9C_43/2024 07.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_43/2024
Urteil vom 7. November 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber,
Gerichtsschreiberin Jeker.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Christa Rempfler,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle Appenzell Ausserrhoden,
Neue Steig 15, 9100 Herisau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Arbeitsunfähigkeit, Teilerwerbstätigkeit),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 21. November 2023
(O3V 23 5).
Sachverhalt:
A.
Nach einem ersten Verfahren vor der Eidgenössischen Invalidenversicherung, welches in einer rentenausschliessenden Eingliederung geendet hatte (Mitteilung der IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden vom 18. September 2013), meldete sich die 1966 geborene, zuletzt als Verkäuferin tätige A.________ im August 2018 unter Hinweis auf eine Beeinträchtigung nach erfolgter Operation des Rückens zum Leistungsbezug bei der nun zuständigen IV-Stelle Appenzell Ausserrhoden an.
Am 16. März 2021 teilte die IV-Stelle A.________ mit, es seien derzeit aufgrund ihres Gesundheitszustands keine Eingliederungsmassnahmen möglich. Daraufhin wurde die medexperts ag, St. Gallen, beauftragt, ein medizinisches Gutachten zu erstellen. Das interdisziplinäre Gutachten vom 7. Juli 2022 umfasst internistische, orthopädische, psychiatrische und neurologische Abklärungen.
In der Folge erliess die IV-Stelle nach Rücksprache mit dem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) einen Vorbescheid, in welchem sie A.________ gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 35 % die Abweisung des Rentenbegehrens in Aussicht stellte. Dagegen erhob A.________ Einwand. An der Abweisung des Rentenbegehrens hielt die IV-Stelle mit Verfügung vom 18. Januar 2023 fest.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht Appenzell Ausserrhoden mit Urteil vom 21. November 2023 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es seien ihr die gesetzlich geschuldeten Leistungen der Invalidenversicherung auszurichten. Eventualiter wird die Rückweisung an die Vorinstanz zur Einholung eines Gerichtsgutachtens verlangt. Subeventualiter sei die Sache zwecks Abklärung des Sachverhalts und Prüfung von Eingliederungsmassnahmen sowie zur Überprüfung der Verwertbarkeit einer allfälligen Restarbeitsfähigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 18. Januar 2023 verfügte Ablehnung des Rentenbegehrens der Beschwerdeführerin bestätigte.
2.1. Am 1. Januar 2022 traten im Zuge der Weiterentwicklung der IV revidierte Bestimmungen im IVG (SR 831.20) sowie im ATSG (SR 830.1) samt entsprechendem Verordnungsrecht in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535; Urteil 8C_435/2023 vom 27. Mai 2024 E. 4.1, zur Publikation vorgesehen). Nach den allgemeinen Grundsätzen des - materiellen - intertemporalen Rechts sind bei einer Rechtsänderung in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts in Geltung standen (BGE 149 II 320 E. 3; 148 V 174 E. 4.1; 144 V 210 E. 4.3.1; 138 V 176 E. 7.1; 137 V 105 E. 5.3.1; 132 V 215 E. 3.1.1; vgl. auch Matthias Kradolfer, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 8 zu Art. 82 ATSG). In Anwendung dieses intertemporalrechtlichen Hauptsatzes ist bei einem dauerhaften Sachverhalt, der teilweise vor und teilweise nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung eingetreten ist, der Anspruch auf eine Invalidenrente für die erste Periode nach den altrechtlichen Bestimmungen und für die zweite Periode nach den neuen Normen zu prüfen (Urteil 8C_770/2023 vom 11. Juli 2024 E. 2.1). Besondere übergangsrechtliche Regelungen bleiben vorbehalten (Urteil 8C_435/2023 vom 27. Mai 2024 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen, zur Publikation vorgesehen).
Zwar erfolgte die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende rentenabweisende Verfügung erst nach dem 1. Januar 2022. Indessen dreht sich der Rechtsstreit mit Blick auf die Anmeldung zum Rentenbezug im August 2018 um einen bereits vor Inkrafttreten der Änderung erhobenen Rentenanspruch, sodass - entsprechend den erwähnten allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen - bis zum 31. Dezember 2021 das bisherige Recht zur Anwendung gelangt (vgl. etwa Urteile 8C_435/2023 vom 27. Mai 2024 E. 4.2, zur Publikation vorgesehen, sowie 8C_543/2023 vom 20. März 2024 E. 2.2). Das bisherige Recht gilt hier zudem auch nach dem 1. Januar 2022, da die Beschwerdeführerin in diesem Zeitpunkt das 55. Altersjahr bereits vollendet hatte (vgl. lit. c der Übergangsbestimmungen des IVG zur Änderung vom 19. Juni 2020; Urteile 8C_621/2023 vom 7. August 2024 E. 3; 9C_572/2023 vom 18. Juni 2024 E. 2.2 i.V.m. 4.5.2).
2.2. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 1 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) sowie zum Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 IVG) und zur Beantwortung der Statusfrage (BGE 141 V 15 E. 3.1; vgl. auch 144 I 28 E. 2.3) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausführungen zur Beurteilung der Invalidität bei psychischen Erkrankungen, wobei zu ergänzen ist, dass die Überprüfung einer allfälligen Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Leiden grundsätzlich mittels eines strukturierten Beweisverfahrens anhand der sog. Standardindikatoren zu erfolgen hat (BGE 143 V 409 und 418; 141 V 281). Zutreffend sind ferner die Erwägungen der Vorinstanz zum Beweiswert sowie zur Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 232 E. 5.1; vgl. auch BGE 143 V 124 E. 2.2.2; 137 V 210 E. 6.2.2). Darauf wird verwiesen.
2.3. Anzufügen ist, dass als Rechtsfrage gilt, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob den medizinischen Gutachten und Arztberichten im Lichte der rechtsprechungsgemässen Anforderungen Beweiswert zukommt (BGE 134 V 231 E. 5.1). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (SVR 2016 IV Nr. 33 S. 102, Urteil 8C_590/2015 E. 1). Frei überprüfbare Rechtsfrage ist hingegen, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7).
3.
3.1. Die Vorinstanz mass dem interdisziplinären Gutachten der medexperts AG vom 7. Juli 2022 Beweiskraft zu, da es die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen erfülle. Die Expertise beruhe auf einer umfassenden konsensweise erfolgten Beurteilung, in welche die Erkenntnisse aus den durchgeführten Konsilien (Neurologie, Psychiatrie, Orthopädie und allgemeine Innere Medizin) eingeflossen seien. Die jeweiligen Teilgutachten seien in Kenntnis der Vorakten erstellt worden und die gutachterlichen Feststellungen würden auf eigenen Untersuchungen beruhen. Die gesundheitlichen Beschwerden der Beschwerdeführerin hätten zudem als Grundlage der Anamnese gedient. Im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung hätten sich die Gutachterpersonen zu den Standardindikatoren geäussert, insbesondere seien dies der Gesundheitsschaden, der soziale Kontext, die Diagnosen, die Behandlung und Eingliederung, die Konsistenz sowie die Arbeitsfähigkeit. Die Ausführungen und Einschätzungen der medizinischen Zusammenhänge aller Teilgutachten und der interdisziplinären Gesamtbeurteilung seien einleuchtend und die daraus gezogenen Schlüsse - insbesondere hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit - nachvollziehbar begründet. Gemäss Gutachten leide die Beschwerdeführerin an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10: F45.41) bzw. einer somatischen Belastungsstörung (DSM-5: 300.82), einer lumboradikulären Irritation L5 rechts, L5/S1 links und S1 rechts (ICD-10: M54.4) sowie einer Schwäche des rechten Hüftgelenks und einer Inaktivitätsmuskelatrophie des rechten Oberschenkels (ICD-10: S76.3). Demnach sei die Beschwerdeführerin in ihrer bisherigen Tätigkeit als Verkäuferin zu 100 % arbeitsunfähig. In einer angepassten Tätigkeit, nämlich einer solchen ohne Zeitdruck, mit der Möglichkeit individueller Pausengestaltung, in ablenkungsarmer Umgebung ohne häufigen Personen- oder Kundenkontakt, in der sie nicht auf häufige Ortswechsel angewiesen sei und körperlich nicht schwer belastet werde, sowie bei welcher der verminderten psychophysischen Belastbarkeit im Rahmen eines verständnisvolleren Umfelds Rechnung getragen werde, bestehe gemäss Gutachten eine Arbeitsunfähigkeit von 40 %. Gestützt darauf erachtete die Vorinstanz die Beschwerdeführerin in einer leidensangepassten Tätigkeit bezogen auf ein Vollzeitpensum zu 60 % arbeitsfähig.
3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet zum einen die Beweistauglichkeit des Gutachtens der medexpert AG.
3.2.1. Sie macht zunächst geltend, das Gutachten sei weder schlüssig noch nachvollziehbar, sondern widersprüchlich. Die Vorinstanz habe das Gutachten insbesondere im Hinblick auf den im psychiatrischen Teilgutachten festgestellten Gesundheitsschaden nicht rechtsgenüglich gewürdigt.
3.2.2. Entgegen der Beschwerdeführerin ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz in Bezug auf das psychiatrische Teilgutachten keine eigene Indikatorenprüfung vorgenommen hat. Die Gutachterpersonen legten in umfassender Diskussion der Befunde, Funktionseinbussen und Ressourcen sowie unter Einbezug einer Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung aus versicherungsmedizinischer Sicht nachvollziehbar dar, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer diagnostizierten Leiden insgesamt in einer adaptierten Tätigkeit zu 40 % in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Dass der Beschwerdeführerin eine erheblich ausgeprägte Beeinträchtigung der Widerstands- und Durchhaltefähigkeit sowie eine mässige Beeinträchtigung des Planens und Strukturierens von Aufgaben und der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit attestiert wird, spricht entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht gegen die vorgenommene Einschätzung der Arbeitsfähigkeit der Gutachterpersonen. Vielmehr wurden diese Befunde bei der Festlegung der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt, indem das Gutachten festhält, dass in einer angepassten Tätigkeit der verminderten psychophysischen Belastbarkeit im Rahmen eines verständnisvolleren Umfelds Rechnung zu tragen sei. Von der Beschwerdeführerin werden keine weiteren Gründe aufgezeigt, die gegen die Schlüssigkeit und die Nachvollziehbarkeit des Gutachtens sprechen.
Dem unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BGE 141 V 281 erstatteten Gutachten zu den Indikatoren lassen sich schlüssige Angaben entnehmen und die medizinisch-psychiatrisch attestierte Arbeitsunfähigkeit von 40 % in Anbetracht der eingeschränkten Ressourcen erscheint begründet.
3.3. Die Beschwerdeführerin bringt im Weiteren vor, aufgrund der veralteten radiologischen Bildgebung aus dem Jahr 2019 hätten ihre zum aktuellen Zeitpunkt bestehenden Hüftbeschwerden nicht beurteilt werden können.
3.3.1. Der Verzicht der Vorinstanz auf weitere Abklärungen oder Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zu diesem Zweck (Urteile 8C_262/2013 vom 5. Juli 2013; 9C_561/2007 vom 11. März 2008 E. 5.2.1) im Besonderen verletzt etwa dann Bundesrecht, wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage, wie namentlich Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person, auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (Urteil 9C_549/2020 vom 1. September 2021 E. 3.1 mit Hinweisen).
3.3.2. Im vorliegenden Fall war es den Gutachterpersonen ohne Weiteres möglich, aufgrund der ihnen vorliegenden Akten und der Begutachtung der Beschwerdeführerin deren Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einzuschätzen. Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte, dass seit der Anfertigung des betreffenden Bildmaterials erhebliche Veränderungen der Beschwerden erfolgt wären, und die Beschwerdeführerin zeigt auch nicht auf, welche entscheidrelevanten Erkenntnisse aus einer aktualisierten Bildgebung den Gutachterpersonen verborgen geblieben sein sollten. Entsprechend sahen sich zulässigerweise weder die IV-Stelle noch die Vorinstanz veranlasst, die Hüftbeschwerden der Beschwerdeführerin einer erneuten Bildgebung zu unterziehen.
3.4. Nach dem Gesagten besteht kein Anlass, von der gutachterlichen Einschätzung abzuweichen. Zusätzliche medizinische Erhebungen, wie sie von der Beschwerdeführerin gefordert werden, sind nicht notwendig (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5 mit Hinweisen). Im Folgenden ist deshalb von einer Arbeitsfähigkeit im Rahmen leidensangepasster Tätigkeiten im Umfang von 60 % auszugehen.
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin bemängelt weiter, die Vorinstanz sei zu Unrecht davon ausgegangen, die ihr gutachterlich attestierte Restarbeitsfähigkeit von 60 % sei noch verwertbar. Mit ihrem gutachterlich attestierten Zumutbarkeitsprofil liesse sich eine adaptierte Tätigkeit weder im Bereich von Nischenarbeitsplätzen noch bei sozialem Entgegenkommen der Arbeitgeberin bzw. bei Hilfsarbeiten finden. Insbesondere ihr Alter müsse als erschwerender Faktor bei der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit berücksichtigt werden. Sie macht ausserdem geltend, die Vorinstanz hätte eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) anordnen sollen.
4.2. Die Vorinstanz stellte zunächst in sachverhaltlicher Hinsicht gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen fest, das von der Gutachterstelle umschriebene Adaptionsprofil verlange eine wechselbelastende Tätigkeit, wobei die Beschwerdeführerin selbständig zwischen Sitzen, Stehen und Gehen wählen könne. Die Beschwerdeführerin könne ausserdem keine Arbeiten kniend oder kauernd verrichten, keine Lasten über fünf Kilogramm tragen und keine feinmotorischen, grobe Kraft erfordernde oder repetierende Tätigkeiten mit der adominanten linken Hand ausführen. Mit Blick auf dieses Belastungsprofil könne nicht gesagt werden, eine zumutbare Tätigkeit sei nur in so eingeschränkter Form möglich, dass sie der ausgeglichene Arbeitsmarkt praktisch nicht kennen würde oder nur unter realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre, und dass das Finden einer entsprechenden Stelle daher von vornherein als ausgeschlossen erscheinen würde. Die Anstellungschancen der Beschwerdeführerin seien folglich intakt. Eine Verneinung des mangelnden Zugangs der Beschwerdeführerin zum Arbeitsmarkt durch die IV-Stelle erscheine angesichts der verbleibenden Aktivitätsdauer von neun Jahren, einer weitgehend erhaltenen Restarbeitsfähigkeit und der hohen Hürden, welche von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Annahme der Unverwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit von älteren Menschen errichtet wurden, rechtmässig. Die Anordnung einer EFL sei ausserdem entbehrlich, da die zuständige Gutachterstelle in der Lage gewesen sei, ein detailliertes und plausibel erscheinendes Zumutbarkeitsprofil für die Beschwerdeführerin zu erstellen.
4.3. Die Rechtsprechung anerkennt, dass das (vorgerückte) Alter zusammen mit weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen kann, dass die einer versicherten Person verbliebene Resterwerbsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr nachgefragt wird. Massgebend können dabei die Art und Beschaffenheit des Gesundheitsschadens und seiner Folgen, der absehbare Umstellungs- und Einarbeitungsaufwand sowie in diesem Zusammenhang auch Persönlichkeitsstruktur, vorhandene Begabungen und Fertigkeiten, Ausbildung, beruflicher Werdegang oder Anwendbarkeit von Berufserfahrung aus dem angestammten Bereich sein (BGE 145 V 2 E. 5.3.1; 138 V 457 E. 3.1). Für den Zeitpunkt, in welchem die Frage nach der Verwertbarkeit der (Rest-) Arbeitsfähigkeit bei vorgerücktem Alter beantwortet wird, ist auf das Feststehen der medizinischen Zumutbarkeit einer (Teil-) Erwerbstätigkeit abzustellen (BGE 146 V 16 E. 7.1; 145 V 2 E. 5.3.1; 138 V 457 E. 3.3).
4.3.1. Im Zeitpunkt der medizinischen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der 1966 geborenen Beschwerdeführerin (Erstattung des medizinischen Gutachtens vom 7. Juli 2022) war sie 56 Jahre alt. Es verblieben ihr bis zur ordentlichen Pensionierung somit noch neun Jahre. Diese Zeit reicht rechtsprechungsgemäss aus, um eine neue Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sich einzuarbeiten und die Arbeit auszuüben, auch bei einer leidensangepassten Restarbeitsfähigkeit von 60 % (vgl. Urteil 9C_693/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 4.1.1) Was ihre Erwerbsbiografie betrifft, hatte die Beschwerdeführerin nach der obligatorischen Schulzeit eine Ausbildung als Textilverkäuferin sowie als Service-Mitarbeiterin absolviert. Im Rahmen der Eingliederung des ersten IV-Verfahrens wurde sie zudem zur kaufmännischen Angestellten mit Basis- und Kaderdiplom umgeschult. Obwohl die Beschwerdeführerin bisher im kaufmännischen Bereich nicht tätig war - da sie nach eigener Aussage keine für sie passende Arbeitsstelle gefunden hatte -, ist nicht ersichtlich, weshalb in der ihr bis zur ordentlichen Pensionierung verbleibenden Zeit die Arbeitsaufnahme als kaufmännische Angestellte nicht möglich sein sollte. Eine solche Tätigkeit kann ohne Heben von schweren Lasten getätigt werden, verlangt keine feinmotorische Betätigung mit der adominanten Hand und kann abwechselnd sowohl sitzend als auch stehend ausgeführt werden. Allfälligen Einschränkungen, insbesondere aus psychiatrischer Sicht, wird mit dem um 40 % reduzierten Pensum Rechnung getragen. Insgesamt lassen die vorliegenden Umstände nicht den Schluss zu, eine Anstellung der Beschwerdeführerin auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt sei nicht mehr realistisch.
4.3.2. Eine EFL ist nach der Praxis sodann allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn sich die beteiligten ärztlichen Fachpersonen ausser Stande sehen, eine zuverlässige Einschätzung des leistungsmässig Machbaren vorzunehmen (Urteil 9C_764/2014 vom 21. Juli 2015 E.3.2.1). Angesichts der auf beweiskräftiger Grundlage festgestellten Arbeitsunfähigkeit von 40 % leuchtet nicht ein, weshalb von einer EFL hier entscheidwesentliche neue Erkenntnisse zu erwarten wären. Die Beschwerdeführerin führt nicht aus, weshalb sie eine EFL in ihrem Fall für angezeigt erachtet, und es finden sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der medizinische Sachverhalt diesbezüglich offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig festgestellt worden wäre. Den Gutachterpersonen ist es gelungen, ein detailliertes und plausibel erscheinendes Zumutbarkeitsprofil zu erstellen. Entsprechend hat die Vorinstanz nachvollziehbar darauf geschlossen, die Ausübung einer leidensangepassten Tätigkeit sei noch zu 60 % möglich. Demnach bestand praxisgemäss keine Veranlassung zur Durchführung einer EFL.
5.
5.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet zudem die von der Vorinstanz festgestellten erwerblichen Auswirkungen der Arbeitsfähigkeit.
5.2. Sie bringt dabei zunächst vor, sie habe ihr Arbeitspensum aus gesundheitlichen Gründen auf 50 % reduziert und nicht, um in den Genuss von mehr Freizeit zu kommen. Sie wäre ohne ihre gesundheitlichen Einschränkungen in einem Pensum von 80 % bis 100 % erwerbstätig. Die Vorinstanz habe sie fälschlicherweise als lediglich zu 50 % Teilerwerbstätige ohne Aufgabenbereich qualifiziert.
5.2.1. Die Beantwortung der Statusfrage erfordert zwangsläufig eine hypothetische Beurteilung, die auch hypothetische Willensentscheidungen der versicherten Person zu berücksichtigen hat. Derlei ist einer direkten Beweisführung wesensgemäss nicht zugänglich und muss in aller Regel aus äusseren Indizien erschlossen werden. Die Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe stellt eine Tatfrage dar, soweit sie auf Beweiswürdigung beruht, selbst wenn darin auch Schlussfolgerungen aus der allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt werden. Ebenso sind Feststellungen über innere oder psychische Tatsachen Tatfragen, wie beispielsweise was jemand wollte oder wusste (BGE 130 IV 58 E. 8.5 mit Hinweisen). Die auf einer Würdigung konkreter Umstände basierende Festsetzung des hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit bleibt für das Bundesgericht daher verbindlich, ausser wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (BGE 144 I 28 E. 2.4; 135 V 2 E. 1.3; 127 I 54 E. 2b; Urteil 9C_403/2022 vom 15. März 2023 E. 4.1.2).
Die Vorinstanz folgt mit der Qualifizierung der Beschwerdeführerin als Teilerwerbstätige (50 %) ohne Aufgabenbereich der IV-Stelle, welche ihre Einschätzung wiederum im Wesentlichen darauf gestützt hatte, dass die Beschwerdeführerin keine familiären Verpflichtungen habe. Die Vorinstanz führte weiter aus, ein Aufgabenbereich im Sinne von Art. 27 IVV sei nicht ersichtlich, es würden Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Reduktion der Erwerbstätigkeit um 50 % zur Führung des Haushalts nötig gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin mache des Weiteren auch keinen diesbezüglichen Aufgabenbereich geltend.
5.2.2. Was die Statusfrage anbelangt, bringt die Beschwerdeführerin nichts vor, was die vorinstanzliche Beurteilung der Beschwerdeführerin als Teilerwerbstätige ohne Aufgabenbereich als offenkundig bundesrechtsverletzend erscheinen liesse. Den Akten ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin bereits vor ihrer ersten Anmeldung bei der IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden im September 2008 während zehn Jahren in einem Arbeitspensum von 50 % bis 65 % tätig war. Auch nach diesem ersten IV-Verfahren, das in einer rentenausschliessenden Eingliederung endete, war die Beschwerdeführerin stets in einem 50 %-Pensum bei der Valora Schweiz AG tätig. Somit sind weder aus den Akten noch aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin Hinweise ersichtlich, die darauf schliessen lassen, dass die Beschwerdeführerin - wie von ihr behauptet - im Gesundheitsfall in einem Arbeitspensum von 80 % bis 100 % tätig wäre. Bei dieser Sachlage hat es bei der Festlegung des Status durch die Vorinstanz sein Bewenden.
5.3. Die Vorinstanz bestimmte das hypothetisch ohne Gesundheitsschaden erzielbare Einkommen (Valideneinkommen) gestützt auf den festgestellten Status und anhand des zuletzt im Rahmen der 50 %igen Erwerbstätigkeit erzielten und auf ein Vollzeitpensum hochgerechneten Einkommens der Beschwerdeführerin. Das Invalidenkeinkommen ermittelte die Vorinstanz ausgehend von der vom Gutachten der medexperts AG attestierten Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit von 60 % und dem Total des Kompetenzniveaus 1 der Tabellenlöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE). Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades wurde schliesslich die prozentuale Erwerbseinbusse anhand des Beschäftigungsgrads von 50 % ermittelt.
5.3.1. Das Valideneinkommen ist nach Massgabe der ohne Gesundheitsschaden ausgeübten Teilerwerbstätigkeit festzulegen, wobei entscheidend ist, was die versicherte Person als Gesunde tatsächlich an Einkommen erzielen würde, und nicht, was sie bestenfalls verdienen könnte. Wäre sie gesundheitlich in der Lage, voll erwerbstätig zu sein, reduziert sie aber das Arbeitspensum, um mehr Freizeit zu haben, hat dafür nicht die Invalidenversicherung einzustehen. Das Invalideneinkommen bestimmt sich entsprechend den gesetzlichen Vorgaben danach, was die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte. Dabei kann das - ärztlich festzulegende - Arbeitspensum unter Umständen grösser sein als das ohne gesundheitliche Beeinträchtigung geleistete (BGE 142 V 290 E. 5 mit Hinweisen).
5.3.2. Aufgrund des Status der Beschwerdeführerin als Teilerwerbstätige ohne Aufgabenbereich ist zur Invaliditätsbemessung die Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) anwendbar. Dabei ist die zu ermittelnde Einschränkung im allein versicherten erwerblichen Bereich proportional - im Umfang der hypothetischen Teilerwerbstätigkeit - zu berücksichtigen (vgl. BGE 142 V 290 E. 7.3; SVR 2019 IV Nr. 34 S. 104, 9C_583/2018 E. 4.2). Der Invaliditätsgrad entspricht auf diese Weise der proportionalen Einschränkung im erwerblichen Bereich (SVR 2022 IV Nr. 56 S. 181, 8C_804/2021 E. 2.3).
Die Beschwerdeführerin erzielte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2018 als Verkäuferin monatlich ein Erwerbseinkommen von Fr. 2'145.-. Somit liegt bei einem Arbeitspensum von 50 % ein Jahresverdienst (inkl. Anteil 13. Monatslohn und unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung bis 2020) von Fr. 28'417.35 vor. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist keine Hochrechnung des derart ermittelten Valideneinkommens auf ein Vollzeitpensum vorzunehmen (SVR 2022 IV Nr. 56 S. 181, 8C_804/2021 E. 4.3.4, mit Hinweis auf BGE 142 V 290 E. 7.3).
Das Invalideneinkommen beträgt gemäss der Feststellung der Vorinstanz bei einer leidensangepassten Tätigkeit und mit einer Arbeitsfähigkeit von 50 % jährlich Fr. 26'746.70. Das wird von der Beschwerdeführerin grundsätzlich nicht bestritten, allerdings macht sie einen Leidensabzug in der Höhe von 25 % geltend. Selbst wenn ein solcher zu berücksichtigen wäre, resultierte kein rentenbegründender Invaliditätsgrad. Bei einem hypothetisch-erwerblichen Teilzeitpensum von 50 % und ausgehend von einem Invalideneinkommen mit maximalem Leidensabzug (Fr. 26'746.70 x 0.75 = Fr. 20'060.-) ergäbe sich ein Invaliditätsgrad von gerundet lediglich 29 % ([Fr. 28'417.35 - Fr. 20'060.-] x 100 : Fr. 28'417.35). Damit liegt keine rentenbegründende Invalidität vor und es bleibt bei der vorinstanzlich bestätigten Verneinung eines Rentenanspruchs.
6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 7. November 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Die Gerichtsschreiberin: Jeker