2F_15/2024 26.11.2024
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2F_15/2024
Urteil vom 26. November 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hänni, Ryter,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller,
gegen
Einwohnergemeinde Thun,
Hofstettenstrasse 14, 3602 Thun,
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, Fristwiederherstellungsgesuch betreffend das Verfahren 2C_435/2024.
Erwägungen:
1.
1.1. Mit Urteil vom 12. Juli 2024 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, eine Beschwerde des kosovarischen Staatsangehörigen A.________ (geb. 1967) betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung infolge Straffälligkeit ab.
1.2. Dagegen gelangte A.________ mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 12. September 2024 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragte, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und es sei vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung und von der Wegweisung abzusehen. Eventualiter sei er zu verwarnen, subeventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
1.3. Mit Verfügung vom 17. September 2024 forderte ihn das Bundesgericht auf, bis spätestens am 9. Oktober 2024 einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2024 (Postaufgabe) ersuchte A.________ das Bundesgericht darum, den Kostenvorschuss in vier Raten von je Fr. 500.-- leisten zu können.
Das Bundesgericht gab diesem Ersuchen mit Verfügung der Präsidentin der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 8. Oktober 2024 teilweise statt. Es gestattete dem Beschwerdeführer, den Kostenvorschuss in drei Raten zu bezahlen, die erste Rate von Fr. 700.-- bis zum 23. Oktober 2024, die zweite Rate von Fr. 700.-- bis zum 25. November 2024 und die dritte Rate von Fr. 600.-- bis zum 3. Januar 2025. Der Beschwerdeführer wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine nicht erstreckbare Nachfristansetzung im Sinne von Art. 62 Abs. 3 BGG handelt und dass weitere Fristerstreckungen bzw. andere Zahlungserleichterungen nicht gewährt würden. Ferner wurde er darauf hingewiesen, dass die Nichteinhaltung jeder der genannten Fristen zum Nichteintreten auf das Rechtsmittel führt (vgl. Art. 62 Abs. 3 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BGG).
1.4. A.________ leistete die erste Rate des Kostenvorschusses von Fr. 700.-- am 28. Oktober 2024. In der Folge trat das Bundesgericht mit Urteil 2C_435/2024 vom 30. Oktober 2024 auf die Beschwerde androhungsgemäss nicht ein.
1.5. A.________ gelangt mit Eingabe vom 8. November 2024 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und ersucht um Wiederherstellung der Frist zur Zahlung des Kostenvorschusses im Verfahren 2C_435/2024.
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet.
2.
2.1. Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 50 Abs. 1 BGG). Ein Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist kann auch nach der Fällung des Urteils gestellt werden; die Gutheissung führt zu dessen Aufhebung und zur materiellen Beurteilung der Beschwerde (Art. 50 Abs. 2 BGG).
2.2. Fristwiederherstellung wird nur gewährt, wenn die darum ersuchende Partei klarerweise kein Verschulden an der Säumnis trifft und sie auch bei gewissenhaftem Vorgehen nicht rechtzeitig hätte handeln können; es gilt ein strenger Massstab (Urteile 1F_3/2023 vom 18. Juli 2023 E. 3.2 mit Hinweisen; 2F_17/2014 vom 19. September 2014 E. 2.2.1 unter Verweis auf BGE 119 II 86; 112 V 255). Typischer Hinderungsgrund kann beispielsweise Krankheit sein (Urteil 2F_9/2024 vom 21. Mai 2024 E. 2.2). Die schwere Krankheit eines Angehörigen stellt in der Regel kein unverschuldetes Hindernis dar, so zumindest, wenn diese mehrere Tage vor Ablauf der Frist eintritt. Demgegenüber kann der Tod eines nahen Verwandten unter Umständen eine Wiederherstellung der Frist rechtfertigen (vgl. Urteil 9C_54/2017 vom 2. Juni 2017 E. 2.2; vgl. zum Ganzen JEAN-MAURICE-FRÉSARD, in: Commentaire de la LTF, 3. Aufl. 2022, N. 12 zu Art. 50 BGG).
Eine Abwesenheit stellt grundsätzlich kein unverschuldetes Hindernis dar, sofern die Zustellung eines behördlichen Aktes mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss. In der Regel entsteht mit der Rechtshängigkeit ein Prozessrechtsverhältnis, welches die Parteien verpflichtet, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen Entscheide, die das Verfahren betreffen, zugestellt werden können (vgl. BGE 141 II 429 E. 3.1; 130 III 396 E. 1.2.3; FRÉSARD, a.a.O., N. 17 zu Art. 50 BGG).
2.3. Der Gesuchsteller bringt im Wesentlichen vor, die Verfügung des Bundesgerichts vom 8. Oktober 2024, mit welcher ihm die Ratenzahlung genehmigt wurde, sei am 10. Oktober 2024 bei ihm eingetroffen. Jedoch sei er bereits seit dem 4. Oktober 2024 nicht mehr zuhause bzw. in der Schweiz gewesen, da sein Halbbruder sich in kritischem Zustand befunden habe und er deshalb in seine Heimat zurückgekehrt sei. Sein Sohn habe zwar die Post für ihn abgeholt, diese indessen nicht geöffnet. Entsprechend habe er nicht gewusst, dass er eine Postsendung seitens des Bundesgerichts erhalten habe und somit auch keine Kenntnis von der Genehmigung seines Gesuchs um Ratenzahlung des Kostenvorschusses gehabt. Sein Halbbruder und seine Schwägerin seien, so der Gesuchsteller weiter, am 20. Oktober 2024 bzw. am 23. Oktober 2024 verstorben. Aufgrund dieser Umstände habe er keine Kraft gehabt, sich um die Post in der Schweiz zu kümmern. Erst am 24. Oktober 2024 habe ihn seine Tochter über den Brief des Bundesgerichts benachrichtigt und diesen auf sein Ersuchen hin geöffnet. Die Zahlung der ersten Rate des Kostenvorschusses habe er anschliessend am 25. Oktober 2024 ausgelöst.
2.4. Es ist somit festzuhalten, dass der Gesuchsteller in einem von ihm initiierten, vor Bundesgericht hängigen Verfahren, ein Gesuch um Ratenzahlung des Kostenvorschusses gestellt hat. Bereits deshalb hätte er mit der Zustellung fristauslösender Verfügungen oder Entscheide des Bundesgerichts rechnen müssen. Daher wäre er nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die erforderlichen Vorkehren zu treffen, um von allfälligen Zustellungen des Bundesgerichts Kenntnis zu erlangen. So wäre es ihm bei gewissenhaftem Vorgehen - trotz Krankheit seines Halbbruders im Zeitpunkt seiner Ausreise - ohne Weiteres möglich gewesen, eine Hilfsperson zu beauftragen, den Inhalt seines Briefkastens bzw. allfälliger Postsendungen zu überprüfen und ihn entsprechend zu informieren. Dies hat er indessen unterlassen, sodass er erst am 24. Oktober 2024 und somit nach Ablauf der Frist für die Leistung der ersten Ratenzahlung, vom Inhalt der Verfügung des Bundesgerichts vom 8. Oktober 2024 Kenntnis erlangt hat.
Folglich ist die Fristversäumnis nicht in erster Linie auf den Tod seiner Verwandten, sondern auf den Umstand zurückzuführen, dass der Gesuchsteller keine Vorkehren getroffen hat, um in seiner Abwesenheit über gerichtliche Post informiert zu werden. Es liegt somit kein unverschuldetes Hindernis gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG vor, welches eine Wiederherstellung der Frist für die Leistung der ersten Rate des Kostenvorschusses erlauben würde (vgl. auch E. 2.2 hiervor).
3.
Im Ergebnis erweist sich das Gesuch um Fristwiederherstellung im Verfahren 2C_435/2024 als unbegründet und ist abzuweisen. Das Nichteintretensurteil 2C_435/2024 bleibt bestehen.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird ausnahmsweise verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Fristwiederherstellungsgesuch betreffend das Verfahren 2C_435/2024 wird abgewiesen. Das Urteil 2C_435/2024 bleibt bestehen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 26. November 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov