2C_451/2024 02.10.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_451/2024
Urteil vom 2. Oktober 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Anwaltskommission des Kantons Aargau,
Obere Vorstadt 40, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Anrechung bzw. Erlass Praktika,
Beschwerde gegen die Verfügung des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer,
vom 31. Juli 2024 (WBE.2024.241).
Erwägungen:
1.
1.1. Mit Eingabe vom 9. März 2024 an die Anwaltskommission des Kantons Aargau beantragte A.________ sinngemäss, es sei ihm im Hinblick auf die Anwaltsprüfung die Voraussetzung eines einjährigen Praktikums zu erlassen bzw. seine bisherigen "reichhaltigen praktischen Tätigkeiten" inklusive einem insgesamt 1,5-jährigen Praktikum vor Studienabschluss seien ihm als gleichwertig anzurechnen. In zwei nachfolgenden Ergänzungen der ursprünglichen Eingabe stellte A.________ die Anträge, es sei ihm ein unentgeltlicher Rechtsvertreter zu bestellen und zwei Mitglieder der Anwaltskommission hätten in den Ausstand zu treten.
Mit Entscheid vom 23. Mai 2024 trat die Anwaltskommission auf das Ausstandsgesuch sowie auf das Gesuch um Anrechnung von Praktika aus den Jahren 1988 bis 1990 nicht ein und wies das Gesuch um Bestellung einer anwaltlichen Vertretung und jenes um Erlass eines Praktikums ab.
Gegen diesen Entscheid erhob A.________ am 4. Juli 2024 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und ersuchte unter anderem um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung.
1.2. Mit Verfügung vom 31. Juli 2024 wies der Einzelrichter am Verwaltungsgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung infolge Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren ab und forderte A.________ auf, innert einer grundsätzlich nicht erstreckbaren Frist von zehn Tagen einen Kostenvorschuss von Fr. 800.-- zu bezahlen.
1.3. A.________ gelangt mit einer als "Rekurs" bezeichneten Eingabe vom 16. September 2024 an das Bundesgericht und beantragt, es sei die Verfügung vom 31. Juli 2024 aufzuheben und es sei das Verwaltungsgericht anzuweisen, ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, subsidiär eine unentgeltliche Rechtsvertretung einzusetzen. Ferner beantragt er den Ausstand von Bundesrichter Donzallaz und Bundesrichterin Hänni und ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren sowie um eine zusätzliche Frist, um seine Beschwerde zu ergänzen.
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet.
2.
Der Beschwerdeführer beantragt den Ausstand von Bundesrichter Donzallaz und Bundesrichterin Hänni. Da die beiden Bundesrichter am vorliegenden Verfahren nicht mitwirken, ist das Gesuch gegenstandslos.
3.
Der Beschwerdeführer ersucht sinngemäss um Erstreckung der Beschwerdefrist.
Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1 BGG; zur Berechnung und zum Stillstand der Fristen während bestimmter Zeiten vgl. Art. 44 ff. BGG). Diese gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Zudem handelt es sich vorliegend nicht um eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, sodass eine Beschwerdeergänzung gestützt auf Art. 43 BGG von vornherein ausscheidet. Das Gesuch um Erstreckung der Beschwerdefrist erweist sich daher als unzuläsig.
Das Gesuch kann auch nicht (sinngemäss) als Fristwiederherstellungsgesuch i.S.v. Art. 50 Abs. 1 BGG entgegengenommen werden, weil der Beschwerdeführer nicht konkret dartut, dass er unverschuldet daran gehindert worden sei, rechtzeitig zu handeln (vgl. dazu BGE 143 I 284 E. 1.3; Urteil 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.3).
4.
4.1. Die angefochtene Verfügung, mit welcher das Verwaltungsgericht ein Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung abgewiesen und ihn aufgefordert hat, einen Kostenvorschuss zu leisten, stellt einen Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93 BGG dar. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (vgl. BGE 137 III 380 E. 1.1; Urteile 2C_477/2021 vom 24. Juni 2021 E. 1.2; 2C_1062/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1). In der Sache geht es um die Anrechnung bzw. den Erlass von Praktika im Hinblick auf die Anwaltsprüfung. Dass der Ausschlussgrund gemäss Art. 83 lit. t BGG zur Anwendung gelangen könnte, ist nicht erkennbar, sodass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich zur Verfügung stehen dürfte.
4.2. Gegen selbständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), ist die Beschwerde - abgesehen vom hier nicht massgebenden Fall gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG - nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. dazu u.a. BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2). Zwischenentscheide, mit denen die unentgeltliche Rechtspflege oder die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters verweigert wird, entfalten nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (vgl. BGE 129 I 129 E. 1.1; Urteile 2C_141/2023 vom 1. Juni 2023 E. 1.1 mit weiteren Hinweisen; 2C_577/2020 vom 25. September 2020 E. 1.1).
4.3. Indessen haben die Rechtsschriften an das Bundesgericht nach Art. 42 BGG die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich des Willkürverbots, von kantonalem und von interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 142 II 369 E. 2.1).
4.4. Die Vorinstanz hat in Anwendung des massgebenden kantonalen Verfahrensrechts und unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erwogen, dass ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Vertretung nur unter den kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen der Bedürftigkeit des Gesuchstellers und der fehlenden Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels bestehe (vgl. Art. 34 Abs. 1 und 2 des kantonalen Gesetzes vom 4. Dezember 2007 über die Verwaltungsrechtspflege [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG/AG; SAR 271.200]; vgl. auch Art. 29 Abs. 3 BV; vgl. u.a. BGE 142 III 138 E. 5.1; 140 V 521 E. 9.1; 139 III 475 E. 2.2).
In Bezug auf den Beschwerdeführer hat das Verwaltungsgericht gestützt auf die unwidersprochene Darstellung der Anwaltskommission zunächst festgehalten, dass ein von ihm gestelltes Gesuch um Anrechnung seiner in den Jahren 1988 bis 1990 im Kanton Bern geleisteten Praktika mit rechtskräftigem Entscheid vom 14. Mai 2009 abgewiesen worden sei, da diese vor Abschluss des Studiums absolviert worden seien. Zudem habe die Anwaltskommission mit rechtskräftigem Entscheid vom 28. November 2012 ein Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers in der gleichen Sache abgewiesen. Sodann hat die Vorinstanz gestützt auf eine summarische Prüfung und unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Praxis (vgl. u.a. BGE 138 I 61 E. 4.3; 136 II 177 E. 2.1) erwogen, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe keinen Anspruch auf Neubeurteilung seines Gesuchs einräumen würden, sodass die bei ihr erhobene Beschwerde aussichtslos sei, soweit sie sich gegen das Nichteintreten auf das Gesuch um Anrechnung von vor dem Studienabschluss geleisteten Praktika richte. Ebenfalls als aussichtslos hat die Vorinstanz die Beschwerde bezeichnet, soweit damit die Abweisung des Gesuchs um Erlass eines Praktikums angefochten wurde. Dies insbesondere mit der Begründung, dass sich das Erfordernis eines mindestens einjährigen Praktikums, welches nach Abschluss des Studiums zu erfolgen habe, sowohl aus Art. 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) und somit aus einem Bundesgesetz als auch aus dem kantonalen Recht (§ 15 Abs. 1 lit. c des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte vom 2. November 2004 [EG BGFA/AG; SAR 290.100] i.V.m. § 2 Abs. 1 der Anwaltsverordnung vom 18. Mai 2005 [AnwV/AG; SAR 290.11]) ergebe. Als aussichtslos hat das Verwaltungsgericht schliesslich das bei ihm erhobene Rechtsmittel beurteilt, soweit es sich gegen das Nichteintreten der Anwaltskommission auf das Ausstandsgesuch und die Abweisung des Gesuchs um Bestellung einer anwaltlichen Vertretung richtete.
4.5. Soweit der Beschwerdeführer zunächst behauptet, er habe sich seit den Jahren 2009/2012 1488 erfolglos auf eine Praktikumsstelle beworben und angesichts seines Alters (65 Jahre) praktisch keine Chance mehr, eine solche zu finden, genügen seine Vorbringen nicht, um eine Verletzung des verfassungsmässigen Anspruchs auf Wiedererwägung bzw. Neubeurteilung seines Gesuchs um Anrechnung von früheren Praktika (Art. 29 Abs. 1 BV) substanziiert darzutun (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Mit Bezug auf das Erfordernis eines mindestens einjährigen Praktikums, welches gemäss dem Verwaltungsgericht nach Abschluss des Studiums zu absolvieren sei, beschränkt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen darauf, seine eigene Sicht der Dinge der vorinstanzlichen Würdigung entgegenzusetzen bzw. diese zu bestreiten. Dabei legt er weder rechtsgenüglich dar, dass die vorinstanzliche Auslegung von Art. 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 BGFA rechtswidrig sei, noch bringt er substanziiert vor, dass die Auslegung des kantonalen Rechts willkürlich sei oder gegen Verfassungsrecht verstosse. Pauschale Behauptungen, wonach die kantonale Anwaltsverordnung Bundesrecht widerspreche bzw. verfassungsmässige Rechte verletze, reichen dazu nicht aus. Unsubstanziiert bleibt insbesondere die Rüge der Verletzung der Wirtschafts- bzw. Berufswahlfreiheit (Art. 27 BV), zumal die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers die strengen Begründungsvoraussetzungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht erfüllen (vgl. auch E. 4.3 hiervor). Auch soweit er der Vorinstanz vorwirft, sie habe eine materielle Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) begangen, weil sie seine 13-seitige teleologische Auslegung völlig ignoriert habe, genügen seine Vorbringen den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht. Zudem zeigt der Beschwerdeführer in keiner Weise auf, inwiefern sich aus dem Bundes- oder kantonalen Recht die Möglichkeit eines Verzichts auf die Voraussetzung eines Anwaltspraktikums bzw. dessen Ersatz durch andere berufliche/praktische Erfahrung ergeben soll. Blosse Hinweise auf seine reichhaltige praktische Erfahrung reichen dazu nicht aus.
Schliesslich genügen die blossen Behauptungen, wonach ein Mitglied der Anwaltskommission nicht neutral bzw. objektiv sei und menschenverachtend und ohne jegliches Verständnis für seine persönliche Lebenssituation entscheide, nicht, um substanziiert darzutun, dass die Vorinstanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat, indem sie aufgrund einer summarischen Prüfung zum Schluss gelangt ist, dass sein Ausstandsgesuch gegen dieses Mitglied unzulässig sei, weshalb seine Beschwerde auch in diesem Punkt aussichtslos sei.
4.6. Angesichts der vorangegangenen Erwägungen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht substanziiert darzutun, dass die Vorinstanz das kantonale Recht willkürlich angewendet oder Art. 29 Abs. 3 BV verletzt hat, indem sie sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung wegen Aussichtslosigkeit des bei ihr erhobenen Rechtsmittels abgewiesen hat. Die Eingabe des Beschwerdeführers entbehrt offensichtlich einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).
5.
5.1. Auf die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten.
5.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird infolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt die Präsidentin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, mitgeteilt.
Lausanne, 2. Oktober 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov