4A_233/2024 26.09.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_233/2024
Urteil vom 26. September 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Hohl, May Canellas,
Gerichtsschreiber Brugger.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Andrea Mondini und Dr. Daniel Burkard,
Beschwerdeführerin,
gegen
Ba.________ Company,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Simon Holzer und Louisa Galbraith,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Nichtigkeit eines ergänzenden Schutzzertifikats; Beanspruchung des Prioritätsrechts,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. März 2024 (O2022_007).
Sachverhalt:
A.
Am 31. Mai 2022 reichte die A.________ AG (Klägerin, Beschwerdeführerin) beim Bundespatentgericht Klage gegen die Ba.________ Company (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ein. Sie begehrte, das Schweizer ergänzende Schutzzertifikat ESZ xxx "X.________" sei für nichtig zu erklären.
Das angegriffene ergänzende Schutzzertifikat ESZ xxx der Beklagten basiert auf dem Schweizer Teil des Europäischen Patents EP yyy (im Folgenden "EP yyy" oder "Grundpatent"). Die Klägerin machte die Nichtigkeit des ergänzenden Schutzzertifikats ESZ xxx geltend unter Berufung auf angebliche Nichtigkeit des Grundpatents (Anspruch 1) wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, soweit sie zulässig sei.
Mit Urteil vom 5. März 2024 wies das Bundespatentgericht die Klage vollumfänglich ab. Es bejahte bezüglich dem Grundpatent (Anspruch 1) sowohl die Neuheit als auch die erfinderische Tätigkeit.
B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. März 2024 sei aufzuheben (mit Ausnahme von Ziffer 3, welche die Kosten für das unnütze Gutachten der Beschwerdegegnerin auferlegt) und dahingehend abzuändern, dass die Klage unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdegegnerin gutgeheissen und das ergänzende Schutzzertifikat ESZ xxx "X.________" für nichtig erklärt wird. Eventualiter sei das angefochtene Urteil vollumfänglich aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Am 30. Mai 2024 reichte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht eine weitere Eingabe ein.
Die Parteien haben repliziert und dupliziert. Am 26. Juli 2024 reichte die Beschwerdegegnerin eine weitere Eingabe ein, worauf die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 7. August 2024 antwortete.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde betrifft eine Zivilsache (Art. 72 BGG), sie richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) des Bundespatentgerichts (Art. 75 Abs. 1 BGG), die Beschwerdeführerin ist mit ihren Anträgen nicht durchgedrungen (Art. 76 Abs. 1 BGG), ein Streitwert ist nicht erforderlich (Art. 74 Abs. 2 lit. e BGG) und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf die Begründungspflicht der beschwerdeführenden Partei (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 115 E. 2; 137 III 580 E. 1.3; 135 III 397 E. 1.4).
Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Macht die beschwerdeführende Partei beispielsweise eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) geltend, genügt es nicht, wenn sie einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich (BGE 134 II 349 E. 3; 133 I 1 E. 5.5). Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 144 II 281 E. 3.6.2; 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht; zudem muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 145 V 188 E. 2; 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E. 1.5).
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt ebenfalls das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).
3.
3.1. Die Vorinstanz erachtete die Nichtigkeitsklage gegen das ergänzende Schutzzertifikat gemäss Art. 140k Abs. 2 PatG als zulässig, ohne dass ein besonderes Interesse nachzuweisen wäre. Dies wird selbstredend von der Beschwerdeführerin nicht angefochten.
3.2. Die Vorinstanz bejahte sodann sowohl die Neuheit als auch die erfinderische Tätigkeit. Demzufolge erachtete sie das Grundpatent in dem nach dem Teilverzicht noch aufrechterhaltenen Umfang als rechtsbeständig und wies die Nichtigkeitsklage gegen das ESZ xxx ab. Die bejahte erfinderische Tätigkeit ficht die Beschwerdeführerin nicht an.
3.3. Hingegen beharrt sie auf dem Standpunkt, Anspruch 1 des Grundpatents ermangle es gegenüber der internationalen Patentanmeldung WO zzz ("WO zzz") an Neuheit. WO zzz wurde am 3. Dezember 2002 unter Beanspruchung einer Priorität vom 10. Dezember 2001 angemeldet und am 19. Juni 2003 veröffentlicht.
Die Beschwerdegegnerin bestreitet nicht, dass WO zzz bezüglich dem Grundpatent neuheitsschädlich ist. Jedoch macht sie geltend, WO zzz falle mit Blick auf die gültige Beanspruchung der Priorität der Erstanmeldung US www vom 21. September 2001 ausser Betracht.
Streitentscheidend ist mithin, ob das Grundpatent seine Priorität vom 21. September 2001 gültig beansprucht, also der 21. September 2001 massgeblicher Zeitpunkt für den Stand der Technik bildet, so dass die WO zzz nicht Stand der Technik für das Grundpatent bildet.
Die Parteien streiten sich dementsprechend in erster Linie darum, ob die Beschwerdegegnerin die Priorität der Erstanmeldung US www gültig beanspruchen kann.
Dabei stellt die Beschwerdeführerin die gültige Prioritätsbeanspruchung einzig aus formellen Gründen in Abrede. Sie argumentiert, die Nachanmeldung WO vvv sei nicht von der Anmelderin der Erstanmeldung US www, der Bb.________ Company, sondern von der Bc.________ Company eingereicht worden, die nicht als "Rechtsnachfolgerin" der Bb.________ Company im Sinne der einschlägigen Normen zu betrachten sei. Die Beschwerdegegnerin postuliert demgegenüber, ihr sei das Recht, die Priorität der Erstanmeldung US www zu beanspruchen, eingeräumt worden.
An der streitigen Frage der gültigen Prioritätsbeanspruchung entscheidet sich der Erfolg der Beschwerde. Sie ist demnach vom Bundesgericht zu prüfen.
4.
4.1. Wer in einem Verbandsland der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums vom 2. Juni 1934 (PVÜ, SR 0.232.02) ein Gesuch für ein Erfindungspatent regelrecht hinterlegt hat, oder sein Rechtsnachfolger, geniesst für die Hinterlegung in den anderen Ländern während zwölf Monaten nach der Erstanmeldung ein Prioritätsrecht (Art. 4A [1] i.V.m. Art. 4C [1] PVÜ, Art. 17 Abs. 1 PatG, Art. 87 [1] des Europäischen Patentübereinkommens vom 29. November 2000; EPÜ; SR 0.232.142.2).
4.2. Das Prioritätsrecht besteht darin, dass der Anmeldung keine Tatsachen entgegengehalten werden können, die seit der ersten Anmeldung eingetreten sind (Art. 4B PVÜ, Art. 17 Abs. 2 PatG, Art. 89 EPÜ). Eine während dieser Zeit erfolgte Erweiterung des Stands der Technik und ebenso wenig die eigene Veröffentlichung des Anmelders bleibt somit ohne Einfluss auf die Patentierbarkeit hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit. Als Prioritätstag der Nachanmeldung gilt der Anmeldetag der Erstanmeldung (vgl. Art. 89 EPÜ).
4.3. Die Wirkung des Prioritätsrechts (Ausschluss von Zwischenliteratur) betrifft häufig Veröffentlichungen des Anmelders der prioritären Erstanmeldung oder mit ihm verbundener Personen. Das Prioritätsrecht schützt also auch den Anmelder vor seinen eigenen Zwischenveröffentlichungen und ermöglicht es ihm, den Inhalt der Prioritätsanmeldung zu veröffentlichen, bevor die Nachanmeldungen eingereicht werden. Dieser Aspekt ist von besonderer Bedeutung in Patentsystemen wie dem schweizerischen oder europäischen, das generell keine Neuheitsschonfrist vor der Einreichung einer Patentanmeldung vorsieht, während der Veröffentlichungen des Anmelders unschädlich sind (Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts [EPA] vom 10. Oktober 2023 G 1/22 Rz. 56).
4.4. Das Prioritätsrecht bezweckt hauptsächlich, das Interesse des Patentanmelders an einem Schutz der Erfindung in mehreren Ländern für eine bestimmte Zeit zu wahren (vgl. BGE 42 II 400 E. 4 S. 404). Infolge des Territorialitätsprinzips muss in jedem einzelnen Land, in dem Patentschutz gewünscht wird, eine Patentanmeldung erfolgen. Das Prioritätsrecht räumt dem Patentanmelder einen bestimmten Zeitraum ein, während dem er in den anderen Ländern für dieselbe Erfindung Patentanmeldungen vornehmen kann. Insofern bezweckt das Prioritätsrecht, das Territorialitätsprinzip abzumildern (Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer des EPA vom 10. Oktober 2023 G 1/22 Rz. 54; Peter Heinrich, PatG/EPÜ, 3. Aufl., Bern 2018, N. 4 zu Art. 17 PatG). Gemäss der Grossen Beschwerdekammer des EPA sollen die Vorschriften der Pariser Verbandsübereinkunft und das eigenständige Prioritätssystem des EPÜ auf eine Art und Weise ausgelegt werden, die gewährleistet, dass der vorstehend genannte generelle Zweck so weit wie möglich erfüllt wird (Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer des EPA vom 10. Oktober 2023 G 1/22 Rz. 54; so bereits BGE 42 II 400 E. 4).
4.5. Das Prioritätsrecht kann vom Erstanmelder oder von demjenigen beansprucht werden, der das Recht des Erstanmelders erworben hat, die gleiche Erfindung in der Schweiz zur Patentierung anzumelden (Art. 18 Abs. 2 PatG). Das Prioritätsrecht ist ein vom Recht auf das Patent oder die Patentanmeldung unabhängiges Recht, das separat übertragen werden kann. Da das Prioritätsrecht in Art. 33 Abs. 2bis PatG nicht genannt wird, kann es übertragen werden, ohne dass die schriftliche Form beachtet werden müsste. Es gelten keine Formvorschriften; die Übertragung ist formfrei gültig (Heinrich, a.a.O., N. 1a zu Art. 18 PatG; Mark Schweizer, in: Mark Schweizer / Herbert Zech [Hrsg.], Patentgesetz, 2019, N. 29 zu Art. 33 PatG; Jacques de Werra, in: Jacques de Werra / Philippe Gilliéron, Propriété intellectuelle, 2013, N. 9 zu Art. 33 LBI; Tobias Bremi, Einreichung von US Provisional Applications und Übertragung von Prioritätsrechten: Einige Fallstricke in der Praxis, sic! 2010 S.296 ff., S. 297; vgl. auch Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer des EPA vom 10. Oktober 2023 G 1/22 Rz. 99 f.).
5.
5.1. Die Vorinstanz bejahte die gültige Prioritätsbeanspruchung durch die Beschwerdegegnerin. Zur Begründung führte sie in der diesbezüglichen Erwägung 30 Folgendes aus:
"Die Frage der gültigen Prioritätsbeanspruchung bestimmt sich [...] nach schweizerischem Recht, zu dem auch das Europäische Patentübereinkommen als ein von der Schweiz ratifizierter multilateraler Staatsvertrag gehört [...].
Während die Beweiswürdigung durch die Grosse Beschwerdekammer für schweizerische Gerichte nicht verbindlich ist [...], können sich schweizerische Gerichte selbstverständlich den Überlegungen der Grossen Beschwerdekammer anschliessen, wenn diese überzeugend sind.
Das sind sie vorliegend. Wie die Beklagte vorträgt, war die vorläufige Anmeldung US www im Zeitpunkt der Einreichung der Nachanmeldung WO 652 noch nicht veröffentlicht, da das USPTO vorläufige Anmeldungen nie veröffentlicht [...]. Auch nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag (PCT, SR 0.232.141.1) muss bei Beanspruchung einer Priorität eine Prioritätserklärung (Tag, Staat und Anmeldenummer der früheren Anmeldung) und eine beglaubigte Abschrift der früheren Anmeldung, deren Priorität beansprucht wird, nicht später als 16 Monate nach Prioritätsdatum, d.h. normalerweise vor Veröffentlichung der PCT-Anmeldung, eingereicht werden (Regeln 4.10 a) und 17.1 Ausführungsordnung PCT). Die Klägerin bemängelte in der Replik [...], dass nicht belegt worden sei, inwieweit Bc.________ Company Zugang zu dieser beglaubigten Abschrift der früheren Anmeldung («priority document») hatte. Es gibt aber keine Anhaltspunkte, dass Bc.________ Company sich durch täuschendes Verhalten Zugriff auf das Prioritätsdokument verschafft hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Bb.________ Company die Unterlagen im Wissen darum zur Verfügung gestellt hat, dass Bc.________ Company diese benötigt, um die Priorität der Erstanmeldung US www zu beanspruchen, und dieser Verwendung zugestimmt hat. Es wäre äusserst widersprüchlich, Bc.________ Company die Prioritätsunterlagen zur Verfügung zu stellen, damit diese die Priorität beanspruchen kann, aber gleichzeitig das Recht, die Priorität zu beanspruchen, nicht zu übertragen. Seit dem 1. März 2001 bestand für Bc.________ Company aufgrund der neuen Regel 4.1. (c) (ii) PCT und der nationalen amerikanischen Abbildung in 37 C.F.R. Section 1.451 (b) zwar die Möglichkeit, anstatt selber die beglaubigte Abschrift zu beschaffen und einzureichen, im PCT-Antrag RO101 dem zuständigen PCT-Anmeldeamt die Weisung zu geben, dem Internationalen Büro direkt eine solche Abschrift zu übermitteln. Das war hier möglich, weil das USPTO sowohl zuständiges PCT-Anmeldeamt als auch Anmeldeamt der früheren Anmeldung war. Aber genau dann musste Bc.________ Company bereits im PCT-Antrag RO101 die besagte Prioritätserklärung abgeben können. Die Daten dieser Prioritätserklärung waren zu dem Zeitpunkt nicht öffentlich verfügbar, weil die frühere Anmeldung selber nicht öffentlich war (siehe vorne). Um die formellen Voraussetzungen der Prioritätsbeanspruchung zu erfüllen, war Bc.________ Company daher auf die Kooperation von Bb.________ Company angewiesen. Das Recht, die Priorität der US www in Anspruch zu nehmen, wurde konkludent mit der Überlassung der Prioritätsunterlagen und/oder der Angaben der Prioritätserklärung an Bc.________ Company übertragen. Eine solche formlose Übertragung des Prioritätsrechts ist nach nationalem schweizerischen Recht wie nach dem Europäischen Patentübereinkommen gültig. Bc.________ Company hatte daher im Zeitpunkt der Einreichung der Nachanmeldung WO vvv am 17. September 2002 das Recht, die Priorität der Erstanmeldung US www vom 21. September 2001 zu beanspruchen.
Was die Klägerin dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Zwar ist es richtig, dass der Gerichtsgutachter C.________ festgehalten hat, dass Bc.________ Company nach dem Recht des US-Bundesstaates Delaware nicht wirtschaftliche Eigentümerin der US www war (act. 110). Aber wie die Klägerin selbst argumentiert, ist auf die Frage der gültigen Prioritätsbeanspruchung schweizerisches Recht anwendbar. Das Gutachten C.________ wurde nur für den Fall eingeholt, dass der Spruchkörper eine andere Meinung vertreten sollte, um eine Verzögerung des Verfahrens zu verhindern [...].
Die Klägerin betont, dass die Anmeldung der WO vvv im Namen von Bc.________ Company gegen die internen Regeln des B.________-Konzerns verstossen habe und von D.________, Executive Vice President und General Counsel der Bc.________ Company, als Fehler bezeichnet wurde [...]. Das mag zutreffen, und sicherlich wäre es aus Sicht der Klägerin vorteilhaft gewesen, wenn die Nachanmeldung im Namen der Bb.________ Company eingereicht worden wäre, denn dann hätte sich die Frage gar nicht gestellt, ob ein Rechtsnachfolger der Erstanmelderin die Nachanmeldung WO vvv einreichte. Aber dass die Nachanmeldung durch Bc.________ Company internen Richtlinien der klägerischen Konzerngruppe widersprach, bedeutet nicht, dass Bb.________ Company mit der Nachanmeldung durch Bc.________ Company nicht einverstanden war. Als Gruppengesellschaften der gleichen Unternehmensgruppe haben beide Gesellschaften ein vitales Interesse daran, dass die Nachanmeldung gültig die Priorität der US www beansprucht. In wessen Namen die Nachanmeldung erfolgte, ist hingegen weitgehend irrelevant und kann durch eine nachträgliche Übertragung der Anmeldung (en) berichtigt werden, wenn eine «falsche» Gruppengesellschaft die Nachanmeldung getätigt hat. Es liegt hier nicht einer der «seltenen Ausnahmefälle» vor, die von der Grossen Beschwerdekammer angesprochen werden und die den Schluss umstossen, dass der Nachanmelder, der Zugang zu den Prioritätsunterlagen hatte, mit dem Einverständnis der Erstanmelderin handelte.
Unklar bleibt, was die Klägerin aus der Behauptung ableiten will, das Prioritätsrecht sei bereits an Bb.________ Company übertragen worden [...]. Es ist unstrittig, dass die Erfinder ihre Rechte an der Erstanmeldung US www, inklusive das Recht, deren Priorität zu beanspruchen, an Bb.________ Company übertragen haben. Strittig ist ausschliesslich die weitere Übertragung des Prioritätsrechts von Bb.________ Company an Bc.________ Company. Die erste Übertragung von den Erfindern an Bb.________ Company steht dieser nicht entgegen; im Gegenteil, sie ist sogar Voraussetzung für die weitere Übertragung, denn Bb.________ Company kann keine Rechte übertragen, die sie selbst nicht hat.
Auch die schriftlichen Übertragungen der Rechte an der Erstanmeldung 2007 und am 13. Dezember 2016 [...] stehen der Annahme nicht entgegen, dass das Recht, die Priorität der US www zu beanspruchen, bereits vor der Nachanmeldung an Bc.________ Company übertragen wurde. Erstens wird mit der konkludenten Übertragung des Prioritätsrechts nicht die Inhaberschaft an der Anmeldung als solcher übertragen, so dass nach wie vor ein Interesse daran besteht, die formelle Inhaberschaft an der Anmeldung formgerecht zu übertragen. Zweitens ist es nicht widersprüchlich, eine formlose konkludente Übertragung schriftlich zu bestätigen, um beispielsweise gegenüber zuständigen Behörden oder im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung einen urkundlichen Beweis vorlegen zu können.
Das Grundpatent beansprucht die Priorität der US www vom 21. September 2001 daher gültig."
5.2. Diese Erwägung unterzieht die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausführlicher Kritik. Laut Beschwerdegegnerin muss auf diese Kritik nicht eingegangen werden, da die Beschwerdeführerin nicht befugt sei, formelle Mängel der Prioritätsbeanspruchung - wie sie vorliegend einzig im Raum stehen - als unbeteiligte Dritte geltend zu machen. Darauf ist vorab einzugehen:
6.
Die Beschwerdegegnerin bestreitet das von der Vorinstanz bejahte Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin, die Prioritätsbeanspruchung mit Berufung auf rein formelle Aspekte anzugreifen. Dritte könnten im Nichtigkeitsprozess zwar geltend machen, die Prioritätsbeanspruchung sei aus materiellen Gründen, also weil nicht dieselbe Erfindung vorliegt, ungültig. Sie hätten aber kein schützenswertes Interesse, angebliche formale Mängel im Verhältnis zwischen dem Erstanmelder und dem Nachanmelder in einem Nichtigkeitsverfahren zu beanstanden. Es wäre absurd, dass Dritte die gültige Prioritätsbeanspruchung in Abrede stellen könnten, wenn sich der Anmelder der Erstanmeldung und der Anmelder der Nachanmeldung (en) einig seien, dass der Anmelder der Nachanmeldung das Prioritätsrecht der Erstanmeldung in Anspruch nehmen dürfe.
Dies wird namentlich von Tobias Bremi vertreten (A New Approach to Priority Entitlement: Time for Another Resolving EPO Decision?, GRUR Int. 2018, S. 128 ff., insb. S. 131). Er führt gute Gründe dafür an. Insbesondere weist er mit Recht darauf hin, dass der Hauptzweck des Prioritätsrechts (vgl. E. 4.4), aber auch der Umstand, dass ein solider Patentschutz Grundvoraussetzung für Forschung und Patentierung bildet und insofern im öffentlichen Interesse liegt, dagegen sprechen, dass ein Patent für nichtig erklärt wird, obwohl Erst- und Nachanmelder völlig einig sind, dass Letzterer die Priorität gültig in Anspruch nehmen kann, aber es möglicherweise zu einem internen formalen Fehler gekommen ist.
Die Vorinstanz ist dem nicht gefolgt. Zur Begründung stützte sie sich insbesondere auf Art. 20 Abs. 1 PatG. Danach befreit die Anerkennung des Prioritätsanspruchs im Patenterteilungsverfahren den Patentinhaber im Prozessfall nicht davon, den Bestand des Prioritätsrechts nachzuweisen. Dieser Bestimmung verbliebe nur ein kleiner Anwendungsbereich, wenn lediglich der Erstanmelder die gültige Prioritätsbeanspruchung durch den Nachanmelder bestreiten könnte, das in Art. 20 Abs. 1 PatG statuierte Nachweiserfordernis also einzig dem Schutz des Erstanmelders dienen würde.
Wie es sich damit verhält, braucht nicht weiter vertieft zu werden, da - wie zu zeigen sein wird - dem Einwand der Beschwerdeführerin, die Priorität werde nicht gültig beansprucht, ohnehin kein Erfolg beschieden ist.
Jedoch ist der Beschwerdegegnerin Recht zu geben und hier festzuhalten, dass das fragliche Rechtsschutzinteresse eines Dritten, die formelle Berechtigung des Nachanmelders zu bestreiten, sowie der Zweck des Prioritätsrechts (E. 4.4) bei der Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzung im Auge zu behalten sind. An den Nachweis des Bestands des in Anspruch genommenen Prioritätsrechts (Art. 20 Abs. 1 PatG) sind namentlich dann keine hohen Anforderungen zu stellen, wenn Erst- und Nachanmelder einig sind und bloss ein Dritter sich auf diesbezügliche formelle Mängel beruft.
7.
Unter dieser Prämisse hält die vorinstanzliche Bejahung der Berechtigung der Beschwerdegegnerin, die Priorität der Erstanmeldung US www in Anspruch zu nehmen, vor Bundesrecht stand. Was die Beschwerdeführerin gegen die überzeugende Beurteilung der Vorinstanz (E. 30, wiedergegeben in E. 5.1) vorbringt, dringt nicht durch:
7.1. Die Vorinstanz auferlegte gemäss Art. 20 Abs.1 PatG der Beschwerdegegnerin die Beweislast dafür, dass das Prioritätsrecht der Erstanmeldung US www bei der Nachanmeldung WO vvv gültig beansprucht wird. Die Beschwerdeführerin stimmt dem zu. Sie hält dies aber für ein blosses "Lippenbekenntnis", da die Vorinstanz dennoch in Anlehnung an die Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer des EPA G 1/22 zwei Vermutungen für die gültige Inanspruchnahme der Priorität aufgestellt habe, obwohl die Beschwerdegegnerin vor Aktenschluss eine konkludente Übertragung des Prioritätsanspruchs nicht behauptet habe. Indem die Vorinstanz trotz fehlender Behauptungen und Beweise, ja gegenteiliger Indizien, gestützt auf die beiden Vermutungen auf eine konkludente Übertragung geschlossen habe, habe sie Art. 55 ZPO und Art. 229 ZPO verletzt und ebenso Art. 20 Abs. 1 PatG, den sie de facto nicht befolgt habe.
7.2. Soweit die Beschwerdeführerin damit der Vorinstanz vorwirft, de facto eine Umkehr der Beweislast vorgenommen zu haben, geht der Vorwurf ins Leere. Die Vorinstanz ist in Würdigung der konkreten Umstände und Indizien zu einem positiven Beweisergebnis gelangt, womit die Frage der Beweislastverteilung gegenstandslos wird (BGE 141 III 241 E. 3.2; 130 III 591 E. 5.4). Eine Verletzung von Art. 20 Abs. 1 PatG scheidet aus.
7.3. Ebenso wenig hat die Vorinstanz die Verhandlungs- oder die Eventualmaxime verletzt (Art. 55 ZPO und Art. 229 ZPO). Es mag sein, dass die Beschwerdegegnerin, die bis zur klärenden Entscheidung der Grossen Beschwerdekammer des EPA G 1/22 vom 10. Oktober 2023 vorliegend von der Anwendbarkeit von US-Recht ausging, nicht explizit eine "konkludente Übertragung" behauptet hat. Dies ist so aber auch nicht erforderlich. Es genügt, dass sie die relevanten Tatsachen behauptet und belegt hat, gestützt auf welche die Vorinstanz auf eine konkludente Übertragung schliessen konnte. Dass es auch daran mangeln würde, wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt, zumindest nicht hinreichend.
7.4. Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, die Vorinstanz habe die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Priorität in unzulässiger Weise einzig anhand von zwei Erfahrungssätzen geprüft, die zudem unrichtig seien.
Die Vorinstanz bejahte die konkludente Übertragung vielmehr aufgrund einer Beweiswürdigung. Dabei berücksichtigte sie namentlich das zu jenem Zeitpunkt gleichgerichtete vitale Interesse der Bb.________ Company und der Nachanmelderin Bc.________ Company, die zu derselben Konzerngruppe gehören, dass die Nachanmeldung die Priorität der Erstanmeldung US www beanspruchen kann, ferner den Umstand, dass die Bb.________ Company der Bc.________ Company die Prioritätsunterlagen und/oder die Angaben der Prioritätserklärung überlassen hat im Wissen darum, dass sie diese für die Prioritätsbeanspruchung benötigt.
Bei zutreffendem Verständnis des angefochtenen Urteils wird klar, dass die Vorinstanz sich für ihren Schluss einer konkludenten Übertragung auf die konkreten Umstände und Indizien des Einzelfalles stützte. Soweit sie dabei auch gewisse natürliche Vermutungen berücksichtigte, ändert dies nichts daran, dass freie Beweiswürdigung der im Recht liegenden Indizien und Umstände vorliegt (vgl. BGE 126 III 10 E. 2b).
Da die Vorinstanz die gültige Prioritätsbeanspruchung somit entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht gestützt auf "aufgestellte Erfahrungssätze mit Normcharakter" bejaht hat, hilft es der Beschwerdeführerin nicht, wenn sie darlegt, diese beiden Erfahrungssätze seien "rechtsverletzend". Auf ihre diesbezüglichen Vorbringen braucht demnach nicht eingegangen zu werden.
7.5. Eventualiter rügt die Beschwerdeführerin eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung. Sie listet Indizien auf, die gemäss ihrer Ansicht gegen einen tatsächlichen Konsens sprechen, die aber von der Vorinstanz nicht (hinreichend) gewürdigt worden seien. Damit hält sie der vorinstanzlichen Beweiswürdigung lediglich ihre eigene Ansicht entgegen, weshalb kein tatsächlicher Konsens für eine konkludente Übertragung angenommen werden könne; sie zeigt aber nicht auf, dass und inwiefern der gegenteilige Schluss der Vorinstanz geradezu unhaltbar ist. Dass eine andere Sicht allenfalls auch vertretbar wäre, belegt noch keine Willkür (siehe E. 2.1). Die Vorinstanz hat zudem die Einwände der Beschwerdeführerin im Einzelnen geprüft und demnach mit in Betracht gezogen, was allenfalls gegen eine konkludente Übertragung sprechen könnte. Dass sie den Einwänden der Beschwerdeführerin nicht folgte, bedeutet keine Willkür.
Ebenso wenig leidet das angefochtene Urteil an einem Widerspruch. Das Bundesgericht pflichtet der Auffassung der Vorinstanz vielmehr bei, dass es widersprüchlich und mit Blick auf die Interessenlage der Beteiligten nicht nachvollziehbar wäre, dass die Bb.________ Company der Bc.________ Company die Prioritätsunterlagen zur Verfügung gestellt hat im Wissen darum, dass diese sie benötigt, um die Priorität der Erstanmeldung US www zu beanspruchen, und dieser Verwendung zugestimmt hat, wenn sie ihr damit nicht auch gleichzeitig das Recht, die Priorität zu beanspruchen, hätte übertragen wollen.
7.6. Die vorinstanzliche Annahme einer konkludenten Übertragung des Rechts, die Priorität der US www in Anspruch zu nehmen, hält der bundesgerichtlichen Überprüfung stand, zumal mit Blick auf die diesbezügliche Einigkeit zwischen Bb.________ Company und Bc.________ Company an den Nachweis der Prioritätsberechtigung vorliegend keine hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. E. 6 in fine).
Damit scheidet die WO zzz vom Stand der Technik aus. Die Vorinstanz hat demnach auch die Neuheit des Grundpatents (Anspruch 1) zutreffend bejaht und demzufolge die Nichtigkeitsklage gegen das ergänzende Schutzzertifikat ESZ xxx zu Recht abgewiesen.
8.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 17'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundespatentgericht schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. September 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Brugger