7B_151/2023 13.10.2023
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_151/2023
Urteil vom 13. Oktober 2023
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichter Hurni, Hofmann,
Gerichtsschreiberin Lustenberger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Gabriel Giess,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Wirtschaftskriminalität,
Rheinstrasse 27, 4410 Liestal.
Beschwerdegegnerin,
B.B.________,
Gegenstand
Ausschluss Parteivertreter,
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 20. März 2023 (470 22 176).
Sachverhalt:
A.
In einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, Hauptabteilung Wirtschaftskriminalität, beantragte der Beschuldigte A.________, B.B.________ sei nicht weiter zur Vertretung der Privatklägerschaft zuzulassen, alle bisherigen Eingaben von B.B.________ seien aus den Akten zu entfernen und die geplanten Einvernahmen seien einstweilen bis zur rechtskräftigen Erledigung der vorstehenden Fragen zu verschieben. Die Staatsanwaltschaft wies diese Anträge mit Verfügung vom 2. November 2022 ab und stellte fest, dass die bereits geplanten und angesetzten Einvernahmen stattfinden würden.
B.
Mit Beschluss vom 20. März 2023 wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft die Beschwerde von A.________ gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 2. November 2022 ab.
C.
A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht und verlangt, der Beschwerdeentscheid sei aufzuheben und der Vertreter des Privatklägers, B.B.________, sei von der Parteivertretung in diesem Fall auszuschliessen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an das Kantonsgericht Basel-Landschaft zurückzuweisen.
Das Kantonsgericht und die Staatsanwaltschaft beantragen in ihren Vernehmlassungen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, B.B.________ beantragt Nichteintreten, eventualiter die Abweisung, soweit auf die Beschwerde einzutreten ist. Der Beschwerdeführer hat repliziert.
Es wurden die kantonalen Akten eingeholt.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 148 IV 155 E. 1.1; 143 IV 357 E. 1; je mit Hinweisen).
1.1. Gegen den angefochtenen kantonal letztinstanzlichen Entscheid steht die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der am vorinstanzlichen Verfahren beteiligte Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person zudem gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG grundsätzlich zur Beschwerdeführung berechtigt. Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren indes nicht ab. Es handelt sich daher um einen Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 und Art. 93 BGG angefochten werden kann. Danach ist die Beschwerde insbesondere zulässig, wenn der angefochtene, selbstständig eröffnete Zwischenentscheid die Zuständigkeit oder ein Ausstandsbegehren betrifft (Art. 92 BGG), wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
1.2. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich im Bereich der Beschwerde in Strafsachen um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar ist (BGE 147 IV 188 E. 1.3.2; 144 IV 127 E. 1.3.1, 321 E. 2.3; 141 IV 289 E. 1.2). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 144 IV 321 E. 2.3; 136 IV 92 E. 4). Diese Regelung stützt sich auf die Verfahrensökonomie. In seiner Funktion als oberstes Gericht soll sich das Bundesgericht grundsätzlich nur ein Mal mit einem Verfahren beschäftigen müssen, und dies nur dann, wenn sicher ist, dass der Beschwerdeführer tatsächlich einen endgültigen Nachteil erleidet (BGE 148 IV 155 E. 1.1). Die beschwerdeführende Person muss, wenn das nicht offensichtlich ist, im Einzelnen darlegen, inwiefern ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur drohen soll (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 155 E. 1.1; 141 IV 284 E. 2.3; je mit Hinweisen).
1.3. Vorliegend wird die Nichtzulassung von B.B.________ als Parteivertreter des Privatklägers im Untersuchungsverfahren der Staatsanwaltschaft verlangt. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, dass es sich beim angefochtenen Beschluss um die Zuständigkeit oder ein Ausstandsbegehren betreffenden Zwischenentscheid handelt, sondern um einen anderweitigen Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG angefochten werden kann. Die Variante von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt dabei unbestrittenermassen ausser Betracht.
Der Beschwerdeführer wirft dem nicht als Anwalt zugelassenen B.B.________ vor, er habe im kantonalen Strafverfahren "aus vertraulichen Vergleichsgesprächen zitiert, was mit Blick auf den analog anwendbaren Art. 26 der Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbands (SAV) und gestützt darauf gemäss Art. 12 lit. a des Anwaltsgesetzes vom 23. Juni 2000 (BGFA; SR 935.61) nicht zulässig" sei. Der Beschwerdeführer habe demnach ein rechtlich geschütztes Interesse daran, dass der Rechtsverteter des Privatklägers sich ebenfalls an die Standesregeln und das BGFA halten muss. Es könne jedenfalls nicht angehen, dass der Beschwerdeführer einem Privatklägervertreter gegenüberstehe, "der ausser Rand und Band agiert". Weiter komme hinzu, dass die Ehefrau und Bürokollegin von B.B.________, die Advokatin C.B.________, den Privatkläger zuerst gegenüber dem Beschwerdeführer vertreten habe. Diese sei seit dem Jahr 2000 Richterin am Strafgericht Basel-Landschaft und seit 2010 Vizepräsidentin dieses Gerichts. Sie sei daher gemäss § 34 Abs. 4 des Gerichtsorganisationsgesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 3. Juni 2015 (GOG/BS; SG 154.100) nicht befugt, eine Parteivertretung im Strafrecht im Kanton Basel-Landschaft zu übernehmen. Zudem sei sie seit 2018 Mitglied der Fachkommission Aufsicht Staatsanwaltschaft und Jugendanwaltschaft Basel-Landschaft. Auch in dieser Funktion sei eine Parteivertretung in einem staatsanwaltschaftlichen Untersuchungsverfahren nicht vereinbar. Dass sie über das laufende Verfahren im Bilde sei und von ihrem Ehemann darüber informiert werde, scheine offensichtlich. Durch diese "Doppelfunktion als Aufsichtsperson über die Staatsanwaltschaft, Strafrichterin und Quasi-Parteivertreterin eines Privatklägers" sei die Gefahr offensichtlich, dass die Staatsanwaltschaft sich unter Druck gesetzt fühle, tendenziell die Interessen des Privatklägers höher zu gewichten als diejenigen des Beschwerdeführers. Eine solche Vermischung von Ämtern und Funktionen sei rechtsstaatlich hoch problematisch und garantiere kein faires Verfahren. Dies führe zu einem nicht wiedergutzumachenden Nachteil.
1.4. Mit diesen Ausführungen behauptet der Beschwerdeführer zwar durchaus Nachteile, aber eben nicht solche, die mit einem für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar wären. Alle behaupteten Mängel kann der Beschwerdeführer nämlich auch noch im erst- oder zweitinstanzlichen Erkenntnisverfahren rügen, so dass diese - wenn sie denn wirklich bestünden - ihm letztendlich keinen nicht wieder gutzumachtenden Nachteil bescherten. Prozessuale Gründe, die dafür sprechen, die streitige Frage nach der Zulässigkeit der Parteivertretung durch B.B.________ sofort, d.h. noch im Vorverfahren, höchstrichterlich zu prüfen, sind damit nicht ersichtlich.
2.
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig, weshalb darauf nicht eingetreten wird. Bei diesem Ergebnis kann die vom Beschwerdeführer replikhalber aufgeworfene Frage, ob die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ans Bundesgericht die formellen Voraussetzungen erfüllt, offenbleiben.
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, B.B.________, der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 13. Oktober 2023
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger