6B_346/2024 08.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_346/2024
Urteil vom 8. November 2024
I. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichter Denys,
Bundesrichter Rüedi,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichter von Felten,
Gerichtsschreiber Matt.
Verfahrensbeteiligte
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, 5001 Aarau,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Studer,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln etc.; Verwertbarkeit von Beweisen; nationale Rechtshilfe,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 18. März 2024 (SST.2023.232).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau wirft A.________ (Beschwerdeführer) vor, am 4. September 2021 aus Unachtsamkeit auf das an einem roten Lichtsignal vor ihm stehende Fahrzeug von B.________ aufgefahren zu sein. Anstatt dieser zwecks Schadensregulierung zu folgen verblieb der Beschwerdeführer während der Grünphase an der Lichtsignalanlage stehen, bis er seine Fahrt, nachdem die Lichtsignalanlage wieder auf Rot gewechselt hatte, entgegen der Pfeilrichtung geradeaus, nach links abbiegend fortsetzte. Beim Befahren der Kreuzung nach links missachtete er das Vortrittsrecht des Gegenverkehrs, der abbremsen musste. Gleich nach dem Linksabbiegen wendete der Beschwerdeführer und setzte seine Fahrt in die Richtung fort, aus der er gekommen war.
Am 28. August 2023 verurteilte das Bezirksgericht Lenzburg A.________ wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln durch Nichtbeachten des Lichtsignals, Nichtfortsetzen der Fahrt in Pfeilrichtung, Unterlassen der Richtungsanzeige, Verletzung der Verkehrsregeln zufolge mangelnder Aufmerksamkeit und Nichtgenügens der Meldepflicht bei entstandenem Sachschaden zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à Fr. 200.-- und Fr. 5'500.-- Busse. Das Obergericht des Kantons Aargau sprach A.________ am 18. März 2024 von Schuld und Strafe frei.
B.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil der Vorinstanz sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese verzichtet auf eine Vernehmlassung. Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Darunter fällt namentlich die Staatsanwaltschaft (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG).
1.2. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau ist zur Beschwerde legitimiert. Sie stellt ein kassatorisches Rechtsbegehren. Ein solches ist zulässig, wenn das Bundesgericht ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 137 II 313 E. 1.3; 133 III 489 E. 3.1). Die Beschwerdeführerin macht geltend, dies sei der Fall, da die Vorinstanz ihren Entscheid im Wesentlichen auf die Frage der Verwertbarkeit der Beweismittel beschränkt habe, während Ausführungen zur rechtlichen Subsumption und zur Sanktion fehlten. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Die Vorinstanz hat die Verwertbarkeit der Aufnahmen von Verkehrsüberwachungskameras, die die Gesetzesverstösse des Beschwerdegegners zeigen, unter Hinweis auf Art. 141 StPO verneint und den Beschwerdegegner freigesprochen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Vorinstanz bestehe für die Erstellung und Weitergabe der Aufnahmen an sie eine gesetzliche Grundlage.
2.1.
2.1.1. Art. 141 Abs. 2 StPO zufolge dürfen Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich. Beweise, bei deren Erhebung Ordnungsvorschriften verletzt worden sind, sind gemäss Art. 141 Abs. 3 StPO verwertbar. Ermöglichte ein Beweis, der nach Absatz 2 nicht verwertet werden darf, die Erhebung eines weiteren Beweises, so ist dieser nicht verwertbar, wenn er ohne die vorhergehende Beweiserhebung nicht möglich gewesen wäre (Art. 141 Abs. 4 StPO in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung).
2.1.2. Die Videoüberwachung betrifft insbesondere das Recht auf Privatsphäre (Art. 13 BV). Das Bundesgericht hat mehrfach festgehalten, dass die Erhebung, Aufbewahrung und Bearbeitung erkennungsdienstlicher Daten, worunter auch Videoaufnahmen fallen, im öffentlich-rechtlichen Verhältnis in das Recht auf Privatsphäre bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen (BGE 145 IV 42 E. 4.2; 138 I 331 E. 5.1; je mit Hinweisen). Die informationelle Selbstbestimmung kann wie andere Grundrechte gestützt auf und nach den Kriterien von Art. 36 BV eingeschränkt werden. Einschränkungen bedürfen demnach einer gesetzlichen Grundlage, müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein und müssen sich schliesslich als verhältnismässig erweisen. Um den Garantien von Art. 13 BV zu genügen, verlangt das Bundesgericht, dass die systematische Datenerfassung und -aufbewahrung von angemessenen und wirkungsvollen rechtlichen Schutzvorkehrungen begleitet werden, um Missbräuchen und Willkür vorzubeugen (BGE 144 1 126 E. 8.3.4 mit Hinweisen). Es ist jedenfalls nicht angebracht, mit dem Schlagwort der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unbeschränkte Überwachungen zu begründen, die in vielfältigsten Ausgestaltungen unterschiedlichen Zwecken dienen können. Die Beweiserhebung ist zudem nur dann rechtmässig, wenn und soweit gesamthaft betrachtet die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns gemäss Art. 5 BV eingehalten und die Grundrechte der betroffenen Personen ausreichend beachtet wurden. Die Staatsanwaltschaft kann sich dem Gebot, Beweise rechtmässig zu erheben, nicht dadurch entziehen, dass sie sich aktiv anderer staatlicher Organe bedient, für welche die Grundsätze gemäss Art. 5 BV ebenso gelten und die die Grundrechte ebenfalls unmittelbar zu beachten haben (BGE 146 | 11 E. 3.3.2; 136 | 87 E. 8.3; Urteil 6B_1288/2019 vom 21. Dezember 2020 E. 2.2 f.).
2.1.3. Die Bestimmungen des 4. Kapitels "Nationale Rechtshilfe" regeln nach Art. 43 Abs. 1 StPO die Rechtshilfe in Strafsachen von Behörden des Bundes und der Kantone zugunsten der Staatsanwaltschaften, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte des Bundes und der Kantone. Als Rechtshilfe gilt jede Massnahme, um die eine kantonale oder eidgenössische Behörde die andere im Rahmen ihrer Zuständigkeit in einem hängigen Strafverfahren ersucht (Art. 43 Abs. 4 StPO).
Gemäss Art. 44 StPO sind die Behörden des Bundes und der Kantone zur Rechtshilfe verpflichtet, wenn Straftaten nach Bundesrecht in Anwendung dieses Gesetzes verfolgt und beurteilt werden. Die Rechtshilfeverpflichtung trifft nicht nur die Strafbehörden des Bundes und der Kantone (eingeschlossen die der Gemeinden), sondern alle Behörden (BGE 149 IV 352 E. 1.3.2). Es ist von einem weiten Behördenbegriff auszugehen (CLAUDIA RIEDI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 3 zu Art. 44 StPO). Grundsätzlich ist die Rechtshilfe vorbehaltlos zu gewähren (BGE 129 IV 141 E. 3.2.1, publ. in: Pra 92 (2003) Nr. 185; 123 IV 157 E. 4a; STEFAN HEIMGARTNER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2020, N. 4 zu Art. 44 StPO; LAURENT MOREILLON, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 4 zu Art. 43 StPO). Die ersuchte Behörde ist nicht befugt zu prüfen, ob die verlangte Massnahme materiell begründet oder aus dem Gesichtspunkt des von der ersuchenden Behörde betriebenen Verfahrens zweckmässig und notwendig ist (BGE 149 IV 352 E. 1.3.2; 129 IV 141 E. 3.2.1, publ. in: Pra 92 (2003) Nr. 185; 119 IV 86 E. 2c; 115 IV 67 E. 3b; ANDREAS DONATSCH, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2020, N. 15 zu Art. 194 StPO; GUNHILD GODENZI, Strafuntersuchung gegen Mitarbeitende - was darf und was muss der öffentliche Arbeitgeber tun?, in: Jusletter vom 16. Februar 2015, Rz. 18 und Fn. 45; LAURENT MOREILLON, a.a.O., N. 4 zu Art. 43 StPO).
Art. 44 StPO nennt keine Einschränkungen. Jedoch hielt auch das Bundesgericht fest, Art. 44 StPO verpflichte lediglich die Strafbehörden des Bundes und der Kantone zur vorbehaltlosen Zusammenarbeit, während andere Justiz- oder Verwaltungsbehörden die Möglichkeit hätten, sich auf Amtspflichten zu berufen, so beispielsweise wenn der Schutz der Privatsphäre, der Geheimhaltung oder der Daten das Interesse an der Strafverfolgung überwiege. Eine Verweigerung der Rechtshilfe muss möglich sein, wenn durch die Offenbarung von Informationen überwiegende öffentliche oder private Geheimhaltungsinteressen oder aber spezialgesetzliche Bestimmungen missachtet würden (GUNHILD GODENZI, a.a.O., Rz. 18 und Fn. 46 mit Hinweisen). Eine Weiterleitung von Informationen an die Strafbehörden muss mit allen Bestimmungen vereinbar sein, die für die ersuchte Behörde gelten (GUNHILD GODENZI, a.a.O., Rz. 21 und Fn. 50; CLAUDIA RIEDI, a.a.O., N. 6b zu Art. 44 StPO; zum Ganzen: BGE 149 IV 352 E. 1.3.2).
2.1.4. Soweit die Vorinstanz kantonales (statt Bundes-) Recht hätte anwenden müssen, kann im Wesentlichen geltend gemacht werden, das angefochtene Urteil verstosse gegen Bundesrecht (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht prüft die Auslegung und Anwendung von Bundesrecht frei (BGE 142 IV 70 E. 3.3.1; 141 I 105 E. 3.3.1; Urteil 6B_698/2021 vom 1. Oktober 2021 E. 3.2).
2.2.
2.2.1. Die Vorinstanz erwägt, die Videoüberwachung des Strassenabschnitts, auf dem sich die hier zu beurteilenden Straftaten zugetragen haben, stützte sich auf das kantonale Gesetz vom 24. Oktober 2006 über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (IDAG; SAR 150.700) sowie die zugehörige Verordnung vom 26. September 2007 (VIDAG; SAR 150.711) und das Reglement Videoüberwachung der Strasseninfrastruktu r. Die Überwachung erfolge gemäss dem vorgenannten Reglement im Rahmen der Aufgabenerfüllung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) bzw. der mit der Sicherheit und Optimierung der Strasseninfrastruktur des Kantons beauftragten Unterabteilung Verkehrsmanagement der Abteilung Tiefbau des BVU. Zweck der Videoanlage am Tatort sei es, die Steuerung von neuralgischen Verkehrsknoten oder -strecken zu unterstützen und zu optimieren. Sie diene aber nicht der Strafverfolgung. Daran ändere nichts, dass die Massnahme später auch der Ermittlung fehlbarer Fahrzeuglenker und der Sicherstellung von Beweisen diene. Die gestützt auf das IDAG erhobenen Daten dürften nur für den vorgesehenen Zweck verwendet werden. Eine Zweckänderung bedürfe einer gesetzlichen Grundlage. Dabei genüge es nicht, dass die IDAG und das Reglement die Bestimmungen des Straf- und Strafprozesses vorbehielten. Gemäss kantonaler Rechtsprechung bestehe weder gestützt auf das IDAG noch die VIDAG oder das Reglement Videoüberwachung der Strasseninfrastruktur eine gesetzliche Grundlage, die es der Abteilung Tiefbau des BVU erlauben würde, der Kantonspolizei ein über das bestehende Einsichtsrecht im Rahmen der ihr durch die Abteilung Tiefbau übertragenen Aufgaben hinausgehendes Einsichtsrecht einzuräumen. Die Strafverfolgung gehöre offensichtlich nicht zu diesen Aufgaben. Das Erfordernis einer genügenden gesetzlichen Grundlage könne auch nicht dadurch umgangen werden, dass sich die Beschwerdeführerin auf die nationale Rechtshilfe gemäss Art. 43 ff. StPO berufe. Es fehle somit eine gesetzliche Grundlage zur Verwendung der hier zu beurteilenden Aufnahmen zur Strafverfolgung. Deren Gebrauch zu diesem Zweck sei rechtswidrig.
2.2.2. Die Vorinstanz fährt fort, vorliegend stünden Widerhandlungen gemäss Art. 90 Abs. 1 und 2 SVG zur Beurteilung. Letztere könnten zwar gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch schwere Straftaten im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO darstellen. Dies jedoch nur in krassen Fällen bzw. wenn weitere erschwerende Tatumstände hinzukämen, was vorliegend nicht der Fall sei. Durch das vorschriftswidrige Linksabbiegen des Beschwerdegegners habe das entgegenkommende Fahrzeug zwar bremsen müssen, es sei aber weder zu einer Kollision noch zu einer Beinahekollision gekommen. Das Verhalten des Beschwerdegegners habe auch wegen der nicht allzu hohen Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer und der guten Sichtverhältnisse keine derart hohe Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer bewirkt, dass bei einem Unfall mit Schwerverletzten oder Todesopfern hätte gerechnet werden müssen. Das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung überwiege das private Interesse des Beschwerdegegners an der Unverwertbarkeit der zu beurteilenden Beweise nicht. Davon scheine auch die Beschwerdeführerin auszugehen.
2.2.3. Die Unverwertbarkeit der Videoaufnahmen führe aufgrund der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten zur Unverwertbarkeit aller Folgebeweise. Ohne die Videoaufnahmen hätte der Beschwerdegegner nicht als Täter identifiziert werden können, da die Geschädigte dazu keine näheren Angaben habe machen können. Entsprechend seien die weiteren Beweise nicht verwertbar und der Beschwerdegegner mangels Beweisen freizusprechen.
2.3. Die Beschwerde ist begründet.
2.3.1. Es ist unbestritten, dass die zur Diskussion stehenden Videoaufnahmen rechtmässig erstellt wurden. Gemäss der Vorinstanz erfolgten sie gestützt auf die kantonale Datenschutzgesetzgebung, welche die Aufnahmen zur Verkehrsüberwachung gestattet (oben E. 2.2.1).
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bedarf es für die Weitergabe der rechtmässig erfassten Daten an die Strafverfolgungsbehörden keiner zusätzlichen ausdrücklichen Norm in den von ihr genannten Gesetzen. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt, stellen die Bestimmungen über die nationale Rechtshilfe eine solche Norm und eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Weitergabe der Videoaufnahmen dar. Die Beschwerdeführerin macht geltend, auf Meldung der Geschädigten hin im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Unbekannt beim Departement BVU um die Aufnahmen ersucht zu haben. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich nichts Abweichendes. Es liegt daher ein Fall nationaler Rechtshilfe vor (vgl. Art. 43 Abs. 4 StPO). Unter diesen Umständen sind die Behörden, worunter auch das kantonale Departement BVU resp. dessen Unterabteilung Verkehrsmanagement fallen, grundsätzlich zur Rechtshilfe verpflichtet (oben E. 2.1.3; so auch DUTLER/VOGLER/SANER, in forumpoenale 2/2024 S. 130- 135).
2.3.2. Nach dem vorstehend Gesagten können die Behörden im Rahmen der nationalen Rechtshilfe ihre Mitarbeit nur verweigern, wenn sie sich auf Amtspflichten berufen bzw. wenn sie der Ansicht sind, dass schutzwürdige private oder öffentliche Interessen bestehen, die das Interesse an der Strafverfolgung überwiegen (oben E. 2.1.3). Dass dies der Fall wäre, behauptet die Vorinstanz nicht. Auch das um Auskunft ersuchte Amt hatte offenbar keinerlei Einwände gegen die Weitergabe der Daten an die Staatsanwaltschaft.
Im Übrigen gestattet auch das Eidgenössische Datenschutzrecht die Bearbeitung und -beschaffung von Personendaten, soweit diese für die betroffene Person erkennbar waren (Art. 4 Abs. 4 des bis 31. August 2023 gültigen Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 [aDSG; SR 235.1]). Erkennbarkeit bedeutet, dass eine betroffene Person aus den konkreten Umständen heraus mit einer Datenbeschaffung und dem Zweck der Datenbearbeitung rechnen musste. Dies ist hier der Fall. Wer am Strassenverkehr teilnimmt, muss sowohl damit rechnen, dass er resp. sein Fahrzeug von Verkehrskameras bildlich erfasst werden, als auch damit, dass die Daten in einem Strafverfahren, jedenfalls einem wegen Widerhandlungen, die mit dem Verkehr bzw. der Strassenverkehrsordnung in Zusammenhang stehen, verwendet werden können.
Soweit die Vorinstanz als Begründung für die Widerrechtlichkeit der Datenweitergabe anführt, das kantonale Datenschutzgesetz diene nicht der Strafverfolgung und gestatte daher die Weitergabe der erfassten Daten nicht, ist ihr entgegenzuhalten, dass damit die Durchsetzung eidgenössischen Rechts unterlaufen würde. Die Beschwerdeführerin rügt in diesen Zusammenhang zu Recht eine Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) bzw. eine Verletzung von Bundesrecht durch die Vorinstanz. Die von dieser zitierte Rechtsprechung zum kantonalen Datenschutzrecht und zum Reglement Videoüberwachung der Strasseninfrastruktur ist insoweit nicht massgebend.
2.4. Nach dem Gesagten bestand für die Weitergabe der strittigen Videoaufnahmen an die Strafverfolgungsbehörden eine gesetzliche Grundlage. Der Verwertung der Videoaufnahmen im Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner steht nichts entgegen. Die Vorinstanz, an welche die Sache zurückzuweisen ist, wird das Strafverfahren unter Einbezug der Videoaufnahmen weiterzuführen haben.
3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen und das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Ausgangsgemäss sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache wird zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. November 2024
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Der Gerichtsschreiber: Matt