9C_772/2023 19.08.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_772/2023
Urteil vom 19. August 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichterin Scherrer Reber,
Gerichtsschreiber Matter.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Melchior Schläppi,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kanton Bern, handelnd durch die Direktion für Inneres und Justiz, Münstergasse 2, 3011 Bern,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Handänderungssteuer des Kantons Bern,
Steuerperiode 2017,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7. November 2023 (100.2020.377U).
Sachverhalt:
A.
A.a. Mit Kaufvertrag vom 24. November 2017 erwarb die A.________ AG das unmittelbar an ihr bestehendes Verwaltungsgebäude angrenzende Grundstück U.________ Gbbl. Nr. xxx zum Preis von 11 Mio. Franken. Der beurkundende Notar deklarierte dabei die Handänderungssteuer mit Fr. 0.-, da eine gesetzliche Ausnahme von der Steuerpflicht gegeben sei.
A.b. Das Grundbuchamt V.________ verneinte mit Veranlagungsverfügung vom 9. Januar 2018 das Vorliegen einer Ausnahme von der Steuerpflicht und setzte die Handänderungssteuer auf Fr. 198'000.- fest.
B.
Nach erfolgloser Einsprache gelangte die A.________ AG an die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern (JGK; heute: Direktion für Inneres und Justiz; DIJ), die das Rechtsmittel mit Entscheid vom 7. September 2020 abwies, soweit sie darauf eintrat. In der Folge erhob die Gesellschaft Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht, welche diese mit Urteil vom 7. November 2023 abwies.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. Dezember 2023 beantragt die A.________ AG dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7. November 2023 aufzuheben und die Handänderungssteuer auf Fr. 0.00 festzusetzen. Eventualiter sei das verwaltungsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Direktion für Inneres und Justiz hat auf eine Stellungnahme verzichtet und verweist auf das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2; Art. 89 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 BGG) sind erfüllt. Die Anträge der Beschwerdeführerin sind zulässig.
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die vom Beschwerdeführer geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht prüft solche Rügen, wenn sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden sind (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 145 I 26 E. 1.3). Die Anwendung des Bundesrechts und des harmonisierten kantonalen Steuerrechts prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, jene des nicht-harmonisierten, autonomen kantonalen Rechts hingegen bloss auf Verletzung des Willkürverbots (BGE 143 II 459 E. 2.1; 134 II 207 E. 2).
1.2.1. Diverse Kantone erheben Handänderungssteuern. Es handelt sich um indirekte Steuern, welche nicht dem Harmonisierungsgebot von Art. 129 BV unterliegen (Art. 129 Abs. 1 BV; Art. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]) und ausschliesslich durch das kantonale Recht geregelt werden (vgl. BGE 148 II 121 E. 6.1; 138 II 557 E. 4.1; Urteile 2C_9/2019 vom 29. Januar 2020 E. 2.4.1; 2C_469/2017 vom 1. Dezember 2017 E. 2.1; je m.w.H.).
1.2.2. Urteile, die in Auslegung und Anwendung des nicht-harmonisierten, autonomen kantonalen Rechts zur Handänderungssteuer ergehen, prüft das Bundesgericht mit der auf die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte beschränkten Kognition, namentlich Verstösse gegen das Willkürverbot (vgl. u.a. das Urteil 2C_469/2017 vom 1. Dezember 2017 E. 3.1).
1.2.3. Gegenüber Urteilen auf rein kantonalrechtlicher Grundlage haben die Vorbringen der Beschwerdeführer vor Bundesgericht den Anforderungen an die qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. oben E. 1.2 einleitend) zu genügen (vgl. Urteile 9C_118/2023 vom 11. Mai 2023 E. 1.2; 2C_853/2018 vom 28. September 2018 E. 3.3).
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; andernfalls bleibt es beim vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 137 II 353 E. 5.1; 136 II 304 E. 2.5; Urteil 2C_927/2020 vom 20. Dezember 2021 E. 3 einleitend).
2.
2.1. Beim Erwerb eines Grundstücks ist dem Kanton Bern grundsätzlich eine Handänderungssteuer zu entrichten (Art. 1 des hier noch anwendbaren Handänderungssteuergesetzes des Kantons Bern vom 18. März 1992 [HG/BE; BSG 215.326.2]). Die Steuer wird vom Grundbuchamt aufgrund der Selbstdeklaration der steuerpflichtigen Person und der bei der Grundbuchanmeldung eingereichten Ausweise veranlagt (Art. 16 und 17 Abs. 1 HG/BE). Der zivilrechtliche Eigentumsübergang von Grundstücken unterliegt der Handänderungssteuer, wobei - soweit hier interessierend - die Rechtserwerberin oder der Rechtserwerber handänderungssteuerpflichtig ist (vgl. Art. 1 i.V.m. Art. 2 und Art. 5 Abs. 1 lit. a HG/BE).
2.2. Der bernische Gesetzgeber regelt die Ausnahmen von der Steuerpflicht im Handänderungsabgaberecht in Art. 12 HG/BE. Dort sieht er in lit. h folgende Steuerbefreiung vor: "Keine Handänderungssteuer ist zu entrichten bei Leistungen des Kantons an den Erwerb eines Grundstücks oder die damit zu erfüllende Aufgabe".
3.
3.1. Gemäss der Beschwerdeführerin setzt der klare Wortlaut der Bestimmung für eine Steuerbefreiung gestützt auf Art. 12 lit. h HG/BE nur voraus, dass die steuerpflichtige Person für die Erfüllung ihrer Leistungen vom Kanton subventioniert werde. Dem hat das Verwaltungsgericht entgegengehalten, aus dem Wort "damit" in Art. 12 lit. h HG/BE ergebe sich - nebst dem blossen Nachweis, vom Kanton Gelder erhalten zu haben - weiter, dass eine Verbindung zwischen dem in Frage stehenden Grundstück und der vom Kanton unterstützten Aufgabe bestehen müsse. Noch deutlicher werde dies in der französischen Fassung mit der Formulierung "à laquelle [la tâche] celui-ci [l'immeuble] est destiné" ("lorsque le canton contribue financièrement à I'acquisition d'un immeuble ou à la tâche à laquelle celui-ci est destiné"; in diesem Sinn bereits BVR 1996 S. 354 E. 4b; ferner ROLAND PFÄFFLI, Rechtsprechung und ausgewählte Rechtsfragen 1993, in BN 1993 S, 125 ff., 163 mit Hinweis). Fraglich sei indes, wie qualifiziert diese Verbindung zu sein habe bzw. ob eine (zusätzliche) anderweitige Nutzung des Grundstücks eine Steuerbefreiung ausschliesse.
3.2. Anders als in Art. 12 lit. g HG/BE, so das Verwaltungsgericht weiter, müsse die Verbindung im Rahmen von lit. h nicht derart intensiv sein, dass das Grundstück "ausschliesslich und unwiderruflich" der subventionierten Aufgabe zu dienen habe.
3.2.1. Direkt aus dem Wortlaut von Art. 12 lit. h HG/BE erschliesse sich zwar nur, dass eine Verbindung zwischen dem betreffenden Grundstück und der subventionierten Aufgabe bestehen müsse.
3.2.2. Insbesondere systematische Auslegungsgesichtspunkte würden darüber hinaus aber deutlich machen, dass diese Verbindung eine qualifizierte zu sein habe. Das gelte insbesondere, wenn die steuerpflichtige Person mit der vom Kanton nicht subventionierten (Teil-) Nutzung des in Frage stehenden Grundstücks gewinnorientiert tätig sei und mit steuerlich nicht privilegierten Anbietern in den Wettbewerb trete.
Dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität sei auch im Zusammenhang mit Ausnahmen von der Steuerpflicht bei der Handänderungssteuer Rechnung zu tragen. Entsprechend sei Art. 12 lit. h HG/BE dahin auszulegen, dass keine (zusätzliche) wirtschaftliche Privilegierung staatlich subventionierter Personen erfolgen solle, wenn diese mit dem in Frage stehenden Grundstück nicht ausschliesslich ihre durch kantonale Mittel unterstützte Aufgabe verfolgen, sondern in nicht untergeordnetem Umfang (auch) eine gewinnorientierte privatwirtschaftliche Tätigkeit ausüben und diesbezüglich in den Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern treten würden.
4.
4.1. Da es hier um nicht harmonisiertes kantonales Recht geht (vgl. oben E. 1.2), könnte die Beschwerdeführerin mit ihren Einwendungen gegen das angefochtene Urteil nur durchdringen, wenn es ihr gelänge darzutun, dass diesem Urteil eine geradezu willkürliche oder verfassungsrechtlich sonst nicht haltbare Anwendung von Art. 12 lit. h HG/BE zugrunde läge. Das gelingt ihr jedoch mit keinem ihrer Argumente.
4.1.1. Auf jeden Fall vertretbar ist es, wenn das Verwaltungsgericht erwogen hat, dass der Wortlaut der Bestimmung eine notwendige Verbindung zwischen dem streitbetroffenen Grundstück und der vom Kanton unterstützten Aufgabe voraussetze (vgl. oben E. 3.2.1). Ebenso wenig erweist es sich als offenkundig unrichtig, wenn im angefochtenen Urteil unter Berufung auf Gesichtspunkte von Zweck und Systematik festgehalten wird, dass diese notwendige Verbindung nicht irgendeine, sondern eine qualifiziert intensive zu sein habe. Das rechtfertigt sich insbesondere mit Blick auf den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität staatlicher Steuerbefreiungen, wonach kein Grund für eine solche Befreiung besteht, wo nicht die staatlich geförderte wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, sondern eine andere, für welche das unterstützte Unternehmen in den Wettbewerb mit anderen Anbietern tritt (vgl. oben E. 3.2.2).
4.1.2. Es ist unzureichend, wenn die Beschwerdeführerin dagegen argumentiert, Art. 12 lit. h HG/BE stelle mit seinem Wortlaut eine ungenügende und somit gegen das verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip verstossende gesetzliche Grundlage für die erfolgte Besteuerungspraxis dar, ergebe sich doch aus diesem Wortlaut nur das Erfordernis (irgend-) eines Konnexes, nicht jedoch dasjenige einer hinreichenden, geschweige denn einer "qualifiziert intensiven" Verbindung. Mit einer solchen Argumentation ist die vorinstanzliche Auslegung, wonach eine Steuerbefreiung unter den hier gegebenen Umständen zu verweigern sei, noch nicht als geradezu willkürlich oder sonst verfassungsrechtlich unhaltbar einzustufen.
4.1.3. Eine offensichtlich unzutreffende Anwendung von Art. 12 lit. h HG/BE ergibt sich auch nicht aus einem (gänzlich unbelegt gebliebenen) Verstoss gegen eine behaupteterweise langjährige Praxis der Veranlagungsbehörden, wonach eine blosse Teilnutzung der Liegenschaft für die geförderte Tätigkeit durch die Grundbuchämter als problemlos toleriert werde und eine Steuerbefreiung keineswegs auszuschliessen vermöge. Auch das vermag eine Willkür nicht zu begründen.
4.1.4. Dasselbe gilt für das Argument, erst die Vorinstanz habe (mit einer gegen Art. 29 Abs. 2 BV verstossenden ungenügenden Begründung) die hier umstrittene "hinreichende Verbindung" zwischen Gebäude und unterstützter Tätigkeit in Art. 12 lit. h HG/BE "hineininterpretiert" (vgl. dazu ausführlich und überzeugend die Stellungnahme des Verwaltungsgerichts vor Bundesgericht, Ziff. 1 S. 1-2).
4.2. Soweit die Beschwerdeführerin in Bezug auf den konkreten Einzelfall geltend macht, die im angefochtenen Urteil festgehaltene Verweigerung der Steuerbefreiung beruhe auf falschen Sachverhaltsfeststellungen, müsste sie eine nicht weniger als offensichtlich unzutreffende Beweiswürdigung durch die Vorinstanz dartun können (vgl. oben E. 1.3), was ihr jedoch nicht gelingt.
4.2.1. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Würdigung der Fakten festgehalten, am 24. November 2017 habe die Beschwerdeführerin das an ihr bestehendes Verwaltungsgebäude angrenzende Grundstück in U.________ erworben. Sie nutze dieses gemäss eigenen Angaben hauptsächlich für administrative Tätigkeiten. Gleichzeitig habe sie allerdings auf dem in Frage stehenden Grundstück der Bank B.________ ein Benützungs- und Belassungsrecht für den Betrieb von Bankautomaten eingeräumt und vermiete zudem diverse Räumlichkeiten der Liegenschaft an Dritte; in dieser Hinsicht erfülle sie weder öffentliche noch die mit den Beiträgen des Kantons subventionierten Aufgaben. Unter den gegebenen Umständen sei die Verbindung zwischen dem in Frage stehenden Grundstück und der vom Kanton mit öffentlichen Mitteln unterstützten Aufgabe (dem Betrieb einer Zahnradbahn zwischen W.________ und X.________ sowie verschiedener Liftanlagen im betreffenden Gebiet, E. 2.2 des vorinstanzlichen Urteils) nicht mehr als hinreichend qualifiziert zu erachten, so dass Art. 12 lit. h HG nicht zur Anwendung gelangen und eine Steuerbefreiung nicht gewährt werden könne.
4.2.2. Dagegen macht die Beschwerdeführerin geltend, in Wirklichkeit werde der (weitaus) überwiegende Grossteil des Gebäudes für die geförderte Tätigkeit genutzt. Mit dieser Argumentation beschränkt sie sich jedoch darauf, der Vorinstanz rein appellatorisch ihre eigene Auffassung in Bezug auf die Faktenlage des Falls entgegenzuhalten, so dass das Bundesgericht keinen hinreichenden Grund hat, die Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts nicht als verbindlich zu erachten.
5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen und wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 7'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Grundbuchamt V.________ mitgeteilt.
Luzern, 19. August 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Der Gerichtsschreiber: Matter