7B_1022/2024 15.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_1022/2024
Urteil vom 15. November 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch,
Bundesrichter Hurni, Kölz, Hofmann,
Gerichtsschreiber Caprara.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
handelnd durch seine Beiständin B.________,
und diese vertreten durch
Rechtsanwalt Paul Rechsteiner,
Beschwerdeführer,
gegen
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen,
Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Aufschub des Vollzugs der obligatorischen Landesverweisung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen, Abteilung II, vom 15. August 2024 (B 2024/33).
Sachverhalt:
A.
A.a. Das Kantonsgericht St. Gallen verurteilte den in der Schweiz geborenen türkischen Staatsangehörigen A.________ am 2. September 2019 wegen Verbrechens und Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) sowie mehrfacher Geldwäscherei zu einer vollziehbaren Freiheitsstrafe von drei Jahren und zu einer Landesverweisung von fünf Jahren. Das Bundesgericht wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde am 15. Oktober 2020 ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 6B_1306/2019).
A.b. A.________ verbüsste seine Strafe seit 18. September 2019. Im Strafvollzug wurde A.________ eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert und er wurde medikamentös behandelt.
A.c. Ein Revisionsgesuch von A.________ mit dem Antrag auf Aufhebung der Landesverweisung wies das Kantonsgericht St. Gallen am 22. Dezember 2021 ab, soweit es darauf eintrat. Das Bundesgericht wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde am 25. April 2022 ab (Urteil 6B_193/2022).
A.d. Die zuständigen Behörden entliessen A.________ am 8. November 2022 aus dem Strafvollzug. Unmittelbar danach begab sich A.________ ins Kantonsspital St. Gallen und verlangte, ihm ein neues Herz einzupflanzen. Gleichentags wurde er mit Verfügung des Amtsarztes fürsorgerisch untergebracht. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) der Region St. Gallen verlängerte diese fürsorgerische Unterbringung mit Beschluss vom 19. Dezember 2022 um sechs Monate.
A.e. Mit Verfügung vom 26. Januar 2023 errichtete die KESB eine umfassende Beistandschaft für A.________.
A.f. A.________ wurde am 15. Juni 2023 aus der fürsorgerischen Unterbringung bzw. der psychiatrischen Klinik entlassen und lebt seither bei seiner Mutter.
B.
B.a. A.________ beantragte den Aufschub des Vollzugs der Landesverweisung, nachdem ihm eine Mitteilung des Migrationsamtes vom 16. August 2022 zugegangen war. Gemäss dieser werde die polizeilich-medizinisch begleitete Ausschaffung in die Türkei in die Wege geleitet.
B.b. Mit Verfügung vom 10. März 2023 wies das Migrationsamt das Gesuch um Aufschub des Vollzugs der Landesverweisung ab.
B.c. Das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen wies den Rekurs von A.________ gegen die Verfügung des Migrationsamts mit Entscheid vom 14. Februar 2024 ab.
B.d. Das Verwaltungsgericht St. Gallen wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 15. August 2024 ab.
C.
Dagegen gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, der Entscheid des Verwaltungsgerichts St. Gallen vom 15. August 2024 sei aufzuheben. Der Vollzug der obligatorischen Landesverweisung sei aufzuschieben. Eventualiter sei die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. A.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Das Verwaltungsgericht St. Gallen und das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen beantragen mit Eingabe vom 25. bzw. 28. Oktober 2024, die Beschwerde sei abzuweisen. Diese Eingaben wurden den anderen Parteien am 29. Oktober 2024 zur Kenntnisnahme zugestellt.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob eine eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 150 IV 103 E. 1; 149 IV 97 E. 1, 9 E. 2).
1.1. Entscheide über den Vollzug einer strafrechtlichen Landesverweisung bzw. deren Aufschub gemäss Art. 66d StGB sind mit Beschwerde in Strafsachen anfechtbar, da sie den Vollzug einer Massnahme im Sinne von Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG betreffen (BGE 147 IV 453 E. 1.4.3; Urteile 7B_136/2023 vom 20. Juni 2024 E. 1.1; 6B_1392/2022 vom 26. Januar 2023 E. 2.1; 6B_1224/2022 vom 26. Januar 2023 E. 1.1; je mit Hinweisen).
1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Nachdem das Urteil, das die Landesverweisung anordnet, rechtskräftig geworden ist (vgl. oben Sachverhalt lit. A.a), kann es nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden (formelle Rechtskraft) und auch nicht mehr zwischen denselben Parteien infrage gestellt werden (materielle Rechtskraft; vgl. BGE 147 IV 453 E. 1.4 mit Hinweisen). Daraus ergeben sich auch verfahrensrechtliche Konsequenzen in Bezug auf die Möglichkeiten, den Vollzug des rechtskräftigen Urteils anzufechten. Obwohl Entscheide über den Vollzug von Strafen und Massnahmen in Strafsachen grundsätzlich beschwerdefähig sind (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG), ist die Beschwerde nicht zulässig, wenn der Vollstreckungsentscheid keine wirklich neue, im früheren Entscheid nicht vorgesehene Frage regelt, wenn er keine neue Beeinträchtigung der Rechtslage der betroffenen Person nach sich zieht, wenn das zu vollstreckende Urteil nicht in Verletzung eines unverzichtbaren und unverjährbaren Grundrechts der beschwerdeführenden Partei ergangen ist, wenn es nicht nichtig erscheint oder wenn schliesslich die behauptete Verletzung eines Grundrechts nicht besonders schwerwiegend erscheint. In solchen Fällen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, da die beschwerdeführende Person nicht aufzeigt, über ein Rechtsschutzinteresse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG zu verfügen (BGE 147 IV 453 E. 1.4.3; Urteile 7B_136/2023 vom 20. Juni 2024 E. 1.2.1; 6B_1392/2022 vom 26. Januar 2023 E. 2.3; je mit Hinweisen).
1.3. Der Beschwerdeführer führt als Grund für den Aufschub der Landesverweisung die zwischenzeitlich im Strafvollzug diagnostizierte psychische Erkrankung, die damit verbundene Urteilsunfähigkeit sowie die Abhängigkeit von seiner Mutter an. Der Vollzug der Landesverweisung greife in seine durch die EMRK geschützten Rechte ein. Insoweit wirft er für den Vollzug der Landesverweisung bedeutsame Fragen auf, die im früheren, die Landesverweisung anordnenden Entscheid nicht berücksichtigt wurden. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1. Die Vorinstanz stellt für das Bundesgericht verbindlich fest (Art. 105 Abs. 1 BGG), bereits bei der Anordnung der strafrechtlichen Verurteilung wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher Geldwäscherei seien psychische Symptome im Raum gestanden, die auf eine paranoide Schizophrenie hingedeutet hätten. Die Diagnose sei allerdings erst im Strafvollzug nach einem stationären Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik U.________ zwecks Krisenintervention gestellt worden, worauf der Beschwerdeführer (noch während des Strafvollzugs) erfolglos um Revision des früheren Urteils ersucht habe.
2.2. Die Vorinstanz berücksichtigt die fachärztliche Beurteilung von Dr. med. C.________, Chefärztin Forensik der Psychiatrie St. Gallen Nord (PSGN), vom 4. April 2022. Diese werde durch das Kurzgutachten von Dr. med. D.________ vom 7. Dezember 2022 bestätigt. Demnach bestehe beim Beschwerdeführer eine schwere chronische Schizophrenie mit chronifiziertem Wahnsystem. Unter Behandlung mittels eines Neuroleptikums könne die Symptomatik begrenzt, aber nicht vollständig zurückgedrängt werden. Der Beschwerdeführer sei in seiner Kontakt- und Beziehungsfähigkeit zu anderen Menschen krankheitsbedingt schwer beeinträchtigt. Er lebe in seiner eigenen wahngeprägten Welt. Bezüglich seiner gesundheitlichen Situation sei er urteilsunfähig. Ohne fachgerechte Betreuung und Behandlung werde er in jeder sozialen Empfangssituation, sei es in der Schweiz oder in der Türkei, hilflos sein und nicht für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse sorgen können.
2.3. Gemäss der Vorinstanz ist das Staatssekretariat für Migration (SEM) unter Beilage dreier medizinischer Berichte der PSGN zum Zustand des Beschwerdeführers vom 4. April, 30. Mai und 2. Juni 2022 vom Migrationsamt um ein medizinisches Consulting hinsichtlich des Vollzugs der Landesverweisung ersucht worden. Die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers sei dem SEM bekannt gewesen. Beim Consulting handle es sich somit um eine konkrete fallbezogene Einschätzung. Gemäss dem Bericht des SEM vom 2. August 2022 sei eine psychiatrische Behandlung des Beschwerdeführers in der Türkei möglich. Erstansprecherinnen seien dort lokale psychiatrische Kleinkliniken. Es würden Konsultationen angeboten und Medikamente verschrieben, die in staatlichen Apotheken gratis bezogen werden könnten. Notfalls würden Patienten an grössere psychiatrische Einrichtungen weiter verwiesen. In Istanbul seien ambulante und stationäre psychiatrische und psychologische Behandlungen, kurzzeitige und langfristige klinische psychiatrische Betreuung, Zwangseinweisungen in psychiatrische Einrichtungen und auch psychiatrische Langzeitbetreuung chronisch psychotischer Patienten, unter anderem im staatlichen Cerrahpasa Medical School Hospital, aber auch in regionalen Universitätskliniken oder Regionalspitälern in grösseren Städten möglich. Alle vom Beschwerdeführer eingenommenen Medikamente seien in privaten Apotheken in Istanbul vorhanden. In der Türkei würden bei der Behandlung psychisch kranker Personen eher kurze stationäre Aufenthalte und eine Unterstützung und Betreuung zu Hause in einem familiär-verwandtschaftlichen Umfeld bevorzugt. Sofern Begleitmassnahmen getroffen würden, sei eine Ausschaffung aus Sicht des SEM möglich. Diese umfassten die Begleitung der Ausschaffung durch ärztliches und pflegerisches Personal, die anschliessende stationäre Unterbringung in einer Klinik und die langfristige psychosoziale Betreuung.
2.4. Ein weiterer ärztlicher Bericht vom 18. Oktober 2022 der Gefängnisversorgung betonte die Wichtigkeit der Fortsetzung der antipsychotischen Pharmakotherapie mit erleichtertem Zugang zu einer engmaschigen psychiatrischen Betreuung. Ohne eine solche sei von einer raschen Dekompensation mit krisenhafter Entwicklung auszugehen. Das SEM äusserte sich mit E-Mail vom 17. November 2022 zur Empfehlung der Gefängnisversorgung. Demnach bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Zugang zur psychiatrischen Versorgung in der Türkei nicht gewährleistet sei bzw. dort keine dem Krankheitsbild des Beschwerdeführers gerecht werdende psychiatrische Betreuung erfolgen werde. In der Türkei seien alle in westeuropäischen Ländern üblichen psychiatrischen Behandlungen möglich.
2.5. Die KESB der Region St. Gallen hat gemäss der Vorinstanz im Beschluss vom 28. Januar 2023 betreffend Anordnung einer umfassenden Beistandschaft ausgeführt, der Beschwerdeführer leide an einem chronifizierten Wahnsystem schwergradiger Ausprägung. Eine Verbesserung sei nicht zu erwarten. Dem Beschwerdeführer fehle die Krankheitseinsicht gänzlich und er handle in völliger Verkennung der Realität gegen seine Interessen. Seine finanzielle, soziale, gesundheitliche Situation und seine Wohnverhältnisse seien ungeregelt. Er sei in sämtlichen Lebensbereichen unterstützungsbedürftig und müsse umfassend vertreten werden.
2.6. Gemäss der Vorinstanz ist der Beschwerdeführer am 15. Juni 2023 aus der psychiatrischen Klinik ausgetreten. Seither lebe er bei seiner Mutter in St. Gallen. Einmal wöchentlich komme die psychiatrische Spitex zu ihm. Die Medikamente inklusive Depot-Medikation würden von der Hausärztin abgegeben und alle vier bis sechs Wochen begebe sich der Beschwerdeführer zur Kontrolle ins Kriseninterventionszentrum der PSGN. Gemäss der Beiständin sei der Beschwerdeführer rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen. Er schätze sich selbst nicht als psychisch krank ein. Seine Mutter sei eine wichtige Bezugsperson. Sie kümmere sich mit grosser Sorgfalt und Zuverlässigkeit um ihn und übernehme praktisch alle Aufgaben im Alltag, wodurch zwischenzeitlich Stabilität in der Lebenssituation erlangt worden sei. Ohne Unterstützung der Mutter wäre er auf ein stationäres Setting angewiesen.
2.7. Gemäss der Vorinstanz müsste der Vollzug der Landesverweisung polizeilich-medizinisch begleitet werden und am Ankunftsort ein sogenannter "medical handover", d.h. eine Übernahme durch einen türkischen Arzt, stattfinden. Eine adäquate Behandlung der psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers in der Türkei sei gewährleistet. Auch wenn sich die Trennung von seiner Mutter und die Entfernung aus seinem bekannten Umfeld destabilisierend auswirken und zu einer vorübergehenden Verschlechterung seines Zustandes führen könnten, gebe es keine Hinweise auf eine drastische, irreversible oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Da der Beschwerdeführer in der Türkei nicht mehr von seiner Mutter betreut werden oder auch nicht bei Verwandten wohnen, jedoch aufgrund seiner Erkrankung nicht alleine für sich sorgen könne, müsse er zumindest in der ersten Zeit oder allenfalls auch dauerhaft in einem betreuten Wohnheim oder stationär in einer Institution untergebracht werden, denn zu den dort wohnhaften Tanten, Onkel, Cousins und zur Schwester habe er seit mehreren Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Die in der Türkei gemäss den Abklärungen des SEM bevorzugte Strategie von kurzen stationären Aufenthalten mit Betreuung im familiären Umfeld sei beim Beschwerdeführer möglicherweise nicht umsetzbar. Aber auch eine dauerhafte Unterbringung in einer Institution für psychisch kranke Menschen scheine möglich, ebenso wie Erwachsenenschutzmassnahmen, welche mit einer hiesigen Beistandschaft vergleichbar seien.
Die Vorinstanz verneint einen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV (Recht auf Familienleben). Ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern dürfe nicht leichthin angenommen werden. Ein Pflege- und Betreuungsverhältnis genüge hierfür nicht. Erforderlich sei, dass die Pflege- und Betreuungsleistung unabdingbar von den in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Angehörigen erbracht werden müsse. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Beschwerdeführer habe während Jahren keinen Kontakt zu seiner in der Schweiz lebenden Familie (Eltern und Schwester) gepflegt. Das Verhältnis sei während vielen Jahren stark belastet gewesen, da es zu Streitereien und Tätlichkeiten durch den Beschwerdeführer gegenüber seiner Familie gekommen sei. Seine Eltern hätten gemäss Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 2. September 2019 gar ein Hausverbot gegen ihn erwirkt. Der Beschwerdeführer habe sich krankheitsbedingt von seiner Familie zurückgezogen. Die Mutter sei seit einem Jahr eine wichtige Bezugs- und Betreuungsperson des Beschwerdeführers. Sie sorge seit dem Klinikaustritt dafür, dass er Termine wahrnehme, und kümmere sich um Ernährung und Haushalt. Dass diese Betreuung alleine durch die Mutter stattfinden könne, lasse sich indessen nicht sagen. Es stehe auch nicht fest, ob diese Beziehung auf Dauer tragfähig sei oder ob der Beschwerdeführer auch in der Schweiz längerfristig erneut in einer betreuenden Institution untergebracht werden müsse.
Die Vorinstanz verneint darüber hinaus eine Verletzung von Art. 3 EMRK. Sie hält dazu fest, der hierfür erforderliche hohe Grad gesundheitlicher Beeinträchtigung bzw. konkreter Lebensgefährdung sei nicht erreicht.
3.
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV und auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Die Vorinstanz habe keine aktuelle und fallspezifische Beurteilung der Verhältnisse vorgenommen. Das medizinische Consulting gebe bloss eine allgemeine Einschätzung ab. Insoweit erweise sich der angefochtene Entscheid als willkürlich.
3.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV folgt die Verpflichtung der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 150 III 1 E. 4.5; 148 III 30 E. 3.1; 145 III 324 E. 6.1; je mit Hinweisen).
3.3. Die vorinstanzlichen Erwägungen sind ausführlich und beleuchten die Situation des Beschwerdeführers in der Schweiz umfassend. Indessen stehen die hypothetischen Lebensumstände des Beschwerdeführers beim Vollzug einer Landesverweisung unter einem ungewissen Stern. Es ist namentlich nicht klar, ob und welche türkischen Einrichtungen für psychisch kranke Menschen im Sinne einer Ausnahme zu den dortigen Behandlungsansätzen (vgl. oben E. 2.3) bereit wären, den Beschwerdeführer auf längere Zeit bzw. nötigenfalls gar dauerhaft zu betreuen. Konkrete Informationen zu Institutionen (Zusagen über die dauerhafte Aufnahme, Abklärungen zur Finanzierung) in der Region, in welche der Beschwerdeführer ausgeschafft werden soll, liegen keine vor. Die Frage der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann angesichts des Verfahrensausgangs jedoch offenbleiben.
4.
4.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz verletze Art. 3 EMRK. Durch den Vollzug der Landesverweisung sei eine schwerwiegende und irreversible gesundheitliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zu erwarten.
4.2.
4.2.1. Gemäss Art. 66d Abs. 1 StGB kann der Vollzug der obligatorischen Landesverweisung nach Art. 66a StGB nur aufgeschoben werden, wenn der Betroffene ein von der Schweiz anerkannter Flüchtling ist und durch die Landesverweisung sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen gefährdet wäre; davon ausgenommen ist der Flüchtling, der sich gemäss Art. 5 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 nicht auf das Rückschiebungsverbot berufen kann (lit. a); oder wenn andere zwingende Bestimmungen des Völkerrechts entgegenstehen (lit. b).
Der Beschwerdeführer ist nach den unangefochtenen und daher für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) kein Flüchtling, so dass Art. 66d Abs. 1 lit. a StGB nicht zur Anwendung gelangt.
4.2.2. Art. 66d StGB behält die Möglichkeit einer letzten Kontrolle in einem eng begrenzten Rahmen vor, um zu verhindern, dass die rechtskräftige Ausweisung unter Missachtung des Non-Refoulement-Prinzips oder einer anderen zwingenden Regel des Völkerrechts vollzogen wird (BGE 147 IV 453 E. 1.4.5; Urteil 7B_646/2024 vom 24. Juli 2024 E. 5.2.1 mit Hinweisen).
4.2.3. Nach Art. 25 Abs. 3 BV darf niemand in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht.
Gemäss Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Diese Bestimmung ist einschlägig, wenn das durch eine staatliche Handlung oder mangelnde Schutzvorkehrung verursachte körperliche oder psychische Leid ein Mindestmass an Schwere erreicht (FANNY DE WECK, Das Rückschiebungsverbot aus medizinischen Gründen nach Art. 3 EMRK, in: Jusletter 18. März 2013, Rz. 3; FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, N. 8 zu Art. 3 EMRK; MATTHIAS LEHNERT, in: Nomos Handkommentar zur EMRK, Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer [Hrsg.], 5. Aufl. 2023, N. 19 zu Art. 3 EMRK; MARK E. VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK], 3. Aufl. 2020, N. 323 f.).
4.2.4. Der Vollzug der Weg- oder Ausweisung einer physisch oder psychisch erkrankten Person kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) den Schutzbereich von Art. 3 EMRK tangieren, wenn die Erkrankung eine gewisse Schwere erreicht und hinreichend substanziiert dargetan ist, dass die erkrankte Person im Falle einer Ausschaffung in den Heimatstaat ernsthaft und konkret Gefahr läuft, einer durch Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung ausgesetzt zu sein (Urteil des EGMR N. gegen Vereinigtes Königreich vom 27. Mai 2008, Nr. 26565/05, §§ 29 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie sich in einem lebenskritischen Zustand befindet und der Staat, in welchen sie ausgeschafft werden soll, keine genügende medizinische Versorgung bietet und dort keine Familienangehörigen für ihre grundlegendsten Lebensbedürfnisse aufkommen können (Urteil des EGMR N. gegen Vereinigtes Königreich, a.a.O., § 42; BGE 137 II 305 E. 4.3; vgl. auch die Urteile 6B_1470/2022 vom 29. August 2023 E. 2.3.6, 6B_225/2023 vom 7. Juli 2023 E. 1.3.7 und 6B_884/2022 vom 20. Dezember 2022 E. 3.2.4.1, je mit Hinweisen).
4.2.5. Im Urteil Paposhvili gegen Belgien vom 13. Dezember 2016 (Nr. 41738/10) hat der EGMR seine Position zum Verhältnis von Krankheit und Zulässigkeit eines Wegweisungsvollzugs im Lichte von Art. 3 EMRK vertieft. Ein aussergewöhnlicher Fall, in dem eine aufenthaltsbeendende Massnahme unter Verbringung einer gesundheitlich angeschlagenen Person in ihren Heimatstaat Art. 3 EMRK verletzt, liegt demnach vor, wenn für diese im Fall der Rückschiebung die konkrete Gefahr besteht, dass sie, aufgrund fehlender angemessener Behandlungsmöglichkeit oder fehlenden Zugangs zu Behandlungen, einer ernsthaften, rapiden und irreversiblen Verschlechterung des Gesundheitszustandes ausgesetzt wird, die intensives Leiden oder eine wesentliche Verringerung der Lebenserwartung nach sich zieht (Urteil des EGMR Paposhvili gegen Belgien, a.a.O., § 183; vgl. BGE 146 IV 297 E. 2.2.3; Urteile 6B_479/2024 vom 11. September 2024 E. 2.2.3; 6B_2/2019 vom 27. September 2019 E. 6.1, nicht publ. in: BGE 145 IV 455; je mit Hinweis[en]).
4.2.6. Die schweizerischen Behörden sind generell (d.h. auch ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 3 EMRK) gehalten, im Rahmen der konkreten Rückkehrmassnahmen alles ihnen Zumutbare vorzukehren, um medizinisch bzw. betreuungsmässig sicherzustellen, dass das Leben und die Gesundheit der rückkehrpflichtigen Person möglichst nicht beeinträchtigt wird; sie sind verfassungsrechtlich jedoch nicht gehalten, im Hinblick auf kritische psychische Krankheitsbilder, die auch im Heimatland behandelt werden können, in Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben einem Gesuch auf Erteilung bzw. Verlängerung der Anwesenheitsberechtigung zu entsprechen (vgl. BGE 139 II 393 E. 5.2.2; Urteil 2D_14/2018 vom 13. August 2018 E. 7.1 mit Hinweisen).
4.2.7. Der Vollzug der Wegweisung muss in solchen Fällen sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Allenfalls ist die Möglichkeit einer vorgängigen fürsorgerischen Unterbringung (Art. 426 ff. ZGB) in zeitlicher Nähe zum Wegweisungsvollzug, eine ärztliche Begleitung auf dem Flug oder eine Übergabe an bzw. eine Kontaktaufnahme mit entsprechenden Spezialisten im Heimatland zu prüfen. Nur wenn der Vollzug der Wegweisung auch mit adäquater medizinischer Rückkehrhilfe und entsprechenden Vorsichtsmassnahmen längerfristig nicht möglich ist, stellt sich die Frage einer Unzumutbarkeit oder einer Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs und der sich daraus ergebenden aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen (Urteile 2C_525/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 5.5.2; 2D_14/2018 vom 13. August 2018 E. 7.1; je mit Hinweisen).
4.3. Die vom Beschwerdeführer angeführten Probleme beim Vollzug der Landesverweisung führen nicht zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht hinreichend dargetan, dass er dadurch an seiner Gesundheit konkret und ernsthaft gefährdet wäre. Insbesondere haben die konkreten auf seinen Fall bezogenen Abklärungen der Vorinstanzen ergeben, dass eine durch geeignetes medizinisches Fachpersonal betreute Ausreise möglich wäre. Gleiches gilt auch für die unmittelbare Übergabe des Beschwerdeführers an eine medizinische Institution zur Gewährleistung einer nahtlosen Behandlung nach seiner Ausreise in der Türkei. Die vorübergehend zu befürchtende Verschlechterung seines psychischen und physischen Zustandes aufgrund der Trennung von seiner Familie genügt jedenfalls nicht, um den Schweregrad der Beeinträchtigung zu erreichen, wie er nach Art. 3 EMRK gefordert ist (vgl. oben E. 4.2.3 ff., wonach eine ernsthafte, rapide und irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden mit einem intensiven Leiden oder einer wesentlichen Verringerung der Lebenserwartung erforderlich wäre).
5.
5.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz verneine zu Unrecht die Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK. Die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern falle in den Schutzbereich der genannten Bestimmungen, wenn eine besondere Abhängigkeit bestehe und die Betroffenen zusammenlebten. Dies sei aufgrund seiner psychischen Erkrankung der Fall. Erst die Pflege und Betreuung durch seine Mutter ermöglichten ein ambulantes Setting. Diese wären in einer Institution nicht gleichwertig.
5.2. Nach Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
5.3. Das durch Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen. Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; je mit Hinweisen). In den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallen aber auch andere familiäre Verhältnisse, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Hinweise für solche Beziehungen sind das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit, speziell enge familiäre Bande, regelmässige Kontakte oder die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person (Urteil 6B_1164/2023 vom 7. Oktober 2024 E. 7.2.4 mit Hinweisen). Das Verhältnis zu volljährigen Kindern fällt nur dann unter das geschützte Familienleben, wenn ein über die üblichen familiären Beziehungen bzw. emotionalen Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht; namentlich infolge von Betreuungs- oder Pflegebedürfnissen bei körperlichen oder geistigen Behinderungen und schwerwiegenden Krankheiten (BGE 145 I 227 E. 3.1; Urteil 6B_1040/2023 vom 6. März 2024 E. 5.2.3; je mit Hinweisen). Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis liegt namentlich vor, wenn der von einer Landesverweisung betroffene Ausländer Aufmerksamkeit und Pflege benötigt, die nur von nahen Verwandten erbracht werden können (vgl. Urteile 2C_546/2013 vom 5. Dezember 2013 E. 4.1; 2C_180/2010 vom 27. Juli 2010 E. 2.1). Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass ein junger Erwachsener ab dem Alter von achtzehn Jahren in der Lage ist, unabhängig zu leben, es sei denn, es liegen besondere Umstände wie eine körperliche oder geistige Behinderung oder eine schwere Krankheit vor (vgl. BGE 137 I 154 E. 3.4.2; Urteil 2C_728/2020 vom 25. Februar 2021 E. 5.5.2 mit Hinweisen).
5.4. Der EGMR knüpft den Schutz von Art. 8 EMRK für Erwachsene und insbesondere für erwachsene Kinder gegenüber ihren Eltern an das Vorhandensein von zusätzlichen Abhängigkeitsfaktoren ("éléments supplémentaires de dépendence"), die über die üblichen emotionalen Bindungen ("liens affectifs normaux") hinausgehen (Urteile des EGMR Shala gegen Schweiz vom 15. November 2012, Nr. 52873/09, § 40; Emonet et al. gegen Schweiz vom 13. Dezember 2007, Nr. 39051/03, §§ 35 ff.; Ezzouhdi gegen Frankreich vom 13. Februar 2001, Nr. 47160/99, § 34; vgl. Urteil 2C_899/2014 vom 3. April 2015 E. 3.1 mit Hinweisen).
Im Urteil Savran gegen Dänemark vom 7. Dezember 2021 (Nr. 57467/15) verurteilte der EGMR Dänemark wegen Verletzung von Art. 8 EMRK. Es handelte sich um den Fall eines an Schizophrenie erkrankten Straftäters, der wegen Gewaltverbrechen verurteilt und für unbestimmte Dauer des Landes verwiesen wurde. Der EGMR erwog, Dänemark habe ausser Acht gelassen, dass der Betroffene nicht schuldfähig sei. Ebenso habe es nicht sämtliche relevanten Faktoren in die Interessenabwägung einbezogen. Der Betroffene war mit sechs Jahren nach Dänemark gekommen und hatte dort Schul- und Ausbildungszeit verbracht. Er hatte rund 14 Jahre rechtmässig im Land residiert (a.a.O., § 175) und verfügte über eine enge Beziehung zu seiner dort lebenden Mutter, seinen Geschwistern und den Nichten und Neffen (a.a.O., § 176). Er war 24 Jahre alt, als die Landesverweisung in Rechtskraft erwuchs. In seinen Jugendjahren war er in verschiedenen Institutionen platziert gewesen und hatte nicht ständig bei seiner Familie gelebt (a.a.O., § 177). Im Gegensatz zur Situation im Urteil des EGMR Emonet et al. gegen Schweiz, a.a.O., § 35, sei er nicht derart abhängig von seiner Familie, dass er gezwungen wäre, ihre Sorge und Unterstützung für sein tägliches Leben in Anspruch zu nehmen. Ebenso liege keine finanzielle Abhängigkeit von seiner Familie vor (Urteil des EGMR Savran gegen Dänemark, a.a.O., § 178). Insoweit sei bloss das Privat-, nicht aber das Familienleben durch eine Landesverweisung betroffen (a.a.O., §§ 178 f.). Der EGMR listete die Kriterien für die Frage der Notwendigkeit der Landesverweisung in einer demokratischen Gesellschaft und entsprechende Referenzfälle auf (a.a.O., §§ 181- 189). Im konkreten Fall (a.a.O., §§ 190- 202) verneinte er die betreffende Notwendigkeit einer Landesverweisung. Die medizinischen Aspekte (konkretes Behandlungsbedürfnis des Betroffenen, Verfügbarkeit der medizinischen Behandlung am konkreten Ort, deren Erreichbarkeit und Finanzierung) habe Dänemark hinreichend geprüft (a.a.O., § 192). Indessen sei unberücksichtigt geblieben, dass der Betroffene für die schweren Straftaten aufgrund seiner Schuldunfähigkeit (zufolge seiner psychischen Erkrankung) nicht bestraft, sondern stattdessen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden sei (a.a.O., §§ 193- 196). Sodann habe Dänemark zu wenig beachtet, dass der Betroffene im Verlauf, d.h. seit der Begehung der Taten, Fortschritte in seinem Verhalten gemacht habe (a.a.O., § 197). Schliesslich habe Dänemark der langen Anwesenheit und den engen Beziehungen des Betroffenen zum Gastland (a.a.O., § 198) und der unbestimmten Dauer der Landesverweisung (a.a.O., § 199) zu wenig Beachtung geschenkt.
Im Urteil Azzaqui gegen Niederlande vom 30. Mai 2023 (Nr. 8757/20) hat der EGMR entschieden, dass die Niederlande das Recht auf Privat- und Familienleben eines Straftäters (der unter anderem wegen Vergewaltigung, Diebstahls, Einbruchs, Raub, Erpressung und Drohung verurteilt wurde [a.a.O., §§ 6 f. und 55]) verletzt hat, indem sie bei der auf zehn Jahre befristeten Ausweisung dessen persönliche Umstände inklusive der Erkrankung und der erzielten Fortschritte zu wenig gewichtet hat (a.a.O., § 59). Der Betroffene litt an einer Persönlichkeitsstörung mit schizotypen und antisozialen Zügen und an Episoden mit psychotischen Erfahrungen, so dass sein Verschulden bei der Tatbegehung reduziert war (a.a.O., § 56). Er wurde aufgrund gutes Verhaltens in der Klinik und den erzielten Behandlungsfortschritten bedingt in ein betreutes Wohnen entlassen. Die Behandlung des Betroffenen sei auf eine Reintegration in den Niederlanden ausgelegt gewesen. Es seien keine Schritte vorgenommen worden, um ihn auf eine Rückkehr nach Marokko vorzubereiten. Indem ihm die niederländischen Behörden eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit attestiert hätten, hätten sie den konkreten medizinischen Umständen zu wenig Rechnung getragen (a.a.O., § 60). Weiter hätten die niederländischen Behörden die Verfügbarkeit und den Zugang zu einer (medikamentösen) Behandlung in Marokko zu wenig berücksichtigt und insoweit die psychische Verletzlichkeit des Betroffenen unzureichend berücksichtigt (a.a.O., § 61).
5.5.
5.5.1. Der Beschwerdeführer macht zu Recht geltend, dass der Vollzug der Landesverweisung sein Recht auf Familienleben gemäss Art. 8 Abs. 1 EMRK tangiert. Die echte und nahe Beziehung zu seiner Mutter ist konventionsrechtlich geschützt. Selbst wenn der Beschwerdeführer volljährig ist, besteht ein ausserordentliches Abhängigkeitsverhältnis zur Mutter (vgl. die betreffenden Kriterien im Emonet et al. gegen Schweiz, a.a.O., §§ 35 ff.). Diese gewährt ihm die aufgrund seiner psychischen Erkrankung erforderliche physische und psychische Unterstützung. Nur dank der fortwährenden Hilfe seiner Mutter ist der an Schizophrenie verbunden mit Wahnvorstellungen erkrankte Beschwerdeführer in der Lage, zu Hause zu wohnen und seine Therapie ambulant wahrzunehmen. Ohne diese Hilfe müsste er sein Leben stationär in einer psychiatrischen Klinik verbringen, wovon auch die Vorinstanz ausgeht. Für sich alleine begründen die Vorteile, die aus einer familiären Betreuung für die Selbstständigkeit des Beschwerdeführers resultieren, zwar noch keine besondere Abhängigkeit im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung (vgl. oben E. 5.3).
Die Mutter des Beschwerdeführers stellt aber auch eine wichtige emotionale Stütze für ihn dar und trägt mit ihrer Anwesenheit, Betreuung und Unterstützung zur Stabilisierung seiner psychischen Erkrankung bei, die sich seit dem Austritt aus dem Strafvollzug akzentuiert und erheblich auf sein Leben ausgewirkt hat. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Beschwerdeführer die Fähigkeit, selbstständig zu leben und für sich zu sorgen, durch seine Erkrankung vollständig eingebüsst hat. Wie diese spezifische psychische Unterstützung, unabhängig von der laufenden psychiatrischen Behandlung, von einer Drittperson erbracht werden könnte, ist vorliegend nicht ersichtlich (vgl. Urteil 2C_779/2021 vom 9. Mai 2022 E. 6.2 ff.). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer zu seinen in der Türkei lebenden Verwandten seit mehreren Jahren keinen Kontakt mehr hatte.
Nichts am besonderen Abhängigkeitsverhältnis ändert der Umstand, dass dieses erst seit Entlassung aus dem dreijährigen Strafvollzug bzw. der im Anschluss daran angeordneten fürsorgerischen Unterbringung besteht. Der Beschwerdeführer hat die zwischenzeitlich abgebrochene Beziehung zu seiner Mutter aus einer sachlichen Notwendigkeit heraus, nämlich aufgrund seiner Erkrankung, und nicht bloss im Hinblick auf den Vollzug der Landesverweisung wieder aufgenommen. In diesem Zusammenhang hält die Vorinstanz selbst fest, dass sich der Beschwerdeführer aus krankheitsbedingten Gründen von seiner Familie zurückgezogen hatte.
5.5.2. Die Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK fällt zugunsten des mittlerweile 24-jährigen Beschwerdeführers (Jahrgang 1990) aus. Er ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Er hat sein ganzes Leben im Gastland verbracht und ist auch hier erkrankt. Mit dem Vollzug der Landesverweisung würde er aus dem bisherigen Umfeld herausgerissen. Dass sich dies voraussichtlich in einem gewissen Mass destabilisierend auf seine gesundheitliche und persönliche Situation auswirken könnte, anerkennt selbst die Vorinstanz. Auch wenn nach ihren Feststellungen ein Zugang zur medizinischen Versorgung in der Türkei für die beim Beschwerdeführer diagnostizierte psychische Erkrankung vorhanden sein mag, ersetzt dies die persönliche Betreuung und den Beistand der in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Mutter nicht.
Der sofortige Vollzug der Landesverweisung erweist sich gesamthaft betrachtet als unverhältnismässig. Er ist aufzuschieben, solange die psychische Krankheit des Beschwerdeführers nur dank der umfassenden Fürsorge seiner Mutter in einem ambulanten Setting behandelt werden kann. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass die Landesverweisung zu einem späteren Zeitpunkt (namentlich unter Berücksichtigung der Behandlungsfortschritte, der abgelaufenen Zeit und ganz allgemein der Verhältnismässigkeit) nicht vollzogen werden könnte. Die Beschwerde ist entsprechend gutzuheissen.
6.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist für das bundesgerichtliche Verfahren vom Kanton St. Gallen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird bei diesem Ausgang des Verfahrens gegenstandslos.
Die Sache ist zur neuen Entscheidung über die Kosten- und Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts St. Gallen vom 15. August 2024 aufgehoben. Der Vollzug der Landesverweisung wird aufgeschoben, solange die psychische Krankheit des Beschwerdeführers nur dank der umfassenden Fürsorge seiner Mutter in einem ambulanten Setting behandelt werden kann. Betreffend die Kosten- und Entschädigungsfolgen wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton St. Gallen hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu bezahlen.
4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist gegenstandslos.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. November 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Caprara