7B_943/2024 01.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_943/2024
Urteil vom 1. November 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Koch, als Einzelrichterin,
Gerichtsschreiber Stadler.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführerin,
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,
Nordring 8, Postfach, 3001 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Nichtanhandnahme; Nichteintreten,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 3. Juli 2024 (BK 23 485).
Erwägungen:
1.
Mit Verfügung vom 6. November 2023 nahm die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland das von A.A.________ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) gegen B.________ (nachfolgend: Beschuldigte) initiierte Strafverfahren nicht an die Hand. Dagegen reichte die Beschwerdeführerin Beschwerde ein, welche mit Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern vom 3. Juli 2024 abgewiesen wurde.
Die Beschwerdeführerin gelangt ans Bundesgericht und beantragt im Wesentlichen, der obergerichtliche Beschluss sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, eine Strafuntersuchung gegen die Beschuldigte zu eröffnen.
2.
Die Beschwerdeführerin ist die Mutter von B.A.________, bei welchem bei der Geburt das Down-Syndrom (Trisomie 21) diagnostiziert wurde. Im Rahmen des hängigen Eheschutzverfahrens zwischen ihr und C.A.________ erstellte die Beschuldigte im Auftrag des Regionalgerichts Bern-Mittelland ein Gutachten zur Regelung der gemeinsamen elterlichen Sorge, der Obhut und des Kontaktrechts betreffend das gemeinsame Kind. Die Beschwerdeführerin wirft der Beschuldigten in diesem Kontext vor, sich zahlreicher Tatbestände strafbar gemacht zu haben.
Die Vorinstanz legt im angefochtenen Beschluss ausführlich dar, dass und inwiefern die Antragsfrist hinsichtlich der behaupteten Ehrverletzungsdelikte vor dem 4. Mai 2023 bzw. spätestens am 13. Dezember 2022 zu laufen begonnen habe. Die Frist von drei Monaten sei nicht gewahrt. Ohnehin könnten die Vorwürfe, welche die Beschwerdeführerin gegenüber der Beschuldigten erhebe, dem Gutachten nicht entnommen werden. Es werde weder explizit noch implizit dargestellt, dass die Beschwerdeführerin eine schlechte Mutter sei. Darüber hinaus stellten die gutachterlichen Feststellungen der Beschuldigten, die Beschwerdeführerin habe die Diagnose ihres Sohns nie akzeptiert und schätze die Bildungsmöglichkeiten ihres Sohnes falsch ein, kein unehrenhaftes Verhalten dar und wirkten nicht rufschädigend. Auch die Vorwürfe der Verletzung des Amtsgeheimnisses, des Amtsmissbrauchs sowie des falschen Gutachtens erwiesen sich - so die Vorinstanz - als unbegründet.
3.
3.1. Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche im Sinne dieser Bestimmung gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1; Urteil 6B_562/2021 vom 7. April 2022 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 148 IV 170). Nicht in diese Kategorie gehören Ansprüche aus öffentlichem Recht, etwa Staatshaftungsrecht (vgl. BGE 146 IV 76 E. 3.1 mit Hinweisen; 131 I 455 E. 1.2.4; 128 IV 188 E. 2.2). Richtet sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen die Nichtanhandnahme oder Einstellung eines Verfahrens, muss die geschädigte Person im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welchen konkreten Zivilanspruch auswirken kann (vgl. Urteile 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; 7B_120/2022 vom 5. Oktober 2023 E. 1.3.1; 6B_582/2020 vom 17. Dezember 2020 E. 1, nicht publ. in: BGE 147 IV 47; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Es prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 149 IV 9 E. 2; 146 IV 185 E. 2), aber ohne eingehende Auseinandersetzung mit der Sache. In der Beschwerdeschrift ist einleitend und in gedrängter Form darzulegen, inwiefern die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind (Urteile 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; 6B_787/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 2.2.2; 6B_1398/2021 vom 15. November 2022 E. 1.2). Dabei genügt nicht, dass die Privatklägerschaft lediglich behauptet, von der fraglichen Straftat betroffen zu sein; sie muss vielmehr die Anspruchsvoraussetzungen und namentlich den erlittenen Schaden genau substanziieren und letzteren soweit möglich beziffern (vgl. Urteile 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; 7B_79/2022 vom 10. Januar 2024 E. 1.1 und 1.3; 7B_69/2023 vom 28. August 2023 E. 1.1.1; je mit Hinweisen). Genügt die Beschwerde diesen strengen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche konkrete Zivilforderung es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 186 E. 1.4.1; 137 IV 246 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).
3.2. Die Beschwerdeführerin äussert sich zwar zu ihrer Legitimation als Privatklägerin im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG und führt in diesem Zusammenhang aus, sie habe eine "schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung" erlitten, woraus ihr ein Anspruch auf Genugtuung in der Höhe von Fr. 5'000.-- zustehe. Sie behauptet, sie sei "durch die gezielte Verhinderung ihrer Bestrebungen, ihrem Sohn ein geeignetes und förderliches Bildungsumfeld zu ermöglichen, in grösste Sorge und Angst davor versetzt [worden], dass Richard lebenslang in einer Sonderschule bleiben" müsse. Diese "berechtigten Sorgen" seien "Auslöser für eine depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung" gewesen, aufgrund welcher sie sich "mit starken Brustschmerzen und in beeinträchtigtem Allgemeinzustand in ärztliche Behandlung" habe begeben müssen. Entgegen der Beschwerdeführerin ist indes nicht ersichtlich, inwiefern sich der angefochtene Beschluss auf einen Zivilanspruch auswirken sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass allfällige Forderungen gegen die Beschuldigte öffentlich-rechtlicher Natur sind, handelt es sich doch beim Gutachtensauftrag einer kantonalen Behörde nicht um einen privatrechtlichen Auftrag, sondern um ein Rechtsverhältnis des kantonalen öffentlichen Rechts (BGE 134 I 159 E. 3 mit Hinweisen). Demgemäss stellt die Tätigkeit als Gutachter oder Gutachterin im Dienst des Staates eine hoheitliche Aufgabe dar. Ein persönlicher Anspruch der geschädigten Person gegen den Experten oder die Expertin ist in der Regel ausgeschlossen (zum Ganzen: Urteile 7B_5/2023 vom 10. Oktober 2024 E. 1.4; 7B_641/2023 vom 17. Oktober 2023 E. 1.2 mit Hinweisen). Wie erwähnt, können öffentlich-rechtliche Ansprüche die Beschwerdeführerin nicht zur Beschwerde gegen eine Nichtanhandnahme berechtigen.
3.3. Unbekümmert um die Legitimation in der Sache kann die Privatklägerschaft mit Beschwerde in Strafsachen eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die nicht auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheides hinauslaufen (BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3). Solche Rügen erhebt die Beschwerdeführerin keine.
4.
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der finanziellen Lage der Beschwerdeführerin ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt die Einzelrichterin:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. November 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Einzelrichterin: Koch
Der Gerichtsschreiber: Stadler