1C_332/2023 11.10.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_332/2023
Urteil vom 11. Oktober 2024
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merz,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Bauausschuss der Stadt Winterthur,
Pionierstrasse 7, 8403 Winterthur,
vertreten durch das Baupolizeiamt Winterthur, Rechtsdienst,
Pionierstrasse 7, 8403 Winterthur.
Gegenstand
Betriebsverbot Mobilfunkantennen,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer,
vom 12. Mai 2023 (VB.2022.00069).
Sachverhalt:
A.
Mit Eingabe vom 28. November 2020 gelangten A.________ und der Verein "B.________" an das Baupolizeiamt Winterthur. Sie machten geltend, 5G-Mobilfunkantennenanlagen seien unzulässigerweise im Bagatelländerungsverfahren bewilligt und teilweise bereits in Betrieb genommen worden. Sie beantragten, für solche Anlagen sei ein Benützungsverbot zu erlassen und der rechtmässige Zustand wiederherzustellen. Zudem beantragten sie, dass künftig die "Aufrüstung auf 5G-Mobilfunkanlagen" nicht mehr im Bagatelländerungverfahren bewilligt werden dürfe.
Das Baupolizeiamt verwies mit Schreiben vom 21. Januar 2021 auf die Empfehlung der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) vom 7. März 2013 zur Bewilligung von Mobilfunkanlagen und hielt fest, es lägen keine Anhaltspunkte für unrechtmässige Bagatelländerungsbewilligungen vor. Daraufhin verlangte A.________ mit Mail vom 25. Januar 2021 den Erlass einer anfechtbaren Verfügung; am 5. Februar 2021 präzisierte er, auf welche Antennenstandorte sich sein Gesuch beziehe.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2021 trat der Bauausschuss der Stadt Winterthur auf die Begehren des Vereins "B.________" nicht ein; auf die Begehren von A.________ trat er nicht ein und wies sie im Übrigen ab. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die in der Vergangenheit für die streitigen Standorten erteilten Bagatelländerungsbewilligungen widerrechtlich gewesen wären. Seit dem Nachtrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) vom 23. Februar 2021 "Adaptive Antennen" zur Vollzugsempfehlung NISV für Mobilfunk- und WLL-Basisstationen (nachfolgend: Vollzugshilfe) habe die Stadt Winterthur in Abstimmung mit der kantonalen Fachstelle keine aktualisierten Standortdatenblätter mehr zur Prüfung ausserhalb des Baubewilligungsverfahrens entgegengenommen, wenn die Änderungen im Zusammenhang mit adaptiven Antennen standen.
B.
Dagegen rekurrierten A.________ und der Verein "B.________" an das Baurekursgericht des Kantons Zürich, wobei sie u.a. eine unzulässige Rechtsverzögerung rügten. Das Baurekursgericht trat am 6. Januar 2022 auf den Rekurs des Vereins nicht ein und wies den Rekurs von A.________ ab.
Das dagegen angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde von A.________ und des - zwischenzeitlich in "C.________" umbenannten - Vereins am 12. Mai 2023 ab.
C.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat A.________ am 4. Juli 2023 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Die mittels Bagatelländerungen in Betrieb genommenen 5G-Mobilfunkanlagen, bei welchen er aufgrund der Strahlenradien einspracheberechtigt sei, seien innert 30 Tagen abzuschalten und zu demontieren. Die Rechnung der Stadt Winterthur für die erstinstanzliche Verfügung sei wegen Rechtsverzögerung zu annullieren. Für die Rekurs- und Beschwerdeverfahren sei ihm eine verhältnismässige Umtriebsentschädigung zu entrichten. Auch im Unterliegensfall seien die Kosten der vorinstanzlichen Verfahren ganz oder teilweise auf die Gerichtskasse zu nehmen. Für das bundesgerichtliche Verfahren beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Mit Eingabe vom 14. Oktober 2023 hat der Beschwerdeführer das Standortdatenblatt der Mobilfunkanlage Tössfeldstrasse 37 nachgereicht.
D.
Die Stadt Winterthur beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das BAFU äussert sich in seiner Vernehmlassung vom 29. Januar 2024 zu den aufgeworfenen Rügen, ohne einen förmlichen Antrag zu stellen.
In seiner Replik vom 21. Februar 2024 hält der Beschwerdeführer an seinen Anträgen fest.
Erwägungen:
1.
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). Aus dem Entscheid der Stadt Winterthur (Ziff. 4.3.1) geht hervor, dass der Beschwerdeführer im Einspracheperimeter der Mobilfunkanlagen Auwiesenstrasse 11, Brühlbergstrasse 11, Tössfeldstrasse 37, Untere Schöntalstrasse 12, Zelglistrasse 16 und Zürcherstrasse 12 wohnhaft ist. Insoweit ist er befugt, mit Beschwerde geltend zu machen, der Betrieb dieser Anlagen verfüge nicht über die nötigen Baubewilligungen und sei einzustellen (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher grundsätzlich einzutreten.
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet dieses grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde klar vorgebracht worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG); hierfür gelten qualifizierte Begründungsanforderungen (BGE 139 I 229 E. 2.2 mit Hinweisen).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht, soweit eine Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung des Bauausschusses Winterthur gerügt wird, setzt sich doch der Beschwerdeführer in keiner Weise mit den diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander. Auf diese Rüge kann daher nicht eingetreten werden.
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
2.
5G ist die nächste Generation der mobilen Kommunikationssysteme. Diese nutzt u.a. die Frequenzbänder um 3.6 GHz, für welche vermehrt adaptive Antennen eingesetzt werden. Diese verändern ihre Senderichtung und/oder ihr Antennendiagramm automatisch durch Algorithmen in kurzen zeitlichen Abständen ohne Veränderung der Montagerichtung, um das Signal bevorzugt in jene Richtung zu übertragen, wo es durch die Endgeräte angefordert wird.
Für eine Übergangszeit empfahl das BAFU den kantonalen und kommunalen NIS-Fachstellen, die Strahlung von adaptiven Antennen wie bei konventionellen Antennen zu berechnen, d.h. basierend auf einem Antennendiagramm, das für jede Senderichtung den maximal möglichen Antennengewinn berücksichtigt (sog. "Worst-Case-Szenario"). Die Empfehlungen der BPUK vom 7. März 2013 und vom 19. September 2019 zur Bewilligung von Mobilfunkantennen gingen davon aus, dass adaptive Antennen im Bagatellbewilligungsverfahren bewilligt werden könnten, wenn die berechnete elektrische Feldstärke an OMEN, an denen der Anlagegrenzwert vor der Änderung im massgebenden Betriebszustand bereits zu mehr als 50 % ausgeschöpft gewesen sei, nicht zunehme, und an den übrigen OMEN um weniger als 0.5 V/m zunehme.
Am 23. Februar 2021 publizierte das BAFU den Nachtrag "Adaptive Antennen" zur Vollzugshilfe. Diese sieht für adaptive Antennen die Anwendung eines Korrekturfaktors vor. Dieser wurde am 17. Dezember 2021 in Ziff. 63 Abs. 2 Anh. 1 der Verordnung vom 23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) verankert. Die Anwendung dieses Korrekturfaktors bei bestehenden adaptiven Sendeantennen gilt nach Ziff. 62 Abs. 5bis Anh. 1 NISV nicht als Änderung einer Anlage.
3.
Das Verwaltungsgericht hielt einleitend fest, streitig sei (einzig) die Frage, ob bei den interessierenden Mobilfunkantennenanlagen der Wechsel von 3G (UMTS) oder 4G (LTE) auf 5G (New Radio) im Bagatelländerungsverfahren zulässig sei. Nicht von den Anträgen des Beschwerdeführers betroffen sei die Frage, ob auch der Wechsel von konventionellen zu adaptiven Antennen oder die Einführung des Korrekturfaktors im Bagatelländerungsverfahren zulässig sei.
3.1. Dies wird vom Beschwerdeführer bestritten. 5G-Mobilfunkanlagen seien mit adaptiven Antennen ausgerüstet, die eine zusätzliche Lage auf den Antennenmasten einnähmen und ein anderes Antennendiagramm aufwiesen als die bisherigen Antennen. Aufgrund der höheren Frequenz um 3'600 MHz müssten 5G-Antennen mehr Energie einsetzen als die Vorgänger-Generation. Schon im Rekursverfahren habe er vorgebracht, dass bei den konkret in Frage stehenden Antennenanlagen von zu tiefen Sendeleistungen ausgegangen werde; diese müssten demnach mit Korrekturfaktor beantragt worden sein.
3.2. Dem Verwaltungsgericht ist einzuräumen, dass der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren nicht klar gesagt hat, gegen welche Anpassungen von Mobilfunkanlagen er sich wende; sein Hauptvorwurf, 5G-Mobilfunkantennen würden mit einer weit höheren Leistung betrieben als im Standortdatenblatt deklariert, betrifft in erster Linie die Einhaltung der Bewilligung und damit den Vollzug. Dennoch ist davon auszugehen, dass er eine Überprüfung sämtlicher Bagatelländerungsbewilligungen anstrebte, auch soweit damit die Installation adaptiver Antennen für 5G im "Worst-Case-Szenario" bewilligt worden war.
Davon ging bereits das Baurekursgericht aus (vgl. Rekursentscheid E. 5.1) : Zwar sei die Anwendung des Korrekturfaktors kein Thema, weil dieser Mechanismus erst mit dem Nachtrag des BAFU vom 23. Februar 2021 zur Vollzugshilfe eingeführt worden sei, d.h. nach der ursprünglichen Eingabe des Beschwerdeführers. Dagegen stelle sich vorliegend die Frage, ob für anders geartete Änderungen im Zusammenhang mit dem 5G-Standard und adaptiven Antennen das Bagatelländerungsverfahren zulässig sei, insbesondere für die Bewilligung adaptiver Antennen anhand einer "Worst-Case"-Beurteilung (E. 5.3). Das Baurekursgericht erachtete dies als zulässig, sofern die Kriterien gemäss den Empfehlungen der BPUK vom 7. März 2013 und vom 19. September 2019 erfüllt seien. Der Beschwerdeführer bringe nichts vor, was darauf schliessen liesse, dass die von der Stadt Winterthur erteilten Bagatelländerungsbewilligungen diesen Voraussetzungen nicht entsprochen hätten.
3.3. Das Verwaltungsgericht hat somit den Streitgegenstand unzulässigerweise eingeengt, indem er ihn auf die Umstellung der Technologie auf 5G beschränkt hat, unter Ausschluss von Bagatelländerungsbewilligungen für die Installation adaptiver Antennen unter Zugrundelegung des "Worst-Case-Szenarios". Dies stellt eine Rechtsverweigerung dar. Eine Rückweisung an das Verwaltungsgericht zur Prüfung der aufgeworfenen Rechtsfragen erübrigt sich jedoch, weil diese zwischenzeitlich vom Bundesgericht geklärt worden sind (vgl. unten, E. 4.1) und es für die Prüfung der weiteren Schritte zweckmässig erscheint, die Sache unmittelbar der Stadt Winterthur zurückzuweisen (siehe unten, E. 5).
4.
Die Baubewilligungspflicht richtet sich nach Art. 22 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes (RPG; SR 700). Danach dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Massstab dafür, ob eine Massnahme erheblich genug ist, um sie dem Baubewilligungsverfahren zu unterwerfen, ist die Frage, ob mit der Realisierung der Baute oder Anlage im Allgemeinen, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, so wichtige Folgen für Raum und Umwelt verbunden sind, dass ein Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarschaft an einer vorgängigen Kontrolle besteht (BGE 139 II 134 E. 5.2 mit Hinweisen). Gewisse Vorhaben können wegen ihres Betriebs und weniger wegen ihrer konstruktiven Anlage baubewilligungspflichtig sein. Der bundesrechtliche Begriff der bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen kann von den Kantonen konkretisiert und erweitert, nicht aber enger gefasst werden (zum Ganzen: Urteil 1C_506/2023 vom 23. April 2024 E. 3.1 mit Hinweisen, zur amtlichen Publikation vorgesehen).
4.1. Im Urteil 1C_414/2022 vom 29. August 2024 (E. 4.3 und 4.4) bejahte das Bundesgericht die Baubewilligungspflicht für den Ersatz konventioneller Antennen durch adaptive Antennen, weil diese ein anderes Antennendiagramm aufweisen. Es handle sich daher um eine Anlagenänderung i.S.v. Ziff. 62 Abs. 5 Anh. 1 lit. b Anh. 1 NISV. Diese könne - selbst bei gleichbleibender bewilligter Sendeleistung - zu einer unterschiedlichen räumlichen Verteilung der Strahlung führen; u.U. nehme die elektrische Feldstärke an anderen als den bisher berechneten OMEN zu. Dies begründe regelmässig ein Interesse der Anwohnerschaft und der Öffentlichkeit an einer vorgängigen Kontrolle. Soweit sich aus den Empfehlungen der BPUK etwas anderes ergebe, könne diesen nicht gefolgt werden.
4.2. Im zur amtlichen Publikation bestimmten Urteil 1C_506/2023 vom 23. April 2024 bejahte das Bundesgericht eine Baubewilligungspflicht auch für die Anwendung des Korrekturfaktors auf bereits (unter Anwendung des "Worst-Case-Szenarios") bewilligte adaptive Antennen. Aufgrund der Anwendung des Korrekturfaktors könnten neu kurzfristige Leistungsspitzen auftreten, die deutlich über der bisher bewilligten maximalen Sendeleistung liegen, mit der Folge, dass die für ein OMEN berechnete elektrische Feldstärke kurzfristig um maximal einen Faktor 3 übertroffen werden könnte (E. 4.2).
4.3. Noch nicht entschieden wurde der vom Verwaltungsgericht beurteilte Fall, dass ausschliesslich eine Umstellung auf 5G-Technologie erfolgt. Derartige Fälle dürften sehr selten sein, denn typischerweise geht die Umstellung auf 5G mit dem Einbau zusätzlicher Antennen bzw. dem Ersatz konventioneller durch adaptive Antennen einher, um Signale zielgerichteter und flexibler übertragen zu können.
4.3.1. Die Vorinstanz verneinte die Baubewilligungspflicht: Die NISV sei technologieneutral. Ihre Bestimmungen, namentlich die Immissions- und Anlagegrenzwerte, gälten unabhängig davon, ob es sich bei der Mobilfunktechnologie um 3G (UMTS), 4G (LTE) oder 5G (New Radio) handle. Es sei auch für die Berechnung der elektrischen Feldstärke irrelevant, mit welcher Technologie eine Mobilfunkantenne strahle. Eine einfache Umrüstung einer Mobilfunkantennenanlage von 4G auf 5G habe auch keine Erhöhung der Sendeleistung zur Folge. 5G habe sodann ähnliche Eigenschaften in Bezug auf die Signalübertragung wie 3G und 4G. 5G sei gegenüber 4G keine ganz neue Technologie. Die Funktechnik bzw. Strahlung der Antennen sei im Bereich der heute verfügbaren Frequenzen mit 4G vergleichbar. Der Unterschied zu den anderen Technologiestandards bestehe im Grundsatz lediglich darin, dass die Daten anders verpackt und fokussiert übertragen würden (BAKOM, Fragen und Antworten zu 5G, Worin bestehen die Unterschiede zwischen 5G und 4G?). Längerfristigen Auswirkungen der 5G-Strahlung auf die Gesundheit sowie dem Vorsorgeprinzip werde mittels des Immissionsgrenzwerts (IGW) und des Anlagegrenzwerts (AGW) Rechnung getragen. Sodann seien die Qualitätssicherungssysteme der Mobilfunkbetreiber auch auf 5G anwendbar. Demgemäss habe die blosse Umstellung einer Antennenanlage auf 5G, ohne zusätzliche Änderung der Sendeleistung oder bauliche Massnahmen, keine genügend wichtigen Folgen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Umwelt und Planung, dass ein Interesse der Öffentlichkeit bzw. der Nachbarschaft an einer vorgängigen Kontrolle in einem ordentlichen Baubewilligungsverfahren bestehe.
4.3.2. Auch das BAFU vertritt diese Auffassung. Die NISV sei technologieneutral ausgestaltet, d.h. die für die Strahlung einer Antenne massgebenden Grössen seien nicht abhängig vom eingesetzten Mobilfunkstandard. Der Wechsel auf einen anderen Mobilfunkstandard alleine sei deshalb aus Sicht des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung nicht relevant. Zum Einwand des Beschwerdeführers, wonach 5G-Antennen mit höheren Sendeleistungen betrieben würden, hält das BAFU fest, verbindlich sei allein die bewilligte und im Standortdatenblatt festgelegte Sendeleistung. Deren Einhaltung sei durch die zuständigen Vollzugsbehörden zu kontrollieren.
4.3.3. Dem ist zuzustimmen. Der Wechsel des eingesetzten Mobilfunkstandards hat für sich allein keine Änderung der Anlage i.S.v. Ziff. 62 Abs. 5 NISV zur Folge. Wird kein Korrekturfaktor zur Anwendung gebracht, muss die bewilligte maximale Sendeleistung im massgebenden Betriebszustand jederzeit eingehalten werden. Solange keine zusätzlichen Antennen eingebaut bzw. konventionelle durch adaptive Antennen ersetzt werden, ändert sich auch nichts an der räumlichen Verteilung der nichtionisierenden Strahlung. Werden die bisherigen Antennen unverändert beibehalten, erfolgt in aller Regel auch keine Änderung des Frequenzbands. Die in Anh. 1 und 2 NISV festgelegten Immissions- und Anlagegrenzwerte variieren je nach Frequenz der Strahlung, sind aber nicht von der Mobilfunktechnologie abhängig und gelten damit unabhängig davon, ob es sich um 2G (GSM), 3G (UMTS), 4G (LTE) oder 5G (New Radio) handelt. Die Auswirkungen der Umstellung auf 5G für Raum und Umwelt sind daher, für sich allein, nicht gewichtig genug, um eine präventive Kontrolle im Baubewilligungsverfahren zu begründen. Einwände gegen 5G (als Technologie) können jedoch im Rahmen einer Einsprache gegen damit zusammenhängende baubewilligungspflichtige Änderungen, namentlich dem Einbau adaptiver Antennen oder der Anwendung des Korrekturfaktors, vorgebracht werden.
5.
Nach dem Gesagten ist dem Verwaltungsgericht zuzustimmen, dass die technologische Umstellung auf 5G allein nicht baubewilligungspflichtig ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Stadt Winterthur in der Vergangenheit auch die Installation gewisser adaptiver Antennen für 5G im Bagatelländerungsverfahren bewilligt hat, in Übereinstimmung mit den damaligen Empfehlungen der BPUK. Derartige Änderungen sind grundsätzlich baubewilligungspflichtig.
Unklar ist jedoch, ob und inwiefern derartige Bagatelländerungsbewilligungen für die vorliegend streitigen Mobilfunkantennenstandorte erteilt worden sind. Es fehlen vorinstanzliche Feststellungen zu dieser Frage. Der Beschwerdeführer hat vor Bundesgericht Standortdatenblätter für drei der sechs streitigen Mobilfunkanlagen eingereicht; aus diesen geht jedoch nicht der vorherige, ordentlich bewilligte Zustand und damit das Ausmass der Änderung hervor. Hinzu kommt, dass die Betreiberinnen der betroffenen Mobilfunkanlagen bisher nicht am Verfahren beteiligt worden sind. Diesen muss jedoch das rechtliche Gehör gewährt werden, bevor über eine allfällige Verpflichtung zur Einleitung eines nachträglichen Baubewilligungsverfahrens entschieden wird; erst recht gilt dies für die weitergehenden Anträge des Beschwerdeführers auf Abschaltung bzw. Demontage von nicht ordentlich bewilligten Anlageteilen.
Es rechtfertigt sich daher, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache an den Bauausschuss der Stadt Winterthur zurückzuweisen, um erneut über die Anträge des Beschwerdeführers zu entscheiden, diesmal unter Mitwirkung der betroffenen Mobilfunkbetreiberinnen. Der Bauausschuss wird prüfen müssen, ob an den streitigen Standorten die Installation adaptiver Antennen im Bagatelländerungsverfahren bewilligt worden ist und welche Rechtsfolgen dies nach sich zieht. Möglicherweise können die Verfahren mit bereits hängigen Baugesuchen der Mobilfunkbetreiberinnen zur Einführung des Korrekturfaktors an den streitigen Standorten vereinigt werden.
6.
Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an den Bauausschuss Winterthur zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer obsiegt im Wesentlichen, weshalb es sich rechtfertigt, ihm keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos. Dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen. Das Verwaltungsgericht wird die Kosten und Entschädigungen der vorinstanzlichen Verfahren neu verlegen müssen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 12. Mai 2023 aufgehoben. Die Sache wird zu neuem Entscheid in der Sache an den Bauausschuss der Stadt Winterthur zurückgewiesen.
2.
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigung zugesprochen.
3.
Für die Neufestsetzung der Kosten und Entschädigungen in den vorinstanzlichen Verfahren wird die Sache an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bauausschuss der Stadt Winterthur, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Oktober 2024
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Gerber