9C_457/2024 25.10.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_457/2024
Urteil vom 25. Oktober 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.
Verfahrensbeteiligte
A.A.______,
Beschwerdeführerin,
gegen
Kantonales Steueramt Zürich, Bezugsdienste, Bändliweg 21, 8090 Zürich,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2021; Ordnungsbusse,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, vom 5. Juni 2024 (GB.2024.00002).
Sachverhalt:
A.
Am 23. Juni 2022 mahnte das Steueramt der Stadt U.________ A.A.________ sowie ihren Ehemann B.A.______, die Steuererklärung 2021 innert einer Frist von zehn Tagen einzureichen, ansonsten die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen erfolge und sie wegen Steuerwiderhandlung mit einer Busse bestraft würden. Mit Verfügung vom 18. Juli 2023, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 17. Januar 2024, wurde A.A.________ wegen Nichteinreichens der Steuererklärung für das Jahr 2021 vom Kantonalen Steueramt Zürich eine Ordnungsbusse von Fr. 100.- auferlegt. Auch B.A._______ wurde mit Fr. 100.- gebüsst (Verfügung vom 18. Juli 2023, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 17. Januar 2024).
B.
Die von A.A.________ mit dem sinngemässen Antrag auf Aufhebung des Einspracheentscheides erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 5. Juni 2024 ab. Es erkannte, A.A.________ sei in der Steuerperiode 2021 der Verletzung von Verfahrenspflichten im Sinne von Art. 174 DBG schuldig und werde mit einer Busse von Fr. 100.- bestraft. Ein analoges Urteil erging gleichentags im Beschwerdeverfahren, das der Ehemann eingeleitet hatte.
C.
A.A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in einer gemeinsam mit B.A.________ (Beschwerdeführer im Parallelverfahren 9C_456/2024) verfassten Eingabe. Sie beantragt sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und des Einspracheentscheides.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind erfüllt (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11]).
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Gemäss Art. 174 DBG wird mit Busse bestraft, wer einer Pflicht, die ihm nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes getroffenen Anordnung obliegt, trotz Mahnung vorsätzlich oder fahrlässig nicht nachkommt (Abs. 1), insbesondere die Steuererklärung oder die dazu verlangten Beilagen nicht einreicht (lit. a). Die Busse beträgt bis zu Fr. 1'000.-, in schweren Fällen oder bei Rückfall bis zu Fr. 10'000.- (Abs. 2).
3.
3.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Ehemann zur Einreichung der Steuererklärung für das Jahr 2021 samt Beilagen verpflichtet war und diese (wie bereits die Steuererklärungen für die Jahre 2010, 2011 und 2019) trotz Mahnung bewusst nicht eingereicht hat, womit sie sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand von Art. 174 Abs. 1 lit. a DBG erfüllt.
3.2. Die Beschwerdeführerin hält ihr Verhalten auch im letztinstanzlichen Verfahren für gerechtfertigt. Sie und ihr Ehemann hätten sich gegen die willkürliche sowie diskriminierende Behandlung durch das Steueramt zur Wehr setzen wollen und zu Gegenmassnahmen gegriffen, weil das Steueramt ihre Rechte missachtet und "massloses Verhalten im Machtrausch" an den Tag gelegt habe. Die Vorinstanz versuche davon abzulenken, dass die Steuerbehörde eine Gegenreaktion provoziert und sie insofern zur Straftat angestiftet habe. Es könne nicht korrekt sein, ihnen eine Busse aufzuerlegen, da sie "sachte" bzw. "angemessen" reagiert hätten. Zudem sei es ein "Wahnsinn", sie beide mit einer Busse zu belegen, obwohl sie nur eine Steuererklärung einreichen müssten; mit dieser "Doppelbestrafung" würden Ehepaare diskriminiert. Im Übrigen zweifle sie nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes an dessen Unvoreingenommenheit, denn wenn es nur dafür da sei, dem Staat Recht zu geben, fehle das Vertrauen in eine solche Institution.
3.2.1. Weshalb die von der Beschwerdeführerin im bundesgerichtlichen Verfahren erneut angerufenen Rechtfertigungsgründe (Notwehr [Art. 15 StGB], Notstand [Art. 17 StGB] und Wahrung berechtigter Interessen [BGE 146 IV 297 E. 2.2.1]) nicht gegeben sind, legte bereits die Vorinstanz einlässlich und zutreffend dar, sodass auf ihre diesbezüglichen Erwägungen verwiesen werden kann. Die Beschwerdeführerin kann sich schon deshalb weder auf eine Notwehr- noch eine Notstandssituation berufen, weil das Verhalten der Steuerverwaltung weder einen unmittelbaren, rechtswidrigen Angriff noch eine unmittelbare Gefahr für ihre Rechtsgüter darstellt. Selbst wenn die Steuerverwaltung bei den Einschätzungen Fehler gemacht hätte, wäre das Nichteinreichen der Steuererklärung kein geeignetes und angemessenes Mittel, das angestrebte Ziel zu erreichen, dies mit Blick auf das gewichtige öffentliche Interesse des Gemeinwesens an der Abklärung des Sachverhaltes und einer rechtmässigen Veranlagung. Ebenso wenig handelte die Beschwerdeführerin zur Wahrung berechtigter Interessen, da dieser Rechtfertigungsgrund unter anderem voraussetzen würde, dass die Straftat die einzige Lösung des Konflikts wäre und in diesem Sinne zuvor der Rechtsweg mit legalen Mitteln hätte beschritten und ausgeschöpft werden müssen (vgl. dazu BGE 129 IV 6 E. 3.3).
3.2.2. Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin auch, soweit sie sich dagegen wehrt, dass sie und ihr Ehemann je separat und insofern "doppelt" gebüsst wurden. Entsprechend dem Grundsatz, dass in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebende Ehegatten die Verfahrenspflichten gemeinsam ausüben, so insbesondere die Steuererklärung gemeinsam zu unterschreiben haben (vgl. Art. 113 Abs. 1 und 2 DBG), verletzten sie beide durch die Nichteinreichung der Steuererklärung die ihnen obliegende Mitwirkungspflicht, wobei sich jeder Ehegatte nur nach seinem persönlichen Verschulden strafbar machte. Aus diesem Grund ist in einem solchen Sachverhalt, wie er hier vorliegt, gegen beide Ehegatten je separat, unter Berücksichtigung des individuellen Verschuldens, eine Steuerbusse auszusprechen. Anders verhielte es sich, wenn es um die Auskunft oder Mitwirkung hinsichtlich der Einkommensbestandteile oder sonstiger steuerlich relevanter Umstände ginge, die nur einen Ehegatten betreffen; in diesem (hier nicht gegebenen Fall) wäre nur dieser eine Ehegatte zu büssen (vgl. auch Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ESTV] Nr. 30 vom 21. Dezember 2010 betreffend "Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG]", Ziff. 16.1). Mit dieser Regelung werden Ehepaare gleich behandelt wie unverheiratete Paare, die der Individualbesteuerung unterliegen; von einer Diskriminierung kann keine Rede sein.
3.2.3. Was schliesslich den an die Vorinstanz gerichteten Vorwurf fehlender Unabhängigkeit anbelangt, beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf pauschale Kritik. Sie nennt keine konkreten und objektiven Anhaltspunkte für die angebliche Voreingenommenheit, sondern scheint aus dem Umstand, dass das kantonale Urteil nicht wunschgemäss ausfiel, auf richterliche Voreingenommenheit zu schliessen, was nicht genügt. Aus ihren Ausführungen ergeben sich keinerlei Hinweise auf die von ihr behauptete Parteilichkeit. Umstände, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken könnten (vgl. BGE 144 I 234 E. 5.2; 141 IV 178 E. 3.2.1), sind der Beschwerde auch nicht ansatzweise zu entnehmen. Damit entbehrt auch dieser Einwand einer Grundlage.
3.3. Bei dieser Sachlage verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, indem sie die Beschwerdeführerin der vorsätzlichen Verletzung von Verfahrenspflichten im Sinne von Art. 174 DBG schuldig sprach. Ebenso wenig gibt zu Beanstandungen Anlass, dass sie erkannte, die Busse in der Höhe von Fr. 100.- (was dem unteren Ende des Strafrahmens entspricht) sei im Lichte des Verschuldens und des früheren Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin einzig angesichts der finanziellen Verhältnisse gerade noch angemessen. Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen.
4.
Entsprechend dem Verfahrensausgang werden die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 25. Oktober 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann