers vom 8. Oktober 2020 an die Mutter des Geschädigten) verteidigen, ohne dass sie die Verteidigung des Sohnes gegen den Vorwurf der versuchten Erpressung (Telefongespräch des Sohnes mit dem Geschädigten vom 12. März 2020) und des Anstaltentreffens zum Handel mit Betäubungsmitteln erkennbar kompromittieren müsste. Es handelt sich um inhaltlich separate und auch zeitlich deutlich auseinanderliegende Vorwürfe, und es liegt hier grundsätzlich im Ermessen der Verteidigerin und ihrer Mandantschaft, ob sie separate Verteidigungen vorziehen oder aber eine koordinierte Verteidigung von Vater und Sohn "aus einer Hand" wünschen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Überlegung der kantonalen Instanzen, der Beschwerdeführer und sein Sohn hätten "beide in erster Linie ein (voneinander unabhängiges) Eigeninteresse am Ausgang des sie jeweils betreffenden Verfahrens". Zwar trifft diese Feststellung zu; sie zielt aber an der hier zu prüfenden Doppelvertretungs-Problematik vorbei: Der Beschwerdeführer hat kein erkennbares Interesse an einer Belastung seines Sohnes bei den Vorwürfen gegen diesen, und der Sohn hat keines an einer Belastung seines Vaters bei den separaten Vorwürfen gegen den Beschwerdeführer. Eine solche Interessenkollision wird auch im angefochtenen Entscheid nicht nachvollziehbar dargetan.
Weiter wird argumentiert, aufgrund der gegenwärtigen Aktenlage müsse davon ausgegangen werden, dass der Sohn des Beschwerdeführers "zwar nichts von der schlussendlich tatsächlich aufgenommenen und versandten Sprachnachricht des Beschwerdeführers gewusst", dieser aber seinen Sohn vorgängig von seinem Vorhaben unterrichtet habe. Wie sich daraus ein Interessenkonflikt für die Verteidigung ergeben könnte, wird im angefochtenen Entscheid nicht plausibel dargetan; dies umso weniger, als die kantonalen Strafbehörden dem Sohn auch keinerlei Beteiligung an der - von ihm ausdrücklich nicht gewünschten - Einflussnahme des Beschwerdeführers vorwerfen.
Dass sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Sohn je ein "besonderes Vertrauensverhältnis" zu ihrer Verteidigerin haben, was sich darin manifestiert, dass der Beschwerdeführer sie als Wahlverteidigerin mandatiert hat und auch der Sohn wünscht, dass sie ihn weiterhin als amtliche Verteidigern vertritt, begründet entgegen der Ansicht der Vorinstanz keine Interessenkollision. Ebenso wenig rechtfertigt es einen Ausschluss, dass die Verteidigerin bei einer Doppelvertretung "Sachverhaltsinformationen" aus beiden Strafverfahren erhielte. Eine ausreichende Akteneinsicht bei inhaltlich konnexen Strafverfahren kann sich im Interesse einer effizienten Verteidigung und eines fairen Verfahrens sogar als geboten erweisen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es der Verteidigerin - selbst bei einer Verweigerung der Doppelvertretung - freistünde, einen Aktenbeizug aus dem anderen Strafverfahren zu beantragen. Auch die Erwägung der Vorinstanz, eine allfällige Strafbarkeit des Beschwerdeführers hänge unter anderem von seinen Beweggründen ab, was bei seiner Verteidigungsstrategie mitzuberücksichtigen sei, rechtfertigt keinen Ausschluss der Wahlverteidigerin.
Schliesslich legen die kantonalen Instanzen auch nicht nachvollziehbar dar, inwiefern es sich "zwingend aufdrängen" sollte, den Sohn des Beschwerdeführers als Gewährsperson zum Vorwurf gegen seinen Vater zu befragen. Dabei scheinen sie zu übersehen, dass der Sohn ohnehin ein gesetzliches Zeugnisverweigerungsrecht geltend machen könnte (Art. 168 Abs. 1 lit. c StPO) und ihn auch als Auskunftsperson grundsätzlich keine durchsetzbare Aussagepflicht träfe (Art. 180 Abs. 1 i.V.m. Art. 178 lit. f StPO). Wohl ist der Hinweis der Vorinstanz zutreffend, dass die Verteidigung potenzielle Gewährspersonen nur unter restriktiven Voraussetzungen kontaktieren dürfte. Der blosse vage Hinweis, dass es grundsätzlich möglich wäre, den Sohn zu den Vorwürfen gegen seinen Vater als Auskunftsperson zu befragen bzw. dass sich gewisse "Fragen" an den Sohn aufdrängten, genügt hier aber für die Begründung eines klaren Interessenkonfliktes der Wahlverteidigung nicht. Dies umso weniger, als die kantonalen Strafbehörden nicht darlegen, inwiefern der Sohn des Beschwerdeführers irgendein Interesse daran haben könnte, als allfällige Gewährsperson seinen Vater zu belasten oder sonstwie entgegen dessen Verfahrensinteressen auszusagen.
Dass die kantonalen Instanzen es dem Beschwerdeführer verwehren, sich durch die Verteidigerin seiner Wahl vertreten und seine Rechtsvertretung mit der seines Sohnes koordinieren zu lassen, verletzt unter den gegebenen Umständen das Recht des Beschwerdeführers auf freie Verteidigerwahl (Art. 129 Abs. 1 StPO, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK).
6.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Wahlverteidigerin des Beschwerdeführers im Strafverfahren STA-Nr. A1 20 3744 zuzulassen (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG).
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem Beschwerdeführer ist für das vorinstanzliche Verfahren und das Verfahren vor dem Bundesgericht antragsgemäss eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 67 und Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil vom 10. März 2022 des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, aufgehoben und Rechtsanwältin Kim Mauerhofer als Wahlverteidigerin des Beschwerdeführers im kantonalen Strafverfahren STA-Nr. A1 20 3744 zugelassen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Nidwalden hat dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren und das Verfahren vor Bundesgericht gesamthaft eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- (pauschal, inkl. MWST) zu entrichten.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Nidwalden, Abteilung I, Allgemeine Delikte, und dem Obergericht des Kantons Nidwalden, Beschwerdeabteilung in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Mai 2023
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Müller
Der Gerichtsschreiber: Forster