2C_588/2023 27.10.2023
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_588/2023
Urteil vom 27. Oktober 2023
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn,
Migrationsamt,
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn.
Gegenstand
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung /
Wegweisung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Solothurn vom 18. September 2023
(VWBES.2023.36, VWBES.2023.37).
Erwägungen:
1.
1.1. A.________ (geb. 1985), kenianische Staatsangehörige, heiratete am 26. Januar 2017 in Solothurn einen Schweizer Bürger (geb. 1972). Am 24. April 2017 erhielt sie eine bis 31. März 2018 gültige Aufenthaltsbewilligung (Familiennachzug mit Erwerbstätigkeit). Diese wurde am 5. Februar 2018 bis 31. März 2019 verlängert.
Mit Urteil vom 27. Februar 2019 bewilligte der zuständige Amtsgerichtstatthalter den Ehegatten das Getrenntleben und stellte fest, dass diese seit dem 31. Dezember 2018 getrennt lebten. Die Ehe wurde mit Urteil vom 4. Oktober 2022 durch das Richteramt Solothurn-Lebern rechtskräftig geschieden.
1.2. Mit Verfügung vom 23. Januar 2023 verlängerte das Migrationsamt des Kantons Solothurn die im Rahmen des Familiennachzugs erteilte Aufenthaltsbewilligung von A.________ infolge Trennung nicht mehr, erteilte ihr keine neue Aufenthaltsbewilligung gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage und wies sie aus der Schweiz weg.
Die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 18. September 2023 ab, soweit es darauf eintrat.
1.3. A.________ gelangt mit einer in französischer Sprache verfassten Eingabe vom 23. Oktober 2023 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Urteils vom 18. September 2023 und die Rückweisung der Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz. Prozessual ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten.
Weil die Eingabe keine eigenhändige Unterschrift trug (Art. 42 Abs. 1 BGG), räumte das Bundesgericht der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. Oktober 2023 eine am 9. November 2023 ablaufende Frist, um diesen Mangel zu beheben.
Am 26. Oktober 2023 ging beim Bundesgericht ein weiteres Schreiben der Beschwerdeführerin vom 24. Oktober 2023 (Postaufgabe) ein. Darin teilt sie dem Bundesgericht mit, dass sie vergessen habe, ihre Beschwerde zu unterzeichnen. Zudem reicht sie die nunmehr eigenhändig unterzeichnete letzte Seite ihrer Eingabe vom 23. Oktober 2023 erneut ein.
Es wurden keine weiteren Instruktionsmassnahmen angeordnet.
2.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Eingabe in französischer Sprache verfasst, wozu sie befugt ist (Art. 42 Abs. 1 BGG). Das bundesgerichtliche Verfahren wird allerdings in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids geführt (Art. 54 Abs. 1 BGG), d.h. im vorliegenden Fall auf Deutsch. Davon abzuweichen besteht vorliegend kein Anlass, da die Beschwerdeführerin nicht behauptet, dass sie die deutsche Sprache nicht beherrscht.
3.
3.1. Nach Art. 42 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen).
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG) und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (BGE 140 III 264 E. 2.3). Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 I 58 E. 4.1.2; 136 I 184 E. 1.2). Dies bedeutet, dass die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, klar und substanziiert aufzeigen muss, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen).
Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung (BGE 140 I 114 E. 3.3.4). Die Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges oder entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat. Dass die von Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen; Urteil 2C_115/2022 vom 9. Juni 2022 E. 2.3).
3.3. Vorliegend hat die Vorinstanz zunächst festgehalten, dass die eheliche Gemeinschaft weniger als drei Jahre gedauert habe, sodass die Beschwerdeführerin aus Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG (SR 142.20) keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung bzw. auf Erteilung einer neuen Bewilligung ableiten könne. Sodann hat das Verwaltungsgericht - unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. u.a. BGE 142 I 152, nicht publ. E. 3.1; 138 II 229 E. 3.1; Urteile 2C_827/2022 vom 31. März 2023 E. 3.2; 2C_498/2022 vom 22. März 2023 E. 4.2) - das Vorliegen wichtiger persönlicher Gründe i.S.v. Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG, so namentlich, ob die Beschwerdeführerin Opfer ehelicher Gewalt gewesen sei, geprüft und verneint. Insbesondere ist es aufgrund einer Gesamtwürdigung der vorgelegten Beweise zum Schluss gelangt, dass die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Vorfälle die für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung aufgrund ehelicher Gewalt geforderte Intensität bei Weitem nicht erreichen würden.
Die Beschwerdeführerin beschränkt sich im Wesentlichen darauf, zu behaupten, sie sei während ihrer Ehe Opfer physischer und psychischer Gewalt gewesen. Sie bringt vor, sie habe im vorinstanzlichen Verfahren entsprechende Beweise vorgelegt und wirft dem Verwaltungsgericht pauschal vor, den Sachverhalt nicht korrekt ermittelt zu haben. Dabei legt sie ihre eigene Sicht der Dinge dar, ohne aufzuzeigen, welche entscheidenden Beweismittel konkret nicht berücksichtigt worden seien. Auch sonst vermag sie mit ihren Ausführungen nicht substanziiert darzutun, dass und inwiefern die Würdigung der ihm vorgelegten Beweise (u.a. Aussagen der Eheleute anlässlich der Eheschutzverhandlung, Amtsbericht der Polizei, ärztliche Berichte und Bestätigungen) durch das Verwaltungsgericht insgesamt willkürlich sein soll (vgl. E. 3.2 hiervor).
Folglich gelingt es der Beschwerdeführerin nicht rechtsgenüglich darzutun, dass die Vorinstanz das Vorliegen ehelicher Gewalt bzw. anderer wichtiger persönlicher Gründe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 BGG in bundesrechtswidriger Weise verneint habe.
3.4. Ein anderweitiger potenzieller Bewilligungsanspruch ist nicht ersichtlich und wird nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht (vgl. BGE 139 I 330 E. 1.1; 136 II 177 E. 1.1). Insbesondere kann die weder sorge- noch obhutsberechtigte Beschwerdeführerin aus ihrer Beziehung zu ihrer minderjährigen Tochter keinen Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 8 Abs. 1 EMRK bzw. 13 Abs. 1 BV ableiten, da ein solcher Anspruch voraussetzt, dass das Kind in der Schweiz lebt (vgl. Urteile 2C_333/2023 vom 22. Juni 2023 E. 2.3; 2C_934/2021 vom 15. Februar 2022 E. 4.3; 2C_163/2021 vom 2. Juni 2021 E. 5.2). Dies ist vorliegend nicht der Fall, zumal ihre Tochter gemäss dem angefochtenen Urteil und nach eigenen Angaben der Beschwerdeführerin deutsche Staatsbürgerin ist, bei ihrem Vater in Deutschland lebt und über kein Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügt.
Keinen Bewilligungsanspruch könnte die Beschwerdeführerin ferner aus dem Schutz ihres Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK) ableiten, da sie sich erst seit April 2017 in der Schweiz aufhält und nichts darauf hinweist, dass sie - trotz der unter zehnjährigen Aufenthaltsdauer - als besonders integriert zu gelten habe (vgl. hierzu BGE 144 I 266 E. 3.5 und 3.9 und BGE 149 I 207 E. 5.3).
3.5. Schliesslich erhebt die Beschwerdeführerin keine substanziierten Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG) bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_24/2022 vom 16. Juni 2022 E. 5.2), sodass es sich nicht rechtfertigt, die Sache unter dem Blickwinkel der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) zu prüfen.
4.
4.1. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten.
4.2. Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, mit welchem lediglich die Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten beantragt wird, gegenstandslos. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 27. Oktober 2023
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov