7B_1037/2024 06.01.2025
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_1037/2024
Urteil vom 6. Januar 2025
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch,
Bundesrichter Kölz,
Gerichtsschreiber Schurtenberger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Christian Reichardt,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Nichtanhandnahme,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 12. August 2024 (SBK.2024.234).
Erwägungen:
1.
Am 16. Februar 2023 erstattete A.________ Strafanzeige gegen B.________ wegen Tierquälerei und gegen C.________ sowie D.________ wegen Gehilfenschaft zur Tierquälerei. Er warf den angezeigten Personen im Wesentlichen vor, Kälber ohne Schmerzausschaltung kastriert zu haben.
Mit Verfügungen der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach vom 14. und 22. Dezember 2023 nahm die Staatsanwaltschaft die Strafsachen nicht an die Hand, was sie nach der Genehmigung durch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau A.________ am 29. Januar 2024 mitteilte. Auf die von A.________ gegen die Verfahrenseinstellung erhobene Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, mit Entscheid vom 12. August 2024 nicht ein, da A.________ mangels Parteistellung nicht zur Beschwerdeführung legitimiert sei.
Mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht vom 25. September 2024 verlangt A.________, den Entscheid des Obergerichts und "die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft [...] vom 29. Januar 2014" aufzuheben. Die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, das Strafverfahren aufgrund seiner Anzeige "wiederaufzunehmen, den Sachverhalt aufzuklären und unter Einbeziehung der vorgetragenen Beweismittel neu zu entscheiden".
Das Bundesgericht hat die kantonalen Verfahrensakten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
Mit Eingabe vom 10. Oktober 2024 stellte A.________ ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und ersuchte darum, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen.
2.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, mit dem auf die (kantonale) Beschwerde gegen eine Nichtanhandnahme nicht eingetreten wird. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 Abs. 1, Art. 80 und Art. 90 BGG grundsätzlich offen. Der Beschwerdeführer ist unabhängig von seiner Beschwerdeberechtigung in der Sache nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG befugt, dem Bundesgericht die Eintretensfrage zur Beurteilung vorzulegen (siehe BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1). Gleichzeitig ist der Streitgegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens auf diese Frage beschränkt (BGE 142 I 155 E. 4.4.2).
3.
Beschwerden an das Bundesgericht sind hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann. Unerlässlich ist nach Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die beschwerdeführende Partei auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt. Sie soll in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 297 E. 1.2; 140 III 115 E. 2, 86 E. 2). Die Begründung der Beschwerde muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein, wogegen der blosse Verweis auf Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten nicht ausreicht (BGE 144 V 173 E. 3.2.2; 143 IV 122 E. 3.3; je mit Hinweisen).
Mit Beschwerde in Strafsachen können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es unter Berücksichtigung der eben dargestellten Begründungspflicht grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor ihm nicht mehr vorgetragen werden (BGE 141 V 234 E. 1; 140 III 115 E. 2 S. 116, 86 E. 2 S. 88 f.).
4.
Die Legitimation im kantonalen Rechtsmittelverfahren ist in Art. 382 StPO geregelt. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung kann jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat, ein Rechtsmittel ergreifen. Unter den Begriff der Partei nach Art. 104 Abs. 1 StPO fallen namentlich die beschuldigte Person und die Privatklägerschaft, welche sich rechtzeitig konstituiert hat (Art. 118 Abs. 1 StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). In seinen Rechten unmittelbar verletzt ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist. Bei Strafnormen, die nicht primär Individualrechtsgüter schützen, gelten nur diejenigen Personen als Geschädigte, die durch die darin umschriebenen Tatbestände in ihren Rechten beeinträchtigt werden, sofern diese Beeinträchtigung unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist (BGE 148 IV 170 E. 3.2; 140 IV 155 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen).
Der Anzeigeerstatter fällt nicht unter den Begriff der Partei nach Art. 104 Abs. 1 StPO, sondern ist ein sogenannter "anderer Verfahrensbeteiligter" im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. b StPO. Ihm stehen - abgesehen vom beschränkten Anspruch auf Information über die Einleitung und die Erledigung des Strafverfahrens (Art. 301 Abs. 2 StPO) - keine weiteren Verfahrensrechte zu, wenn er nicht geschädigt ist und folglich auch nicht als Privatkläger am Strafverfahren teilnehmen kann (Art. 301 Abs. 3 StPO). Insbesondere ist er nicht berechtigt, Nichtanhandnahmeverfügungen der Staatsanwaltschaft mittels Beschwerde an die kantonale Beschwerdeinstanz anzufechten (so etwa Urteile 7B_12/2023 vom 4. September 2023 E. 2.2; 6B_139/2019 vom 22. Oktober 2019 E. 3.1.1).
Die Vorinstanz begründet ihr Nichteintreten auf die Beschwerde damit, entsprechend dem Zweck des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 (SR 455) schützten dessen Strafbestimmungen das Wohlergehen und die Würde des Tieres. Schutzobjekt bildeten die Interessen des Tieres. Führe eine Tathandlung zur Verletzung des Tieres auch in seiner Eigenschaft als Vermögenswert, sei der Eigentümer geschützter Rechtsgutträger mit Bezug auf die entsprechenden Strafbestimmungen des StGB. Vom Tierschutzgesetz seien die Eigentümerinteressen hingegen nicht geschützt. Der Beschwerdeführer sei demnach - selbst wenn er Halter und Eigentümer der seiner Darstellung zufolge traktierten Kälber wäre - nicht Träger der vom Tierschutzgesetz geschützten Rechtsgüter. Er habe folglich mit Bezug auf die geltend gemachte Verletzung des Tierschutzgesetzes keine Geschädigtenstellung im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO inne und könne nicht als Privatkläger bzw. Partei am Verfahren teilnehmen. Ebenso wenig stünden ihm "die Verfahrensrechte einer Partei als 'anderer Verfahrensbeteiligter' i.S.v. Art. 105 Abs. 1 StPO zu", da er nicht im Sinne von Art. 105 Abs. 2 StPO in seinen Rechten unmittelbar betroffen sei. Der Beschwerdeführer mache zwar auch diffuse Ausführungen dazu, dass ihm nachts, während er geschlafen habe, Injektionen verabreicht worden seien. Diese Sachverhaltserweiterung sei aber nicht Teil der Strafanzeigen bzw. Nichtanhandnahmeverfügungen, weshalb sich damit im vorliegenden Verfahren keine Geschädigtenstellung respektive keine Beschwerdelegitimation begründen lasse.
Der Beschwerdeführer setzt sich mit dieser Beurteilung nicht nachvollziehbar auseinander, sondern hält ihr lediglich entgegen, er habe sich "durchaus als Verfahrensbeteiligter fühlen" dürfen. Er habe den Skandal über Monate miterlebt und letztlich nach seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Betrieb zur Anzeige gebracht. Aufgrund der Nähe und Verantwortung - er sei ordentlich angestellter stellvertretender Betriebsleiter und für das Wohl der Tiere verantwortlich gewesen - könne man ihm die Verfahrensbeteiligung nicht absprechen. Damit verfehlt die Beschwerde indessen ihr Ziel, hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer doch gerade nicht die Verfahrensbeteiligung als solche (siehe Art. 105 Abs. 1 lit. b StPO), sondern lediglich die Parteistellung abgesprochen. Letztere - und dadurch auch die Legitimation im kantonalen Beschwerdeverfahren - lässt sich mit seinen Ausführungen aber nicht begründen. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, zumal der Beschwerdeführer auch nicht darlegt, inwiefern die Staatsanwaltschaft durch ihr Vorgehen die ihm gemäss Art. 105 Abs. 2 StPO zustehenden Verfahrensrechte verletzt hätte.
5.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und daher im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Dagegen besteht für den von ihm gewünschten Verzicht auf die Erhebung von Gerichtskosten kein Grund.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Januar 2025
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger