8C_223/2024 04.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_223/2024
Urteil vom 4. November 2024
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Walther.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, Rebgasse 1, 4058 Basel,
Beschwerdeführer,
gegen
Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt, Rechtsdienst, Grenzacherstrasse 62, 4005 Basel,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV,
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 8. Februar 2024 (EL.2023.5).
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1976, bezieht seit längerer Zeit Ergänzungsleistungen (EL) und kantonale Beihilfen zu seiner Rente der Invalidenversicherung. Am 22. Mai 2023 teilte er dem Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt (fortan ASB) mittels Fragebogen betreffend "Periodische Überprüfung der Ergänzungsleistungen" mit, dass sein am 15. März 2023 geborener Sohn mit ihm im gleichen Haushalt lebe. Am 2. Juni 2023 wurde das ASB vom kantonalen Migrationsamt zudem darüber informiert, dass A.________ beabsichtige zu heiraten und sich seine zukünftige Ehefrau (im Folgenden: Lebenspartnerin) bereits in der Schweiz aufhalte. In der Folge berechnete das ASB die EL neu, wobei es unter anderem gestützt auf Art. 16c ELV eine hälftige Mietzinsaufteilung zwischen A.________ und seiner Lebenspartnerin ab Februar 2023 vornahm. Mit Verfügung vom 27. Juni 2023 setzte es den monatlichen EL-Betrag ab Februar 2023 von Fr. 3'247.- auf Fr. 2'532.- herab und forderte von A.________ für die Zeit von Januar 2023 bis Juni 2023 zu viel bezogene EL in der Höhe von Fr. 3'575.- zurück. Mit Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2023 hielt das ASB an seiner Verfügung fest.
B.
Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel Stadt ab (Urteil vom 8. Februar 2024).
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des kantonalen Urteils sei das ASB anzuweisen, die Ergänzungsleistungen ab 1. Februar 2023 im gleichen Umfang wie vor Erlass der Verfügung vom 27. Juni 2023 zu entrichten. Eventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht A.________ um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2 mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die vom ASB mit Einspracheentscheid angeordnete Herabsetzung der EL auf Fr. 2'532.- und die Rückforderung von EL in der Höhe von Fr. 3'575.- bestätigt hat.
3.
Das kantonale Gericht hat die hier nach Gesetz und Rechtsprechung massgebenden Grundlagen richtig dargestellt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.
Die Vorinstanz hat in einer in allen Teilen bundesrechtskonformen Würdigung, auf welche grundsätzlich verwiesen werden kann (Art. 109 Abs. 3 BGG), zutreffend dargelegt, weshalb für die Zeit ab Februar 2023 - entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers - keine Ausnahme von der in Art. 16c Abs. 2 ELV vorgesehenen hälftigen Mietzinsaufteilung zwischen ihm und seiner Lebenspartnerin zu machen ist. Zu Recht hat sie insbesondere darauf hingewiesen, dass es für die Mietzinsaufteilung einzig auf das gemeinsame Bewohnen ankommt und nicht darauf, ob die Mitbewohnerin einen Beitrag zum Mietzins leistet oder nicht (Urteil 9C_326/2022 vom 23. November 2022 E. 5.2). Da der Beschwerdeführer seine Lebenspartnerin sodann erst am 31. Januar 2024 geheiratet hat, bestand im hier strittigen Zeitraum ab Februar 2023 keine - allenfalls eine Ausnahme begründende - zivilrechtliche Unterhaltspflicht (zum Ganzen vgl. BGE 142 V 299 E. 3.2.2). Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer weiter geltend gemachten Umstands, dass das gemeinsame (unentgeltliche) Wohnen auf einer sittlichen bzw. moralischen Unterstützungspflicht beruht habe (vgl. BGE 105 V 271 E. 2), hielt das kantonale Gericht unter Verweis auf verschiedene Urteile (BGE 142 V 299 E. 4 f.; 130 V 263 E. 5.3; 105 V 271 E. 2; Urteile 9C_326/2022 vom 23. November 2022 E. 5.2; 8C_939/2008 vom 25. August 2009 E. 2.2; P 53/01 vom 13. März 2002 E. 3a/cc) richtig fest, dass eine solche Ausnahme bisher nur äusserst selten angenommen wurde und ein ausnahmsweises Abweichen vom Grundsatz des Art. 16c Abs. 2 ELV daher nicht angezeigt ist. Zutreffend legte es schliesslich dar, dass der vom Beschwerdeführer angerufene Anspruch auf Achtung des Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV; Art. 8 Ziff. 1 EMRK) das Recht auf Zusammenleben und persönlichen Kontakt unter den Familienmitgliedern garantiert, sich daraus jedoch kein unmittelbarer Anspruch auf finanzielle Leistungen zugunsten von Familien und die Garantie eines bestimmten Niveaus der Lebenshaltung ableiten lässt (BGE 142 V 457 E. 3.4.2; 138 I 225 E. 3.8.1).
5.
Was der Beschwerdeführer vor Bundesgericht in weitgehender Wiederholung seiner vorinstanzlichen Argumente dagegen einwendet, ist offensichtlich unbegründet:
5.1. Inwiefern die vom kantonalen Gericht zitierte Rechtsprechung (Urteile 9C_103/2021 vom 15. März 2021 E. 2.3; 9C_242/2018 vom 21. Februar 2019 E. 4.1; 8C_939/2008 vom 25. August 2009 E. 2.2) in den entsprechenden Zusammenhängen auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sein soll, vermag er nicht plausibel darzulegen. Entgegen der Behauptung in der Beschwerde hat das Verlöbnis mit der Lebenspartnerin sodann weder "analog" zur ehelichen Treue- und Beistandspflicht nach Art. 159 ZGB noch sonst eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht bewirkt. Inwiefern die Geburt des gemeinsamen Kindes zu einer Unterhaltspflicht gegenüber der Lebenspartnerin geführt haben soll, wird in der Beschwerde ebenfalls nicht schlüssig aufgezeigt. Soweit der Beschwerdeführer - wohl mit Blick auf Art. 285 Abs. 2 ZGB - vorbringt, er hätte ihr "eventuell" Betreuungsunterhalt geschuldet, räumt er sogleich ein, dass seine Lebenspartnerin keinen erziehungsbedingten Erwerbsausfall erlitten hat, was aber Voraussetzung für einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt wäre (BGE 148 III 353 E. 7.3.2; zum Umstand, dass der Betreuungsunterhalt ohnehin nicht der Lebenspartnerin, sondern dem Kind zustünde vgl. BGE 144 III 481 E. 4.3). Mit Blick auf die restriktive Praxis hat die Vorinstanz sodann in vertretbarer Weise auch eine Ausnahme der Mietzinsaufteilung aufgrund einer sittlich bzw. moralisch begründeten Unterstützungspflicht des Beschwerdeführers abgelehnt. Ob der grundlegende Entscheid BGE 105 V 271 überhaupt als Präjudiz für eine solche Ausnahme herangezogen werden kann (vgl. BGE 142 V 299 E. 5.3), mag hier dahingestellt bleiben. Vorliegend wurde das Kind des Beschwerdeführers von vornherein nicht in die Mietzinsaufteilung einbezogen. Der somit noch zu berücksichtigende Umstand, dass der Beschwerdeführer seine Lebenspartnerin bzw. Verlobte unentgeltlich bei sich wohnen liess, begründet keine derart aussergewöhnliche Konstellation, dass eine Ausnahme von der Mietzinsaufteilung aufgrund einer sittlichen oder moralischen Pflicht geboten wäre (vgl. Urteil 8C_939/2008 vom 25. August 2009 E. 2.2). Vielmehr ist hier dem mit Art. 16c ELV verfolgten Zweck nachzukommen, zu verhindern, dass die Ergänzungsleistungen Mietanteile von Personen übernehmen, die nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sind (BGE 127 V 10 E. 5d; Urteil 9C_326/2022 vom 23. November 2022 E. 3.2).
5.2. Aus den vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten Rechten auf Familie (Art. 14 BV) und auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK;) ergibt sich, wie bereits das kantonale Gericht festgehalten hat, keine Garantie eines bestimmten Niveaus der Lebenshaltung (E. 4 vorne). Inwiefern das stattdessen garantierte Recht auf Zusammenleben durch die finanzielle Einbusse ab Februar 2023 infolge der Kürzung der EL faktisch verunmöglicht worden sein soll und die Vorinstanz insofern die genannten Bestimmungen verletzt hat, vermag der Beschwerdeführer mit der entsprechenden pauschalen Behauptung nicht in einer Weise darzulegen, die den strengen Rüge- und Substanziierungsanforderungen genügen würde (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1 mit Hinweisen; betr. die in der EMRK enthaltenen Garantien vgl. die in BGE 143 I 272 nicht publizierte E. 1.3 des Urteils 2C_490/2020 vom 23. November 2020 mit Hinweisen).
6.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.
7.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (E. 6), ist sie als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (Urteil 8C_586/2023 vom 21. Februar 2024 E. 6 mit Hinweis). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist demnach abzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 4. November 2024
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Der Gerichtsschreiber: Walther