1C_401/2023 05.04.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_401/2023
Urteil vom 5. April 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix,
nebenamtliche Bundesrichterin Petrik,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Herr Michael Fretz und/oder
Frau Giulia Spirig,
gegen
Gemeinderat Pfaffnau,
Dorfstrasse 20, 6264 Pfaffnau,
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hess,
Gegenstand
Bau- und Planungsrecht,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 12. Juni 2023 (7H 22 209).
Sachverhalt:
A.
Die Einwohnergemeinde Pfaffnau bewilligte der A.________ AG am 25. Juni 2013 den Neubau eines Mehrfamilienhauses auf der Parzelle GB Pfaffnau Nr. 1410 (Liegenschaft Sagenstrasse 23) mit Autoeinstellhalle auf der Parzelle GB Pfaffnau Nr. 1422. Am 27. Oktober 2015 bewilligte sie ihr den Neubau eines weiteren Mehrfamilienhauses auf der Parzelle GB Pfaffnau 1423 (Liegenschaft Sagenstrasse 21).
Am 10. Juli 2018 verpflichtete die Gemeinde Pfaffnau die A.________ AG bezüglich der auf den Grundstücken GB Pfaffnau Nrn. 1410, 1422 und 1423 bewilligten und jedenfalls teilweise realisierten Bauten u.a. zur Erstellung und Einreichung von Unterlagen - Umgebungsplan, Parkplatznachweis, Längsprofil, statische Nachweise (Dispositiv-Ziffer 1) - und zur Vornahme der folgenden baulichen Massnahmen: Montage Einstellhallentor (Dispositiv-Ziffer 3), Belagsflick (Dispositiv-Ziffer 4), Ersatz von Randsteinen (Dispositiv-Ziffer 6) und Montage eines Strassenkandelabers (Dispositiv-Ziffer 7). Das Kantonsgericht hiess die von der A.________ AG dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 14. Juni 2019 (ZH 18 180) teilweise gut. Es hob Dispositiv-Ziffer 1 soweit die A.________ AG zur Erstellung eines Längsprofils verpflichtet wurde und die Dispositiv-Ziffern 6 und 7 auf und wies die Sache insoweit im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück zu weiteren Abklärungen und zur Durchführung eines Verfahrens nach dem kantonalen Strassengesetz. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war. Auf eine dagegen gerichtete Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 1C_431/2019 vom 19. November 2019).
Bezüglich der realisierten Neubauten auf den Grundstücken Sagenstrasse 21 und 23 führte die B.________ AG am 8. Juni 2022 eine Schlussabnahme durch. Zudem erstellten die Fachstelle Hindernisfrei Bauen Luzern und die Gebäudeversicherung Luzern Abnahmeberichte. Mit Verfügung vom 23. August 2022 ordnete die Einwohnergemeinde Pfaffnau an, die A.________ AG habe die dabei festgestellten Mängel zu beheben und eine Reihe von Plänen bzw. Nachweisen zum Zwecke der Überprüfung der Rechtskonformität vorzulegen.
Dagegen erhob die A.________ AG am 12. September 2022 Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragte die Aufhebung vorgenannter Verfügung, eventualiter die Rückweisung zur Durchführung eines ordnungsgemässen Verfahrens. Das Kantonsgericht Luzern hiess die Beschwerde mit Urteil vom 12. Juni 2023 teilweise - mit Bezug auf die Montage von Hauseingangstüren an beiden Mehrfamilienhäusern - gut. Im Übrigen (bezüglich Einbau von Garagentoren, Nachweis über die Grösse und Markierung der Parkfelder, Nachweis bezüglich Sichtfelder und Unterlagen zur Entwässerung) wies es die Beschwerde ab und verpflichtete die A.________ AG, die mit dem Entscheid des Gemeinderats Pfaffnau vom 23. August 2022 einverlangten Unterlagen innert 30 Tagen ab Rechtskraft seines Urteils einzureichen und die dort erwähnten Mängel - mit Ausnahme der Montage von Hauseingangstüren bei den Häusern Sagenstrasse 21 und 23 - innert gleicher Frist zu beheben.
B.
Dagegen erhebt die A.________ AG mit Eingabe vom 18. August 2023 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Angelegenheit sei zur Sachverhaltsabklärung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt sie, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Das Kantonsgericht Luzern bestreitet den Vorwurf der unrichtigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Einwohnergemeinde Pfaffnau beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführerin hat dazu Stellung genommen und hält an ihren Begehren fest.
Das Bundesgericht hat das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung mit Präsidialverfügung vom 11. September 2023 abgewiesen.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Entscheid im Bereich des Baurechts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, ist als Adressatin des Entscheids nach Art. 89 Abs. 1 BGG besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung, womit sie zur Beschwerde berechtigt ist.
1.2.
1.2.1. Die Verfügung der Gemeinde vom 23. August 2022 erging im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands. In einer Reihe von Punkten ordnete die Gemeinde die Wiederherstellung direkt an, so insbesondere in Bezug auf die Montage der Garagentore. Insoweit wurde das Verfahren abgeschlossen und handelt es sich beim Urteil des Kantonsgerichts deshalb um einen nach Art. 90 BGG beim Bundesgericht anfechtbaren Endentscheid.
1.2.2. In weiteren Punkten verpflichtete die Gemeinde die Beschwerdeführerin dagegen erst, gewisse Nachweise zu erbringen bzw. Pläne einzureichen. Eine abschliessende Prüfung der Voraussetzungen der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands steht in dieser Hinsicht noch aus. Dies betrifft die übrigen von der Beschwerdeführerin beanstandeten Anordnungen, nämlich die Pflicht, die erforderlichen Sichtfelder und die Einhaltung der VSS-Norm betreffend die Parkfelder nachzuweisen und einen Plan des ausgeführten Werks zur Entwässerung einzureichen. Insoweit handelt es sich beim angefochtenen Entscheid um einen Zwischenentscheid, gegen den gemäss Art. 93 BGG die Beschwerde nur dann zulässig ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b).
1.2.2.1. Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet zudem aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Diese Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2). Dabei obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (BGE 148 IV 155 E. 1.1 mit Hinweisen; 142 V 26 E. 1.2). Die Beschwerdeführerin äussert sich allerdings nicht zu den Voraussetzungen von Art. 93 BGG und es ist auch nicht offensichtlich, dass ihr aufgrund der Pflicht, gewisse Nachweise zu erbringen und Pläne vorzulegen, ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstünde oder mit diesbezüglicher Gutheissung der Beschwerde sofort ein Endentscheid herbeiführbar wäre. Auf die Beschwerde ist deshalb in diesen Punkten nicht einzutreten.
1.2.2.2. Damit ist auch nicht auf die Rüge der Beschwerdeführerin einzugehen, die genannten Anordnungen zu den Sichtfeldern, den Parkfeldern und der Entwässerung seien ohne Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen ergangen und es wäre unverhältnismässig, wenn sie die Parkfelder neu anordnen müsste. Wie oben ausgeführt, hat die Gemeinde eine Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands in dieser Hinsicht noch nicht angeordnet, sondern sich eine solche Anordnung lediglich vorbehalten. Auch auf die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung ist demnach nicht einzugehen (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang lediglich, dass die Beschwerdeführerin die Pläne zum Untergeschoss und zur Kanalisation, die sich ihrer Auffassung nach möglicherweise nicht bei den Akten befinden, erforderlichenfalls im weiteren Verfahren vor der Gemeinde einreichen kann. Dies betrifft insbesondere den Plan 07_BE_001 IndexA "Baueingabe/ Planänderung UG (revidiert) " vom 22. Juni 2015, bewilligt am 27. Oktober 2015, welcher soweit aus dem eingereichten Plankopf ersichtlich nicht mit dem Plan Nr. 07_BE_001 Index "Untergeschoss" vom 22. Juni 2015 (vi.Bel. 8.2), auf welchen die Vorinstanz gemäss E. 7.3.3 ihres Entscheids abgestellt hat, übereinstimmt und sich prima vista tatsächlich nicht in den Vorakten befindet.
1.3. In der Begründung der Beschwerde ist weiter in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht, prüft das Bundesgericht nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Insofern gelten qualifizierte Begründungsanforderungen. Soweit diese nicht eingehalten sind, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (zum Ganzen: BGE 147 II 44 E. 1.2; 145 I 26 E. 1.3; je mit Hinweisen).
Zur Pflicht, Garagentore zu montieren, bringt die Beschwerdeführerin vor, auf diese könne verzichtet werden, da es keine Norm gebe, die sie dazu verpflichte. Das Kantonsgericht legte in dieser Hinsicht unter Verweis auf sein früheres Urteil vom 14. Juni 2019 dar, der Verzicht auf die in den bewilligten Plänen vorgesehenen Tore würde gegen das Eingliederungsgebot von § 140 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 7. März 1989 (PBG; SRL 735) verstossen. Auf diese Begründung geht die Beschwerdeführerin mit keinem Wort ein, weshalb auf ihre Beschwerde auch in dieser Hinsicht nicht einzutreten ist.
2.
Einzig soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Liegenschaft mittlerweile verkauft zu haben, weshalb die aktuellen Eigentümer ins Verfahren einbezogen werden müssten, erfüllt die Beschwerde die Sachurteilsvoraussetzungen. Der angefochtene Entscheid erweist sich allerdings in dieser Hinsicht nicht als willkürlich, wie aus dem bereits von der Vorinstanz zitierten BGE 107 Ia 19, welcher dieselbe Sachverhaltskonstellation betrifft, ohne Weiteres hervorgeht. Danach ist es unter den vorliegenden Umständen bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn einzig die Verhaltensstörerin (die Beschwerdeführerin) ins Recht gefasst wurde, die Zustandsstörer (die aktuellen Eigentümer) diesbezüglich hingegen nicht adressiert wurden. Das kann zwar dazu führen, dass die Verfügung nicht vollstreckt werden kann, wenn nämlich die Eigentümer dem Eingriff nicht zustimmen. Damit fällt auch eine Bestrafung nach Art. 292 StGB ausser Betracht. Die Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands (hier: Montage von zwei Garagentoren) ist deshalb jedoch nicht rechtswidrig. Das Vollstreckungshindernis ist jedoch erforderlichenfalls durch die zuständige Behörde zu beseitigen, indem sie gegenüber den Verfügungsberechtigten, die ihre Zustimmung verweigern, eine Duldungsverfügung erlässt (a.a.O., E. 2c mit Hinweisen).
3.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Pfaffnau und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 5. April 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Der Gerichtsschreiber: Dold