2C_234/2024 11.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_234/2024
Urteil vom 11. November 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Donzallaz, Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiber Plattner.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Lena Weissinger,
gegen
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV), Migrationsdienst, Bereich Zuwanderung und Integration, Ostermundigenstrasse 99B, 3006 Bern,
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern.
Gegenstand
Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung der Eheschliessung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 28. März 2024 (100.2022.346U).
Sachverhalt:
A.
A.a. A.________ (geb. xxx 1991), Staatsangehöriger von Kamerun, reiste am 17. März 2006 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Die Bewilligung wurde letztmals bis zum 28. April 2016 verlängert. Im Jahr 2014 war A.________ wegen einfacher Körperverletzung, Raufhandels und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes unter anderem mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen bestraft worden. Am 23. November 2015 hatte ihn das Obergericht des Kantons Bern wegen Raubes unter Offenbarung besonderer Gefährlichkeit (begangen am 31. Juli 2012) zu einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten verurteilt. Im Jahr 2022 wurde er wegen rechtswidrigen Aufenthalts und rechtswidriger Einreise verurteilt.
A.b. Mit Verfügung vom 13. April 2018 verweigerte das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern (MIP; heute: Amt für Bevölkerungsdienste, ABEV) die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn unter Ansetzung einer Ausreisefrist aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern [POM; heute: Sicherheitsdirektion, SID] vom 30. Juli 2018; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. Juli 2019 [Verfahren 100.2018.290]). Das Verwaltungsgericht setzte eine Ausreisefrist bis 5. September 2019 an. Dieses Urteil ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
A.c. Am 23. Oktober 2019 verfügte das Staatssekretariat für Migration (SEM) ein Einreiseverbot gegen A.________ gültig vom 1. November 2019 bis 31. Oktober 2027, das vom Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 3. Juni 2021 bestätigt wurde (Urteil F-6248/2019).
A.d. A.________ kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Am 7. Dezember 2021 wurde er polizeilich angehalten und angesichts seines rechtswidrigen Aufenthalts in Ausschaffungshaft versetzt. Am 4. April 2022 wurde er aus der Haft entlassen.
A.e. A.________ hat keine Berufsbildung abgeschlossen, bezog Sozialhilfe von mehr als Fr. 200'000.-- (Ablösung von der Sozialhilfe seit 31. Mai 2018) und ist mit über Fr. 100'000.-- verschuldet. Seit 2014 ist er mit einer Schweizerin in einer Beziehung. Im Mai 2023 kam die gemeinsame Tochter zur Welt. Die Eltern verfügen über das gemeinsame Sorgerecht und leben als Familie zusammen.
B.
Am 4. Mai 2022 ersuchte A.________ beim ABEV um Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung der Eheschliessung. Mit Verfügung vom 1. Juni 2022 wies das ABEV das Gesuch ab.
Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Entscheid der SID vom 23. September 2022; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. März 2024).
C.
Mit Eingabe vom 6. Mai 2024 erhebt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil vom 28. März 2024 sei aufzuheben und der Migrationsdienst des Kantons Bern sei anzuweisen, ihm eine Kurzaufenthaltsbewilligung zur Durchführung des Ehevorbereitungsverfahrens zu erteilen. Eventualiter sei das Verfahren zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung.
Mit Verfügung vom 8. Mai 2024 gab das Abteilungspräsidium dem Gesuch um aufschiebende Wirkung statt.
Das Verwaltungsgericht, die Sicherheitsdirektion und das Migrationsamt des Kantons Bern beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen:
1.
Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer kann diesbezüglich in vertretbarer Weise geltend machen, die Verweigerung der beantragten Bewilligung vereitle sein Recht auf Ehe (Art. 14 BV, Art. 8 i. V. m. Art. 12 EMRK und Art. 98 Abs. 4 ZGB; vgl. Urteile 2C_376/2022 vom 13. September 2022 E. 1.2; 2C_1019/2021 vom 17. Mai 2022 E. 1.1; 2C_780/2021 vom 2. Februar 2022 E. 1.1; BGE 139 I 37 E. 3.5.2). Somit ist ein potenzieller Bewilligungsanspruch dargetan, was für das Eintreten genügt (BGE 139 I 330 E. 1.1). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht damit grundsätzlich offen. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten (Art. 42, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG).
2.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 149 I 105 E. 2.1; 147 II 44 E. 1.2; 143 II 283 E. 1.2.2).
3.
Letztinstanzlich ist umstritten, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung der Eheschliessung hat.
4.
4.1. Nach der Rechtsprechung sind die Migrationsbehörden im Hinblick auf Art. 12 EMRK bzw. Art. 14 BV in Konkretisierung des Gesetzeszwecks von Art. 98 Abs. 4 ZGB gehalten, eine (Kurz-) Aufenthaltsbewilligung oder Duldung zur Vorbereitung der Ehe zu erteilen, wenn (1) keine Hinweise dafür bestehen, dass die ausländische Person rechtsmissbräuchlich handelt (Scheinehe, missbräuchliche Anrufung der Familiennachzugsbestimmungen usw.), und (2) "klar" erscheint, dass sie nach der Heirat mit dem Ehepartner in der Schweiz wird verbleiben können, d.h. sie auch die weiteren hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Kurzaufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung des Eheschlusses soll jedoch nur erteilt werden, wenn (3) mit diesem bzw. dem Erhalt der hierfür zivilrechtlich erforderlichen Papiere und Bestätigungen in absehbarer Zeit gerechnet werden kann (BGE 139 I 37 E. 3.5.2; Urteile 2C_7/2023 vom 26. Januar 2024 E. 3; 2C_656/2022 vom 5. April 2023 E. 3.1; 2C_376/2022 vom 13. September 2022 E. 3.1). Diese Rechtsprechung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang zu jener von Art. 17 Abs. 2 AIG [SR 142.20] und Art. 8 EMRK (vgl. BGE 139 I 37 E. 3.5.2; Urteil 2C_656/2022 vom 5. April 2023 E. 3.2 m.w.H.).
4.2. Art. 8 EMRK verschafft keinen Anspruch auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Dennoch kann es das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens verletzen, wenn einer ausländischen Person, deren Familienangehörige sich hier aufhalten und über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügen, die Anwesenheit untersagt und damit ihr Zusammenleben vereitelt wird (BGE 144 I 91 E. 4.2 m.w.H.; 143 I 21 E. 5.1). Art. 8 EMRK ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- und Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 1 E. 6.1; 139 I 330 E. 2.1).
Liegt ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK vor, muss sich die aufenthaltsbeendende Massnahme als verhältnismässig erweisen. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit bzw. der Interessenabwägung sind die individuellen Interessen des Betroffenen und seiner Angehörigen, ihre Beziehung - trotz Straffälligkeit - weiter im Land leben zu können, und die öffentlichen Interessen daran, dass der straffällige Ausländer die Schweiz aus Sicherheitsgründen verlässt, sorgfältig gegeneinander abzuwägen (BGE 142 II 35 E. 6.1; Urteil 2C_348/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 5.1; Urteil des EGMR B.F. gegen Schweiz vom 4. Juli 2023 [Nr. 13258/18], § 88). Rechtsprechungsgemäss sind dabei namentlich zu berücksichtigen (1) die Art und Schwere der begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher oder Erwachsener verübt wurde; (2) die Aufenthaltsdauer des Betroffenen im Land; (3) der seit der Tat vergangene Zeitraum; (4) das Verhalten des Ausländers während diesem; (5) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland; (6) der Gesundheitszustand; (7) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung sowie (8) allgemein die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile bei einer Ausreise in den Heimat- oder in einen Drittstaat (BGE 139 I 145 E. 2.4; 139 I 31 E. 2.3.3; 139 I 16 E. 2.2.1; Urteile 2C_159/2023 vom 6. Februar 2024 E. 4.3; 2C_348/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 5.2.2; Urteile des EGMR M.M. gegen Schweiz vom 8. Dezember 2020 [Nr. 59006/18], § 49 ff. mit Hinweisen; P.J. und R.J. gegen die Schweiz vom 17. September 2024 [Nr. 52232/20], § 53 ff.). Unter dieses letzte Kriterium fällt der besondere Schutz der Kindesinteressen, möglichst mit beiden Elternteilen gemeinsam aufwachsen zu können und nicht von ihnen getrennt zu werden (Art. 3 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes [KRK; SR 0.107]; vgl. BGE 144 I 91 E. 5.2; 143 I 21 E. 5.5; Urteile des EGMR B.F. gegen Schweiz vom 4. Juli 2023 [Nr. 13258/18] §§ 119 f. und S.N. und M.B.N. gegen Schweiz vom 23. November 2021 [Nr. 12937/20] §§ 100, 103 f.). Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall (Urteile 2C_739/2022 vom 13. September 2023 E. 3.4; 2C_348/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 5.2.2, je mit Hinweisen).
4.3. Ist eine frühere Bewilligung widerrufen oder nicht verlängert worden, kann zwar grundsätzlich jederzeit um eine neue Bewilligung nachgesucht werden. Ein neues Gesuch darf aber nicht dazu dienen, rechtskräftige Entscheide immer wieder in Frage zu stellen (BGE 146 I 185 E. 4.1; 136 II 177 E. 2.1; vgl. auch BGE 120 Ib 42 E. 2b mit Hinweisen). Wurde die aufenthaltsbeendende Massnahme aufgrund von Straffälligkeit getroffen, sind die Verwaltungsbehörden nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dazu verpflichtet, auf ein neues Gesuch einzutreten, wenn sich die ausländische Person während einer angemessenen Zeitdauer (in der Regel fünf Jahre seit dem Widerruf oder der Nichtverlängerung der Bewilligung) im Ausland bewährt hat (vgl. Urteile 2C_150/2024 vom 25. September 2024 E. 3.1; 2C_749/2022 vom 17. August 2023 E. 5.2 mit Hinweisen; 2C_686/2022 vom 15. November 2022 E. 5.1). Ist dies - wie vorliegend - nicht der Fall, weil die betroffene Person die Schweiz nicht verliess, kann sie bloss ausnahmsweise einen Anspruch auf Neubeurteilung geltend machen (vgl. Urteile 2C_875/2021 vom 26. November 2021 E. 3.3; 2C_663/2020 vom 2. März 2021 E. 3.6; je mit Hinweis). Dieser Anspruch setzt nach der Praxis zu Art. 29 Abs. 1 BV voraus, dass sich die entscheiderheblichen Umstände seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben (vgl. BGE 146 I 185 E. 4.1; 136 II 177 E. 2.1; Urteil 2C_150/2024 vom 25. September 2024 E. 3.1), wobei neuen Sachumständen, die sich nur dadurch ergeben haben, dass der Betroffene einer rechtskräftigen Wegweisung nicht Folge geleistet hat, lediglich reduziertes Gewicht zukommt (Urteile 2C_150/2024 vom 25. September 2024 E. 3.1; 2C_313/2021 vom 19. Oktober 2021 E. 3.4). Eine wesentliche Änderung der entscheiderheblichen Umstände liegt vor, wenn aufgrund der geltend gemachten Veränderungen ein für die betroffene Person günstigeres Ergebnis ernstlich in Betracht fällt (vgl. BGE 136 II 177 E. 2.2.1; Urteile 2C_1004/2022 vom 18. Oktober 2023 E. 4.2; 2C_313/2021 vom 19. Oktober 2021 E. 3.2). Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob sich die Umstände wesentlich geändert haben, ist der Zeitpunkt des damaligen kantonal letztinstanzlichen Entscheids - hier des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. Juli 2019 (vgl. Urteile 2C_593/2021 vom 13. April 2022 E. 3; 2C_826/2021 vom 25. November 2021 E. 4.2; je mit Hinweisen).
5.
Der Beschwerdeführer macht geltend, entgegen der Vorinstanz erscheine "klar" (im Sinn der Rechtsprechung, vgl. E. 4.1), dass er nach der Heirat in Anwendung von Art. 42 AIG in der Schweiz würde verbleiben können. Seine privaten Interessen an einem Verbleib würden die öffentlichen Interessen an der Fernhaltung überwiegen. Gestützt auf Art. 12 EMRK bzw. Art. 14 BV sei ihm eine Kurzaufenthaltsbewilligung zu erteilen.
5.1. Die Partnerin des Beschwerdeführers ist Schweizer Bürgerin. Gestützt auf die Ehe mit ihr käme ihm nach der Heirat grundsätzlich ein Aufenthaltsanspruch nach Art. 42 Abs. 1 AIG zu. Der Anspruch auf Familiennachzug erlöscht jedoch unter anderem, wenn Widerrufsgründe nach Art. 63 AIG vorliegen (Art. 51 Abs. 1 lit. b AIG). Die Aufenthaltsbewilligung kann gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG insbesondere widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Urteil 2C_352/2023 vom 20. Dezember 2023 E. 4.1). Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die Strafe die Dauer von einem Jahr überschreitet (BGE 146 II 321 E. 3.1 mit Hinweisen).
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit dem Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 23. November 2015 zu einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten verurteilt wurde und damit den Widerrufsgrund von Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG gesetzt hat.
5.2. Die Vorinstanz verneinte, dass der Beschwerdeführer, wäre er bereits verheiratet, gestützt auf Art. 42 Abs. 1 AIG eine Aufenthaltsbewilligung erhalten würde, und verweigerte die Erteilung einer Kurzaufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Eheschliessung. Sie erwog zusammengefasst, die bisherigen strafrechtlichen Verurteilungen begründeten ein grosses öffentliches Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers. Dieses würde durch die eher geringe Rückfallgefahr beim Beschwerdeführer teilweise relativiert. Seine privaten Interessen vermöchten die öffentlichen Interessen an seiner Fernhaltung jedoch nicht in offensichtlicher Weise zu überwiegen, zumal sich seine familiären und sozialen Beziehungen nur intensivieren konnten, weil er der rechtskräftigen Wegweisungsanordnung nicht nachgekommen sei.
5.3. Der Beschwerdeführer hat mit der Verurteilung vom 23. November 2015 den Widerrufsgrund von Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG gesetzt. Seine Aufenthaltsbewilligung wurde aufgrund der Straffälligkeit nicht verlängert und er wurde per 5. September 2019 rechtskräftig des Landes verwiesen. Das SEM verfügte am 23. Oktober 2019 ein Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer bis zum 31. Oktober 2027, welches vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Juni 2021 bestätigt wurde. Gemäss unbestrittener Feststellung der Vorinstanz kam der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Da er sich der Wegweisung widersetzte, ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine Neubeurteilung der Interessenslage angezeigt, denn andernfalls würde der Beschwerdeführer gegenüber denjenigen, die sich an rechtskräftige Entscheide hielten und sich im Ausland zu bewähren versuchen, privilegiert (vgl. Urteil 2C_663/2020 vom 2. März 2021 E. 3.6). Der Wegweisungsentscheid und das bis 2027 gültige Einreiseverbot sind in Rechtskraft erwachsen und nach wie vor verbindlich.
Bei dieser Ausgangslage könnte dem Beschwerdeführer nur dann eine Kurzaufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung der Eheschliessung erteilt werden, wenn er erfolgreich einen Anspruch auf Neubeurteilung geltend machen kann (vgl. E. 4.3 hiervor).
5.4. Wie die Vorinstanz zu Recht erwägt, steht dem Beschwerdeführer auch in einer ausnahmsweise vorgenommenen Neubeurteilung aufgrund veränderter Umstände kein offensichtliches Aufenthaltsrecht zu:
5.4.1. Die Freiheitsstrafe von 34 Monaten wegen Raubes unter Offenbarung besonderer Gefährlichkeit deutet auf ein schweres strafrechtliches Verschulden hin. Gemäss den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) haben der Beschwerdeführer und seine Komplizen beim Raub in beträchtlicher personeller Überzahl auf die wehrlosen Opfer eingeschlagen und mehr Gewalt angewendet, als zum Vollzug des Raubes nötig gewesen wäre. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer zuvor und danach mit dem Gesetz in Konflikt geriet: Im Jahr 2014 wurde er wegen einfacher Körperverletzung, Raufhandels und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes unter anderem mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen bestraft; im Jahr 2022 wurde er wegen rechtswidrigen Aufenthalts und rechtswidriger Einreise verurteilt (vgl. angefochtenes Urteil, E. 4.1 f.). Die Vorinstanz geht zu Recht davon aus, dass die Verurteilungen nach wie vor ein nicht unerhebliches öffentliches Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers aus der Schweiz indizieren, auch wenn der Raub schon einige Jahre zurückliegt.
5.4.2. Der Beschwerdeführer ist im Alter von 14 Jahren in die Schweiz eingereist, hat hier die letzten drei Schuljahre absolviert und keine Berufsbildung abgeschlossen. Er war jeweils nur kurz erwerbstätig. Er bezog Sozialhilfe von mehr als Fr. 200'000.-- und ist mit über Fr. 100'000.-- verschuldet (vgl. Lit. A.e. vorstehend). Per 31. Mai 2018 hat er sich von der Sozialhilfe gelöst. Seit der Wegweisung darf er keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen. Wie die Vorinstanz zu Recht schliesst, ist die beruflich-wirtschaftliche Integration nicht geglückt.
5.4.3. Der Beschwerdeführer kann sich mündlich gut auf Deutsch verständigen und verfügt über einen grossen Freundes- und Bekanntenkreis. Er engagiert sich ehrenamtlich als Tanzlehrer und Trainer in einem kirchlichen Projekt. Soweit der Beschwerdeführer daraus etwas zu seinen Gunsten ableiten möchte, gehen seine Vorbringen ins Leere: Wie die Vorinstanz zu Recht erwägt, kann der Intensivierung der sozialen Kontakte kein grosses Gewicht beigemessen werden, da sie sich vor allem dadurch ergeben hat, dass der Beschwerdeführer der rechtskräftigen Wegweisung keine Folge geleistet hat (vgl. E. 4.3 hiervor).
5.4.4. Der Beschwerdeführer hat die prägenden Abschnitte seiner Kindheit im Heimatland verbracht, beherrscht die Landessprache, hat Verwandte in Kamerun und ist arbeitsfähig. Soweit er sich vor Bundesgericht dazu in Widerspruch setzt, erfüllt er die Begründungsanforderungen an Sachverhaltsrügen nicht (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2).
5.4.5. Die familiären Interessen des Beschwerdeführers können entgegen seinen Vorbringen ebenfalls nicht erheblich gewichtet werden (vgl. E. 4.3 hiervor). Der Beschwerdeführer und seine Partnerin kennen sich seit dem Jahr 2012 und führen seit Ende 2014 eine Liebesbeziehung. Im Mai 2023 kam die gemeinsame Tochter zur Welt. Die Eltern verfügen über das gemeinsame Sorgerecht und leben als Familie zusammen. Die Eltern haben sich jedoch zur Familiengründung entschieden, nachdem der Beschwerdeführer rechtskräftig weggewiesen und gegen ihn ein Einreiseverbot bis Oktober 2027 verhängt worden war. Sie konnten nicht davon ausgehen, das Familienleben künftig zusammen bzw. in der Schweiz leben zu können. Das erhebliche Interesse des Beschwerdeführers, bei seiner Partnerin und seiner Tochter verbleiben zu können, kann daher nicht wesentlich berücksichtigt werden. Andernfalls würde er gegenüber ausländischen Personen bevorzugt, die rechtskräftigen Wegweisungsentscheiden Folge leisten.
5.5. Es erscheint somit nicht "klar" im Sinn der Rechtsprechung, dass der Beschwerdeführer nach der Eheschliessung in der Schweiz verbleiben könnte; auf jeden Fall nicht vor Ablauf des Einreiseverbots im Oktober 2027. Es ist jedoch mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dereinst, wenn er sich für eine angemessene Dauer in seinem Heimatland klaglos verhalten hat, gestützt auf eine intakte Beziehung zu seiner Partnerin und zu seinem Kind einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des (umgekehrten) Familiennachzug geltend machen könnte (angefochtenes Urteil, E. 6).
Im Ergebnis ist die Auffassung der Vorinstanz, wonach dem Beschwerdeführer wegen fehlendem klaren Aufenthaltsanspruch nach der Heirat keine Kurzaufenthaltsbewilligung zu erteilen ist, bundes- und konventionsrechtlich nicht zu beanstanden.
6.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen.
Nachdem das Vorliegen der Wegweisungsverfügung und der Einreisesperre und deren Missachtung durch den Beschwerdeführer unstrittig waren und er dem vorinstanzlichen Urteil auch hinsichtlich der Verhältnismässigkeit nichts Substanzielles entgegensetzte, waren seine Begehren von Anfang an aussichtslos. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist deswegen abzuweisen (Art. 64 BGG). Es kann jedoch ausnahmsweise davon abgesehen werden, Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 11. November 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: P. Plattner