8C_608/2023 10.07.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_608/2023
Urteil vom 10. Juli 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterin Viscione,
Bundesrichter Métral,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrik Gruber,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Freiburg, Impasse de la Colline 1, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Arbeitsfähigkeit, Invalidenrente),
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 21. August 2023 (605 2022 187).
Sachverhalt:
A.
Die 1982 geborene A.________ meldete sich am 9. Oktober 2017 unter Hinweis auf starke Rückenschmerzen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Freiburg nahm erwerbliche und medizinische Abklärungen vor und holte namentlich das bidisziplinäre orthopädisch-neurologische Gutachten der ABI Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH, Basel, vom 26. Oktober 2020 ein. Nach dem Einwand gegen den Vorbescheid vom 3. Februar 2021 veranlasste sie zusätzlich eine bidisziplinäre psychiatrisch-neuropsychologische Begutachtung bei der B.________ GmbH (Gutachten vom 23. August 2021). Gestützt auf die beiden Gutachten sprach die IV-Stelle A.________ nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 4. Oktober 2022 ab 1. Mai 2018 eine Dreiviertelsrente und ab 1. November 2018 eine Viertelsrente zu.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Kantonsgericht Freiburg mit Urteil vom 21. August 2023 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, in Aufhebung des kantonalen Urteils seien ihr eine ganze Rente ab 1. Mai 2018 bis mindestens 29. Januar 2020 sowie mindestens eine halbe Rente ab 30. Januar 2020 zuzusprechen. Eventualiter sei die Arbeitsunfähigkeit durch ein neues polydisziplinäres Gutachten festzulegen; subeventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die IV-Stelle, das Kantonsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung; in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür ein (siehe zum Willkürbegriff: BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 V 194 E. 6.3.1), insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Derartige Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2). Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern. Das Bundesgericht prüft die Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung des Sachverhalts gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur, soweit sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil geht es nicht ein (BGE 148 IV 205 E. 2.6; 147 IV 74 E. 4.1.2 i.f.; je mit Hinweisen).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie der Beschwerdeführerin in Bestätigung der Verfügung vom 4. Oktober 2022 (lediglich) einen Anspruch auf eine Dreiviertelsrente ab 1. Mai 2018 und auf eine Viertelsrente ab 1. November 2018 zusprach.
Umstritten sind dabei die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin in einer angepassten Tätigkeit sowie deren Einschränkungen im Aufgabenbereich Haushalt, namentlich die Berücksichtigung einer Schadenminderungspflicht durch Mithilfe von Familienangehörigen. Nicht bestritten sind der Zeitpunkt des Rentenbeginns, die Anwendung der gemischten Methode zur Ermittlung des Invaliditätsgrades, die diesbezügliche Aufteilung in 60 % Erwerbstätigkeit und 40 % Haushaltstätigkeit sowie die konkrete Berechnung des Invaliditätsgrades.
3.
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Rentenanspruchs der Beschwerdeführerin nach Gesetz und Rechtsprechung massgebenden Grundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.
4.1. Die Vorinstanz mass den Gutachten der ABI vom 26. Oktober 2020 und der B.________ GmbH vom 23. August 2021 vollen Beweiswert zu. Gestützt darauf ging sie mit der IV-Stelle infolge der Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit (hauptsächlich chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom und chronische Schmerzstörung mit somatischen sowie psychischen Faktoren) davon aus, dass die Beschwerdeführerin bei Ablauf der einjährigen Wartefrist am 12. Mai 2018 nach wie vor vollumfänglich arbeitsunfähig gewesen sei. Ab August 2018, sechs Monate nach der letzten Rückenoperation, habe sich der Gesundheitszustand verbessert und es sei in einer optimal angepassten Tätigkeit von einer zumutbaren Präsenzzeit von 80 % mit einer zusätzlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit von 20 %, mithin von einer Arbeitsfähigkeit von 64 %, auszugehen. Das kantonale Gericht zeigte sodann auf, dass weder die Berichte der behandelnden Ärztinnen und Ärzte noch diejenigen des Zentrums für Schmerzmedizin C.________ oder des Spitals D.________ Zweifel an den beiden Gutachten zu erwecken vermochten.
4.2. Bezüglich Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt stützte sich die Vorinstanz mit der IV-Stelle auf den Abklärungsbericht Haushalt vom 10. Januar 2022 ab. Sie legte dar, dass eine Schadenminderungspflicht durch die Mithilfe Familienangehöriger zu berücksichtigen sei, und unterschied entsprechend der Konstellation des Zusammenlebens in drei Perioden. So wurden für die Zeit bis April 2019 - Zusammenleben mit damaligem Lebenspartner und vier Kindern in Doppelhaushälfte - eine Einschränkung von 21.02 %, von Mai 2019 bis Oktober 2020 - Beschwerdeführerin alleine mit den Kindern - eine Einschränkung von 23.34 % und ab Oktober 2020 - Zusammenleben mit neuem Lebenspartner und den beiden jüngeren Kindern in Wohnung - eine Einschränkung von 18.75 % festgestellt.
4.3. Das kantonale Gericht bestätigte schliesslich die in Anwendung der gemischten Methode (Erwerbstätigkeit 60 %, Haushaltstätigkeit 40 %) ermittelten Invaliditätsgrade von gerundet 68 % ab 1. Mai 2018, 41 % ab 1. August 2018, 43 % ab 1. Mai 2019 und 41 % ab 1. Oktober 2020 sowie den daraus resultierenden Anspruch auf eine Dreiviertelsrente ab 1. Mai 2018 und auf eine Viertelsrente ab 1. November 2018 (drei Monate nach Verbesserung des Gesundheitszustandes).
5.
Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, ist offensichtlich unbegründet:
5.1. Die Ausführungen in der Beschwerde beschränken sich grösstenteils auf eine wörtliche Wiederholung des bereits im kantonalen Verfahren Vorgebrachten, dies in etwas abgeänderter Reihenfolge, sowie auf unzulässige appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil, indem erneut die eigene Sichtweise wiedergegeben wird, ohne sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen zu befassen (vgl. dazu BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweis).
5.1.1. Soweit die Beschwerdeführerin bezüglich Arbeitsfähigkeit im mit 60 % gewichteten Bereich Erwerbstätigkeit wiederum das Abstellen auf die Gutachten der ABI vom 26. Oktober 2020 und der B.________ GmbH vom 23. August 2021 rügt, ist darauf hinzuweisen, dass auch für das kantonale Gericht nach Art. 44 ATSG eingeholte, den Anforderungen der Rechtsprechung genügende Administrativgutachten verbindlich sind, sofern nicht konkrete Indizien gegen deren Zuverlässigkeit sprechen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 125 V 351 E. 3b/bb; vgl. auch BGE 135 V 465 E. 4.4 sowie Urteil 8C_156/2023 vom 26. Januar 2024 E. 4.1 mit Hinweisen).
5.1.2. Das kantonale Gericht würdigte die medizinische Aktenlage einlässlich, sorgfältig und pflichtgemäss und legte überzeugend dar, dass die beiden bidisziplinären Gutachten die rechtsprechungsgemässen Anforderungen an eine beweistaugliche Entscheidungsgrundlage erfüllen. Es zeigte auf, dass bis Ende Juli 2018 von einer 100%igen Einschränkung im Bereich Erwerbstätigkeit und ab 1. August 2018 von einer Arbeitsfähigkeit von 64 % auszugehen sei.
Soweit die Beschwerdeführerin erneut das Fehlen einer gemeinsamen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch die beiden Gutachterstellen rügt, zeigte das kantonale Gericht zutreffend auf, dass die Gutachter der ABI eine angepasste Tätigkeit als ganzzeitig zumutbar erachteten unter einem vermehrten Pausenbedarf von 10 %, während die Gutachter der B.________ GmbH aufgrund eines vermehrten Pausenbedarfs von einer Präsenzzeit von 80 % und einer zusätzlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit aus psychiatrischer und neuropsychologischer Sicht von 20 % ausgingen. Es erwog daher willkürfrei, dass die reduzierte Leistungsfähigkeit von 10 % gemäss ABI-Gutachten nicht zu der um 36 % reduzierten Arbeits- und Leistungsfähigkeit gemäss dem Gutachten der B.________ GmbH zu addieren sei, dies, weil sich die jeweils attestierten Reduktionen der Leistungsfähigkeit in einem vermehrten Pausenbedarf überschneiden.
5.1.3. Die Vorinstanz stellte sodann ebenfalls willkürfrei fest, dass bezüglich Arbeitsfähigkeit den von der Beschwerdeführerin erneut angerufenen, bereits im Beschwerdeverfahren aufgelegten Berichten der behandelnden Ärztinnen und Ärzte des Zentrums für Schmerzmedizin sowie des Inselspitals keine Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Gutachten entnommen werden konnten. Zu Recht wies das kantonale Gericht zudem auf den Unterschied zwischen Behandlungs- und Begutachtungsauftrag hin, dem im Zusammenhang mit unterschiedlichen ärztlichen Einschätzungen Rechnung zu tragen ist (BGE 125 V 351 E. 3b/cc; Urteil 9C_530/2022 vom 10. Mai 2023 E. 2.2). Der Umstand, dass die von der Vorinstanz gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der Beschwerdeführerin übereinstimmen, belegt - wie in E. 1.2 hiervor gezeigt - keine Willkür.
5.1.4. Bei gegebener Ausgangslage konnte und kann in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 144 V 361 E. 6.5) willkürfrei auf zusätzliche Abklärungen verzichtet werden.
5.2. Was den mit 40 % gewichteten Bereich Haushaltstätigkeit anbelangt, rügt die Beschwerdeführerin erneut die im Rahmen der Schadenminderungspflicht berücksichtigte Mithilfe Familienangehöriger. Da sie sich jedoch auch diesbezüglich auf eine weitestgehend wörtliche Wiederholung des bereits im kantonalen Verfahren Vorgetragenen beschränkt, kann ohne Weiterungen auf die diesbezüglichen zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil (E. 5.1 f.) verwiesen werden.
5.3. Gegen die konkrete Berechnung der Invaliditätsgrade und die sich daraus ergebende Rentenabstufung erhebt die Beschwerdeführerin - wie bereits im kantonalen Verfahren - keine Einwände, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist (vgl. E. 1.2 hiervor).
5.4. Zusammenfassend lassen die Einwendungen der Beschwerdeführerin weder die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig, als Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen, noch zeigen sie sonstwie eine Bundesrechtsverletzung auf (vgl. E. 1 hiervor). Beim angefochtenen Urteil hat es mithin sein Bewenden.
6.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid erledigt wird.
7.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 10. Juli 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch