1C_351/2023 06.09.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_351/2023
Urteil vom 6. September 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merz,
Gerichtsschreiberin Dillier.
Verfahrensbeteiligte
A.B.________ und C.B.________,
Beschwerdeführende,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Michael Stampfli,
gegen
Einwohnergemeinde Gächlingen,
Gemeinderat, Gemeindehausplatz 3, 8214 Gächlingen,
vertreten durch Rechtsanwalt Jens Onnen,
Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Beckenstube 7, 8200 Schaffhausen.
Gegenstand
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (Benützungsverbot),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 23. Juni 2023 (60/2022/45).
Sachverhalt:
A.
A.a. Seit dem Herbst 2021 nutzen A.B.________ und C.B.________ ihre bestehende Doppelgarage (VS-Nr. 443) am Chapfweg 6 in Gächlingen, in der sie zwei provisorische Pferdeboxen aufgestellt haben, als Pferdestall. Sie waren der Auffassung, diese vorübergehende Nutzung für wenige Monate (bis zur Errichtung einer definitiven Pferdestallung) sei ohne Baubewilligung zulässig.
Mit Beschluss 25. November 2021 erliess der Gemeinderat der Einwohnergemeinde Gächlingen (nachfolgend: Gemeinde) gegenüber A.B.________ und C.B.________, Miteigentümer des Grundstücks GB Gächlingen Nr. 1270, folgende Verfügung:
"III. Beschluss
Gestützt auf die Erwägungen verfügt der Gemeinderat:
1. Ein Benützungsverbot der bestehenden Doppelgarage (VS-Nr. 443) auf GB Nr. 1270 als Pferdestall.
2. Die Wiederherstellung des ursprünglichen, rechtmässigen Zustandes - Nutzung der Baute als Doppelgarage - innert 10 Tagen ab Rechtskraft dieser Verfügung;
Kommt die Bauherrschaft dieser Frist nicht nach, wird hiermit ausdrück-lich die Ersatzvornahme auf Kosten der Bauherrschaft angedroht.
3. Die Wiederherstellungsverfügung wird aufgeschoben, wenn innert 30 Tagen seit deren Eröffnung ein Gesuch um nachträgliche Baubewilligung eingereicht wird.
IV. Rechtsmittelbelehrung
Diese Wiederherstellungsverfügung kann innert 20 Tagen ab Erhalt mit Rekurs beim Regierungsrat angefochten werden. Die Rekursschrift muss einen Antrag und seine Begründung enthalten und ist zu unterzeichnen."
Den dagegen erhobenen Rekurs von A.B.________ und C.B.________ wies der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen mit Beschluss vom 28. Juni 2022 ab und bestätigte die Verfügung der Gemeinde vom 25. November 2021. Dieser Regierungsratsbeschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
A.b. Mit Beschluss vom 30. August 2022 erteilte die Gemeinde A.B.________ und C.B.________ die Baubewilligung für den Neubau eines Pferdestalls auf dem Grundstück GB Gächlingen Nr. 1270 (Baugesuch vom 15. März 2022). Die Baubewilligung für die definitive Unterbringung der drei Pferde im neu zu errichtenden Stall ist aufgrund eines Rekurses einer Nachbarin und eines Nachbarn noch nicht in Rechtskraft erwachsen.
A.c. Am 26. Juli 2022 reichten A.B.________ und C.B.________ bei der Gemeinde ein Gesuch um nachträgliche Baubewilligung betreffend die (temporäre) Umnutzung der Doppelgarage als Pferdestall ein.
Am 28. Februar 2023 verweigerte die Gemeinde die baurechtliche Bewilligung für den temporären Einbau von Pferdeboxen in der bestehenden Garage sowie die Erstellung von Mistmulden auf dem Grundstück GB Nr. 1270. Zudem ordnete sie die Wiederherstellung des ursprünglichen, rechtmässigen Zustands - Nutzung der Baute als Doppelgarage - innert 20 Tagen ab Rechtskraft des Entscheids an.
Auf den dagegen erhobenen Rekurs von A.B.________ und C.B.________ trat der Regierungsrat mit Beschluss vom 16. Mai 2023 nicht ein, da diese den Kostenvorschuss nicht innert Frist bezahlt hatten. Am 27. Oktober 2023 wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen die dagegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. A.B.________ und C.B.________ gelangten daraufhin an das Bundesgericht, welches die Beschwerde ebenfalls abwies (Urteil 1C_655/2023 vom 16. Mai 2024).
B.
Mit Schreiben vom 31. August 2022 räumte die Gemeinde A.B.________ und C.B.________ eine (erstmalige) Frist ein, um sich an das mit Beschluss vom 25. November 2021 ausgesprochene Benützungsverbot zu halten und die Pferde umzuplatzieren. Diese liessen die Frist ungenutzt verstreichen. Daraufhin erliess der Gemeinderat mit Beschluss vom 27. September 2022 folgenden Vollstreckungsentscheid:
"1. Es wird A.B.________ und C.B.________, Chapfweg 6, 8214 Gächlingen, eine - und letztmalige Frist von 20 Tagen - ab Eröffnung des Beschlusses eingeräumt, um das am 25. November 2021 rechtskräftig verfügte Benützungsverbot der bestehenden Doppelgarage (VS-Nr. 443) auf GB Nr. 1270 als Pferdestall einzuhalten.
2. Bei unbenütztem Fristablauf wird das Benützungsverbot zwangsweise unter Beizug der Polizei durchgesetzt, d.h. die Pferde werden auf Kosten von A.B.________ und C.B.________ umplatziert, die Doppelgarage und die Mistgrube werden amtlich versiegelt.
3. Dieser Beschluss erfolgt unter der Androhung, dass die Nichtbeachtung des Benützungsverbots nach Ablauf der Frist als Ungehorsam gemäss Art. 292 StGB mit Haft oder Busse bestraft würde.
4. Die Kosten dieses Beschlusses von Fr. 800.-- werden A.B.________ und C.B.________ auferlegt.
5. Einem allfälligen Rekurs gegen diesen Beschluss wird die aufschiebende Wirkung entzogen."
Dagegen erhoben A.B.________ und C.B.________ am 30. September 2022 Rekurs beim Regierungsrat, der den Entzug der aufschiebenden Wirkung des Rekurses mit Zwischenentscheid vom 25. Oktober 2022 bestätigte. Gleichzeitig entzog er einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Zwischenentscheid die aufschiebende Wirkung.
A.B.________ und C.B.________ gelangten mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht. Der Vorsitzende des Gerichts stellte die aufschiebende Wirkung mit Zwischenverfügung vom 31. Oktober 2022 einstweilen wieder her. Mit Entscheid vom 23. Juni 2023 wies das Obergericht die Beschwerde ab und setzte A.B.________ und C.B.________ eine letzte Frist von 20 Tagen ab Eröffnung des Entscheids, um die Pferde umzuplatzieren. Für die Säumnisfolgen verwies es auf die Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des Vollstreckungsentscheids vom 27. September 2022.
C.
A.B.________ und C.B.________ erheben am 10. Juli 2023 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 23. Juni 2023. Sie beantragen, Dispositiv-Ziffern 1 bis 4 des angefochtenen Entscheids seien aufzuheben und ihrem beim Regierungsrat eingereichten Rekurs vom 30. September 2022 sei die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Diese Anordnung sei superprovisorisch, eventualiter vorsorglich, bereits für die Dauer des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht zu verfügen. Im Weiteren sei der Beschwerde (superprovisorisch) die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Die Gemeinde beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Regierungsrat verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Obergericht schliesst unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf Abweisung der Beschwerde.
Mit Präsidialverfügung vom 5. September 2023 erkannte das Bundesgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.
Das Bundesgericht gab den Parteien mit Schreiben vom 8. Juli 2024 Gelegenheit, sich zu den Folgen des Urteils 1C_655/2023 vom 16. Mai 2024 für das vorliegende Verfahren zu äussern und allfällige Verfahrensanträge zu stellen. Die Beschwerdeführenden halten an ihren Anträgen fest und bringen vor, mit der erneuten - unterdessen rechtskräftigen - Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands im nachträglichen Baubewilligungsverfahren sei die erste Wiederherstellungsanordnung vom 25. November 2021 aufgehoben worden. Damit habe der in der Hauptsache streitige Vollstreckungsentscheid erst recht keine Grundlage mehr in einer Sachverfügung und sei damit auch aus diesem Grund rechtswidrig. Die Gemeinde und der Regierungsrat halten (innert erstreckter Frist) an ihren Anträgen auf Beschwerdeabweisung fest. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
1.1. Beim angefochtenen Entscheid, mit welchem der Entzug der aufschiebenden Wirkung des Rekurses bestätigt wurde, handelt es sich um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid. Ein solcher ist unter anderem anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dieser Nachteil muss rechtlicher Natur sein. Das setzt voraus, dass er sich auch mit einem späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt (BGE 147 III 159 E. 4.1; 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; je mit Hinweisen). Die blosse Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur genügt (BGE 141 III 395 E. 2.5). Vorliegend berufen sich die Beschwerdeführenden darauf, dass ihre Pferde bei einem Entzug der aufschiebenden Wirkung (vorübergehend) fremdplatziert werden müssten. Dadurch entstünden ihnen nicht nur Zusatzkosten; sie befürchten zudem eine Traumatisierung der Pferde durch die zwangsweise Umplatzierung und damit eine Gefährdung des Tierwohls. Ein solcher Nachteil liesse sich bei einer Gutheissung der Beschwerde in der Hauptsache nicht rückgängig machen und erscheint zumindest nicht ausgeschlossen.
1.2. In der Hauptsache geht es um die Rechtmässigkeit eines Vollstreckungsentscheids, der insbesondere die Einhaltung des rechtskräftig verfügten Benützungsverbots der Garage als Pferdestall anordnete, und damit um eine Angelegenheit des öffentlichen Baurechts. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 f. BGG). Die Beschwerdeführenden haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind als Eigentümerin bzw. Eigentümer der vom Benützungsverbot betroffenen Garage vom angefochtenen Entscheid besonders betroffen. Damit sind sie zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde grundsätzlich eingetreten werden kann.
1.3. Das vorliegende Verfahren ist durch das bundesgerichtliche Urteil 1C_655/2023 vom 16. Mai 2024 nicht gegenstandslos geworden. So führt der Regierungsrat aus, der - unterdessen rechtskräftige - Beschluss des Gemeinderats Gächlingen betreffend die Verweigerung der nachträglichen Baubewilligung vom 28. Februar 2023, mit dem gleichzeitig die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands verfügt wurde, stelle keinen Vollstreckungsentscheid dar. Dies wird auch von der Gemeinde (und den Beschwerdeführenden) nicht in Frage gestellt. Wie das kantonale Verfahren nach Abschluss des Verfahrens betreffend die nachträgliche Baubewilligungverweigerung fortzusetzen ist, ist von den kantonalen Behörden zu entscheiden. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet einzig die Frage, ob das Obergericht den Entzug der aufschiebenden Wirkung des Rekurses durch den Regierungsrat zu Recht bestätigt hat.
2.
2.1. Bei einem Zwischenentscheid über die aufschiebende Wirkung handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme gemäss Art. 98 BGG (BGE 134 II 192 E. 1.5 mit Hinweis). Mit der Beschwerde kann somit nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Insoweit gelten die qualifizierten Begründungsanforderungen nach Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 147 II 44 E. 1.2 mit Hinweis).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Unzulässig sind damit neue Tatsachen, die bereits der Vorinstanz hätten vorgelegt werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2; 136 III 123 E. 4.4.3). Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder entstanden sind (echte Noven), ist vor Bundesgericht grundsätzlich unzulässig (BGE 149 III 465 E. 5.5.1; 143 V 19 E. 1.1; je mit Hinweisen). Dies bedeutet jedoch nicht, dass das zwischenzeitlich ergangene bundesgerichtliche Urteil 1C_655/2023 vom 16. Mai 2024 nicht berücksichtigt werden dürfte (vgl. Urteil 1C_99/2020, 1C_109/2020 vom 22. November 2023 E. 2).
Die von den Beschwerdeführenden neu vorbrachten Tatsachen und Beweismittel im Zusammenhang mit ihren privaten Interessen an der aufschiebenden Wirkung sind mit Blick auf die nachfolgenden Erwägungen nicht entscheidwesentlich (vgl. E. 3.6 hiernach). Aus diesem Grund braucht nicht beurteilt zu werden, ob es sich dabei um unzulässige unechte oder echte Noven handelt. Dasselbe gilt für die von der Gemeinde in diesem Zusammenhang neu eingebrachten Tatsachen.
3.
Die Beschwerdeführenden werfen dem Obergericht vor, den Entzug der aufschiebenden Wirkung ihres Rekurses an den Regierungsrat in willkürlicher Weise (Art. 9 BV) bestätigt zu haben.
3.1. Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Zudem ist erforderlich, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 145 II 32 E. 5.1; 142 V 513 E. 4.2; je mit Hinweisen).
3.2. Das Obergericht stützt seinen Entscheid auf Art. 23 des Gesetzes des Kantons Schaffhausen vom 20. September 1971 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG/SH; SHR 172.200), wonach der Rekurs aufschiebende Wirkung hat, wenn die Vorinstanz nicht aus besonderen Gründen etwas anderes anordnet (Abs. 1). Die Rekursinstanz kann eine gegenteilige Verfügung treffen (Abs. 2 Satz 1).
Das Obergericht erwägt hierzu Folgendes: Da von der gesetzlichen Ordnung auszugehen sei, dürfe dem Rekurs grundsätzlich nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer, qualifizierter und zwingender Gründe die aufschiebende Wirkung entzogen werden, wenn dies zur Wahrung überwiegender öffentlicher oder privater Interessen notwendig und dringlich sei, um einen Nachteil zu verhindern, der nicht leicht wieder gutgemacht werden könne. Im Vollstreckungsverfahren sei indes zu berücksichtigen, dass bereits ein rechtskräftiger Entscheid ergangen sei, an dessen Vollstreckung grundsätzlich ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe.
3.3. Die Beschwerdeführenden kritisieren, im angefochtenen Entscheid würden die in der ständigen kantonalen Rechtsprechung und Lehre entwickelten Anforderungen an den Entzug der aufschiebenden Wirkungen unvollständig wiedergegeben. In der Zwischenverfügung des Vorsitzenden des Obergerichts (Oliver Herrmann) vom 31. Oktober 2022, mit welcher die aufschiebende Wirkung ihres Rekurses einstweilen wiederhergestellt worden sei, werde hingegen (noch) darauf hingewiesen, dass der Entzug der aufschiebenden Wirkung nur dann zulässig sei, wenn "andernfalls ein schwerer Nachteil droht, namentlich die unmittelbar bevorstehende, wesentliche Beeinträchtigung bedeutender Polizeigüter" (OLIVER HERRMANN, in: Meyer/Herrmann/Bilger [Hrsg.], Kommentar zur Schaffhauser Verwaltungsrechtspflege, 2021, N. 15 zu Art. 23 VRG/SH). Im Weiteren sei in der besagten Zwischenverfügung festgehalten worden, abgesehen vom Interesse an der Rechtsdurchsetzung würden keine anderen zwingenden öffentlichen oder privaten Interessen am Entzug der aufschiebenden Wirkung behauptet oder sich aus den Akten ergeben. Anstatt zu prüfen, ob ein solch schwerer Nachteil drohe, also namentlich bedeutende Polizeigüter wesentlich beeinträchtigt werden könnten, gehe die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid unmittelbar zu einer Interessenabwägung über. Indem sie die unbestrittenen, von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an den Entzug der aufschiebenden Wirkungen gar nicht erst prüfe, verletze sie die anerkannte Auslegung von Art. 23 Abs. 1 VRG/SH und somit auch die Norm selbst in krasser Art und Weise und verfalle damit in Willkür.
3.4. Die vom Obergericht angeführten öffentlichen Interessen am Schutz der Rechtsordnung, der Rechtssicherheit und der Durchsetzung des rechtskräftigen Benützungsverbots sind zwar bedeutsam. Dies ist aber nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es besonderer Gründe (so ausdrücklich Art. 23 Abs. 1 VRG/SH), da vom gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung abgewichen wird. Den kantonalen Behörden steht bei der Beurteilung dieser besonderen Gründe zwar ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 129 II 286 E. 3 und E. 3.2, wonach nicht nur ganz aussergewöhnliche Umstände den Entzug zu rechtfertigen vermögen). Ein Abweichen von der gesetzlichen Ordnung rechtfertigen aber nur Gründe, die nicht in nahezu jedem Fall vorliegen. Würden solche Gründe anerkannt, würde die Ausnahme zur Regel, was dem Sinn des kantonalen Gesetzes widerspräche (vgl. in diesem Sinne auch MICHEL DAUM/DAVID RECHSTEINER, in: Ruth Herzog/ Michel Daum [Hrsg.], Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern [VRPG/BE], 2. Aufl. 2020, N. 23 Art. 68 VRPG/BE). Zudem soll verhindert werden, dass mit dem vorzeitigen Vollzug einer Anordnung während des Rekursverfahrens Präjudizien geschaffen werden können, die den Entscheid in der Hauptsache vorwegnehmen und den Rekurs illusorisch werden lassen (vgl. HERRMANN, a.a.O., N. 4 Art. 23 VRG/SH).
3.5. Vorsorgliche Massnahmen, die - wie der Entzug der aufschiebenden Wirkung - vor dem Entscheid in der Hauptsache ergehen, zielen darauf ab, dessen Wirksamkeit sicherzustellen (vgl. BGE 130 II 149 E. 2.2). So ist nach kantonaler Praxis - wie die Vorinstanz selbst ausführt - denn auch vorausgesetzt, dass der Entzug der aufschiebenden Wirkung zur Wahrung überwiegender öffentlicher oder privater Interessen notwendig und dringlich sein muss, um einen Nachteil zu verhindern, der nicht leicht wieder gutgemacht werden kann (vgl. HERRMANN, a.a.O., N. 15 Art. 23 VRG/SH mit Verweisung auf Urteil 1C_19/2018 vom 2. März 2018 E. 3.1). Ein solcher Nachteil besteht, sobald Zustände geschaffen werden, die sich nicht mehr oder nicht mehr leicht ändern lassen und somit die Wirksamkeit des Entscheids in der Hauptsache vereiteln (vgl. in diesem Sinne auch ANDREAS BAUMANN, in: Baumann et al., Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau [BauG/AG], 2013, N. 24 zu § 159). Daneben setzt der Entscheid über die Anordnung vorsorglicher Massnahmen bzw. der Entzug der aufschiebenden Wirkung Dringlichkeit voraus, d.h. es muss sich als notwendig erweisen, die fraglichen Vorkehren sofort zu treffen, um die betroffenen Interessen zu wahren (vgl. BGE 130 II 149 E. 2.2; Urteil 1C_344/2021 vom 14. Januar 2022 E. 2.6). Zeitliche Dringlichkeit besteht, wenn mit der Massnahme nicht zugewartet werden kann, bis das (Hauptsache-) Verfahren abgeschlossen ist, weil sich nach dem voraussehbaren Kausalverlauf der drohende Nachteil bzw. die abzuwendende Gefahr bis dahin bereits verwirklicht haben wird (vgl. ISABELLE HÄNER, Vorsorgliche Massnahmen im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, ZSR 116/1997 II S. 253 ff., S. 341 Rz. 111).
3.6. Welche Anforderungen an den drohenden Nachteil gestellt werden bzw. ob nach kantonaler Praxis hierfür nur die Bedrohung bedeutender Polizeigüter (wie öffentliche Ordnung, Ruhe, Sicherheit, Sittlichkeit oder Gesundheit) in Frage kommt, braucht vorliegend nicht abschliessend beurteilt zu werden. Soweit im zu beurteilenden Fall überhaupt die Gefahr bestünde, dass der in der Hauptsache angestrebte Zweck (Durchsetzung des Benützungsverbots) nicht mehr erreicht werden könnte oder durch ein langes Verfahren mit Suspensiveffekt hintertrieben würde (vgl. BGE 129 II 286 E. 3.2; GEROLD STEINMANN, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsbeschwerdeverfahren und im Verwaltungsgerichtsverfahren, ZBl 94/1993 S. 141 ff., insbesondere S. 149 f.), fehlt es vorliegend jedenfalls am Erfordernis der zeitlichen Dringlichkeit. Es sind keine besonderen Gründe ersichtlich, die dafür sprechen würden, dass mit dem Benützungsverbot der Garage bzw. der damit einhergehenden Fremdplatzierung der Pferde nicht bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zugewartet werden könnte. Überzeugende Gründe wie beispielsweise berechtigte nachbarliche Interessen, insbesondere infolge Lärm- und Geruchsimmissionen, werden im angefochtenen Entscheid auch nicht genannt. Dem Regierungsrat hätte es im Übrigen freigestanden, die Sache beförderlich zu behandeln und in der seit Herbst 2022 hängigen Hauptsache einen materiellen Entscheid zu fällen. Es gilt sodann zu beachten, dass der Rekursentscheid in der Sache durch den Entzug der aufschiebenden Wirkung vorweggenommen würde. Vorliegend fehlt es daher bereits an besonderen Gründen für eine sofortige Durchsetzung des Benützungsverbots, weshalb der ausnahmsweise Entzug der aufschiebenden Wirkung ausgeschlossen ist. Es erübrigt sich somit, auf die vorinstanzliche Interessenabwägung näher einzugehen (vgl. BGE 129 II 286 E. 3.3).
3.7. Nach dem Gesagten erweist sich die Rüge der Verletzung des Willkürverbots als begründet. Daran ändert auch das inzwischen ergangene Urteil 1C_655/2023 vom 16. Mai 2024 nichts.
4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Dem Rekurs der Beschwerdeführenden an den Regierungsrat ist antragsgemäss die aufschiebende Wirkung wieder zuzuerkennen. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, die weiteren Rügen der Beschwerdeführenden (Gehörsverletzung und Verletzung der Eigentumsgarantie) zu behandeln.
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Schaffhausen hat den Beschwerdeführenden eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 23. Juni 2023 wird aufgehoben und dem Rekurs der Beschwerdeführenden an den Regierungsrat vom 30. September 2022 wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Schaffhausen hat die Beschwerdeführenden für das Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und vor dem Bundesgericht mit insgesamt Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführenden, der Einwohnergemeinde Gächlingen, dem Regierungsrat des Kantons Schaffhausen und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. September 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Dillier