8C_678/2023 08.08.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_678/2023
Urteil vom 8. August 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Loher,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Ausstand),
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 6. September 2023 (VBE.2023.31).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________, geboren 1970, war seit 1. Januar 2014 beim Spital B.________ als Mitarbeiter Sicherheitsdienst beschäftigt und dadurch bei der AXA Versicherungen AG (nachfolgend: AXA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Bei einem Auffahrunfall auf dem Arbeitsweg mit seinem Motorrad zog er sich am 25. Mai 2014 eine Patellafraktur am rechten Knie zu. Am 22. August 2014 verletzte er sich bei einem Treppensturz anlässlich eines Rundgangs auf dem Gelände des Arbeitgebers an der linken Schulter, am linken Knie sowie am linken, bereits durch einen früheren Motorradunfall im Jahr 1993 vorgeschädigten oberen Sprunggelenk.
Im Mai 2015 meldete sich A.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau holte ein Gutachten der MEDAS Zentralschweiz vom 5. Januar 2018 unter Einbezug einer neurologischen, einer orthopädischen sowie einer psychiatrischen Abklärung mit Ergänzung vom 19. Juli 2018 ein. Auf Empfehlung von Dr. med. C.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie FMH, vom Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) verfügte die IV-Stelle am 5. Februar 2019 eine erneute orthopädische Begutachtung durch die Polydisziplinäre Begutachtungsstelle MEDAS Neurologie Toggenburg. Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde mit dem Einwand der unzulässigen Anordnung einer "second opinion" wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 9. Mai 2019 ab.
A.b. Gestützt auf das orthopädische Gutachten der MEDAS Neurologie Toggenburg vom 11. September 2019 lehnte die IV-Stelle einen Anspruch auf eine Invalidenrente mit Verfügung vom 5. Dezember 2019 ab. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 21. August 2020 teilweise gut. Es hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache zur ergänzenden neurologischen Abklärung an die IV-Stelle zurück.
A.c. Zwischenzeitlich hatte die AXA A.________ für die Folgen der beiden Unfälle vom 25. Mai und 22. August 2014 mit Verfügung vom 21. August 2018 ab 1. November 2017 eine Invalidenrente unter Annahme eines Invaliditätsgrades von 100 % sowie eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 10 % am rechten Knie, 12,5 % an der linken Schulter sowie 12,5 % am linken Sprunggelenk zugesprochen. Nach Kenntnisnahme des Gutachtens der MEDAS Neurologie Toggenburg sowie der Verfügung der IV-Stelle vom 5. Dezember 2019 setzte sie den Rentenanspruch ihrerseits mit Verfügung vom 24. Juli 2020 und Einspracheentscheid vom 4. Dezember 2020 per 1. September 2020 herab unter Zugrundelegung des von der IV-Stelle auf 22 % festgesetzten Invaliditätsgrades. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hiess die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 28. Januar 2022 gut und hob den Einspracheentscheid vom 4. Dezember 2020 auf. Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde der AXA hin mit Urteil 8C_137/2022 vom 22. Februar 2023.
A.d. Die IV-Stelle holte nach der Rückweisung der Sache durch das Versicherungsgericht mit Urteil vom 21. August 2020 ein Gutachten der Medexperts AG, St. Gallen, mit orthopädischer und neurologischer Untersuchung vom 23. September 2021 ein und stellte auf Antrag von A.________ Ergänzungsfragen, die am 13. April 2022 beantwortet wurden. Mit Verfügung vom 2. Dezember 2022 ordnete sie gestützt auf die Stellungnahmen des Dr. med. C.________ vom 28. Juni und vom 17. September 2022 entgegen den Einwänden von A.________ eine erneute bidisziplinäre orthopädische und neurologische Begutachtung durch das Universitätsspital Basel, Asim, an. Gleichzeitg lehnte sie das von A.________ gestellte Ausstandsbegehren gegen Dr. med. C.________ ab.
B.
A.________ erhob gegen diese Verfügung vom 2. Dezember 2022 Beschwerde. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau trat darauf mit Urteil vom 6. September 2023 nicht ein, soweit die Beschwerde die angeordnete Begutachtung betraf. Bezüglich des gestellten Ausstandsbegehrens wies es die Beschwerde ab.
C.
A.________ lässt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und erneuert sein Begehren auf Feststellung der Befangenheit des Dr. med. C.________.
Nach Beizug der vorinstanzlichen Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel.
Erwägungen:
1.
Vor Bundesgericht streitig ist allein noch, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie das Ausstandsbegehren gegen den RAD-Arzt Dr. med. C.________ ablehnte.
Soweit hier angefochten, bezieht sich das kantonale Urteil somit ausschliesslich auf die Frage des Ausstands eines Sachverständigen. Gestützt auf Art. 92 BGG ist auf die Beschwerde gegen diesen Zwischenentscheid einzutreten (SVR 2020 UV Nr. 10 S. 35, 8C_62/2019 vom 9. August 2019 E. 2.1 mit Hinweis).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).
2.
Das kantonale Gericht hat die im Sozialversicherungsverfahren geltende Ausstandsregelung von Art. 36 ATSG und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 137 V 210 E. 2.1.3; SVR 2021 IV Nr. 79 S. 266, 8C_296/2021 E. 3.2 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. Zu ergänzen ist, dass die gesetzlichen Ausstandsgründe zu den Einwendungen formeller Natur zählen. Sie sind geeignet, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erwecken. Einwendungen materieller Natur können sich zwar ebenfalls gegen die Person des Gutachters richten. Sie beschlagen jedoch nicht dessen Unparteilichkeit. Oft sind sie von der Sorge getragen, das Gutachten könne mangelhaft ausfallen oder jedenfalls nicht im Sinne der zu begutachtenden Person. Solche Einwendungen sind in der Regel mit dem Entscheid in der Sache im Rahmen der Beweiswürdigung zu behandeln (BGE 148 V 225 E. 3.3; 132 V 93 E. 6.5).
3.
Gemäss Vorinstanz bestehen keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Dr. med. C.________. Insbesondere lasse sich aus seinen Ausführungen nicht darauf schliessen, dass er sich bereits eine feste Meinung über den Ausgang des Verfahrens gebildet habe. Das kantonale Gericht hielt im Einzelnen auf die Einwände des Beschwerdeführers hin fest, dass auf die orthopädische Beurteilung der MEDAS Zentralschweiz durch Prof. Dr. med. D.________ gemäss seinem Urteil vom 21. August 2020 nicht habe abgestellt werden können. Wenn Dr. med. C.________ in seiner Stellungnahme vom 28. Juni 2022 darauf Bezug genommen habe, könne daraus keine Befangenheit abgeleitet werden. Gleiches gelte insoweit, als der RAD-Arzt in seiner Stellungnahme vom 1. Februar 2021 in Nachachtung der vorinstanzlichen Beurteilung vom 21. August 2020 empfohlen habe, nicht nur eine neurologische, sondern zusätzlich erneut auch eine orthopädische Begutachtung anzuordnen. Eine unzulässige Befangenheit sei daraus nicht abzuleiten.
Inwiefern das kantonale Gericht damit offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen oder die zu beachtenden Grundsätze über den Ausstand verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer erneuert seine vor der Vorinstanz vorgetragenen und von dieser bereits entkräfteten Einwände. Sie zielen allesamt auf eine materielle Kritik an den Stellungnahmen und Empfehlungen des RAD-Arztes ab. Dass die Äusserungen des Dr. med. C.________ nicht sachlich gewesen wären, wird beschwerdeweise nicht geltend gemacht. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer mit der Anordnung der mehrfachen Begutachtung und mit den zu seinen Ungunsten ausgefallenen Expertisen nicht einverstanden war, vermag keine Befangenheit des Dr. med. C.________ im Sinne der im vorliegenden Verfahren allein überprüfbaren formellen Ausstandsfrage zu begründen. Das Ausstandsbegehren dient grundsätzlich nicht dazu, die medizinische Einschätzung des RAD zu kritisieren. Ob und inwiefern die von der IV-Stelle angeordneten Gutachten durch die Gerichte als beweiskräftig zu qualifizieren seien, ist in diesem Stadium und insbesondere im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen.
4.
Die Beschwerde erweist sich damit als offensichtlich unbegründet. Sie wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid erledigt.
5.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 8. August 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo